Unser individueller Weihnachtsabschluss

Von meiner Seite aus könnte die Weihnachtszeit ja viel ausgedehnter sein. Wir haben uns aber darauf eingestellt, die weihnachtliche Dekoration als äußeres Zeichen dieser Zeit eine Woche nach dem Fest der Heiligen Drei Könige zu entfernen. So habe ich es heute auch wieder gemacht, auch wenn mir der Abschied insbesondere vom Weihnachtsbaum sehr schwerfiel. Auch die so wunderbar warm leuchtenden Lichterketten um die Schränke und vor dem breiten Fenster werde ich erst einmal vermissen. Sie haben diesem grauen, dunklen und zudem oft viel zu nassen Winter stimmungsaufhellend und symbolisch wärmend seinen Schrecken genommen. Nur ist es natürlich auch notwendig, die weihnachtliche Zeit abzuschließen, um die kommende Adventszeit umso freudiger wieder entgegensehen zu können. Natürlich leben Sinn und Symbolik der Feste von ihrer zeitlichen Begrenzung. Dass aber die Menschen diese Weihnachten so früh herbeigesehnt und dieses Bedürfnis auch so früh schon zum Ausdruck gebracht haben, zeigt einiges über die krisenhafte und quasi emotional bedürftige Zeit, in der wir leben. Weihnachten und alles, was es uns bedeuten kann, war insofern wichtiger als in früheren Jahren. Und wird vermutlich noch länger wichtig bleiben. Wie alles, was unseren Glauben und unsere Wertvorstellungen berührt, zu den Konstanten zählt, die rundherum so rar geworden sind. Woran sonst könnte man sich aktuell noch orientieren? Die Menschen lernen den Wert der Konstanten und des Vertrauten zunehmend (wieder) schätzen. Das immerhin ist eine tröstliche Beobachtung.

Vom Lehrreichtum der Wälder

Gewöhnlich denkt M. immer daran. Aber in diesem Jahr hatten wir beide tatsächlich vorher nicht an meinen Namenstag gedacht. Wir sind erst durch den morgendlichen Blick auf den Tagesabreißkalender daran erinnert worden. Aber natürlich weiß ich, dass der 20. August Namenstag aller Menschen mit Vornamen Bernhard ist, weil an einem 20 August im 11. Jahrhundert Bernhard v. Clairvaux gestorben ist. Der war, wie ich aus dem Telefongespräch heute Nachmittag mit Pastor M., der mich zum Namenstag gratuliert hat, nochmal genauer erfahren habe, tatsächlich ein sehr einflussreicher Geistlicher und Ordensgründer, der seinerzeit viel bewegen konnte, was auch heute in der kirchlichen Praxis noch Bestand hat. Aber am bekanntesten dürfte der Heilige heute den meisten wohl wegen der vielen Zitate sein, die man ihm zuschreibt. Kaum zu glauben, dass jemand so viele Weisheiten seiner Nachwelt hinterlassen konnte. Bernhard v. Clairvaux war also offenbar nicht nur in praktischen, z. B. landwirtschaftlichen, und spirituellen Fragen richtungsgebend. Auch als Schriftsteller und Weisheitslehrer haben wir ihm viele zu verdanken. Das Zitat, was mir natürlich immer am geläufigsten ist, stammt aus einem seiner Briefe und bezieht sich auf Bäume und Wälder:

 

„Glaube mir, ich habe es erfahren, du wirst ein Mehreres in den Wäldern finden als in den Büchern; Bäume und Steine werden dich lehren, was kein Lehrmeister dir zu hören gibt.“

 

Quelle: https://beruhmte-zitate.de/zitate/130550-bernhard-von-clairvaux-glaube-mir-ich-habe-es-erfahren-du-wirst-ein-meh/

An fortschrittliches Denken und Kommunizieren glauben

Bei all den Eindrücken von Depression und Mutlosigkeit im Zusammenhang mit der Krisensituation blitzen in meiner Beobachtung doch auch immer wieder Anzeichen von ermutigendem Weitblick auf. Wenn Menschen tatsächlich Interesse am Gespräch zeigen, sich auf den Austausch um des respektvollen Austauschs wegen einlassen, ohne gleich den Zweck als Qualitätskriterium im Blick zu haben. Solche Beobachtungen kann man in dieser Zeit durchaus machen, und das lässt mich zwischendurch aufatmen und an die Möglichkeit noch glauben, dass weitblickendes Denken und Handeln unsere Zukunft fortschrittlich gestalten können. Nach all den empfundenen Rückschritten der letzten Jahre. Zum Glauben an fortschrittliches Denken und Kommunizieren gehört die Voraussetzung des Glaubens an sich selbst. Das will ich auf keinen Fall vernachlässigen und dafür die Spiegelung durch Symbolformen nutzen, unter denen die Bäume nur ein besonders starkes Beispiel darstellen.

Den Glaubensinhalt der Transformation körperlich wahrnehmen

Es war in der Vergangenheit sehr häufig zu spüren, wenn der Karfreitag bevorstand. Es ist nicht zu leugnen, dass die Aura des Tages für unsere Familie, und vermutlich nicht nur für sie, eine Stimmung und Befindlichkeiten befördert, die an das Leiden erinnern, für das der Tag steht. Da finden Resonanzen statt, denen wir uns selten entziehen können. Aber anders als an Weihnachten, wenn wir angesichts des erleuchteten Weihnachtsbaums eine Art Vorschau auf das stärker Werden des Lichts erhalten und sich das Innere quasi symbolisch aufwärmt, wirkt die Karwoche, besonders der Karfreitag quasi umgekehrt. Es ist so, dass man den Neuanfang, das neue Leben noch nicht erfassen kann, wie wenn die Aufhebung des alten erst noch durchlebt werden muss. Wir alle vollziehen das ein Stück weit auch körperlich nach. Und das Körperliche durchmischt sich mit einer eigentümlichen seelischen Verfassung, die vielleicht notwendig ist, soll symbolischer Aufbruch in seiner ganzen Tiefe empfunden und verstanden werden.