Ein Traditionsmarkt, mittelalterlicher Charme und die Ästhetik des Verfalls
Der schon Tradition gewordene lothringische Trödelmarkt im mittelalterlichen Örtchen R. hatten wir schon Jahre nicht mehr besucht. Zuletzt wegen des coronabedingten Ausfalls, zuvor aber aus anderen Gründen nicht mehr. Dieses Jahr konnte er wieder stattfinden und war später als gewöhnlich terminiert. Jedenfalls hat der Besuch heute gepasst, ich bin froh, dass wir uns trotz anfänglichen Zögerns dazu entschlossen haben, denn die Atmosphäre war durchaus wie in unserer Erinnerung, was wesentlich mit dem besonderen Ort und seiner Aura zu tun hat, aber auch mit der Marktatmosphäre selbst, die nach so langer Krisenauszeit wieder authentischere Züge angenommen hat und ein echtes Bedürfnis widerzuspiegeln scheint. Auf Funde war ich diesmal eigentlich nicht aus, dennoch habe ich einen Stand mit alten Postkarten gefunden und dort zwölf kolorierte aus den 1920-1940er Jahren ausgewählt. Darunter recht originelle mit Porträts, einige mit Weihnachts- und Neujahrsgrüßen, motivisch festgemacht an vegetabiler Symbolik mit Mistel- bzw. Stechpalmenzweigen. Eine gute Erweiterung meiner kleinen diesbezüglichen Sammlung in diesem Themenfeld. Schade, eine Bet- oder Fleh-Motivszene konnte ich unter den Karten nicht finden, das wäre natürlich noch besser gewesen. Dennoch fand ich die landschaftlich reizvolle Hin- und Rückfahrt und den entspannten Aufenthalt dort sehr ansprechend und passend für diesen Spätsommersonntag Anfang September. Auf der Hinfahrt habe ich ein altes Haus mit einem verwitterten Scheunentor entdeckt und fotografiert. Ich hatte extra im Hinblick auf solche Motive die Kamera mitgeführt, denn in Lothringen findet man vielerorts noch Zeugnisse einer Ästhetik des Verfalls. So sind einige neue Holzoberflächen und -struktur-Fotos entstanden, die ich vielleicht sogar meinem Microstock-Portfolio hinzufügen kann.