Baumgeheimnisse

Bevor sie diese ausgebuchtete vollplastische Form entwickeln, haben die Früchte der Magnolie etwas Zapfenartiges. Nur schlanker und geschlossener. Wegen des durchwachsenen Wetters hatte ich in den letzten Tagen zwar kein Glück beim Fotografieren, aber ganz nebenbei beobachte ich doch immer wieder etwas an den Bäumen, das mir neu und überraschend erscheint. So schnell können sich einzelne Wachstumsphasen gestalten, dass man sie leicht verpasst. Und plötzlich ist aus der Blüte die Frucht oder aus der Knospe das Blatt geworden, manchmal über Nacht. Ich versuche, meine Beobachtungsschärfe zu verbessern, damit ich auch diese schnellen Veränderungen erfassen kann. Ein Weg, dem Geheimnis der Bäume schrittweise näher zu kommen.

Hochzeit der Baumblüten

Endlich ist es mir gelungen, die kleinen Blüten der Stechpalme zu fotografieren. Letztes Jahr hatte ich sie knapp verpasst. Aber es ist schwierig, eine scharfe Einstellung hinzukriegen, sind wohl etwas zu klein für mein Zoom.

Stechpalmenblüte

Wunderbar sind zurzeit auch die Kerzenblüten der weiß blühenden Rosskastanie.

Rosskastanienblüte

Die gehört zum opulentesten und unwahrscheinlichsten, was ich überhaupt von heimischen Bäumen her kenne. Wenn ich malen könnte, würde ich mich mit einem Makro dieses Gewächses in Öl versuchen. Das würde monumental gehalten einen gewaltigen Eindruck vermitteln.

Blüten

Und da sind dann noch zahlreiche Sträucher mit wunderbaren Blüten, die ich leider nicht identifizieren kann, dazu kenne ich mich mit den Sträuchern nicht gut genug aus. Einer davon ähnelt dem Weißdorn, was die Blüte betrifft. Der blüht neben der Eberesche zurzeit auch schon. Wie es scheint überschlägt sich der Frühling in diesen Tagen.

Die Kraft der alten Linde

J. musste heute zum dritten Mal für ihre Therapie ins Krankenhaus. Wir wünschen ihr nichts mehr, als dass sie das ,,blaue Wunder“ diesmal besser verträgt und nicht die extreme Übelkeit wie bei den letzten Malen entwickelt. Sie ist wahrlich belastet genug, dass müsste nicht auch noch sein. Vorhin saßen M. und ich mit ihr im Innenhof der Klinik und haben eine Stunde lang geredet, wir freuen uns so sehr, dass das wieder möglich ist, auch das ist nicht selbstverständlich. Möge der alte und mächtige Lindenbaum, unter dem die Parkbank stand J. ihre ganze Kraft übertragen, und wenn es nur für diese 3 Tage ist. Und sie möge alles abmildern, was J. schaden und angreifen könnte, alles aber stärken, was sie stärkt und aufbaut. Alle Geister der Natur mögen sie bei dieser heilenden Tat unterstützen!

