Renaissance der Sommer-Märkte

Der Antikmarkt in W. war in den letzten zwei Jahren wie so viele andere ausgefallen und konnte heute erstmals wieder stattfinden. Zur Freude der Händler und Besucher, die in nicht verminderter Zahl zu sehen waren. Währen die Stimmung bei den Besuchern durchaus wie sonst auch war, schienen viele Händler weitgehend frustriert. Nicht nur wegen des langen Ausfalls. Offenbar war auch die Kauffreude nicht mehr so ausgeprägt, die Zurückhaltung und Unsicherheit überall spürbar. So hat die andere Funktion der Märkte, einfach als Anlass für einen geselligen Ausflug mit Abwechslung zu bieten, wohl in diesem Jahr den Vorrang. Und tatsächlich hat er diese Funktion gut ausgefüllt. Bei Wandeln zwischen den Ständen bei schöner Sonne, aber erträglicher Temperatur, teilweise unter den Schatten spendenden Bäumen des in Normalzeiten karg gestalteten, aber in seiner quadratischen Form gerade für Märkte sehr geeigneten Platzes, verging die sonntägliche Zeit allzu schnell. Eine der seltener gewordenen Gelegenheiten für entspannte Auszeiten und eine Annäherung an das was, was einmal als Normalität wahrgenommen wurde.

Sich dem wieder annähern, was man Normalität nennen kann

Gelegentlich ist es notwendig, etwas Anschubhilfe zu leisten, an die eigentlich vereinbarten Zielmarken zu erinnern, um die Projekte in vernünftigem Zeitrahmen voranzubringen. Solches ist in diesen Tagen besonders notwendig, zumal die Menschen durch vieles abgelenkt sind, u. a. durch das besonders unangenehme Wetter. Aber auch die Langzeitkrise und die politischen Krisen in aller Welt beanspruchen die Geduld und die Zuversicht, zuletzt wohl über das noch steuerbare Maß hinaus. Dennoch sehe ich auch in der Kommunikation Anzeichen von Frühling. Zaghafte Hinweise auf Aufbruch, selbst gefassten Mut und den Wunsch, endlich wieder eine Bewegung in Richtung des Gewohnten und Bewährten einzuleiten. Es scheint, dass das jetzt wieder besser funktioniert, zumindest zeitweise. Und so freue ich mich inmitten all dieser turbulenten psychischen und kommunikativen Problemzeit über jedes Gespräch, das sich auf die Bäume und ihr Holz bezieht. So auch heute aus Anlass der Überreichung eines Lebensbaum-Armbandes. Das macht nicht nur dem Beschenkten Freude, auch mir, da ich aus diesen wiederholten Herausforderungen im Bereich der Symbolformen an der Herstellung von dem, was man Normalität nennen kann, tatkräftig mitarbeiten kann.

Zarte Ansätze von Normalität

So langsam scheinen die Lebensgeister in diesem neuen Jahr doch zu erwachen. Jedenfalls konnte ich heute verschiedene Signale vernehmen, die anzeigen, dass es vereinzelt Pläne und Vorhaben gibt, hinter denen auch ein Interesse und die Andeutung von Zuversicht stecken. Das macht mich dann auch zuversichtlicher, nachdem der Blick in die nähere Zukunft zuletzt eher trüb zu sein erschien. Insbesondere wenn die Nachfrage nach Symbolen des Lebens, wie aktuell in Anfragen für Baum-Holz-Armbänder zum Ausdruck gebracht, wieder erkennbar wird, ist das für meine Sphäre schon ein Hinweis auf Regungen, die über die bloße Überlebenslogik hinausgehen. Auf das kommt es mir vor allem an, und darum, solche zarten Ansätze von vorkrisenhafter Normalität zu hegen und wachsen zu lassen.

Krise, Normalität und zeitlose Gartenruhe

Den wohl ersten Trödelmarktbesuch seit Beginn der Pandemie hat uns heute in den Nachbarort geführt. Eine kleine Exkursion, die in ihrer Länge gerade ausreichend war, um an die Tradition anzuknüpfen und gewissermaßen die Übung nicht zu verlieren. Die Sehnsucht der Besucher dort nach einer Rückkehr des Gewohnten ist überdeutlich gewesen. Auch im Umfeld des Marktes herrschte, von den äußerlich sichtbaren Krisenanzeichen einmal abgesehen, ein Treiben wie früher auch. Dennoch hat sich in den Köpfen und Seelen natürlich etwas verändert, was auch später noch wirksam bleiben wird. Eine Art Ernüchterung, die alle Ungebremste zu verbieten scheint. Schwer zu sagen, ob man das gut finden soll. Aber eines ist gewiss: Nach einem Ausflug unter vielen Menschen und mit geschäftigem Trubel ist es für uns immer ein oasenhaftes Erlebnis, einige Wochenendstunden im Garten mit seinen Blumen, Stauden und Bäumen und mit den spätsommertypischen Geräuschen des Windes und der Vögel sowie der Menschen in benachbarten Gärten zu verbringen.

