Kerzen, Wachsreste und kreatives Gestalten

Nachdem wir die erste Hälfte des Samstags vor allem mit dem Sortieren, Spülen und Verstauen unserer neuesten Keramik-Errungenschaften zugebracht haben, konnte ich mich am Nachmittag dem seit Tagen verschobenen Vorhaben des Kerzengießens widmen. Ein neues Gerät zum Schmelzen hatte ich ja kürzlich erhalten, das diesen Teil der Arbeit mit Kerzenresten doch um einiges erleichtert. Und dann hatte ich noch weitere Utensilien besorgt, ohne die es kaum möglich ist, gut brennbare Kerzen selbst herzustellen: Dochte, Metallankerstücke, eine Form und auch ein Schmelzbecher, der letztlich fürs dosierte Ausgießen auch notwendig ist. Bei diesem ersten Versuch war zwar einiges erst zu auszutüfteln, v. a. das Wachs vom Auslaufen aus der Gussform abzuhalten, hat der Rest doch ganz gut funktioniert. Jedenfalls sind die Teelichter aus Altwachs schonmal gut gelungen. Und auch die dicke Kerze ließ sich nach den Anfangsproblemen mit dem Auslaufschutz ganz gut gießen. Ob das Ausformen genauso gut geht und ob das Ergebnis optisch überzeugend ist, werde ich erst morgen beantworten können, wenn alles richtig abgekühlt und das Paraffin ausgehärtet ist. Spannend finde ich solche Arbeit auf jeden Fall, wobei ich mich daran erinnere, dass ich als Kinder schon lange vor der Beschäftigung mit Holz, Bäumen und Bildhauerei, sehr gerne mit Wachs und Kerzenresten experimentiert hatte. Damals waren es meist Tropfbilder, die durch das Tropfen-Lassen von Kerzen auf ein mit Wasser gefülltes kleines Gefäß entstanden sind. Dabei verwendete ich damals verschiedenfarbige Kerzen die auf der Wasserfläche nach dem späteren Wenden glatte, glänzende und linsenartige Reliefformen aus verschiedenen Wachsfarben hinterließen, in einer Art Wachs-Pointilismus gestaltet. Um das so entstandene kleine Bild stabiler zu machen, goss ich dann eine zusammenhängende Wachsschicht als Hintergrund darüber und arbeitete eine kleine Drahtschlaufe ein, an der man es aufhängen konnte. Und in späteren Jahren knüpfte ich an diese Idee an, um zuvor plastisch ausgeformte Holzkerne mit Paraffin in einer Art Aufbautechnik zu ummanteln. Auch das eine spannende Technik, die aus heutiger Perspektive wiederaufzugreifen mich schon reizen könnte.

Baumkunst und Lebenserfahrung

Bei der Durchsicht der Pinterest-Querverweise stoße ich immer wieder auf bildhauerische Ansätze, die das Thema Baum und die künstlerische Handhabung des Materials Holz in ähnlicher Weise auffassen und modellieren, wie ich das vor Jahren in eigener Interpretation getan habe. Darunter sind viele Ansätze, die jüngeren Datums sind, was wohl zeigt, dass mein Ansatz damals durchaus als seiner Zeit voraus eingeschätzt werden kann. Allerdings würde es mir heute schwer fallen, genau an diesem letzten Punkt meiner eigenen bildhauerischen Entwicklung anzuknüpfen. Zu viel ist mit mir und der Gesellschaft seitdem passiert, als dass eine bloße Fortführung Sinn machen könnte. Vermutlich muss es ganz anders aussehen. Das bleibt zunächst noch eine offene Frage, da ich den zeitintensiven Weg zurzeit noch nicht gehen kann. Dass er in Zukunft noch einmal beginnt, kann ich mir aber vorstellen. Und auch, dass es dann wieder Sinn macht und echte kommunikative Funktion erfüllt, vielleicht mehr und deutlicher, als ich es in der Vergangenheit umsetzen konnte. Das wäre dann ein Vorzug und auch ein Resultat von umfangreicherer Lebenserfahrung.

Ein autobiografisches Kapitel abgeschlossen

Im Nachhinein war die damalige Aktion mit dem alten und hohl gewordenen Kirschbaumstamm natürlich ein Flop. Aber das Ganze hatte auch eine nostalgische Note, und deshalb bin ich ganz froh, dass ich es damals angegangen bin. Heute hat das Auseinandersägen in ofengerechte Abschnitte eher Probleme verursacht. Da das lange abgelagerte Holz wie Sand wirkte und die Kettensäge mehrfach stumpf gemacht hat. Aber damit ist jetzt dieses autobiographisch relevante Kapitel auch abgeschlossen. Und ich kann mich neuen Projekten zuwenden.

Nur Brennholz statt Kunst

Traurig ist es schon, dass aus dem lebendigen Erinnerungsstück an meine Zeit im Kunstzentrum am Ende nur Brennholz übrig geblieben ist. Aber der mächtige Kirschbaumstamm, den ich vor ca. 19 Jahren von dort zu mir nach Hause transportiert und dann bis auf eine dünne Wand ausgehöhlt hatte, war eben im Laufe der Jahre dem Holzwurm zum Opfer gefallen. Dabei hatte ich ihn damals mit Holzschutzmittel behandelt, was offenbar keine Wirkung hatte. Es war auch nicht möglich, Teile zu retten, der Wurm hatte großflächig und durch das gesamte Splintholz seine Spuren hinterlassen. Leider nichts mehr zu machen. So bleibt von der potenziellen bildhauerischen Form nur und immerhin ein Haufen guten Brennholzes, der uns einige wohlige Stunden an frostigen Winterabenden bescheren kann.

