Wunschbaum-Ballett

Über einen interessanten Beitrag zur künstlerischen Umsetzung der Wunschbaum-Idee habe ich heute im Lokalteil der Esslinger Zeitung gelesen:

,,Panorama der Sehnsüchte
Daniela Kurz und das Nürnberger Ballett mit „Wish Eye Wood“ bei den Ludwigsburger Festspielen

Von Dietholf Zerweck

Ludwigsburg – Auf einen der unzähligen weißen Zettel, die beim Schlussbild vom Bühnenhimmel auf die Tänzer und von der Saaldecke ins Parkett flattern, hat ein venezianischer Junge seinen Herzenswunsch gemalt: „Avoa un cane“ – ich hätte gern einen Hund. Es ist einer von Tausenden von Wünschen, die Daniela Kurz und ihr Nürnberger Ballett in einigen Partnerstädten auf ihrer „Wishbone Tour“ eingesammelt haben. Im fränkischen Umland, im mazedonischen Skopje, in Glasgow und Venedig haben sie ihr Zelt und ihren Wunschbaum aufgebaut, mit tänzerischen Improvisationen und Gesprächen herauszufinden versucht, was alte und junge Menschen an so verschiedenen Orten bewegt.

Tanz der Wunschzettel
Aus vielen Gesprächen und Wunschzetteln ist dann ein Tanzstück entstanden: „Wish Eye Wood“, was etwas verrätselt klingt, beim Sprechen aber sich phonetisch auflöst. Mit „Wish I would“ haben viele der Sätze begonnen, die die Tänzer bei ihrer Recherche gehört haben. Vom BMX-Bike bis zum Weltfrieden, von „Gleichheit auch für Männer“ bis zu dem linkshändig in Skopje notierten Satz „Ich wollt‘, ich hätt‘ meinen Arm nochmal, dann wär‘ der Krieg nicht gewesen“ reicht die ganze Palette materieller und ideeller, emotionaler und existenzieller Sehnsüchte – einiges davon ist szenisch in die Choreographie eingeflossen, vieles schwingt mit, wozu auch die Musik ganz wesentlich beiträgt. So ist ein berührendes Stück Tanztheater entstanden, mit ganz unterschiedlichen Facetten und starkem Ensemblegeist.

Vor den 25 tänzerischen Impressionen zeigt eine filmische Dokumentation die Arbeit von Daniela Kurz und ihren Tänzern vor Ort. Die Begegnungen mit Menschen in ganz verschiedenen Lebenssituationen spiegeln sich in einer Art Déjà-Vu-Effekt in manchen Szenen. Statt einer Fleisch-Auktion auf dem Barras-Markt am Rande Glasgows werden Menschenpuppen versteigert: eine Kikeriki-Weckpuppe oder ein Kung-Fu-Automat. Ein Besuch bei den Glasbläsern von Murano kehrt als rauchgeschwängerte Aktion mit Glasstäben wieder, der Kontakt mit Dudelsackbläsern in Schottenröcken ist in einer witzigen Show mit Laufstegposen verarbeitet.

Wegen der ethnischen Spannungen zwischen Mazedoniern und Albanern haben sich die Erfahrungen in Skopje konfliktgeladener und substanzvoller niedergeschlagen. Schon die erste Szene – auch von xenophoben Aussagen in fränkischem Kleinstadtmief mit verursacht – handelt von Enge und Raum, Isolation und Abstoßung. Auch hier kommen die Tänzer zu Wort: „Das Boot ist voll. Kannst du schwimmen?“ raunzt einer seine Partnerin an. In einer „Ortsdynamik“ knallen zwei Menschenknäuel aufeinander, belauern sich gewaltbereit, doch schließlich löst sich die Aggression zu mazedonischer Volksmusik in einen wilden gemeinsamen Tanz auf.

