Klimawandel und erschüttertes Urvertrauen

V. hat jetzt auf seinem Bienenhausstück doch noch eine etwas größere Menge reifer Weintrauben vorgefunden und begonnen, sie zu lesen. Ich schätze, das wird eine der letzten Baumobsternten dieses Jahres sein. Es gibt nur noch einen recht gut tragenden Birnbaum, dessen Früchte erst gepflückt werden müssen. Dann wird ein langer Winter folgen, währenddessen das Thema der Baumgehölzpflege und Baumobsterträge immer weiter verblassen wird. Es ist diese zyklische Bewegung hinaus in Richtung des Kosmos im Verlauf des Frühjahrs und Sommers im Wechsel mit der Rückzugbewegung – ins Haus und bei den Pflanzen in die Erde bzw. die Wurzelbereiche. Uns würde etwas Wesentliches fehlen, könnten wir diesen vegetabilen Kreislauf, in dem sich Erde und Kosmos aufeinander beziehen, nicht mehr erleben. Tatsächlich stellt der Klimawandel eine ernsthafte Bedrohung auch für diese früher so selbstverständliche Wahrnehmung der Jahreszeiten dar. Die Unterscheidbarkeit der Jahreszeiten geht allmählich verloren. Und innerhalb einer der Zeiten zeigen sich immer öfter Extremereignisse oder Erscheinungen, die traditionell nicht zu der Zeit passen. Das Verschwinden oder Verwischen der Jahreszeiten sehe ich als eines der größten Katastrophen unserer Zeit an. Weil es mehr ist als nur ein Klimaphänomen. Unsere Selbstwahrnehmung und unsere kulturellen Grundlagen sind dadurch ebenso gefährdet und in ihrem einstigen Urvertrauen erschüttert.