Baumthemen und Krisenverarbeitung

Das ist schon ein vorsichtiges Abwarten, was die Einstellung und kommunikative Perspektive der Menschen zurzeit flächendeckend kennzeichnet. Nicht wirklich überraschend, weil sich das seit 1 ½ Jahren mit kleinen Unterbrechungen, Auf- und Abwärtswellen, fortsetzt und zunehmend verfestigt. Nur fragt man sich, woher in diesem Umfeld und diesen Stimmungslagen die altbekannte Zuversicht, der Mut, sich auf Neues einzulassen, Neues ins Leben zu rufen und weiterzuentwickeln, woher das wieder kommen soll. Mehr Mut trotz der vielen Hemmnisse, Rückschläge und Enttäuschungen ist eigentlich dringend notwendig. Ein Rezept ist nicht in Sicht, aber ich weiß aus langjähriger Lebenspraxis, dass ein Abstandnehmen, in Auszeiten zwischendurch, aber auch kurzzeitig an jedem Tag, sehr wichtig und förderlich sein kann, um immer wieder Anlauf nehmen zu können. Gerade der Rückgriff auf Themen, die mit unseren natürlichen Grundlagen, insbesondere den Pflanzen in unserem Umfeld zusammenhängen, kann belebend wirken. So hoffe ich, nicht nur für mich selbst, die Beschäftigung mit den Bäumen, ihrer Symbolik, Energie und Ästhetik, auch weiterhin zur Krisenverarbeitung einsetzen und anderen daraus etwas mitgeben zu können.

Krisenernüchterung und eine eher dürftige Baumobstqualität

Nun ist auch für mich das Impfthema vorläufig abgeschlossen. Jedenfalls bis es, wie aktuell zu erwarten ist, doch noch eine dritte Impfung hinzukommt. Im Gespräch mit den Fachleuten vor Ort beschleicht einen schon das ungute Gefühl, dass insgesamt zwei Jahre Pandemie und Krisenstimmung wohl am Ende nicht unrealistisch sind und vermutlich noch in weitere Verlängerung gehen werden. Schwer abzuschätzen, welche Auswirkungen diese Umstände und Entwicklungen auf die seelische Gesundheit und die geistige Fortentwicklung der Menschen haben werden. Ein Rückschlag für uns alle bedeutet es allemal. Mit den Mirabellenkuchen ist M. heute in die Fortsetzung gegangen, so dass schließlich acht Bleche, d. h. mit gestern zusammen, acht Bleche zusammenkamen. Einen kleinen Kuchen haben wir gleich verbraucht und die anderen 7 eingefroren. Allerdings sind wir doch durch die Kostprobe etwas ernüchtert aus der Aktion hervorgegangen. Denn die Qualität der Mirabellen war dann doch nicht so toll. Mein spontaner Eindruck, dass die Früchte doch recht grün waren, hat sich bestätigt. Dieser verregnete Sommer hat auch auf dem Gebiet seine wenig rühmlichen Auswirkungen gezeigt, dem Baumobst fehlte es wohl doch an den nötigen Sonnenstunden. Zu wenig Süße, zu viel Säure. Das ist dann auch am Kuchen deutlich erkennbar. Immerhin konnten wir die Tradition fortführen, und das allein gibt ein gutes Gefühl.

Autoreflexion und Auflösung

Den ganz langen Weg zur Schleife bin ich schon seit Jahren nicht mehr gegangen. An diesem moderat warmen Sommertag mit frischem Wind war es aber wieder stimmig, zudem ich heute keine Kamera mitgeführt habe, was ansonsten deutlich mehr Anstrengung erfordert. Tatsächlich gibt die aktuelle Phase des Sommers wenig Motivreiches preis, es hätte sich also auch nicht gelohnt. Umso mehr Aufmerksamkeit bleibt für das Gehen selbst – ich erinnerte mich an meine vor Jahren einmal verfolgte Beschäftigung mit der Gehmeditation – und für die Stimmung und jeweilige Situation auf dem immer interessanten und immer auch veränderlichen Weg. Das konnte deshalb ein wohltuender, wenn man so will auch erkenntnisreicher Gang sein, der es mir erlaubt hat, im Freien die umwälzenden Reflexionen und seelischen Turbulenzen der letzten Wochen in gewisser Weise zusammenzuführen, noch klarer zu fassen, mir noch klarer zu werden, worum es eigentlich ging und was das bedeuten könnte. So war es auch eine Art autobiographischer Gang, denn bei den Gedanken waren viele, die sich mit der eigenen Biografie, gewissen Erfahrungen, vor allem mit dem Verhältnis von menschlich positiv berührenden Erlebnissen und ebensolchen Enttäuschungen befassten. Es war sicherlich die ganz besondere klimatische Situation, dieser Lieblingsweg, der Sonntag und nicht zuletzt die mir so vertrauten Bäume und Pflanzen am Wegrand, die diese Auflösung möglich gemacht haben. Eine vorläufige Klärung und Auflösung, die ohne die natürlichen Helfer in der Landschaft nicht vorstellbar gewesen wären. Ich hoffe sehr, diese Erfahrung auch langfristig integrieren zu können. Mit in diesen Zusammenhang gehört auch die neuerliche Erkenntnis, dass die ernste Musik wieder zum regelmäßigen Bestandteil meines Alltags werden sollte, auch wenn ich mich heute nur auf die reine Rezeption beschränken möchte.