Über den Höhepunkt des Hochsommers

Von dem schön gestalteten und stimmungsvollen Gottesdienst zu Mariä Himmelfahrt einmal abgesehen. Hochsommer kann aus stressig sein. Solche Tage vornehmlich während des Augusts nehme ich so wahr, nicht nur in diesem Jahr, auch schon in vielen Vorjahren waren es vor allem Augusttage, die besonders belastend für den Organismus wirkten. Vielleicht sind es nur die Pflanzen, die gerade solches schwül-warmes und sonnenreiches Wetter gut finden und dann prächtig gedeihen. So jedenfalls scheint es mir beim Blick auf die Gartenbäume und Stauden, während die Sommerblumen mit zarten Blüten schon eher zu Schwächen bei zu starker Sonnenstrahlung neigen. Aber wir wollen uns nicht nur beschweren, schließlich stehen die Vorzeichen schon auf Herbst. Das könnte auch heißen, dass die eigentliche Hochsommerphase jetzt vorüber ist und wir für den Rest des Jahres vielleicht gar keine Wirklichen Sommertage mehr erleben. Wenigsten anhaltende Sonne wünsche ich mir, die Temperatur kann von mir aus sinken, was für uns ohnehin schonender und konzentrationsfördernder wirkt.

Ein Ebereschen-Baumpaar

In vielen Bereichen haben sich die Pflanzen in G. über den Sommer ähnlich entwickelt wie bei uns. Der Nussbaum wirkt vital und gesund, trägt aber nur wenige Nüsse. Die Äpfel sind zahlreich vorhanden, aber ziemlich klein, auch das ist bei unseren Pfirsichen in diesem Jahr ähnlich. Stauden wie die selbstgezogenen Rizinusstauden sind kräftig herausgewachsen, auch wenn sie sich mit nur kleinen Pflanztöpfen arrangieren mussten. Auch sonst ist alles sehr grün und üppig und blüht überwiegend prächtig, wie man an den Sommerblumen sieht. Am eindrucksvollsten fand ich aber die beiden Ebereschen, die kräftiger geworden sind, aber an ihrer filigranen Anmut nichts eingebüßt haben. Sie tragen sehr gleichmäßig verteilt üppige, leuchtend rot-orange Fruchtstände und präsentieren sich mittlerweile so, wie sie ursprünglich auch gedacht waren, nämlich als einzelner Baum. Eigentlich sind es zwei recht nah beieinander gepflanzte Exemplare, aber sie haben sich immer schon harmonisch ergänzt und so war es absehbar und erwartbar, dass sie eines Tages in der grünen und Frucht tragenden Jahreszeit zusammenwachsen und optisch eine zusammenhängende Krone bilden. Schade nur, dass es zwecklos ist, einige Fruchtstände abzuschneiden, um sie in Väschen zusammen mit Sommerkräutern zu arrangieren, denn die Beeren werden sehr schnell dunkel, fast schwarz, und verlieren dann ihre so strahlende Anmutung, mit der sie am lebenden Baum ausgezeichnet sind.

Allegorie des Wünschens

Ein historisches Mädchen-Porträt als Allegorie des Wünschens

Es ist gestern schon angeliefert worden, und heute konnte ich es aufhängen. Ich bin sehr froh, dass ich das allegorische Porträt so gut reproduzieren und auf das sehr viel größere Maß von 60 x 90 cm skalieren konnte. Auch die Feinarbeit und Retusche an dem Bild, das auf eine historische, ca. 100 Jahre alte Postkarte zurückgeht, finde ich sehr stimmig und gelungen. Die kleine Sammlung von Postkarten aus den 20er bis 40er Jahren des 20. Jahrhunderts ist schon etwas älter, diese spezielle hatte es mir aber immer besonders angetan. Deshalb habe ich mich entschlossen, das Große Thema des Wünschens und Sehnens in dieser eindrucksvollen Porträtaufnahme darzustellen, eben eines der zentralen Themen, das vor etwa 20 Jahren den Start meiner Wunschbaum-Projekte motiviert hatten. Die Bäume sind eben nicht die einzigen archetypischen Symbole, in denen dieser mir so wichtige Inhalt einen passenden Ausdruck finden kann.