Das Erkennen des Lebensbaums

Beim Spaziergang habe ich die Feiertagsatmosphäre wahrgenommen. Viele Menschen sind unterwegs an diesem Tag, bei wunderschönem Wetter und dem ersten Tag des Jahres, von dem man behaupten könnte, es sei sommerlich – wenn wir uns auch erst im Frühjahr bewegen. Und so hat auch die Hinterm-Haus-Sitzen-Saison bei uns zuhause begonnen, ein schöner Rahmen für das familiäre Zusammensein, zudem einer, der mir diesen Panoramablick auf den – wenn auch kleinen – Garten ermöglicht. Einen der Begrenzungspunkte des Blicks bildet der kleine Buchsbaum, der so alt ist, wie ich denken kann, und wahrscheinlich noch ein paar Jahre älter. Immer schon haben wir den ,,Palm“ daraus geschnitten, der nach dem Segen des Palmsonntags das ganze Jahr über die Türkreuze im Haus ziert. Wenn man es nicht besser wüsste, man käme nicht auf den Gedanken, dass es sich um einen ca. 40 Jahre alten Baum handelt. Höher als ein Strauch ist er nie geworden, das dünne und kurze Stämmchen misst bestimmt nicht mehr als 6 cm im Durchmesser. Keine Ahnung, vielleicht liegt es an der Art, soviel ich weiß gibt es klein- und großblättrige Varianten. Vielleicht aber auch an seinem Standort: in der Ecke des Gartens, auf der einen Seite die Wand des Hühnerhauses und auf der angrenzenden die hohe Zypressenhecke, so steht er ständig im Halbschatten, erhält er sein Licht nur von zwei Richtungen. Eine treuer und zäher Lebensbegleiter und wenn ich mir das so richtig überlege, unter den Bäumen meiner häuslichen Umgebung der einzig richtige ,,Lebensbaum“, wenn er auch nicht anlässlich meiner Geburt gepflanzt wurde, er hat mein bisheriges Leben begleitet, und außerdem zeichnen ihn einige Eigenschaften aus, die ich auch auf mich beziehen kann: eine ausgeprägte Zähigkeit, Beständigkeit und ein unbedingter Selbstbehauptungswillen auch unter widrigen Bedingungen. Einer, der so leicht nicht unterzukriegen ist, und der – meist unauffällig – da ist, wenn man ihn braucht. Seltsam, dass mir diese Verwandtschaft bisher nie in den Sinn gekommen ist. Ja, die Buchsbäume gehören ab sofort zu meinen Lieblingsarten, neben den Eiben, den Erlen und den Wacholdern.

Renaissance des Maibaum-Brauchs?

Wenn M. mich vorhin nicht daran erinnert hätte, wäre es mir beinahe entgangen: Heute steht die Hexennacht bevor. Die Spuk- und Lustige-Scherze-Lust der jugendlichen Bevölkerung hat freilich schon seit einigen Jahren stark nachgelassen. Selbst das, was früher ohnehin meist einfallslos oder ärgerlich ausgefallen war und eigentlich nichts mehr mit dem eigentlichen Sinn dieser Nacht verband, ist den Leuten inzwischen schon zuviel geworden. Und so wird auch der folgende v. a. als freier Tag geschätzt, besonders bei so schönem Wetter, denn dann fällt es leicht, den Weg zu einer der zahlreichen 1. Mai-Veranstaltungen einzuschlagen. Vielleicht muss man es aber doch etwas differenzierter sehen: Das Interesse, zumindest theoretisch und äußerlich, an den Mai-Bräuchen scheint auf der anderen Seite wieder zu wachsen. Heute las ich in der Tageszeitung, dass in Deutschland in diesem Jahr 35.000 Maibäume von der meist männlichen Brauchtumsfreunden aufgestellt werden, und zwar in Anknüpfung an die Tradition des ,,Maien-Steckens“, dieser alten Form des frühjahrlichen Gunst-Erweisens, ausgehend von einem Verehrer und gerichtet an ein Mädchen oder eine junge Frau der Wahl. Dazu werden meist junge Birken bzw. auch nur Zweige davon oder Fichten verwendet. Dazu kommen natürliche noch die großen Maibäume, die mit oder ohne lokale Tradition und mehr oder weniger aufwändig gestaltet an zentralen Plätzen zum 1. Mai aufgestellt werden. Ich habe das alles in meinem Text zum Brauchtum des Maibaums aufs ausführlichste erläutert: www.wunschbaum.de/maibaum.htm Und es freut mich, dass dieser Text jedes Jahr wieder aufs Neue auf großes Interesse stößt. In diesem Jahr wird dieses Interesse wohl zu einem vorläufigen Rekord in der Zugriffsstatistik von www.wunschbaum.de führen.

