Sonne und Wachstum

Nun erwachen auch die Wärme liebenden Bäume so richtig zum Leben. Der kleine Ginkgo im Garten hat bereits viele Blätter und einige neue Seitensprosse gebildet, auch der Feigenbaum meldet sich zaghaft mit ersten Blättern zu Wort. Und andere, wie der Nashi, haben schon ihr üppiges Grün ausgebildet. Was mich wundert: Warum wächst der Zwerg-Säulen-Wacholder nicht mehr in die Höhe? Soll man seinen Namen tatsächlich wörtlich nehmen? Im Übrigen ist es die Feierzeit der Blumen. Habe eben einige Aufnahmen gemacht: von der Mittagsblume und dem Klatschmoon zum Beispiel, und sie J. geschickt. Wir genießen das Licht und die Sonne und freuen uns auf einen hoffentlich beständigen Sommer.

Der erste Sommertag

Der erste echte Sommertag. Im K. war es kaum festzustellen, aber beim nachmittäglichen Spaziergang bin ich in diese wohlige Sommerluft eingetaucht. Es ist die eigentümliche Kombination von Wärme, Licht und dem Duft von Blüten und frisch geschnittenem Gras, was ich meine. Ich wünsche mir in diesem Jahr viele solcher Tage, und dass sie mit noch etwas anderem getränkt sein mögen: mit Liebe und Gelassenheit.

Reiz des Fremden

Bin schon seit 2 Tagen nicht mehr draußen gewesen. So verbringe ich die letzten Tage im K. dösend, soweit keine Anwendungen stattfinden. Ich bin sehr froh, bald wieder nach Hause zu können, denn allmählich geht mir hier alles auf die Nerven. Und dabei vermissse ich weitaus mehr als die Spaziergänge an der Saar und den direkten Kontakt zu den Bäumen. Der Reiz fremder Umgebungen erschöpft sich für mich nach wenigen Wochen, das verhält sich im Urlaub auch nicht anders.

Elfen-Bäume

Ich mag sie sehr, diese Fantasy-Romane, die in der Welt der Elfen spielen. Zurzeit lese ich das neue Buch von Herbie Brennan ,,Der Purpurkaiser“, eine Fortsetzung des Romans ,,Das Elfenportal“. In beiden Romanen ist der Übergang zwischen der Welt der Elfen und der Menschenwelt sowie umgekehrt zentrales Motiv. Je nachdem, in welcher Richtung der Übergang erfolgt, ergeben sich spannende Überlagerungen und Differenzen verschiedener Perspektiven, Denkweisen und Wahrnehmungen der unterschiedlichen Wesen. Für Menschen besonders interessant sind natürlich übermenschliche Fähigkeiten, unbekannte kulturelle Muster, Materialien und Technologien. So ist in dem neuen Buch etwa von einem Reich der Waldelfen die Rede, in dem sich die Bewohner über ein gigantisches Verkehrsnetz in den Wipfeln der Bäume fortbewegen und Waren transportieren. Um dorthin zu gelangen, können sie dank eines besonderen ,,Zaubers“ in die Bäume eintreten und sich wie in einem Schacht bewegen. Das unglaublichste daran scheint mir die grenzenlose Phantasie des Autors. Ein Talent, welches ich aufrichtig bewundere.

Ruhiges Wachstum

Dampfendes Wachstumswetter. Der Frühling holt Anlauf, um in wenigen Tagen wieder einen Temperaturhöhepunkt zu erreichen. In solchen Zeiten scheint alles stillzustehen. Wenige Menschen nur sind unterwegs, die Bäume und Sträucher scheinen im erholsamen Schlaf. Aus der Ferne quillt das Grün in opulenter Form. Und ich selber bin still, ohne großes Bedürfnis nach Kommunikation. Zeit zum Nachdenken.

Die Ruhe der Bäume

Wieder zum Kurzbesuch zu Hause, weil in L. am Wochenende nichts läuft. Allmählich zweifle ich am Sinn des Ganzen. Immerhin konnte ich einige neue Übungen lernen und einige Ansatzpunkte erfahren, von denen ausgehend ich weiter arbeiten kann. Insgesamt hatte ich mir aber mehr von dem Aufenthalt erhofft. Es sind wohl die Begegnungen mit Menschen, die ich sonst nie getroffen hätte, die mir am längsten in Erinnerung bleiben werden. Wieder ein Zeichen dafür, dass die kommunikativen Erlebnisse mir im Gedächtnis haften, nicht aber örtliche oder technische Dinge. Der persönliche Austausch ist für mich das Wichtigste. Manchmal kommt das zu kurz, manchmal ist es recht intensiv. Eines aber möchte ich zu keiner Zeit missen: Die Ruhe, welche mir die Begegnung und die Beschäftigung mit den Bäumen beschert. Ohne diesen Ruhepol wäre vieles schwerer.