Hochsommerliche Arbeit an den Kräutersträußen

Gestern nach der Suche haben wir die gesammelten Kräuter schon nach Arten sortiert und in der Länge beschnitten, und heute am Nachmittag konnten wir die Sträuße in der traditionellen Weise binden, mit je einer Königskerze im Zentrum. Diesmal sind es gleich fünf Sträuße geworden, zwei mehr als sonst, aber darüber werden sich sicherlich die Beschenkten freuen. Wie immer hat sich am Ende herausgestellt, dass wir keineswegs zu viel gesammelt hatten. Von dem einen oder anderen Kraut hätte es sogar noch mehr sein können. Aber ich denke, die Ergebnisse sind sehr ansehnlich und ausgewogen. Eine schöne traditionelle Gemeinschaftsarbeit von M. und mir. Zwei der Sträuße haben wir schon weitergegeben, die drei anderen werden bis zur Weihe am Sonntag noch im Wasser stehen, damit die Kräuter bis dahin nicht zu schnell trocknen. Vom Rainfarn hatten wir einen Überschuss, weil ich alle geeigneten Exemplare von unserer Geheimtipp-Wiese geschnitten hatte. Die haben einen Platz in der Grotte gefunden, schließlich geht’s ja auch um einen Feiertag, der der Mutter Gottes gewidmet ist.

Kräuter von der Kräutersuche 2021 I
Kräuter von der Kräutersuche 2021 II
Kräuter von der Kräutersuche 2021 III
Kräuter von der Kräutersuche 2021 IV
Kräuter von der Kräutersuche 2021 V
Kräuter von der Kräutersuche 2021 VI

Kräutersuche an einem sonnigen Hochsommernachmittag

Es war der genau richtige Tag für die Kräutersuche. Am Nachmittag konnte ich M. überreden, dass wir zusammen die bekannten Orte erkunden, auf der Suche nach einer Auswahl für die Jahreszeit typischer Wiesenkräuter. Auch wenn wir die meisten Arten nicht mit Namen kennen. Die Arten wiederholen sich, aber auch an den eigentlich bekannten Orten, am Straßenrand, am Waldrand und am Flussuferweg, so ist es doch in jedem Jahr wieder anders, dominieren bestimmte Arten und andere fallen komplett aus. Die Zusammenstellung ist am Ende deshalb immer anders. An der dritten Station konnten wir zum Beispiel endlich genügend Rainfarn zusammentragen, der an den ersten beiden Orten gar nicht vorhanden war. Das war zwar mühsam, da nur bestimmte, noch nicht so weit ausgereifte fürs Trocknen in Frage kommen, aber das Vorkommen war dort reichhaltig, so dass ich am Ende doch zwei kräftige Sträuße zusammen hatte, von denen wir einen Teil auch anderweitig verwenden können. Neu sind diesmal lila und dunkellila blühende Kräuter, die ich nicht bezeichnen kann, die ich aber so noch nicht wahrgenommen hatte. So werden die Sträuße auch eine interessante Farbigkeit erhalten. Eine große Freude war es mir, an einer einzigen Stelle tatsächlich mehrere Blütenspitzen der Königkerze entdeckt zu haben. Die warn sonst nirgendwo zu sehen. Diesmal werden wir das Zentrum aller drei Sträuße mit einer Königskerze krönen können, nachdem im Vorjahr zur Zeit der Suche alle zeitig blühenden Exemplare schon verblüht waren und wir auf Ersatz ausweichen mussten. Die Sträuße selbst werden wir morgen binden, aber ich bin sicher, es werden wieder sehr schöne sein, die wir am Sonntag zur Kräuterweihe mitnehmen werden.

Fleißarbeiten

Es ist kaum möglich, mit dem Verlauf dieses Hochsommers anzufreunden. Immerhin ist heute schon spürbar geworden, dass wir am Wochenende nach längerer Pause wieder wirklich Hochsommertemperatur erwarten können. Aber die begleitende Wechselhaftigkeit ist gleichzeitig auch schon vorhergesagt. Ich bin froh, heute die umfangreiche Arbeit mit über 70 Perlen abgeschlossen zu haben. Die Arbeitsbedingungen waren am Nachmittag erholsam und für solche Fleiß-Routinearbeiten wie gemacht. So hat sich auch in diesem Punkt wieder alles richtig gefügt, inklusive des zeitlichen Freiraums für die übrigen Vorhaben dieser Woche. Ich hoffe, wir können morgen die Kräutersuche realisieren, die in den Tagen vor Mariä Himmelfahrt zur selbstverständlichen Tradition und zur unverzichtbaren Gemeinschaftsaktion zwischen M. und mir geworden ist.