Wunderbare Wandlungen

Unglaublich, wie schnell sich die Frucht aus der Blüte heraus entwickeln kann. Vor wenigen Tagen noch habe ich die auffallend bunten Blüten des dunkelrot beblätterten Ahornbaums im D.er Park fotografiert. Als ich heute einen Blick auf den Baum warf, hatte er schon ein opulentes Blätterdach ausgebildet, das mir über die Sommermonate wieder einen wunderbaren Schatten während der Mittagspause spenden wird. Was mich aber meisten überrascht hat, waren die schon sichtbaren, zwar noch kleinen, aber voll ausgebildeten Flügelfrüchte. Und ich fragte mich, wo die Blüten geblieben sind, die ja eine ganz andere Form besitzen. Tatsächlich keine Spur mehr davon, als ob sie nie existiert hätten. Das sind Wunder, diese unglaublichen Verwandlungen in der Natur, die ich an den Bäumen so schön zu beobachten in der Lage bin. Ich freue mich auf vieles, was der Frühling noch an Verwandlungen zu bieten hat. Und wünsche mir, dass er einiges von seiner Kraft auch auf die Menschen überträgt, die dieser Energie von Außen in besonderer Weise bedürfen.

Das Ende der Zivilisationsklischees

Ich glaube, die Vegetation erobert langsam aber sicher immer größere Teile unserer überzivilisierten Welt. Interessanterweise macht das auch vor dem Gegenpol, den großen Industrieanlagen z. B. nicht Halt. Bei dem Versuch jedenfalls, möglichst typische Außenansichten der Dillinger Hütte einzufangen – wir benötigen diese Ansichten für den Entwurf eines neuen Lern-Malheftes zum Thema Stahl – hatte ich alle Mühe, einige Motive ins Bild zu setzen, in denen nicht irgendein Ast oder Grünzeug von der Seite aus hineinragte. Und aus der Fernperspektive wirkt die ganze Hütte sowieso wie mitten in den Wald hinein gesetzt. So etwas finde ich schön, es zeigt, dass die alten Klischees und immer wieder postulierten Bedrohungs-Szenarien in dieser platten Form einfach nicht mehr greifen. Längst ist (zumindest in Deutschland) eine Gegenbewegung in Gang gekommen, für viele unmerklich, aber dennoch deutlich erkennbar. Eine Bewegung Richtung Natur, die die ohnehin in den Köpfen seit zwei Jahrzehnten gewachsene größere Bewusstheit im Außen spiegelt. Und im Zuge einer sich rückwärts entwickelnden nationalen Wirtschaft erhält diese Beobachtung einen zusätzlichen Signalcharakter: Es gibt noch soviel anderes, nicht nur Geld verdienen, ökonomisches Wachstum und technologische Innovation. All das andere, was unsere Vorfahren, in bestimmten Zeiten mehr, in anderen weniger ausgeprägt, beachtet und geachtet haben, ist heute noch Bestandteil unserer Lebenswelt, den wir wieder sehen lernen müssen. Und der uns neue Dimensionen des Denkens, neue Aufgabenfelder, neue Lebensorientierungen vermittelt, die uns wieder zu einem lebenswerteren Leben zurückführen könnten. Ohne Anstrengung und Wollen wird das allerdings nicht gelingen.

Wunderbare Magnolien

Zur Untersuchung in L. war ich etwas zu früh. Die verbleibende Zeit habe ich genutzt, um eine Runde durch die angrenzenden Straßenzüge zu drehen, was ich sehr gerne tue, wenn ich irgendwo neu bin und Zeit überbrücken muss. Es ist bemerkenswert, wie viel Mühe sich die meisten Hausbesitzer mit ihren Vorgärten geben. Alles akkurat bepflanzt, gemäht und gerächelt. Wie es sich eben für eine Region gehört, in der es u. a. auch Ferienzimmer zu vermieten gibt und in der sich die Urlauber wohl fühlen sollen. Und tatsächlich, selbst für mich als quasi Einheimischen hatte die Umgebung eine Anmutung von Ferienatmosphäre. Natürlich habe ich v. a. auf die Bäume geachtet. Besonders ins Auge gefallen ist mir ein kleiner Magnolienbaum, der auf Grund seiner ausladenden Äste und der vollen Blüte sehr eindrücklich war. Es war diese etwas dunkler in Richtung violett gefärbte Art der Magnolien, die gleichzeitig auch eher tulpenförmige, d.h. tendentiell geschlossene Blüten ausbilden. Die andere, rosa-weiß blühende Art, die ich eher mag, war in D. bereits vor Tagen nahezu vollständig verblüht. Diese hier scheint etwas später dran zu sein. Wie auch immer, diese Bäume sind in allen Formen immer wieder eine Augenweide und gehören einfach mit zur Hochzeit des Frühlings.

