Baum-Engel reloaded

Nun hatte ich in dieser Saison doch noch eine Gelegenheit, Gebetbuchengel zu basteln. Diesmal nicht für den eigenen Weihnachtsbaum, aber doch für einen, an dem sie sich zu vielen anderen liebevoll gebastelten Schmuckelementen gesellen kann. Und das Herstellen an sich inmitten der Vorweihnachtszeit ist einfach eine stimmige Erfahrung, auch mir nochmal die verschiedenen Schritte zu vergegenwärtigen, die ich mir vor einigen Jahren ausgedacht und die sich als die besten herauskristallisiert haben. Die 14 oder 15 Engel, die ich für unseren großen Baum angesammelt habe, sind immer der krönende Abschluss beim Schmücken des Weihnachtsbaums, denn an den Spitzen der weitest ausladenden Äste aufgehängt verwandeln sie den ansonsten schon fertig geschmückten Baum in ein echtes Kunstwerk. Ich denke dann immer, jetzt hat der Baum seine Bestimmung als Symbolbaum endgültig gefunden und kann sich in dieser Rolle und Aufgabe noch mindestens bis zum Dreikönigstag im neuen Jahr entwickeln, aber wahrscheinlich eher eine Woche länger, schon weil ich mich so schlecht von dem Baum und dem, was er ausstrahlt, trennen kann.

Eine Herausforderung für Konzentration, Systematik und Fleiß

Die Gebetskette aus Eiche ist doch einer Herausforderung, die mich heute den ganzen Tag beschäftigt hat. Wohl weil sich dieselben Arbeitsschritte besonders häufig wiederholen, und das bei nur einer Holzart. Da fehlt die Abwechslung, die einzelne Phasen sonst einfacher aufteilbar macht. Andererseits passt die Art von Konzentration, Systematik und Fleiß, die diese Arbeit erfordert, auch gut zu dem, was entsteht. Auch das ist eine Form von Meditation, die eben auf dem handwerklichen Tun basiert, fokussiert in dem Fall auf die Arbeit mit der Eiche und ihrem Holz. Eine interessante Erfahrung, gerade weil sie sich von dem sonst Erlebten abhebt. Und nebenbei auch eine der besten Beschäftigungen, wenn ich einen Blick durchs Fenster auf die regenverhangene Landschaft werfe.

Vom zeitlosen Wünschen

Die Wunschzettel sind in den letzten Jahren zwar deutlich weniger geworden. Aber jetzt am Anfang des Jahres erreichen mich doch wieder einige Wünsche. Auch im Vorjahr hatte die Zahl wieder etwas zugenommen, nachdem ich schon befürchtet hatte, dass das Artikulieren von Wünschen am Aussterben sei. Vermutlich hat dieser Rückgang einfach damit zu tun, dass die Interaktionsmöglichkeiten gerade im Internet stark angewachsen sind, vor allem im Bereich von Social Media. Die Aufmerksamkeit wird dadurch automatisch weiter aufgeteilt, so dass für den virtuellen Wunschbaum weniger übrig bleibt. Dass das Wünschen an Bedeutung verliert, denke ich dagegen eher nicht. Die Menschen packen täglich viele Gedanken in Wunschform. Auch das Beten ist oft bestimmt vom Wünschen. So bin ich auch viele Jahre nach Start der Wunschbaum-Projekte doch froh, diese Ideen und Formen ins Leben gerufen zu haben. Sie tragen Zeitlosigkeit mit sich und werden auf die eine oder andere Art immer sinnvoll bleiben und im Idealfall Gedanken, Wünsche oder Kommunikationen anstoßen, die sich sonst nicht oder verzögert entwickelten.