Mit dem Ursprung im Licht

Eine kunsthandwerkliche Aufgabe, die über die Sequenz der sonst gewohnten 21 hinausgeht, ist zur Abwechslung auch interessant. Natürlich fordert das den ganz langen Atem und aktiviert auch die letzten Geduldreserven. Aber die so häufige Wiederholung, in dem Fall sind es 72 Durchläufe je Arbeitsgang, hat auch meditativen Charakter, noch deutlicher als bei den Manufakturarbeiten ohne immer schon. So freue ich mich, die Arbeit mit dem letzten langen Arbeitsgang, dem Abschleifen der Perlenkanten, idealerweise morgen abschließen zu können – nach einem sehr langen Nachmittag, den ich vor der Kulisse des Sommergartens werde verbringen können, bei steigenden Temperaturen, die mich gerade in den späteren Nachmittagsstunden in der Abschlussphase der Arbeit einhüllen und die Holzarbeit umso stimmiger auf ihren Ursprung im Licht zurückführen.

Symbole und Archetypen

Meine erstmalige Lektüre einer Schrift von C.G. Jung war ein durchaus eindrucksvolles Erlebnis. Zuvor kannte ich den Stil und die Form der Darstellung dieser Psychologie ja noch nicht aus dem Original. Nur einzelne Grundmotive aus seinem Werk waren mir allerdings schon vor Jahren sehr vertraut. Und dieser erste Text war für mich schon sehr aufschlussreich und hat gleich gezeigt, dass es tatsächlich um Anschauungen eines umfassend Gelehrten geht. Die sind für mich vor allem deshalb interessant, weil das Symbolische im Mittelpunkt steht und die übrigen Themen, die ich aus der Kommunikationswissenschaft und aus eigenen geisteswissenschaftlichen Studien kenne, integriert werden. Das auf eine eigene Art, die ich so noch nicht kannte. Aber schon aus diesem einen Text sind zahlreiche Verweise auf andere Teile von Jungs Werk selbst ersichtlich, und zahllose Hinweise auch auf weitere Quellen, die sehr deutlich kenntlich gemacht wurden. Das verspricht sehr aufschlussreich zu werden und meine Beschäftigung mit archetypischen Formen im Rahmen meiner Themenbereiche zu bereichern.

Zwischen optischem Gleichklang und symbolischer Spannung

Die Linde hat mir heute doch mehr Anstrengung abverlangt als erwartet. Zum einen waren mir die Kanteln ausgegangen, so dass ich zunächst neue aus einem gut abgetrockneten Block heraussägen und auszeichnen musste. Und dann hat sich die Holzart diesmal wieder tückisch gezeigt. Das war in der Vergangenheit verschiedentlich schon so, da sie sich zwar durch diese unglaublich weiche Konsistenz auszeichnet, durch die damit verbundene und unvermeidliche Schwingung beim Drechseln aber leicht im Mittelteil des Stabs kleine Abplatzungen an der Oberfläche entstehen, die dann im Zuge des Abschleifens abzutragen sind. Präzisionsarbeit ist in dem Fall noch stärker gefragt als ohnehin schon bei diesem Arbeitsgang. Letztlich sind es genügend Stäbe geworden, um die größere Anzahl von Perlen daraus gewinnen zu können. Und spannend war anschließend auch der Stab aus Efeuholz, die ungleich besser für diese Art der Bearbeitung geeignet ist. Fast schon ideal ist die Art für solche Bearbeitung und Verwendung. Schade nur, dass es nicht mehr Gelegenheit gibt, daraus etwas zu machen. In diesem aktuellen Projekt ist die Verbindung von Lind und Efeu etwas durchaus Originelles mit anregenden Assoziationen. Denn die Holzarten haben Gemeinsamkeiten und liegen oberflächlich durchaus auf einer Ebene. Aber hinter dieser Ähnlichkeit der Oberfläche steckt eben auch eine symbolische Beziehung. Auch da sehe ich gewisse Ähnlichkeiten der Baumarten, aber auch Unterschiede, die sie weit voneinander abgrenzen. Wenn eine solche spannungsreiche Kombination mit einem oberflächlich dezenten optischen Kontrast einhergeht, finde ich das immer besonders interessant. Ich kann mir auch vorstellen, dass die subtile Einheit der Differenz von Harmonie und Kontrast am Ergebnis deutlich ables- und verstehbar sein wird.