Verblutete Bäume

Jedesmal, wenn ich abends durchs Dorf gehe, erschrecke ich neuerdings. Die Stellen, an denen die alten mächtigen Birken am Rande des Grundschulhofs standen, wirken wie Schlachtplätze. Da waren wohl wieder unglaublich unsensible und zudem fachunkundige am Werke. Nicht nur, dass das Fällen der Bäume an sich schon nicht nachvollziehbar ist, offensichtlich wurden die Bäume bei zunehmendem Mond gefällt, was zur Folge hatte, dass die ca. 10 cm über die Bodenoberfläche ragenden Stümpfe mindestens zwei Wochen lang bluteten. Der Wurzelstock der Birken ist regelrecht ausgelaufen, ein weiß-gelblicher Saft, der sich schäumend über die wie Tentakel wirkenden Wurzelausläufer ergoss und sich zu einer dichten, mittlerweile rötlich verfärbten harzigen Masse verdichtete. So sieht der Spaziergänger auf mehrere blutige Wunden, wenn man diese eher auf Tiere oder Menschen angewandte Ausdrucksweise auch auf den Zustand dieser Baumreste anwenden darf. Das Schlimme ist, dass die Wurzeln, die schon zu meiner eigenen Kindheit als knorrige Anker an der Oberfläche zu sehen waren, vermutlich noch Jahre sichtbar sein und bei jedem Blick an die einstmals prächtigen Bäume erinnern werden. Ich hoffe nur, dass die Zuständigen ein Einsehen haben, und wenigstens diese grausamen Mahner entfernen, meinetwegen mit maschineller Gewalt. Die Alternative wäre barbarisch.

Tag des Baumes

So ein verregneter, träger Tag! Ich weiß nicht, ob heute wirklich jemand an den Gedenktag der Bäume gedacht hat. Außer denen, die quasi beruflich damit zu tun haben, Politiker und Vertreter von Verbänden und Vereinen der Forst- und Waldbranche. Eigentlich spielt das auch keine so große Rolle, wichtig ist vielmehr, dass die Bäume generell im Leben der Menschen an Bedeutung gewinnen. Dazu kann vieles beitragen, z. B. diese Website, die Arbeit von Baumaktivisten, die Berichterstattung der Medien über Baum-Themen oder die Arbeit von Baumschutz-Aktivisten. In diesem Zusammenhang kann auch ein Gedenktag seine unterstützende und erinnernde Wirkung entfalten. Was dahinter steckt und warum der 25. April zum ,,Tag des Baumes“ geworden ist, habe ich in der Presse nachlesen können:

,,Mitte des vergangenen Jahrhunderts wanderte Julius Sterling Morton in das baumarme Nebraska aus. Er war Journalist und bewirtschaftete eine kleine Farm, wo er vor allem als Erosionsschutz Büsche und Bäume pflanzte. Immer wieder wies er in seiner Zeitung auf den dabei gewonnenen Nutzen hin. Anfang 1872 fasste er seine Erkenntnisse in seiner „Arbor Day-Resolution“ zusammen, in der er einen jährlichen „Tag des Baumes“ forderte. Seinem Antrag stimmte die Regierung von Nebraska schließlich zu. Am 10. April 1872 pflanzten erstmals Bürger und Farmer nahezu eine Million Bäume. Damaligen Zeitungsberichten zufolge brachte ein Baumfreund in der Umgebung der Ortschaft Lancaster allein 10000 Pappeln und Weiden in die Erde.

