Frühling, Aufbruch, nachhaltige Aufmerksamkeit auf vegetabiles Leben

Bei der kunsthandwerklichen Arbeit ist aktuell wieder eine Pause angesagt. Das ist schade, weil mir auch bei diesen Aufgaben Kontinuität eigentlich sympathischer ist. Aber das Wetter ist auch so ungemütlich, dass die unvermeidlichen ersten Außenarbeiten bei der Holzarbeit nicht wirklich eine Freude sind. Ich versuche, wenn es im Winter bei solcher Witterung eben doch Anfragen gibt, dann die richtigen Stunden zu erwischen, Phasen mit etwas Sonnenschein und ohne Regen. In Winterphasen wie diesen, in denen sich die unwirtlichste Seite der Jahreszeit über Tage und Wochen festfährt, ist das aber schwierig. Insofern ist es auch gut, wenn Holzarbeit gerade kein Thema darstellt. Wenn mit dem ersten Erahnen des Frühlings, dann, wenn auch die Bäume wieder zu neuem Leben erwachen, auch die Aufmerksamkeit der Menschen für eben diese Bäume und alles Grünende neu emporsteigt, dann freue ich mich auch wieder über verstärkte Nachfrage. Gerade die Manufakturarbeit ist eben immer ein Produkt und sie lebt von einer gewissen Stimmigkeit. Gut, wenn dabei alles im Gleichklang zusammenpasst, dann sind die Ergebnisse auch die besten und nachhaltigsten.

Lebenssymbolischer Gleichklang

Die Stromerzeugung macht weiterhin Probleme, dummerweise gerade jetzt, wo die ausgedehntesten Sonnenphasen zu erwarten sind. Aber das passt auch zu der immer verrückter werdenden Zeit, in der nichts mehr verlässlich und erwartbar zu sein scheint. Immerhin für die Pflanzen ist diese Wechselhaftigkeit von Regen und Sonne ein Wachstumsvorteil, während Menschen oft über Beschwerden klagen, gerade die gerne von Wetterfühligkeit heimgesucht sind. Das gehört eben zu den Punkten, in den sich Menschen und Pflanzen unterscheiden. Spannend finde ich aber gerade die Punkte, in denen wir gleich schwingen und in gewisser Weise voneinander lernen können, vor allem die Menschen von der vegetabilen Umwelt. So ist es kein Wunder, dass sich Menschen gerne im Bild der Bäume spiegeln und so vielfältig Assoziationen im Angesicht und in der Begegnung mit Bäumen entwickeln. Die Ähnlichkeit in lebenssymbolischer Hinsicht bleibt unverkennbar. Und so freue ich mich darauf, den Facetten des Lebensbaumbegriffs und seiner bedeutungsvollen Tiefe auch weiterhin auf der Spur bleiben zu können und sie noch besser zu verstehen.

Lebensläufe mit Formen untergründigen Gleichklangs

Der feierliche Abschied vom Vater eines Jugendfreunds war heute Anlass für autobiografische Rückblicke, für mich und auch für M. und V. Da stellt man Gemeinsamkeiten fest, zwar nicht zum ersten Mal, aber zum Anlass eben erneut, die einen gewissen Einfluss auf den eigenen Lebenslauf, die eigene Positionierung und allgemein die Einschätzung von Menschen und Kommunikationen haben. Und natürlich denke ich dann auch an eine vergleichbare Situation in Bezug auf mich selbst. Nicht wirklich überraschend, weil eigentlich aus der eigenen Lebenserfahrung bekannt, aber doch von Zeit zu Zeit stärker ins Bewusstsein tretend sind Gemeinsamkeit, in dem Fall mit der Verarbeitung eines Werkstoffs, dem handwerklichen Umgang mit Holz, die auf einer ganz speziellen, auf den ersten Blick abwegig erscheinenden Ebene, liegen und doch für die parallel sich entwickelnden Biografien und vielleicht auch für die kommunikative Beziehung Sinn machen. Ich halte es für wahrscheinlich, dass dieser Sinn, der zu Lebzeiten immer nur untergründig mitschwingt, in der Lebenszeit der Seele zwischen zwei Inkarnationen eine wichtige, wenn nicht die wichtigste Rolle spielt. Auch deshalb ist es wichtig, diesen Sinn zu Lebzeiten zu akzentuieren, wie mir das heute im Rahmen der Trauerfeier möglich war.

Zwischen optischem Gleichklang und symbolischer Spannung

Die Linde hat mir heute doch mehr Anstrengung abverlangt als erwartet. Zum einen waren mir die Kanteln ausgegangen, so dass ich zunächst neue aus einem gut abgetrockneten Block heraussägen und auszeichnen musste. Und dann hat sich die Holzart diesmal wieder tückisch gezeigt. Das war in der Vergangenheit verschiedentlich schon so, da sie sich zwar durch diese unglaublich weiche Konsistenz auszeichnet, durch die damit verbundene und unvermeidliche Schwingung beim Drechseln aber leicht im Mittelteil des Stabs kleine Abplatzungen an der Oberfläche entstehen, die dann im Zuge des Abschleifens abzutragen sind. Präzisionsarbeit ist in dem Fall noch stärker gefragt als ohnehin schon bei diesem Arbeitsgang. Letztlich sind es genügend Stäbe geworden, um die größere Anzahl von Perlen daraus gewinnen zu können. Und spannend war anschließend auch der Stab aus Efeuholz, die ungleich besser für diese Art der Bearbeitung geeignet ist. Fast schon ideal ist die Art für solche Bearbeitung und Verwendung. Schade nur, dass es nicht mehr Gelegenheit gibt, daraus etwas zu machen. In diesem aktuellen Projekt ist die Verbindung von Lind und Efeu etwas durchaus Originelles mit anregenden Assoziationen. Denn die Holzarten haben Gemeinsamkeiten und liegen oberflächlich durchaus auf einer Ebene. Aber hinter dieser Ähnlichkeit der Oberfläche steckt eben auch eine symbolische Beziehung. Auch da sehe ich gewisse Ähnlichkeiten der Baumarten, aber auch Unterschiede, die sie weit voneinander abgrenzen. Wenn eine solche spannungsreiche Kombination mit einem oberflächlich dezenten optischen Kontrast einhergeht, finde ich das immer besonders interessant. Ich kann mir auch vorstellen, dass die subtile Einheit der Differenz von Harmonie und Kontrast am Ergebnis deutlich ables- und verstehbar sein wird.

Der Gleichklang von Außen und Innen

Vielleicht macht sich der spürbare Frühling inzwischen doch schon bemerkbar. Die Zähigkeit in der Durchführung von Projekten, die zuletzt durch die große Krise noch verstärkt schien, zeigt jetzt Tendenzen, sich tatsächlich aufzulösen. Das ist gut, denn wenn der Frühling, angekündigt durch den großen Durchbruch der Bäume beim Grünen und Blühen, dann seinem Höhepunkt zustrebt, kann der außen erlebte und wahrgenommene Aufbruch die innere Bewegung, Motivation und Entschlusskraft weiter beflügeln. Dass da ein starker Zusammenhang besteht, ist für mich inzwischen unzweifelhaft. Etwas wehmütig stelle ich gleichzeitig fest, dass sich der Zusammenhang nur wenig beeinflussen lässt. Der Gleichklang von Außen und Innen ist eher etwas, das man für kurzfristige Vorhersagen und Prognosen verwenden kann. Die Natur der Dinge, der Zusammenhang selbst, lässt sich dadurch aber nicht willkürlich herbeiführen.