Was wir im Angesicht des Weihnachtsbaums erfahren

Ganztägige Ausflüge wie gestern wirken sich dann gleich auf die Aufgabenplanung aus. Natürlich sind solche Anlässe schön und wichtig, aber nachher gibt’s dann vieles nachzuholen, das Wochenende wird damit überladener, als man sich das um diese Zeit des Jahres wünschen würde. Ich bin dennoch zuversichtlich, dass wir die Aufgaben, die uns die Wochen vor Weihnachten noch stellen, auch in guter Qualität und bewusst wahrnehmen und erfüllen werden. Weihnachten ist für unsere Familie in dieser Zeit auf verschiedenen Ebenen ein auch die Gespräche bestimmendes Thema. Darüber bin ich sehr froh, weil es meine Affinität zum bewussten Wahrnehmen und Einsetzen symbolischer Formen unterstützt. Weil im Wahrnehmen dieser Formen so etwas wie eine Familientradition begründet ist. Das verbindet untereinander und mit allen, die ähnlich ausgerichtet sind. Es verbindet aber vor allem mit den geistigen Grundlagen dahinter und damit jeden Einzelnen von uns mit der ihm zugeordneten geistigen Quelle. Es ist eigentlich das, was wir oft ganz unbewusst, aber auch unbewusst sehr sicher im Angesicht des Weihnachtsbaums später in uns erspüren, diesen Funken, den die Lichter und der Glanz des Weihnachtsbaums, insbesondere in den längsten Nächten des Jahres, in uns entfachen und der uns ganz besonders in diesen Feiertagen und -nächten wieder ursprünglich und ganz werden lässt.

Wurzelenergie

Bei allem, was an Außerplanmäßigem in den nächsten Wochen zu erwarten ist, kommt ein vergleichsweise geringerer Umfang der kunsthandwerklichen Arbeit ganz recht. Ununterbrochene Produktivität wirkt m. E. auf diesem Gebiet eher hemmend. Die Pausen sind dagegen wichtig, um dem Langzeitprojekt insgesamt seine dynamische Struktur zu erhalten. Bei all dem habe ich das Wesentliche immer im Blick, die zeitlosen Aussagen der Bäume, ihre beständige Präsenz, die unabhängig wirkt von menschlicher momentaner Befindlichkeit oder gar gesellschaftlichen, politischen oder ökonomischen Umbrüchen und Unregelmäßigkeiten. Bäume und ihre Symbolik sind eine Möglichkeit, zu einem Nullpunkt zurückzufinden, sich zu erden, wie es manche nennen, auch im Alltag einmal den Zwischenspeicher zu löschen, um den Dingen unvoreingenommen und mit neuem Elan zu begegnen. Es ist gerade die Verwurzelung der Bäume, die uns die eigenen Wurzeln wieder in Erinnerung ruft und uns damit in vielen Situationen Energie schenken kann.

Ruhig werden und weihnachtlicher Gleichklang

Weihnachten und spannungsreiche Kommunikation. Das scheint weitverbreitet zu sein. Merkwürdigerweise nicht nur bei Familien, deren Mitglieder sich sonst nie sehen und dann an den Festtagen mit dem engen Zusammensein überfordert sind. Ich beobachte das auch bei solchen Menschen, die nicht nur an Weihnachten eng miteinander sind. Gerade so, als wenn die Erwartung eines mit Symbolen besetzten Festes das psychische und soziale Gleichgewicht stören könnte. Dabei würde ich mir genau das Gegenteil wünschen, ein bis zu Heiligen Abend wachsendes Ruhig- und Gelassen-Werden. Die zunehmende Annäherung an einen Gleichklang, der auf einer uralten und tief greifenden Gemeinsamkeit beruht und eben nicht auf der Projektion des Individuellen. Wenn verschiedene Menschen gemeinsam vor dem Weihnachtsbaum stehen, besonders in der längsten Nacht des Tages, und das gemeinsame Verwurzelt-Sein im Angesicht des geschmückten und beleuchteten Baums für Momente aufblitzt und spürbar wird, dann ist Weihnachten auch emotional präsent. Wir sollten uns die Chance auf dieses Erleben nicht verbauen durch allzu große Erwartungen. Wenn es dieses Gemeinsame gibt, wird es sich zeigen, auch ohne Anstrengung und sehr viel wahrscheinlicher ohne vorherige Aufregung und Aggression.