Dieser Erfolg veranlasste die Staaten Tennessee und Kansas später, alle Staaten der USA davon zu überzeugen, den „Tag des Baumes“ zu übernehmen. 1874 kam man schließlich überein, den Tag des Baumes am dritten Mittwoch im April zu begehen. Der Tag des Baumes wurde allmählich in der ganzen Welt bekannt. Am 28. November 1951 beschloss die FAO (Food and Agriculture Organisation) der Vereinten Nationen: „Die Konferenz sieht es als notwendig an, dass sich alle Menschen sowohl des ästhetischen und physiologischen als auch des wirtschaftlichen Wertes des Baumes bewusst werden und empfiehlt daher, jedes Jahr in allen Mitgliedsländern einen Weltfesttag des Baumes zu feiern und zwar zu dem Zeitpunkt, der unter örtlichen Bedingungen als gegeben erscheint“.

Premiere mit AhornSchon zwei Wochen vor diesem Beschluss, am 10. November 1951, hatte die Schutzgemeinschaft Deutscher Wald (SDW) sich auf einer Tagung in Bonn zu einem alljährlichen „Tag des Baumes“ entschlossen, der dann am 25. April 1952 zum ersten Mal durchgeführt wurde. Dabei pflanzte der erste Bundespräsident, Theodor Heuss, im Bonner Hofgarten einen Ahornbaum.“
(Auszug aus einem Artikel vom 25.04.2005, erschienen im Main-Rheiner, dem regionalen Onlinedienst der Tageszeitungen der Rhein Main Presse:
http://www.main-rheiner.de/region/objekt.php3?artikel_id=1872478 )

Fernweh

Dieses Reisemagazin in Bayern3 ist jeden Sonntagnachmittag eine echte Bereicherung. Da werden die exotischsten Länder und Regionen überall auf der Welt in einer halbstündigen Reportage vorgestellt. Heute war Sikkim an der Reihe, ein Land, das an Indien, Nepal und Buthan angrenzt und in dem die buddhistische Religion vorherrschend ist. Der wohl bekannteste Ort in dieser Region ist Darjeeling im fruchtbaren Hochland, Heimat des berühmten Tees. Aufgrund eines ausgeklügelten Bewässerungssystems und des milden Klimas werden aber auch Reis und andere Früchte, wie zum Beispiel der Ingwer, dort in großem Stil angepflanzt. Am beeindruckendsten aber fand ich die Bilder und Berichte über buddhistische Klosteranlagen und das Leben der Mönche dort. Einen Wunschbaum habe ich nicht gesehen, aber überall waren die typischen buddhistischen Gebetsfahnen zu sehen, und es wurde über einen Wunschsee berichtet, in die die Menschen ihre Wünsche hineindenken konnten. Das hat mir einen weiteren Anstoß gegeben, mir die Tradition des Wunschbaums in der östlichen Religionswelt einmal näher zu betrachten. Das wird wahrscheinlich mein nächstes Text-Projekt.

Aufräumen

Aufräumen ist so eine Art Krisenbewältigung. Man räumt mit den Räumen auch immer das Innerste seiner selbst. Heute war so ein Aufräumtag, dem sicherlich noch viele folgen werden, da es um ein Zimmer geht, welches jahrelang als Abstellkammer für alles Mögliche gedient hat. Da ist es schwer, alles unterzubringen. Das Interessanteste am Räumen ist für mich der Schnelldurchgang durch bestimmte Lebensabschnitte, an die man sich durch diverse Gegenstände und Dokumente erinnert fühlt. Einige dieser Dokumente, die mich an weniger geliebte Zeiten erinnern, habe ich kurzerhand verbrannt, andere in Schränken verstaut und gleichzeitig eine neue Systematik aufgebaut. Was ich schon alles produziert und vor allem gestaltet habe! Teilweise war das seit Jahren aus der Erinnerung gelöscht gewesen. Die vielen Werkzeuge und speziellen Utensilien für meine Arbeit mit Holz, die Hilfsmittel fürs Modellieren, die Entwürfe und fertigen Broschüren für verschiedene Auftraggeber. Und wie immer fiel es mir nicht schwer, manches hinter mir zu lassen. Ich klebe nicht an der Vergangenheit und schon gar nicht an Gegenständen der Vergangenheit. Da kommt das Skorpionhafte in mir zum Vorschein, die Lust an der Umwälzung und vollständigen Verwandlung, wie sie der Planet Pluto repräsentiert. Und wer weiß, vielleicht birgt der Raum später, wenn ich mit dieser Arbeit abgeschlossen habe, neue Möglichkeiten, wird zum Zentrum neuer Aktivitäten, von denen ich bisher noch nichts weiß.