Bevorzugte Themenfelder und Baumlektüre

Die Lektüre geht mir in den nächsten Wochen so schnell nicht aus. Zu einigen Sammlungen aus Rudolf Steiners Schriften und Vortragsmitschriften kommt Unterhaltungslektüre, ein erster Band aus C. G. Jungs Gesamtwerk, das sich den Archetypen widmet und jetzt auch der vorletzte Bestseller von Peter Wohlleben, der sich der besonderen Verbindung zwischen Mensch und Natur widmet. Letzteres ist natürlich genau mein Hauptthema im Rahmen der Wunschbaum-Projekte. So bin ich sehr gespannt, wie der Erfolgsautor in Sachen Bäume und Natur das Thema angeht. Sicher ganz anders als ich es gewöhnt bin und bevorzuge. Aber letztlich werden darin auch Parallelen erkennbar sein. In jedem Fall ist so etwas thematisch Gleichlaufendes immer ein wichtiger Reflexionsgegenstand, der sich nur Positiv auf die eigene, ganz individuelle Themenbehandlung auswirken kann.

Vertraute Bäume

Ziemlich frühzeitig habe ich mir in diesem Jahr schon einen Baum-Monatskalender für 2022 besorgt. Der ist mir zur lieben Gewohnheit geworden und ein fester Alltagsbestandteil, weil ich ihn täglich für viele Stunden vor Augen habe, mehr oder weniger fixiert, meistens nur als Element des Blickfeldhintergrundes, aber sehr vertraut und wohltuend. So versprechen auch die geheimnisvollen Wälder, die auf der Rückseite des Kalenders in Verkleinerung zu sehen sind, sehr eindrucksvolle, fast magisch anmutende Waldszenen, die mich im nächsten Jahr über alle Jahreszeiten begleiten werden. Etwas anderes, das mir seit vielen Jahren vertraut ist, trat mir heute über eine Anfrage wieder ins Bewusstsein: Das Holz des Efeus, von dem die meisten wohl niemals vermutet hätten, dass es überhaupt existiert. Sehen die meisten doch den Efeu als schlanke Rankpflanze, die sich mit ihren Haftwurzeln überall emporranken kann. Aber es gibt eben auch die alten, starken Efeupflanzen, die beachtliches Kernholzvolumen ausbilden können. Solche Abschnitte konnte ich mir vor einige Jahren besorgen. Schön, dass eine Person mit ähnlicher Begeisterung für die Art über das Baumtagebuch auf das Efeuholzthema aufmerksam geworden ist. Den geäußerten Wunsch kann ich zwar leider nicht erfüllen, aber da gibt es ja das einschlägige Wunschbaum-Armband aus Efeuholz, das die Energie und Ausstrahlung des Efeus in sehr persönlicher, körpernaher Form transportieren kann.

Wie kleine lichte Bäume

Über den Sommer erweist sich die Beschäftigung mit den Pflanzen, ihre Auswahl, Pflege und Aufzucht am Ende doch immer als schlüssig und konsequent. So war es offenbar kein Zufall, dass aufgrund geschickter Aussaat im richtigen Pflanzpanel in diesem Jahr so viel kräftige Wunderbäumchen herangewachsen sind. Zu viele, um sie alle in den Garten an sonniger Stelle einzupflanzen. So sind die meisten in ihrem zu kleinen Topf geblieben und haben ihren Wachstumszyklus beschleunigt durchlaufen, in der Annahme, schon erwachsen zu sein. Diese frühreifen Exemplare sind jetzt ein guter Ersatz für einige Sommerblumen, die wir vorm Haus in Töpfe gepflanzt hatten und die nach anfänglich prächtiger Entwicklung plötzlich eingegangen waren – wegen Engerlingen, die sich in der Erde festgesetzt und die Wurzeln abgeknabbert hatten. An ihre Stelle sind jetzt die Bonsai-Rizinusstauden getreten und bilden lustige Ensembles, wenn sie zu dritt in einem Topf nebeneinandersitzen, wie drei kleine Bäume mit filigraner, lichter Krone. Hinterm Haus haben wir weitere Exemplare in Ampeln, Blumenkästen oder einfach zwischendurch ins Blumenbeet gesetzt. Eine ebenso ungewohnte wie schöne Abwechslung in unserem Sommergarten.

