Noch einmal: Der Junge, der die Bäume liebte

Nun, ein wirklich spannendes Buch. Jedenfalls für jemanden, der sich so sehr für die Symbolik der Bäume interessiert wie ich. Auch ein überraschendes Buch, nicht nur wegen der originellen und irgendwie surrealen Thematik, vor allem auch wegen der Verbindung zwischen dem Zeigen abnormen Verhaltens und dem Entwickeln utopischer Ideen, so geschehen in der biographischen Entwicklung des Jungen, der die Bäume liebte, zum Premierminister des Landes mit futuristischen Politikkonzepten. Da werden eine Reihe von Ideen miteinander verwoben, von der Gegenüberstellung kindlichen und erwachsenen Sexualverhaltens über die Kommunikation mit Wesen anderer Seinsebenen bis hin zur Nutzbarmachung übersinnlicher Erfahrungen. Kaum zu glauben, dass so viel Sprachgefühl und inhaltliche Komplexität von einem Arzt ausgehen kann, der mit diesem Buch sein Erstlingswerk vorgestellt hat. Ich bin froh, dass ich es gefunden habe. Es war eine der größten Überraschungen der letzten Monate.

Der Junge, der die Bäume liebte

Mal sehen, ob ich heute Abend noch dazu komme, das Buch über den ,,Jungen, der die Bäume liebte“ zu Ende zu lesen. Es hat mich bisher sehr gefesselt, zumal die Bäume hier nicht nur als Randthema eines Romans auftauchen, sondern das Wesen der Bäume und vor allem ihre Beziehung zu den Menschen tatsächlich thematischer Schwerpunkt sind. Allerdings auf eine sehr spezielle Weise, nämlich als Ausformung einer sexuellen Anomalie, die viele Fragen offen lässt. Jedenfalls solange man das Buch noch nicht ganz ausgelesen hat. Ich bin wirklich sehr gespannt…

Fremd- vs. Eigenerfahrung

Immer wieder kommen mir Zweifel, ob es richtig ist, unser Verhältnis zur Natur und speziell den Bäumen mit Rückgriff auf Wissensinhalte zu behandeln, zu kommentieren und thematisch zu modellieren, die aus tradierten Quellen der Vergangenheit stammen. Kulturgeschichtliche, religionsphilosophische, mythologische und künstlerische Beiträge zur Symbolik der Bäume sind zweifellos spannend und in vielfältiger Weise rekonstruierbar, aber eben – re-konstruierbar. Man schöpft aus den textlichen oder bildhaften Dokumenten fremder Erfahrung, die man dann versucht, mit eigenen Erfahrungen in Beziehung zu setzen und im Rahmen der eigenen Kultur und der eigenen Zeitverhältnisse begreifbar zu machen. Um wie viel näher aber ist man den Bäumen z. B. bei einem Spaziergang, beim ruhigen Gehen ohne Zweck und Absicht! An Tagen wie dem heutigen scheint mir dieser Zugang, die selbstverständliche Begegnung ohne große Reflexion das eigentlich Wichtige zu sein. Alles was ich über die Bäume äußere, muss sich an diesem Maßstab orientieren, wenn es ehrlich und stimmig sein soll. Dann ist das angelesene Fremd-Wissen ein bereichernder Kontext, der dem Selbstverständnis dient. Und nur dann kann die Wiedergabe und Rekonstruktion der fremden Erfahrung Zeitgenossen gewinnbringend vermittelt werden. Ich bemühe mich, die Waage zu halten. Mein Ideal wäre es aber, mein persönliche Baum-Erfahrung in eine kommunizierbare Form zu bringen, die beim Adressaten die eigene Erfahrungssuche wachruft oder beobachtbar macht.