Mit raumgreifenden, expressiven Stretchbewegungen und von östlichem Ritualtanz inspirierten Formen schafft Daniela Kurz in ihrer Choreographie immer wieder Kristallisationspunkte von Partner- und Gruppeninteraktion. Nicht nur Sprache und Körper, auch Gesang wird zum Mittel der Kommunikation. Monteverdis „Lasciate mi morire“ vereinigt die Hälfte der Compagnie in schwarzer Melancholie. Dessen „Amore“-Madrigal trägt das Finale, zu dem alle 15 Tänzerinnen und Tänzer immer wieder die Schräge, zu der sich der Bühnenboden an der Rückwand wölbt, hinauf hechten und hinab gleiten, sich im Sturz umarmen oder auf dem höchsten Punkt der Bewegung innehalten. Es ist eines der stärksten Bilder dieses inhaltsreichen Tanzstücks, das auch vom Enthusiasmus eines Sergiu Matis, einer Ai Mochida oder Cyrena Dunbar, eines Sergiu Matis oder Ivo Bärtsch und ihrer Tänzerkollegen inspiriert ist.“

Expressiver Erlenbaum

Dass die leeren Zapfen der Schwarzerlen praktisch das ganze über am Baum zu sehen sind, war mir immer schon geläufig. Heute habe ich aber erstmals beobachtet, wie die noch grünen, aber am Beginn der Verholzung stehenden Fruchtzapfen gleichzeitig mit einigen verholzten und samenlosen Vorjahreszapfen und den Ansätzen der nächstjährigen Blüten am selben Ast auftraten. Und das Mitte Juli! Die Schwarzerle gehört damit zu den Bäumen, ähnlich wie der Efeu, bei denen eindeutige Zuordnungen zwischen ihrem Erscheinungsbild und der Jahreszeit nicht möglich sind, weil sich die einzelnen Vegetationszyklen großräumig überschneiden. So ist irgendwie gleichzeitig alles präsent, was diesen Baum ausmacht. Das macht ihn in meinen Augen im Zusammenhang mit seinem ohnehin beeindruckenden Astaufbau und seiner Ausstrahlung zu einem der ausdrucksstärksten Bäume überhaupt. Selbst im Winter, ohne die dunkelgrünen schattenden Blätter, verliert er diese Expressivität nicht.

Exotische Baum-Früchte

M. hat mich heute dazu überredet, die Hortensienblüten-Ausstellung im Blumenhaus W. zu besuchen. Zuletzt waren wir vor Weihnachten dort, und auch diesmal hat es sich gelohnt. Absolut faszinierend, welche ebenso geschmackvollen wie ausgefallenen und eigentlich überflüssigen Dinge es dort zu bestaunen gibt. Ich gebe zu, dass ich eine besondere Vorliebe für Nutzloses, aber Schönes habe, und deshalb ist für mich eine solche Ausstellung immer ein Erlebnis. Von dem anregenden Besuch abgesehen ist es auch interessant, die Klientel des Hauses zu beobachten. Und, da ich von Zeit zu Zeit dem Materiellen nicht ganz abgeneigt bin, konnte ich es nicht lassen, auch wieder ein paar Kleinigkeiten mitzunehmen. Wie schon bei der Weihnachtsausstellung haben mich am meisten die getrockneten exotischen Früchte begeistert. Diesmal waren es wieder neue Sorten: Drei davon (vgl. Foto)

Exotische Baumfrüchte

haben es mir angetan. Ein klotzartige verholzte Frucht namens ,,Moccaco“, seltsamerweise habe ich unter dieser Bezeichnung unter google keine vergleichbare Frucht gefunden, die ,,Vogelfrucht“, die mich in ihrer schwarz-struppigen Strenge und wegen der beiden ,,Hörner“ an einen kleinen Teufelkopf erinnert, und längliche Früchte, die mit ,,tropische Bohnen“ bezeichnet waren. Andere ebenso interessante Sorten musste ich leider hinter mir lassen, da es mir einfach zu kostspielig wurde. Das Spannendste für mich ist immer, mir vorzustellen, von welchem Baum wohl diese Früchte stammen und in welchen Regionen der Erde sie wohl wachsen. Da aber diese Blumenhaus-Bezeichnungen möglicherweise nichts mit den botanischen Namen zu tun haben, werde ich es wohl nie mit Bestimmtheit herausfinden.