Neue Blüten

Ein schöner hell-strahlender Tag. Da kann man gut fotografieren. Im Prinzip jedenfalls, denn das Licht steht nicht immer so, wie man will. Immerhin konnte ich heute ein paar Blütenaufnahmen machen: Vom Nussbaum – etwas gelungenere liegen mir aber noch von letztem Jahr vor. Von der Kaukasischen Flügelnuss – hätte ich beinahe schon wieder verpasst, aber ein Problem bleibt trotz guten Lichts, denn die langen, zarten und vielgliedrigen Blütenkätzchen lassen sich unheimlich schlecht scharf stellen. Außerdem wirft der Baum selber viel Schatten, so dass die Hälfte immer im Dunkeln liegt. Ich bleibe dran. Und noch einmal ein Versuch zur Roteichenblüte, die ähnliche Probleme macht wie die Flügelnuss. Ich hoffe auf noch viele Sonnentage in diesem Frühling, auf dass mir noch weitere Neuentdeckungen gelingen mögen.

Biblische Baumsymbolik

Die Sprache ist durchsetzt mit Ausdrücken, die sich auf Bäume beziehen. Eben ist mir ein Satz des neuen Papstes Benedikt XVI noch mal ins Gedächtnis gekommen, den er bei seinem ersten Auftritt kurz nach der Wahl geäußert hat: Er sei ein einfacher Arbeiter im Weinberg des Herrn. Der Rebstock, aber auch andere Bäume, wie der Feigenbaum, der Ölbaum und andere Fruchtbäume tauchen häufig an den verschiedensten Stellen der Bibel auf. Zahlreiche Texte beziehen sich deshalb auch auf die Bildhaftigkeit der Bäume in den biblischen Texten. Ein interessantes Thema, für das ich mich aber nicht sehr kompetent fühle. Was für mich an dieser Stelle wichtig ist: Der Baum steht häufig, so auch in diesem Satz des Papstes, für die Tendenz zum Wachstum, für eine Weiterentwicklung und – symbolisiert durch das erhoffte Ergebnis, die reifen Weintrauben – den reichen Ertrag in Folge sorgfältiger Pflege. Darin steckt vieles: Beständiges Bemühen birgt die Chance für reiche Ernte, aber auch: Es gibt trotz aller Anstrengungen und Sorgfalt auch viele Unwägbarkeiten, die dem Erreichen des Ziels entgegenstehen können. Mit anderen Worten: Ein Symbol des Lebens in seiner ganzen Komplexität.

Persönliches Baumtagebuch von Bernhard Lux: Täglich begegne ich den Bäumen auf vielfältigen Wegen. An ihrem jeweiligen Standort in der Natur, in der Lektüre von Baum- und anderer Literatur, in der alltäglichen Reflexion, der handwerklichen Arbeit und im Gespräch mit der Familie oder Freunden und Kollegen. Es ist mir ein Bedürfnis, diese themenbezogenen Beobachtungen, Interaktionen und Kommunikationen in Form des Baumtagebuchs zu dokumentieren. Seit dem 20. November 2004 habe ich keinen einzigen Tag ausgelassen – ein Zeichen dafür, dass das Baumthema und der Baum als Archetypus tatsächlich im Alltagsleben verankert ist und vielfältige inhaltliche Assoziationen ermöglicht. So mag dieses Baumtagebuch jeden seiner Leser/innen auf die Spur einer je eigenen Beziehung zu den Bäumen führen.