Von Kühen und Misteln

Kuhblicke

Wir sind heute versehentlich auf den falschen Wanderweg geraten. Gesucht hatten wir den Mühlenweg rund um B. und gefunden haben wir den Streuobstwiesenweg. Der M. dann allerdings etwas zu steil und anstrengend war. Deshalb fiel das ganze auch kürzer aus als geplant. Immerhin bei der Gelegenheit sind wir zu einer Kuhherde geraten, die offensichtlich glücklich und zufrieden auf einer sonnenbeschienenen Weide graste. Das brachte mir ein paar ganz gelungene Kuh-Bilder ein (Kühe sind wahnsinnig fotogen), und M. hatte Gelegenheit, ihre Empathie zu Tieren jeglicher Art unter Beweis zu stellen. Ihr bloßes Gut-Zureden hat die Herde tatsächlich veranlasst, sich immer näher und zahlreicher dem Elektrozaun um sie herum in unsere Richtung zu nähern (Kühe sind wahnsinnig neugierig). Auf dem Weg konnte man auch sehr gut beobachten, wie sehr die Obstbäume unter dem Befall durch die Misteln leiden. Natürlich liegt das an der mangelnden Pflege dieser Bäume, ein Phänomen, das man im gesamten Landkreis beobachten kann. Was auch auffällt: Kaum noch sieht man irgendwo Misteln mit wirklich grünen Blättern und schneeweißen Beeren. Vielmehr sind sie fast ausnahmslos gelblich mit grünlichen oder gelblichen Früchten. Wir rätseln an dieser Stelle jedes Mal, woran das wohl liegen mag. Das einzig positive daran: Nach dem Fall des Blattkleides wirken die kugeligen Mistelgewächse fast schon dekorativ und mancherorts gar landschaftsprägend:

Mistel-Baum

Sommerliche Reminiszenz

Das neue Baumgedicht von Songül ist dem Kirschbaum gewidmet. Es kommt mir heute gerade recht, denn das war wohl der erste richtige Novembertag, der bei aller Gemütlichkeit, die diese Witterung auch ausstrahlen kann, doch auch den Sommer wieder vermissen lässt:

Unterm Kirschbaum

Erinnerst Du Dich noch an damals? Es war Sommer.
Du hast mich getröstet, denn ich hatte wieder einmal Kummer.
Unsere Begegnung fand an einem besonders schönen Ort statt,
ein Ort, wo der ewige Sommer seinen Platz für immer gefunden hat!

In meinen Gedanken stehe ich ab und zu dort,
befinde mich mit Dir an unserem geheimen Ort.
Es war unterm Kirschbaum,
ich träume noch immer diesen Traum!

Lass uns doch die Zeit zurückdrehen,
noch einmal unterm Kirschbaum stehen,
um die schönsten Momente unseres Lebens zu genießen,
lassen den ewigen Sommer in unsere Herzen hineinfließen!

Eibe und Pluto

Die beiden kommenden Wochen mögen einigermaßen trockenes Wetter bringen. Kühl kann es ruhig sein. Aber ich würde den Urlaub gerne nutzen, um die Stimmung des November und der Bäume in einigen Fotografien festzuhalten, und das geht nun mal vernünftig nur ohne Regen. Nach der von Vescoli konstruierten Systematik ist dies die Hochzeit der Eibe: die Phase vom 3. bis 11. November. Bezeichnenderweise liegt mein Geburtstag genau in der Mitte dieser Phase, ein weiteres Indiz dafür, dass mir die Eibe außerordentlich verbunden ist. Und ein weiterer Grund dafür, dass ich die Einteilung des Keltischen Baumkalenders nach Vescoli recht sympathisch finde. Auch wenn sie sich historisch in keiner Weise nachvollziehen oder begründen lässt. Es ist die Zeit des Niedergangs in der Natur, um es einmal drastisch auszudrücken. Ein Niedergang, der für mich immer vor allem das Potential zum Neuanfang und Neuaufbau in sich trägt. Der klirrend kalte Winter ist dann nur noch die reine Ausformung dieser Ruhephase vor dem neuen Erwachen. Anfang November aber die erste deutliche Ankündigung, die sich sogleich in der Stimmung der Menschen und dem biologischen Rhythmus von Mensch, Tier und Pflanze niederschlägt. Und solche Umbruchphasen interessieren und faszinieren mich von jeher. Deshalb verbinde ich die Eibe auch gerne mit dem Pluto-Aspekt, dem Vulkanischen, der unbedingten und unaufhaltsamen Transformation eines Zustandes in einen ganz anderen, in seiner Substanz und seinem Charakter verwandelten. Eine Motiv, welches meine eigene Persönlichkeit als Mensch stark bestimmt.