Alte liebenswerte Bäume

Der Bildband ,,Alte Liebenswerte Bäume in Deutschland“ ist weitaus spannender als ich anfänglich dachte. Es ist ganz interessant, die Auswahl alter Bäume im eigenen Bundesland, aber auch in anderen Ländern, in denen ich schon mal Urlaub gemacht habe, durchzusehen. Einigen der Baumveteranen bin ich schon persönlich begegnet. Bei anderen könnte ich mir vorstellen, sie irgendwann einmal zu besuchen, oder zu suchen, denn den Standortbeschreibungen nach zu urteilen ist das wohl in vielen Fällen nicht immer einfach. Daraus könnte man einen richtigen Baum-Tourismus entwickeln. Wie auch immer, irgendwie ist mir beim zwanglosen Durchblättern und Lesen des Buches nach langer Zeit wieder einmal Lust auf Urlaub entstanden. Vielleicht werde ich es in diesem Jahr doch noch wahr machen und mir ein bisher noch nicht erforschtes deutsches Bundesland vornehmen, bevorzugt mit interessanter Baum-Landschaft versteht sich.

Neuer Mut

Der Sommer scheint wieder zurück. Trotz oder vielleicht auch gerade wegen des Dauerthemas ,,Wirtschaftliche Regression“ keimt neuer Gestaltungswille in mir auf. Ich sehe die Situation durchaus als Herausforderung. Es kann einfach nicht sein, dass alles, was jahrelang richtig und erfolgreich war, nun so gar keinen Wert mehr haben soll. Man muss dazu stehen und sich selber ganz klar machen, was einen daran bindet und aus welchen Gründen man genau in diesem Bereich engagiert ist. Das gibt wieder Kraft und Mut, trotz aller Widrigkeiten weiter zu machen. Häufig tuen sich in solcher Lage ganz unverhoffte Wege auf. Und in unserer Branche ist es nun mal so, dass Erfolg und Scheitern sehr nah beieinander liegen. Für mich immer wieder wichtig, um auf der Spur und im Gleichgewicht zu bleiben, ist die parallele Beschäftigung mit den Bäumen. Das vermittelt neben vielem anderen den langen Atem, der mir ohnehin zu eigen ist, der aber in jüngster Zeit öfter mal ins Wanken geraten war. Ich hoffe, Frau J. hat Recht, und langjährig gewachsene veränderte Einstellungen sind inzwischen auch in den Zellen angekommen.

Regenwaldwetter

Seit 2 Tagen fühlt man sich wie im Regenwald. Tropfend nass und immer wieder mit heftigen Regengüssen durchsetzt, nur die Temperaturen stimmen nicht so ganz. Die Bäume und übrigen Pflanzen brauchten die Nässe dringend, sagen einige. Dass der schöne Hochsommer aber mitten drin einen empfindlichen Dämpfer erhalten hat, kann wohl niemanden begeistern. Ich habe mir die trübe Stimmung damit versüßt, dass ich unter amazon und booxtra die Ergebnisse unter dem Stichwort ,,Bäume“ einmal von vorne bis hinten durchgesehen habe. Über 800 Ergebnisse allein bei amazon. Kaum zu fassen, wie viel und wie vielgestaltiges über die Bäume geschrieben wurde. Dabei ist das meiste aus der Zeit seit den 1980er Jahren. Ältere Literatur ist kaum noch direkt zu erhalten, und wenn meist nur über Antiquariate. Und auch unter den neueren Publikationen sind nur verhältnismäßig wenige, die über den ersten Buchmarkt bestellt werden können. Das Erfolgskriterium scheint da gnadenlos am Werke zu sein. Die Fülle ist einerseits interessant, andererseits aber auch frustrierend, da es mir unmöglich erscheint, mir auch nur annähernd einen Überblick zu verschaffen. Wenn ich sämtliche Quellen hinzunehmen würde, die vermutlich nur in Unibibliotheken zu finden sind, wird da schnell ein Lebensprojekt daraus. Ich will dennoch dran bleiben und mir meinen ganz speziellen Weg durch den Baum-Bücher-Dschungel bahnen.