Der Wunsch nach kommunikativer Normalität

Die Kamera hatte ich heute tatsächlich ganz umsonst mitgeführt. Tatsächlich war die Baumlandschaft an diesem so angenehm warmen und lichtreichen Tag so grau und unscheinbar, dass sich keinerlei wirklich attraktive Motive ausfindig machen ließen. Nicht einmal Holzstrukturen konnte ich entdecken. Aber auch ohne Fotografie war es ein schöner, zeitweise an einen Frühlingsspaziergang erinnernder Ausflug zu Fuß, bei dem ich vielen bewegungshungrigen begegnet bin, wenn auch keinem Bekannten. Die Menschen zieht es bei diesen schon so früh im Jahr aufkommenden Frühlingstemperaturen förmlich nach draußen. Und auch die ungewohnt durchgängige Freundlichkeit derjenigen, den man auf dem Fußweg begegnet, hat sich heute wiederum bestätigt. Die Beobachtung mache ich seit einigen Wochen, ein Phänomen, das ohne Corona sicher so nicht eingetreten wäre, das aber gerade in dieser Zeit die trübe Krisenstimmung einmal aufzuhellen vermag. Vor allem ist es Ausdruck des Bedürfnisses auch nach kommunikativer Normalität, deren Absenz inzwischen allen aufs Gemüt schlägt.

Wie eine Projektion des gewohnten Lebens

Die Sonne war auch heute wieder toll, das richtige Wetter für einen Spaziergang, was viele dann auch so nutzen wollten. Auch wenn die Baumlandschaft Mitte Februar noch relativ trostlos ist, blitzen zwischendurch, in Augenblicken, in denen man die Zeit vergisst, kurze Eindrücke von Frühling oder gar Frühsommer auf. Man fühlt sich dann für Sekunden in eine wärmere Jahreszeit versetzt, inklusive der Projektion einer reduzierten Krise und eines weitgehend normalisierten Lebens. Solche Eindrücke hatte ich bei dem heutigen Gang mehrmals. Mir scheint, anderen ging es ähnlich. Nur allzu viel nachdenken darf man über diese Dinge nicht, denn in dem Moment wird man schnell von der zurzeit noch dominanten Realität eingeholt, die doch weniger erfreulich auf uns wirkt.

Normalität erinnern

Auch wenn viele sich das Dauerthema täglich wegwünschen, es verfolgt uns beständig und lähmt zunehmend die Kommunikation wie auch die je individuelle Motivation. Da fällt es schwer, dem etwas Positives abzugewinnen. Es ist eher wie eine Aufforderung zum Durchhalten und zum Konzentrieren auf Wesentliches. Worin das besteht, muss man dann aber mit dem vergleichen, was man bisher als Essenziell betrachtet hat. Der Erfahrungshorizont verschiebt sich häufiger in solchen Krisenzeiten und muss das tun, einfach weil kein Vergleich im Erfahrungsschatz vorhanden ist. Ich bin froh, dass ich mit meinen Baumprojekten genügend Spektrum außerhalb des Nachrichtenalltags zur Verfügung habe und an entsprechende Bedürfnisse einer Reihe von Menschen in ganz Europa anknüpfen kann. Mir scheint, auch damit lässt sich zeitweise alte Normalität erinnern und wiederherstellen.

Sich in Normalität üben

Das große Krisenthema hat sich schon so in die Kommunikationsroutinen und Gedanken der Menschen eingebrannt, dass alle wie paralysiert dadurch wirken. Alles erscheint auf einmal künstlich, wie nicht von dieser Welt. Und mit jeder Woche, in der sich dieses Thema fortsetzt und Eigenleben entwickelt, verstärkt sich der Eindruck von Unwirklichkeit. Ich bin sehr froh, dass ich durch meine kommunikative Projektarbeit, aber auch durch das immer wieder erdende Arbeiten an meinen Hölzern und mit der Symbolik und Energie der Bäume beinahe täglich für mich diesen scheinbaren Themenzwang, die unerträgliche Einseitigkeit und Gerichtetheit durchbrechen kann. In dieser Zeit spielt diese spezielle Krise keine wirkliche Rolle und ich kann mich in Normalität üben, bevor ich sie verlerne.