Gemischte Gefühle

Dieses Mal bin ich den Weg am Carl-Dewes-Park etwas weiter gegangen. Er endet an der Straße, und genau gegenüber beginnt die Auffahrt zum ,,Schützenhaus“. Es ist die einem Schuppen ähnliche Werkstatt, in der und um die herum ich vor acht Jahren meine Losheimer Skulptur realisiert habe. Eigentlich ist alles unverändert dort. Allerdings ist auf dem Vorplatz und im angebauten Unterstand nur noch wenig Material zu finden. Der Ort scheint nicht mehr intensiv genutzt zu werden. Am lustigsten fand ich, dass der Stamm für Thomas W. jetzt acht Jahre später immer noch an der selben Stelle liegt. Wahrhaft symptomatisch für die Arbeitsweise der Forstverwaltung. Tatsächlich ist seit meinem Abgang rein gar nichts mehr in Bezug auf das Projekt geschehen, auch der große Eichenstamm zwischen Bachem und Losheim liegt ja noch unverändert an derselben Stelle. Mein Gott bin ich froh, dass ich das hinter mir habe. Die Entscheidung damals war richtig. So versuche ich, die positiven Momente in Erinnerung zu behalten.

Schöne Vorgärten

Obwohl die neuen Medikamente meine Sinne benebeln, vielleicht auch gerade deswegen, hat es mich heute wieder zu einem Spaziergang gedrängt. Der Weg führte durch verschiedene Viertel, darunter auch Neubaugebiete. Bei den unterschiedlichen bebauten Wohngebieten ist mir heute v. a. eines aufgefallen: Die ausgeprägte Sauberkeit und Ordnung, aber auch das Lichte und Leuchtende der Architektur. Die meisten haben sich einen Vorgarten angelegt, phantasievoll bepflanzt und gepflegt. Interessant ist, dass Bäume bei den Gärten nur selten fehlen. Ich denke, das zeichnet L. als ländliche Gemeinde aus und trägt mit dazu bei, ihren Status als Erholungsort zu unterstreichen.

Die Araukarie

Zwei kleine Jungen auf dem sonnengewärmten Dach einer kleinen Holzhütte. Als ich vorbeigehe, springen sie runter – als ob sie sich ertappt gefühlt hätten. Fünf neugierige Pferde auf einer Koppel neben dem Carl-Dewes-Platz. Schon als ich mich nähere, horchen sie auf. Am eindrücklichsten für mich aber wiederum ein Baum: Eine so hohe und mächtige Araukarie habe ich noch nie gesehen. Sie überragt den First des Hauses, neben dem sie steht. Und erinnert an die in Wäldern wachsenden Exemplare dieser Spezies in ihrer chilenischen Heimat. Bei den üblichen Vorgarten-Winzlingen denkt man spontan an einen Gummi-Baum, ähnlich den zusammensetzbaren Weihnachtsbaum-Imitaten. Dieser aber macht die grauen Vorzeiten vorstellbar, aus denen er zu stammen scheint, und strahlt eine archaische Urgewalt aus.

Fensterblick

Heute habe ich keinen Fuß vor die Tür gesetzt, soll aber auch nicht so toll gewesen sein. Umso mehr freue ich mich auf das Wochenende mit seinen angekündigten 24 Grad. Die Bäume habe ich dennoch im Blick, denn dieses Krankenhaus liegt in einem stark gegrünten Wohnviertel. Und so wiegen direkt im Blickfeld eine hohe und ausladende Kiefer und eine große Blautanne ihre Äste im Wind. Weiter links steht eine opulente Blutbuche. Irgendwo im fernen Hintergrund habe ich eine Rosskastanie mit noch immer farbleuchtenden Blüten gesehen. Die Bäume bleiben eben allgegenwärtig.

Pfingstlager

Unterhalb von Gangolf habe ich die erste pfingstlich anmutende Versammlung von Menschen gesehen. Die Gruppe von Jugendlichen, vielleicht Pfadfinder, haben ihr Lager auf einem abgegrenzten Stück der Weide, oberhalb der alten Eichen, aufgeschlagen. Das hat mich an meine Zeit als Messdiener erinnert, als wir diese Fahrten zum Don-Bosco-Kloster in der Eifel unternommen und dabei Lagerfeuer, Nachwanderungen und ähnliches durchgeführt haben. Ansonsten war der Spaziergang unspektakulär. Nur zwei Beobachtungen: Die Erlen bilden gerade ihre Zapfen aus, zurzeit befinden sich diese im Verwandlungsstadium, die längliche Form der weiblichen Blüten ist noch erkennbar, aber schon grün verfärbt, plastischer und erkennbar sich zur Eiform wölbend. Und der Weißdorn, von dem wir hoffen, dass er eine reiche Frühtracht bringt. Ich konnte nicht umhin, den Duft ihrer Blüten einzuatmen, ein ganz interessanter, irgendwo zwischen würzig, frisch und herb liegend.

