Bevorzugte Themenfelder und Baumlektüre

Die Lektüre geht mir in den nächsten Wochen so schnell nicht aus. Zu einigen Sammlungen aus Rudolf Steiners Schriften und Vortragsmitschriften kommt Unterhaltungslektüre, ein erster Band aus C. G. Jungs Gesamtwerk, das sich den Archetypen widmet und jetzt auch der vorletzte Bestseller von Peter Wohlleben, der sich der besonderen Verbindung zwischen Mensch und Natur widmet. Letzteres ist natürlich genau mein Hauptthema im Rahmen der Wunschbaum-Projekte. So bin ich sehr gespannt, wie der Erfolgsautor in Sachen Bäume und Natur das Thema angeht. Sicher ganz anders als ich es gewöhnt bin und bevorzuge. Aber letztlich werden darin auch Parallelen erkennbar sein. In jedem Fall ist so etwas thematisch Gleichlaufendes immer ein wichtiger Reflexionsgegenstand, der sich nur Positiv auf die eigene, ganz individuelle Themenbehandlung auswirken kann.

Vegetabiles Krisenmanagement

An diesem Punkt der Krisenstimmung, die ich durchaus als den Höhepunkt derselben sehe, werden die Menschen zunehmend den Frühling genießen, wenn der es zulässt und die Temperaturen steigen, das Licht und die Sonne zurückkehren. Wenn die Bäume den Frühling mit üppigem Grünen und Blühen endlich besser erkennbar machen, übernimmt der Eindruck der Baumlandschaft und alles Vegetabilen die Rolle des Krisenmanagers. Das ist etwas, das inzwischen für viele und gut erkennbar auf die Psyche durchschlägt. Da kann die freie Bewegung, der weite Blick in die Landschaftshorizonte und auch der nahe Blick auf die wunderbaren Details der Pflanzen den Körper entspannen und die Seele freier machen. So wünsche ich jedem die Möglichkeit, diese Chancen zu nutzen. Und dass die neue Lust an der einfachen Naturbeobachtung und dem Gehen in der Landschaft sich über das Ende der Krise hinaus erhält.

Die Idee hinter dem Kulturgarten

Es ist eigentlich seltsam, und doch erkenne ich es immer wieder in der eigenen Beobachtung. Wenn die Natur aufgeräumt und geordnet wurde, wirkt sie anschließend umso eindrücklicher. So geht es uns heute wieder mit dem gestern so schön und sauber in Form gebrachten Garten. Die Efeuhecken geschnitten, das Unkraut fast vollständig entfernt. Die freien Erdstellen geharkt und eingeebnet. Aus der Form geratene Aststrukturen zurechtgestutzt. Wild durcheinander gewachsene Blumen stärker sortiert. Ein Kulturgarten im Ergebnis, und doch einer, der natürlicher wirkt als zuvor. Ein Paradox, das vielleicht damit zusammenhängt, dass das einzelne Element, die singuläre Pflanze dann stärker abgegrenzt und eindeutiger unterscheidbar ist. Der Garten als Konglomerat einzelner Pflanzenindividuen. Und die Flächen, z. B. der Wiese, sind die Kulisse für diese Einzelobjekte. Man geht dann durch den Garten wie durch ein Museum. Und tatsächlich, wenn diese wohlgeordnete Form wieder durch das Wachstum der Pflanzen aufgelöst erscheint, wächst der Drang, die Ordnung erneute herzustellen. Wir sind ebenso stark von dieser Kulturidee geprägt, gerade in Bezug auf die Natur, dass uns das Ausbleiben ordnender Eingriffe wie eine Sünde erscheint, eine Art Versagen. Ich denke, es steckt auch etwas Psychisches dahinter. Dass man nämlich sich selbst einbringen will, die eigene Individualität in Leben und der Entwicklung der Pflanzen gespiegelt sehen will. Gerade in diesem sich Einbringen scheint der eigentliche Wert des als natürlich Wahrgenommenen aufgehoben zu sein.

Wieder klarer sehen

Dieses Insistieren auf der Vorstellung einer boomenden Wirtschaft in Deutschland passt so gar nicht zu der Stimmung, die in der Gesellschaft erkennbar ist. Tatsächlich wirken die Mensch auf mich sehr unruhig und eher ängstlich. Ein krasser Kontrast zu dem, was als öffentliche Meinung medial verbreitet wird. In solchen Zeiten und bei diesen Widersprüchen scheint es umso wichtiger, sich auf das eigene Urteilsvermögen und die Kreativität auch in Bezug auf die Gestaltung des eigenen Lebenswegs zu besinnen. Einmal mehr den Kontakt zur Basis suchen, Natur statt Kultur, Beobachtung statt Rezeption konstruierter Formen. Dann kann vieles anders aussehen und sich wieder anders und vor allem zum eigenen Leben passend darstellen. Ich sehe es als eine der wichtigsten Leistungen des Themas „Bäume“ an, diese Erdung zu befördern, wenn man sich auf das Thema einlässt und seiner Zeitlosigkeit gewissermaßen anstecken lässt. Das Allgemeingültige im Blick kann man dann auch das Spezielle und Zeitgebundene wieder klarer sehen.

Sich Erden durch Naturbeobachtung

Im Urlaub würde man von Reizklima reden und damit etwas Gesundheitsförderndes meinen. Ohne Urlaub, im Arbeitsalltag erlebt, wirkt es dagegen eher hemmend und verstärkt den Eindruck, die Ferienzeit in unserer Region hat die Menschen in eine Art Ausnahmezustand versetzt, der normales Arbeiten an Projekten unmöglich macht. So konzentriere ich mich außerhalb der Projektarbeit vor allem auf die kleinen Dinge, die ich an der Entwicklung der Bäume und sonstigen Pflanzen in meiner Umgebung beobachte und die zu jeder Zeit wieder spannend und anders sind. Diese durchgehende Naturbeobachtung wirkt auf mich erdend und bringt mich mit dem näher zusammen, was man das Grundlegende nennen könnte. Es ist dies in heutiger Zeit nichts selbstverständlich Präsentes mehr. Vielmehr muss man es sich immer wieder quasi erarbeiten. Ein Preis des Fortschritts, der die Frage aufwirft, ob er nicht zu hoch ist und längerfristig tatsächlich eine Weiterentwicklung zu besserem Verstehen, höherem Bewusstsein, klarerem und effektiverem Handeln bedeutet.