Wald-Gehen

Gewöhnlich bevorzuge ich den Weg an der Saar entlang. Heute aber wollte ich der Abwechslung halber mal wieder in den Wald – um einmal mehr festzustellen, dass ich ein expliziter Wald-Typ nicht bin. Nur Wald ist irgendwie langweilig. Die Spannung kommt vom Wechsel zwischen dunklem Wald, Lichtungen, Wiesen, Gewässern etc. Es ist eigentlich der Wechsel der Lichtverhältnisse, der den Reiz ausmacht. So habe ich einfach mehr vom Gehen, da eine Art Dramaturgie eingebaut ist, während stundenlanges Wald-Gehen auf mich nervtötend wirkt. Nun gut, auf mehrere Stunden habe ich es heute nicht angelegt, und von diesem Grundsätzlichen abgesehen kann es auch interessant sein, die Veränderungen an Stellen zu beobachten, die man lange nicht besucht hat. Am Vormittag habe ich mir selber mein Geburtstagsgeschenk vorzeitig gesichert: Ein Wandkalender mit Abbildungen von Alleen. So erspare ich M. das zeitaufwändige Suchen nach einem passendne Geschenk. Und ich kann mich jetzt schon darauf freuen. Finde ich gut!

Schöne Flügelnuss

Vermutlich durch den neuen Witterungseinbruch, mitten im Hochsommer, und die damit verbundenen Niederschläge hat der Herbst jetzt schon seine Schatten voraus geworfen. Am deutlichsten sehe ich es an den Früchten, die an manchen Bäumen schon ausgewachsen, wenn auch noch nicht ausgereift sind. So etwa bei den Rosskastanien oder besonders schön bei der Kaukasischen Flügelnuss. Letztere finde ich um diese Jahreszeit absolut faszinierend, weil der Baum seine verschiedenen Reize in Gleichzeitigkeit ausspielt: das dichte Laub, welches von den großlappigen Blättern gebildet wird und bei Sonnenschein ein wunderbar transparentes Lichtgrün erzeugt, die markante Rinde, die nicht nur am Stamm, sondern fortgesetzt auch an den Ästen eine in Wachstumsrichtung laufende Linienstruktur aufweist, und nicht zuletzt die schönen Fruchtstände, die als lange Fäden herabhängen und mit diesen elefantenohrenförmigen Flügelfrüchten versehen sind. Wenn man näher herangeht, und erst recht, wenn man sie anfasst, wirken sie in ihrem glänzenden Intensivgrün wie aus Plastik modelliert. Das verleiht dem ganzen Baum etwas Unwirkliches, dass man kaum glauben kann. Und wieder einmal hat der Anblick der Bäume mir große Freude bereitet.

Baumschicksal und Selbstreflexion

Mein Nach-Hause-Fahrtweg führt mich immer wieder an denselben Häusern vorbei. Ein Eckhaus, an dessen Seite ich regelmäßig stillstehe, weil die Kreuzungsampel daneben platziert ist, war im schmalen Vorgartenstreifen mit Sträuchern bepflanzt. Seltsam, ich könnte nicht mehr sagen, welche Sträucher es waren. Man nimmt so etwas, glaube ich, eher als Ganzes war: Haus mit Sträuchern. Aber jetzt, nachdem alle gleichzeitig bis zum Stumpf abgeschnitten wurden, und zwar so, dass die Stümpfe noch sichtbar sind, jetzt wird der Unterschied sichtbar. Und mit diesem Unterschied erscheint das ganze Haus in einem anderen und, wie ich finde, unvorteilhafteren Licht. Ich weiß nichts über die Bewohner und über die Gründe für diese Maßnahme, und dennoch hat mich diese Beobachtung unangenehm berührt. Ähnlich wie in einem Vorgarten meines Dorfes vor einem halben Jahr. Dort hatte ich ein Jahr zuvor die Blätter des jungen Spitzahorns im Sommerlicht fotografiert, da er einer der wenigen war, die dieses satte Blattgrün trugen. Inzwischen ist der Baum vollständig entfernt und an seine Stelle ist ein kombinierte Stein-Stahl-Skulptur in Form eines Männchens getreten, die wohl auf das Handwerksangebot des Hauseigentümers hinweisen soll. Jedes Mal, wenn ich vorbeigehe, ärgere ich mich, und ich entwickele einen heimlichen Groll gegen diesen Menschen, den ich gar nicht kenne. Nur weil ihm der Baum nicht dasselbe bedeutet hat wie mir. Aber dieses, was mich mit den Bäumen verbindet, lässt sich ohnehin schlecht kommunizieren. Und ich weiß natürlich, dass diese Reaktionen nicht mitteilbar sind und eigentlich nur meine eigenen Einstellungen reflektieren. Das Unangenehm-Berührt-Sein in solchen Fällen wird mich aber wohl trotzdem niemals verlassen.