Sich über Symbolarbeit aufrichten

Das Schauerwetter hat es heute kaum möglich gemacht, sich länger draußen aufzuhalten. Schade, dass wegen dieses wenig sommertypischen Wetters Sommerfeeling nicht wirklich entstehen kann. Passt irgendwie zu den verqueren Verhaltensmustern und der unübersichtlichen Stimmungslage unter den Menschen. Wie wenn die natürlichen Umweltbedingungen das Innere der Menschen spiegelte. Vielleicht ist das zurzeit wirklich so. Immerhin schaffen wir es, uns im Alltag durch das bewusste Arbeiten mit Symbolen aufzurichten, aufrechtzuerhalten, wozu immer wieder auch vegetabile Symbolik einen Beitrag leistet. Lustig fand ich Ms Idee, die überschüssigen Wunderbäumchen, die ja noch in ihren kleinen Pflanztöpfen bleiben mussten und deshalb dachten, sie seien schon ausgewachsen, in einer Dreiergruppe zwar im eigenen Topf, aber doch zu den Sommerblumen zu gesellen. Sie wirken dann wie ein Blumenstock, nur eben mit der Anmutung von Bonsai-Stauden, die alle Eigenschaften der großen zeigen, inklusive schon ausgebildeter Blüten und Fruchtstände, nur eben in der Miniaturausführung.

Das Eigentliche und die Pflanzenwelt

Selbst für die Auszeit des Hochsommers sind diese Tage ungewöhnlich und wirken wie etwas Unwahrscheinliches auf mich ein. Es ist, wie wenn die verwirrte und desorientierte Krisenkommunikation, gepaart mit kollektiver Dauerdepression, nun eine Art Tatsache geworden wäre. Wie wenn man sich dauerhaft auf solche Zustände und Befindlichkeiten einzurichten gezwungen sieht. Ich bin sicher, dass das ein ebenso kollektive Täuschung, ein rekapitulierendes Missverständnis ist, dass das, was unseren aktuellen Stand geistiger und gesellschaftlicher Entwicklung betrifft, weitaus fortgeschrittener ist und sich nur deshalb nicht ausreichend Geltung verschaffen kann, weil anderes sich unaufhörlich in den Vordergrund schiebt. Das Eigentliche ist dadurch aber nur verdeckt, nicht etwa verschwunden. Ich suche täglich den Kontakt zu den Pflanzen in unmittelbarer Nähe, vor allem im Garten, zu den Bäumen, Stauden, Blumen und allem, was im Bereich der Pflanzenwelt sich hier verwirklicht. Denn das ist aktuell die einzige Möglichkeit, dieses Verdeckte für Momente sichtbar zu machen, aus seiner Verdeckung hervorzuholen. Wie alle Symbole des Lebens nie verschwinden, nur manchmal nicht die größte Aufmerksamkeit genießen. Es ist immer tröstlich zu wissen, dass sie immer da sind und mit uns ihre Lebensweisheit austauschen können, wenn wir das zulassen.

Persönliches Baumtagebuch von Bernhard Lux: Täglich begegne ich den Bäumen auf vielfältigen Wegen. An ihrem jeweiligen Standort in der Natur, in der Lektüre von Baum- und anderer Literatur, in der alltäglichen Reflexion, der handwerklichen Arbeit und im Gespräch mit der Familie oder Freunden und Kollegen. Es ist mir ein Bedürfnis, diese themenbezogenen Beobachtungen, Interaktionen und Kommunikationen in Form des Baumtagebuchs zu dokumentieren. Seit dem 20. November 2004 habe ich keinen einzigen Tag ausgelassen – ein Zeichen dafür, dass das Baumthema und der Baum als Archetypus tatsächlich im Alltagsleben verankert ist und vielfältige inhaltliche Assoziationen ermöglicht. So mag dieses Baumtagebuch jeden seiner Leser/innen auf die Spur einer je eigenen Beziehung zu den Bäumen führen.