Bäume und Erinnerung

R. ist heute für ein paar Stunden zur Arbeit gekommen, obwohl er eigentlich noch Urlaub hat. Im Eiscafé danach hat er von seiner Reise nach Spanien berichtet. Abgesehen von einigen typischen Touristen-Ärgernissen – schlechtes Essen, langes Warten und desorientierte Busfahrer – schien er sich recht gut erholt zu haben. Unter anderem hat er auch von einem Ausflug nach Barcelona und der städtischen Landschaft berichtet, die ihn weniger beeindruckt zu haben schien. Wenn ich solche Berichte erinnere, fange ich unwillkürlich an zu filtern, und interessanterweise sind es v. a. die Baum-Themen, die mir als erste im Gedächtnis haften bleiben. In diesem Bericht waren es zwei Details, die für R. wahrscheinlich eher nebensächlich waren und nur deshalb überhaupt geäußert wurden, weil er wusste, es würde mich interessieren: Die Beschreibung der Innenstadt von Barcelona als lange Touristen- und Einkaufsmeile, die von Bäumen gesäumt ist. Und Bäume mit rosa Blüten, die er zuvor noch nicht gesehen hatte und deshalb auch nicht benennen konnte, die aber in Spanien offenbar vielerorts wachsen. Spontan habe ich selber an Magnolienbäume gedacht. Die einzigen europäischen Bäume mit opulenten bei einigen Arten rosafarbenen Blüten, die mir selber bekannt sind. Wie auch immer, die Erzählung hat mich an eigene Urlaubserfahrungen denken lassen, in denen die Bäume ebenfalls eine wichtige Rolle spielten, und die von Beobachtungen an und mit Bäumen wesentlich geprägt sind. So ähnlich wie bei Hermann Hesse, der einmal bemerkt hat, dass der Eindruck und die Erinnerung an eine Landschaft für ihn wesentlich vom Vorhandensein von Bäumen in ihr abhängig sei. Und dass eine Landschaft für ihn überhaupt nur in zeitlicher Distanz vorstellbar sei, wenn er zuvor Bäume in ihr wahrgenommen hat.

Zurück zum Denken und Dichten

Die Atmosphäre heute hatte etwas Unwirkliches. Ein strahlend blauer Himmel mit weißen Wolken durchsetzt, helles Sonnenlicht und diese eigentümlich sommerliche Aura um die großen Bäume, Pflanzen und Landschaften. Die Temperatur aber zeitweise um 10 Grad gegenüber den Vortagen abgestürzt. Insofern wusste ich nicht so genau, in welchem Film ich mich befinde. Zumal auch alles andere zurzeit so unbestimmt und in der Schwebe befindlich ist. Ich denke an die politischen Entwicklungen, die wirtschaftlichen Einbrüche und Nivellierungen und die daraus resultierende Ratlosigkeit. Deutschland wirkt wie ein Niemandsland, in dem die alten Statisten sich noch scheinbar selbstverständlich bewegen, in dem längst aber Protagonisten aus anderen Regionen der Erde aufgetaucht sind, die unmerklich den Ton angeben. Sollte das ein Klima sein, indem das Denkende und Dichtende der deutschen Tradition wieder eine Chance erhalten könnte? Sozusagen als letztes Relikt einer nationalen Identität. Ich verheimliche nicht, dass mir dieser Gedanke recht sympathisch ist, und ich mir in einem solchen Szenario sogar eine nicht unwesentliche Rolle vorstellen kann.