Heckenrosen und Schlafäpfel

In diesen Tagen fallen überall die Heckenrosen auf. Nicht wegen der Hagebutten, die zurzeit noch grün und wenig auffallend sind. Es sind diese bräunlich-zotteligen, kugeligen Auswüchse, die zwischen den Zweigen erscheinen und die etwas Geheimnisvolles ausstrahlen. Vor allem, weil man sich fragt, was sie wohl verbergen. Inzwischen weiß ich es, nachdem ich in verschiedenen Baum-Büchern darüber gelesen habe. Die nicht seltenen Auswüchse entstehen durch den Einstich der Rosengallwespe, die in den Gebilden ihre Eier hinterlässt. Im Altertum galten diese kleinen Bällchen als Zaubermittel, dem man nachsagte, dass sie, unters Kopfkissen gelegt, einen tiefen Schlaf herbeiführen. Deshalb auch die Bezeichnung ,,Schlafäpfel“. Ich werde in den kommenden Tagen versuchen, eines der wunderlichen Gebilde im Foto festzuhalten.

Mein erster Flash-Film – Nachtrag

Na ja, ganz so gut war der erste Versuch nun spontan doch nicht gelungen. Das hat sich aber erst bei einer anderen Bildschirmauflösung und an einem anderen Rechner gezeigt. Ich bin recht stolz, dass ich das kleine Problem beseitigen konnte, und nun erscheint das Baum-Symbol ohne hässliche Stufen und Zuckungen. Ist schon recht ungewöhnlich, dieses Programm, aber ich denke, ich habe inzwischen Geschmack daran gefunden.

Mein erster Flash-Film

Das Projekt liegt mir schon lange im Nacken. Jetzt endlich bin ich dazu gekommen, mich in das Webdesign mit Flash einzuarbeiten. Die animierten Bilder auf manchen gut gemachten Websites haben mich in der Vergangenheit immer wieder beeindruckt. Allerdings denke ich, dass weniger in solchen Fällen mehr ist. Dass also wenige an passenden Stellen platzierte Flash-Animationen eine Seite sehr aufwerten und attraktiver gestalten können. Nun ja, gewöhnungsbedürftig ist das Programm schon. Die komplizierte Oberfläche, das ungewohnte Arbeiten in der Zeitleiste, die eigenartige Handhabung verschiedener Grafiktypen. Aber ich glaube inzwischen grundsätzlich durchgestiegen zu sein. Und die erste Flash-Animation habe ich auch schon im Kasten: Aus dem statischen stilisierten Baum-Symbol der Startseite ist nun eine Animation mit drei ineinander geblendeten Baum-Symbolen geworden. Gefällt mir im Ergebnis ganz gut. Und gibt Mut, komplizierte Projekte anzugehen.

Welcher neue Baum?

Im Winter konnten wir uns noch über die gelungene Umpflanzaktion in Js Garten freuen. Die beiden Zypressen schienen gut angewachsen zu sein, obwohl wir sie beim Herausziehen empfindlich im Wurzelbereich kappen mussten. Jetzt, wo die Hitze erbarmungslos zuschlägt, und das in G. noch etwas heftiger als bei uns, zeigt sich der wahre Zustand. Die Nadeln werden nun auch bei dem größeren der beiden allmählich braun, während der jüngere schon seit einigen Wochen verdorrt ist. Es war ein Versuch, aber, wie heißt es: ,,Einen alten Baum verpflanzt man nicht so leicht“. Scheint eine zutreffende Weisheit zu sein. Nun denkt J. natürlich schon über Alternativen nach. Eigentlich soll es ja ein Sichtschutz gegenüber dem Nachbarn sein. Sie hätte aber auch gerne einen Obstbaum, bei dem gerade das in ausgewachsenem Zustand nicht zu erwarten ist. Meine exotischeren Vorschläge: Amberbaum, Speierling oder Wacholder schienen ihr nicht zugesagt zu haben. So geht das Überlegen weiter. Vielleicht läuft es ja doch am Ende auf dieses unglaubliche Katalog-Produkt, den Baum hinaus, der gleichzeitig Äpfel und Birnen trägt. Ob es so was wirklich gibt?