Plastische Sinn- und Gedankenwelten rund um das Baumthema

Wenn ich die vielen kreativen Ideen im Umgang mit Holz und dem Motivfeld Baum in den Pinterest-Portfolios betrachte, kann ich nur staunen über die schier unendliche Variabilität und Tiefe des Themas. Da sind Anregungen für eigene Arbeiten, aber auch ganz einfach Anschauungsmaterial zu eher fremd wirkende Gedankenwelten, die sich um den Baum und seine Bedeutungen drehen. Manches davon ist eher an Design orientiert, anderes stellt den handwerklichen oder bildhauerischen Prozess in den Mittelpunkt. Und anderes folgt schwieriger zu entschlüsselnden bildnerischen Ideen. Aber das meiste ist spannend und bestärkt mich in meinen vergangenen, aktuellen und hoffentlich auch künftigen Bemühungen, dem Baum immer wieder neue Form- und Sinnebenen zu entlocken und sie Interessierten darstellbar zu machen.

Reize plastischer Formenwelten

Nicht mein letztes bildhauerisches Werk, das Osterei mit gekreuzten Einschnitten bringt mich in diesen Tagen erneut auf die Spur der Bildhauerei. Auch die vielen Eindrücke, die ich von anderen Bildhauern in aller Welt durch Internetfunde v. a. über Pinterest gewinne, lassen den Wunsch wieder wachsen, wieder in die eigene Formfindung einzusteigen. Natürlich ist das eine Zeitfrage. Aber auch eine der Motivation und Stimmigkeit. Die wird wieder nahliegender, viel näher liegend als in den letzten ca. fünfzehn Jahren. Aber auch wenn es zeitlich nicht realisierbar sein wird. Die virtuelle Beschäftigung, das konzeptionelle Denken in der plastischen Formenwelt allein nehme ich zurzeit als Bereicherung wahr.

Der Baum bleibt ein künstlerischer Impulsgeber

Auch wenn ich selbst nicht sehr häufig dazu komme, eigens gesammeltes Bildmaterial auf meinen verschiedenen Pinterest-Sammlungen zu ergänzen, ist der kontinuierlich eingehende und zu meinen Themenfeldern passende Newsletter von Pinterest doch immer wieder sehr anregend. Unglaublich fast erscheinen mir die Vielfalt und der Ideenreichtum von Designern und Künstlern weltweit, von denen viele auch Ansätze verfolgen, die meinen eigenen bildhauerischen Ansätzen im Bereich der Holzskulptur ähnlich sind. Es sind dann gerade die Unterschiede zu den eigenen Arbeiten und Herangehensweisen, die beim Betrachten dieser Abbildungen besonders interessant sind. Nicht selten gibt mir das Impulse ein, doch wieder in die bildhauerische Arbeit einzusteigen, deren aktive Ausübung schon längere Zeit brachliegt. Dann sind es aber immer wieder auch Hindernisse, meist themenfremde, die dem entgegenstehen und die mich letztlich den Faden auf allein virtueller Ebene weiterspinnen lassen. Wie ich sehe, wäre aber auch in Jahren noch eine aktive Weiterverfolgung vorstellbar, denn die Zeitlosigkeit der Themen und Symbolkomplexe rund um den Baum und sein Holz ist zweifellos. Anders ist der auch aktuell wieder festzustellende Variationsreichtum ihrer plastischen Formgebung nicht zu erklären.

An Bildhauerei denken

Die Gedanken gehen in jüngster Zeit wieder öfter in Richtung meiner früheren Bildhauerei. Irgendwann wird sicher die Zeit reif sein, neue Ideen umzusetzen, die in den vergangenen Jahren im Hintergrund gereift sind. Ganz sicher wird es einen anderen Charakter haben wie zuvor, so viel, wie in den vergangenen Jahren geschehen ist. Mit der Welt und mit mir. Da kann die Kunst nur eine andere sein. So lange, wie ich nicht sicher bin, wird die Arbeit daran unsichtbar bleiben. Und ob die Bäume und das Holz darin dieselbe zentrale Rolle spielen werden, kann ich noch nicht sagen. Wahrscheinlich, aber kein Muss. Vielleicht auch in einer Form, die denen, die meine früheren Sachen kennen, nicht gleich verständlich sein wird. Das aber müsste ich ihnen dann zumuten.

Autobiographisches zwischen Vergangenheit und Möglichkeit

Jüngst gab es gleich mehrere Reminiszenzen an meine bildhauerische Arbeit, deren aktive Zeit lange zurückliegt. Offenbar erinnern sich doch noch einige daran, was mich damals künstlerisch an der Arbeit mit Holz und Bäumen bewegt hat, an die Einzelarbeiten wie auch die Ausstellungen, die ich im Abstand einiger Jahre in der Region zeigen konnte. Diese Formen, all die damit im Zusammenhang stehenden Kommunikationen behalten auch langfristig eine Bedeutung. Und auch die Formen selbst sind natürlich noch existent, wenn sie auch aktuell eine veränderte, für mich selbst eher autobiographische Symbolik angenommen haben. Dass solche Anklänge an Vergangenes auftauchen, ist sicher nie Zufall. Es soll uns, soll mich an Wichtiges erinnern, soll den Stellenwert ins Gedächtnis rufen und vor die Seele stellen, den diese Arbeit haben kann, vielleicht ganz unabhängig von der konkreten Zeit. Das arbeitet im Inneren weiter und wird sicher auch irgendwelche Einflüsse auf aktuelles Denken und Wahrnehmen haben. Ob es die Möglichkeit einer Wiederaufnahme, einer Fortsetzung impliziert, wage ich nicht einzuschätzen. Wenn eine solche Möglichkeit Sinn macht, wird sie sich entfalten. Da bin ich sicher. So lange aber soll sie eine Möglichkeit bleiben.