Die falsche Blüte

Drei Jahre lang hatte ich mich getäuscht. Immer wieder war ich davon ausgegangen, dass sich die wenigen sichtbaren Blüten an den Tulpenbäumen des Parks in D. aus Kraftmangel nicht öffnen wollten. Erst in diesem Frühjahr dann entdeckte ich die eigentliche Blüte, die ich zuvor wohl immer verpasst hatte. Aber erst einige Zeit später ist mir klar geworden, dass die vermeintlich ungeöffnete Blüte der Vorjahre in Wirklichkeit bereits die Frucht darstellte. Der weiß-gelbliche ,,Zapfen“ im Zentrum der Blüte wächst sich zu einem grün-geschuppten phallisch geformten Fruchtzapfen aus. Der gewinnt im Laufe der Sommermonate etwas an Volumen, verändert sich dann aber nicht mehr wesentlich. Gegen Herbst hin verfärbt er sich dann nur noch bräunlich und die Schuppen fallen nach und nach ab. Übrig bleibt am Ende nur noch die Trägerrispe im Zentrum. Schon kurios, wie lange mich der Tulpenbaum mit seinen Blüten im Unklaren gelassen hat. Den Baum umgibt überhaupt ein Geheimnis, das mir Lust macht, mich ihm in Zukunft noch intensiver zu widmen.

Wachstums-Wetter

Der Sommer zeigt einen besonders turbulenten Charakter. Über Mangel an Sonne und Wärme können wir mittlerweile nicht mehr klagen. Ebenso erwartbar scheinen nun aber auch die plötzlichen Umschwünge, Unwetter und regennassen Abkühlungen zu sein. Menschen leiden nicht selten unter solcher Unregelmäßigkeit. Für die Pflanzen aber scheint mir dies die gesündere Alternative zu sein, denn so ergeben sich zwischendurch immer wieder Wachstumsschübe, die die gespeicherte Sonnenenergie in Materie verwandeln und das anfangs vertrocknete Sommer-Licht-Grün wieder auffangen. Tatsächlich ist mir beim heutigen Spaziergang genau dieses Bild ins Auge gefallen: Die schon dunkelgrün gegerbt wirkenden und von den Raupen zerfressenen Blätter der vergangenen Wochen sind ergänzt durch jüngere, rasch gewachsene zartgrüne Exemplare, die zu den Vorgängern einen merkwürdigen Kontrast bilden. Die Bäume nehmen sich zurück, was schon verloren schien, und nutzen die Launigkeit der Witterung für ein angenehmeres Sommer-Leben.

Alte liebenswerte Bäume

Bereits bei meinem letzten Besuch in Trier habe ich es bei Jokers entdeckt, konnte mich aber nicht entschließen es mitzunehmen. Heute war er dann doch fällig, der dicke Bildband ,,Alte liebenswerte Bäume in Deutschland“ von Hans Joachim Fröhlich. Ich hatte in den vergangenen Jahren mehrfach darüber gelesen, dass es wohl als einer der umfangreichsten Überblicke über besonders alte und eindrucksvolle Baumindividuen in allen Teilen Deutschlands gesehen werden kann. Die Qualität der Abbildungen ist zwar, soweit ich das in kurzer Durchsicht erkennen konnte, nicht immer überragend, aber dies wird durch die zu jedem Baum zusammen getragenen Hintergrundinfos ausgeglichen, die die abgebildeten Bäume kommentieren und so einen Einblick in die Vielfalt bäumischer Attraktionen bieten. Ein schöner Band zum zwanglosen und ungerichteten Durchblättern, der sicherlich schon viele Abnehmer gefunden hat. Denn die Beschäftigung mit Bäumen macht sich, so meine Beobachtung, sehr häufig an einzelnen Exemplaren fest. Es scheint so, dass ein Baum durch das Alter erst an Attraktivität und Einmaligkeit in so deutlicher Form gewinnt, dass er als Individuum wahrgenommen und geschätzt wird. Wenn dies geeignet ist, die Aufmerksamkeit auf die Bäume und ihre Lebensform an sich zu lenken, finde ich diese Art des Zugangs sehr spannend und vor allem auch gut kommunizierbar.