Wochenendgedanken

Dauerhitze und Schwindel, eine wunderbare Kombination, aber Gott sei Dank haben wir Wochenende. Ich freue mich auf viele noch ungelesene Baum-Texte. Vielleicht auf einen Spaziergang zu etwas abgekühlter Stunde und auf jeden Fall auf möglichst viel Ruhe. Während die äußeren Gerüste bröckeln, verbessert sich die Kommunikation. Mir scheint, dass Krisen die beste Voraussetzung für wirkliche Fortschritte und Weiterentwicklungen sind. Allerdings muss zwischendurch so etwas wie ein Erfolg festzustellen sein. Nur daran hakt es zurzeit erheblich.

Seltene Tulpenbaumfrucht

Frucht des Tulpenbaums

In welchem Reifestadium ich die Baumfrüchte fotografieren soll, um einen möglichst großen Erinnerungswert zu erhalten, ist jedes Mal eine Abwägungsfrage. Bei der Frucht des Tulpenbaums, von der ich erst seit kurzem weiß, dass sie die Frucht und nicht die Blüte ist, habe ich mich für den noch grünen Zustand entschieden. Von den Vorjahren weiß ich, dass sich die Schuppen allmählich ablösen, bräunlich verfärben, bis irgendwann nur noch ein dünner Stiel im Zentrum übrig bleibt. An dem größeren der Bäume ist es aber in diesem Jahr so, dass die meisten Früchte schon vollständig abgefallen sind. Anscheinend sind sie so schwer geworden, dass ihre Basis sie nicht mehr tragen konnte. Zumindest dieses Exemplar konnte ich aber noch einfangen. So kann ich meine Übersicht wieder um ein Bild erweitern.

Baumliteratur ohne Ende

Es gibt so unheimlich viel an interessanter Baum-Literatur, dass ich kaum nachkomme. Heute ist schon wieder ein Band angekommen, der Texte aus der Weltliteratur umfasst, welche sich in besonderer Weise um die Bäume drehen. Ganz toll, so viel kann ich nach dem ersten Durchblättern sagen, ist der Band ,,Holz – das fünfte Element“, der erstklassige Fotografien von Anselm Spring mit kenntnisreichen Texten von Maximilian Glas zusammen bringt. Da wäre in der Auswahl der nächsten Lektüren noch ,,Der Junge, der die Bäume liebte“ des italienischen Schriftstellers Stefano Marcelli, die ,,Geschichte des Waldes“ von Hansjörg Küster und das Insel-Buch ,,Olive. Der heilige Baum“, eine Textsammlung, die sich um den Olivenbaum dreht. Ein Halbtagsjob wäre da nicht schlecht. Da ich den nicht habe, muss ich doch vor allem die Wochenenden bemühen. Wie auch immer – ich freue mich darauf!

Persönliches Baumtagebuch von Bernhard Lux: Täglich begegne ich den Bäumen auf vielfältigen Wegen. An ihrem jeweiligen Standort in der Natur, in der Lektüre von Baum- und anderer Literatur, in der alltäglichen Reflexion, der handwerklichen Arbeit und im Gespräch mit der Familie oder Freunden und Kollegen. Es ist mir ein Bedürfnis, diese themenbezogenen Beobachtungen, Interaktionen und Kommunikationen in Form des Baumtagebuchs zu dokumentieren. Seit dem 20. November 2004 habe ich keinen einzigen Tag ausgelassen – ein Zeichen dafür, dass das Baumthema und der Baum als Archetypus tatsächlich im Alltagsleben verankert ist und vielfältige inhaltliche Assoziationen ermöglicht. So mag dieses Baumtagebuch jeden seiner Leser/innen auf die Spur einer je eigenen Beziehung zu den Bäumen führen.