Sonniger Pfingstwald

Ich bin froh, dass uns an diesem Pfingst-Feiertag doch noch wunderbares Sonnenlicht geschenkt wurde. Das gehört, wie ich finde, einfach dazu, ohne Licht ist dieses Fest der Kommunikation, wie ich einmal nennen möchte, nur schwer vorstellbar. Entsprechend angenehm war der Spaziergang in den frühlingshaften, frisch-luftigen Wald. Einige sehr schöne Fotografien von Nadelbaum-Sprossen und -Blühten sind mir dabei gelungen. Auch ein paar gute Baum-Zoom-Aufnahmen. Und da heute gleichzeitig die Saar-Pedal-Veranstaltung lief, hatte ich meine Eindrücke wie erwartet auch ganz für mich allein. Nur die Leser meiner Tagebuchaufzeichnungen mögen nachträglich mit dabei sein.

Kiefernblüte

Tot-Holz

Tot-Holz

Wangari Maathai – Mutter der Bäume

Das Buch über die kenianische Friedens-Nobelpreisträgerin von 2004, Wangari Maathai, hat mich tief beeindruckt. Nicht nur, weil sie sich über Jahrzehnte gegen erheblichen politischen Widerstand und sogar körperliche Angriffe für den Erhalt und die Wiederaufforstung der Wälder Kenias eingesetzt hat. Die streitbare Biologin und Professorin hat vor allem scheinbar differierende Felder und Fragen, wie die Frauenrechte, den Schutz der Umwelt und die ökologischen Voraussetzungen für Frieden in der Welt, in ihrer Arbeit integriert. Nicht zuletzt hat sie den schwierigen Balanceakt auf sich genommen, der darin besteht, als Mitglied einer von Korruption und Klüngelei immer noch nicht freien Regierung (seit einigen Jahren ist sie stellvertretende kenianische Ministerin für Umweltfragen), die sie in den Jahrzehnten zuvor bekämpft und mit der sie sich Schlachten geliefert hat, dennoch ihre ureigenen politischen Botschaften und inhaltlichen Forderungen zu verbreiten und realpolitisch gegen große Widerstände Einfluss zu nehmen. Ich finde es gut, wenn der Friedensnobelpreis in der Vergangenheit häufiger an solche ungewöhnlichen Menschen vergeben wurde, die es schafften, ihren Einfluss auf verschiedenen wichtigen Feldern gleichzeitig geltend zu machen und damit auf einer breiten Basis zum Frieden in der Welt beitragen konnten.

Verwunschener Baum-Ort

Das Drauf-Los-Gehen hat was, da ich dabei immer wieder überraschende Entdeckungen mache. So heute Abend beim Spaziergang durch L., diesmal in der entgegen gesetzten Richtung. Dort stieß ich schließlich auf ein Schild, auf dem der Dewes-Park kommentiert war, daneben ein hölzerner Torbogen, wohl als Eingang gedacht. Es handelt sich dabei um einen mittlerweile verwilderten Park, der ursprünglich von einem berühmten Losheimer Ehrenbürger namens Dewes gestiftet wurde, damals mit einem Schwimmbad im Zentrum. Heute stellt sich die Anlage als verträumter Ort mit ungemähten Wiesen, alten Bäumen, darunter eine sehr beeindruckende Eibe, und kleinen ineinander laufenden Teichen dar. Laut Schild lädt er ein zum Spazieren, was wohl zutreffend ist, wenn auch die Idylle auf Grund der eher unromantischen Lage direkt neben einer befahrenen Straße stark getrübt ist. Ein gewisser Zauber, der zweifellos wesentlich mit den verschiedenen Bäumen des Parks zusammen hängt, ist aber nicht zu leugnen.

Persönliches Baumtagebuch von Bernhard Lux: Täglich begegne ich den Bäumen auf vielfältigen Wegen. An ihrem jeweiligen Standort in der Natur, in der Lektüre von Baum- und anderer Literatur, in der alltäglichen Reflexion, der handwerklichen Arbeit und im Gespräch mit der Familie oder Freunden und Kollegen. Es ist mir ein Bedürfnis, diese themenbezogenen Beobachtungen, Interaktionen und Kommunikationen in Form des Baumtagebuchs zu dokumentieren. Seit dem 20. November 2004 habe ich keinen einzigen Tag ausgelassen – ein Zeichen dafür, dass das Baumthema und der Baum als Archetypus tatsächlich im Alltagsleben verankert ist und vielfältige inhaltliche Assoziationen ermöglicht. So mag dieses Baumtagebuch jeden seiner Leser/innen auf die Spur einer je eigenen Beziehung zu den Bäumen führen.