Schlappe Zimmerpflanzen

Viele Zimmerpflanzen machen in diesem Sommer einen ziemlich jämmerlichen Eindruck. Keine Ahnung, woran das wohl liegt. Unser eigener ficus benjaminus hat schon im Frühjahr fast alle Blätter verloren, und auch nachdem wir ihm einen neuen Platz zugewiesen, ihn schließlich ganz gekappt und an die frische Luft gestellt hatten, konnte er sich nicht mehr erholen. K. wollte nun den beiden verwandten Exemplaren in Rs Büroraum eine wohltuende Kur gönnen, indem er die Töpfe auf den Balkon stellte. Das Wetter war aber so wechselhaft und windig, dass sie schon nach kurzer Zeit umkippten. Am Nachmittag musste ich sie deshalb wieder nach innen stellen. Immerhin eine Nacht und wenige Stunden Frischluft mochten sie wieder etwas aufpäppeln. Das Gießen haben wir auf diese Art auch gespart. Ich hoffe, dass sie im subtropischen Klima der Büroräume den Sommer gut überstehen werden.

Nusslikör

Grüne Walnüsse

Gesagt, getan. Heute habe ich mir die grünen Walnüsse gesichert. Jedenfalls so viele ich vom Boden aus abpflücken konnte. Es sind sehr schöne große Exemplare, wie man an dem Foto erkennen kann. Ich hoffe, sie sind nicht schon zu hart, denn dann ist das Zerteilen eine ziemlich anstrengende Prozedur. Mal sehen, 25 Nüsse sollen auf einen Liter Schnaps kommen. Dann schätze ich, dass es mindestens 2 Liter Ansatz und am Ende 3 Liter Likör werden. Bis dahin ist es allerdings noch lang. Erst mal 4 Wochen mit den Zutaten (Zimtstange, Vanillestange, Nelken, Rosinen) an der Sonne stehen lassen. Dann erst kommt die Rohrzuckerlösung dazu. Und richtig gut ist er erst, wenn er mindestens ein halbes Jahr im Dunkeln gereift ist. Ich freue mich schon darauf.

Grüne Walnüsse

Grüne Nüsse

Dass es ein Nussbaum ist, war auch in den vergangenen Monaten unübersehbar. Man konnte es sehr schön an den männlichen Blüten erkennen. Untypisch fand ich aber die Borke, weswegen ich den Baum in der kleinen Dillinger Parkanlage eher einer exotischen Nussbaumart zugeordnet hätte. Heute sind mir erstmals die grünen Nüsse aufgefallen, die ihn nun doch als gewöhnlichen Walnussbaum identifizieren. Es sind nur wenige, an einzelnen Ästen verteilte Früchte, was mit unserer Beobachtung zusammen passt, dass nämlich wie bei den Obstbäumen auch die empfindliche Nussbaumblüte den Frost meist nicht überstanden hat. In D. ist es generell etwas wärmer als im Rest des Landes, und so ist es vielleicht zu erklären, dass einige Nüsse überlebt haben. Ein Lichtblick: Wenn sie sonst niemand entdeckt und abpflückt ist der diesjährige Nusslikör auf diese Art gesichert. Mitte bis Ende Juni ist die richtige Zeit zum sammeln und ansetzen.

Persönliches Baumtagebuch von Bernhard Lux: Täglich begegne ich den Bäumen auf vielfältigen Wegen. An ihrem jeweiligen Standort in der Natur, in der Lektüre von Baum- und anderer Literatur, in der alltäglichen Reflexion, der handwerklichen Arbeit und im Gespräch mit der Familie oder Freunden und Kollegen. Es ist mir ein Bedürfnis, diese themenbezogenen Beobachtungen, Interaktionen und Kommunikationen in Form des Baumtagebuchs zu dokumentieren. Seit dem 20. November 2004 habe ich keinen einzigen Tag ausgelassen – ein Zeichen dafür, dass das Baumthema und der Baum als Archetypus tatsächlich im Alltagsleben verankert ist und vielfältige inhaltliche Assoziationen ermöglicht. So mag dieses Baumtagebuch jeden seiner Leser/innen auf die Spur einer je eigenen Beziehung zu den Bäumen führen.