Allerheiligen – das Geistige vergegenwärtigen

Der christliche Allerheiligentag hat für uns immer schon Bedeutung. So haben wir diesen kirchlichen Feiertag auch als einen Tag mit besonderer Atmosphäre wahrgenommen, eben nicht wie einen normalen Freitag. Ganz anders als die Mode, die sich in den letzten 10 Jahren verstärkt auch hierzulande am Vorabend Geltung verschafft. Mit Halloween können doch die meisten älteren nicht wirklich etwas anfangen. Mir scheint, es ist einfach eine stylische Attraktion, die mit dem Gruselfaktor der einschlägigen Dekorationen und Verkleidungen zusammenhängt. Dabei steht der Name ja für All Hallows Eve und verweist insofern schon auf den Vorabend des Allerheiligenfestes, auch wenn es mit keltischen Ursprüngen in Verbindung gebracht wird. Der Nachbar, der gestern Abend und schon Wochen im Voraus sich als Halloween-Fan entpuppt hat, konnte auf den Hinweis heute Vormittag, dass wir auch für die Nachbarschaft gebetet hätten, immerhin noch den Feiertag in Erinnerung rufen, auch wenn die Bedeutung ihm wahrscheinlich fern ist oder zumindest geworden ist. Meine heutige Lektüre der Mitschrift eines der vielen Vorträge, die Rudolf Steiner vor etwa 100 Jahren in einer englischen Kleinstadt gehalten hat, widmet sich genau diesem Thema, nicht den Heiligen, aber eben dem Leben nach dem Tod und der geistigen Verfasstheit und den Vorgängen in dieser Phase zwischen zwei irdischen Existenzen. Das ist für mich eine wertvolle Ergänzung zu dem, was uns christliche Lehre zum Tod der Heiligen wie aller anderen Seelen mitzuteilen hat. Vieles davon hat etwas Tröstliches und Hoffnungsvolles. Nur die Vorstellung von Eindimensionalität ist für mich eine abstrakte. Ich kann mir das als Sinnenmensch nur schwer vorstellen. Alles u. a. visuell in dieser Existenz Wahrnehmbare so nicht mehr fassen zu können, einen Baum nicht mehr zu „sehen“, sondern quasi durchdrungen zu sein mit dem Geistigen, das auch den Baum ausmacht, gehört in den Bereich dessen, was eben das Überschreiten der irdischen Schwelle voraussetzt. Aber tröstlich ist eben auch die Vorstellung, dass alles, was wir hier sehen, hören, in irgendeiner Form wahrnehmen und sinnlich verarbeiten in die Entwicklung jenseits der Schwelle hineinwirkt und dort wiederum verarbeitet, rekapituliert wird, um eine neue, die nächste Existenz außerhalb des rein Geistigen vorzubereiten. Denn das macht auch schon in der Sinnenwelt das Geistige präsent und erahnbar.

Vom Lehrreichtum der Wälder

Gewöhnlich denkt M. immer daran. Aber in diesem Jahr hatten wir beide tatsächlich vorher nicht an meinen Namenstag gedacht. Wir sind erst durch den morgendlichen Blick auf den Tagesabreißkalender daran erinnert worden. Aber natürlich weiß ich, dass der 20. August Namenstag aller Menschen mit Vornamen Bernhard ist, weil an einem 20 August im 11. Jahrhundert Bernhard v. Clairvaux gestorben ist. Der war, wie ich aus dem Telefongespräch heute Nachmittag mit Pastor M., der mich zum Namenstag gratuliert hat, nochmal genauer erfahren habe, tatsächlich ein sehr einflussreicher Geistlicher und Ordensgründer, der seinerzeit viel bewegen konnte, was auch heute in der kirchlichen Praxis noch Bestand hat. Aber am bekanntesten dürfte der Heilige heute den meisten wohl wegen der vielen Zitate sein, die man ihm zuschreibt. Kaum zu glauben, dass jemand so viele Weisheiten seiner Nachwelt hinterlassen konnte. Bernhard v. Clairvaux war also offenbar nicht nur in praktischen, z. B. landwirtschaftlichen, und spirituellen Fragen richtungsgebend. Auch als Schriftsteller und Weisheitslehrer haben wir ihm viele zu verdanken. Das Zitat, was mir natürlich immer am geläufigsten ist, stammt aus einem seiner Briefe und bezieht sich auf Bäume und Wälder:

 

„Glaube mir, ich habe es erfahren, du wirst ein Mehreres in den Wäldern finden als in den Büchern; Bäume und Steine werden dich lehren, was kein Lehrmeister dir zu hören gibt.“

 

Quelle: https://beruhmte-zitate.de/zitate/130550-bernhard-von-clairvaux-glaube-mir-ich-habe-es-erfahren-du-wirst-ein-meh/