Begegnungen

Wenn ich mir vorstelle, dass die Tulpenbäume in D., die ich heute nach langer Zeit wieder besucht habe, einmal die Größe des riesigen alten Exemplars im Anstaltspark von M. haben werden, denke ich gleichzeitig an meine eigene Lebensspanne. Das ist es eben auch, was die Bäume in uns spiegeln: die eigene Endlichkeit. Sofort kommt zu Bewusstsein, dass sie uns zumeist überleben werden. Und doch hat der Gedanke etwas Tröstliches, dass ich die Chance habe, diese Lebewesen, die mir durch zahlreiche Spaziergänge und unzählige Begegnungen zu den verschiedenen Jahreszeiten und in verschiedenem Licht, in unterschiedlichen Stimmungen und Einstellungen so vertraut sind, in 20 oder 30 Jahren noch einmal zu besuchen. Um dann zu reflektieren, wie es uns beiden, als lose Schicksalsgemeinschaft sozusagen, zwischenzeitlich ergangen sein mag. So werde ich es in vielen Jahren mit dem neu gepflanzten Kirschbaum auf der Bildhauerwiese in B. tun. Der einzige Grund, der mich dort einmal hinführen könnte. So wird es mit diesen Bäumen in D. und ganz sicher mit vielen anderen sein, die ich von meinen so häufig wiederholten Gängen am Saarufer fortlaufend beobachte und begleite. Sie werden immer denselben Standort beleben. Ich aber werde die Freiheit haben, sie aufzusuchen und in meiner eigenen Unbeständigkeit an ihrer Konstanz, Ruhe und Souveränität, vielleicht auch an ihrer Verletzlichkeit, ihrem Behauptungswillen und ihrer Leidensfähigkeit Anteil zu haben.

Weihnachtsstimmung

Bin schon irgendwie in Weihnachtsstimmung. Vielleicht weil der November jetzt seine typische Färbung erhalten hat und die wirklich kalte Jahreszeit durchschimmern lässt. Vielleicht weil ich schon einige Geschenke besorgt oder zumindest ausgedacht habe. Vielleicht aber auch wegen der Lektüre des Nachfolgeromans von ,,Die Glasbläserin“, nämlich ,,Die Amerikanerin“ von Petra Durst-Benning. In den Büchern geht es ja um die wechselvolle Geschichte der Glasbläser-Familie Steinmann aus dem thüringischen Lauscha im neunzehnten und zu Beginn des 20. Jahrhunderts. Und um den gläsernen Christbaumschmuck, den die Protagonistin Marie, erste weibliche Glasbläserin Lauschas, berühmt gemacht hat. Die wirklich spannende Erzählart Durst-Bennings lässt einen richtig in die vorgestellte Atmosphäre dieser Zeit und dieses Ortes eintauchen und gibt einen Eindruck des kunsthandwerklichen Hintergrundes, vor dem unser heutiges Weihnachtsfest seinen einzigartigen Zauber entfaltet.

Allerheiligen

Allerheiligen

Ich wusste gar nicht, dass Allerheiligen nur in fünf Bundesländern Feiertag ist. So sehr gehört dieser Tag zum festen Bestand meiner persönlichen Erinnerungen seit meiner Kindheit. Ich würde sogar sagen, dass die Fernsicht auf die rot-gelb-weiß leuchtenden Grablichter des heimatlichen Friedhofs bei der abendlichen Heimfahrt von F., wo meine Oma mütterlicherseits begraben lag, zu den intensivsten Kindheitserfahrungen und -erinnerungen überhaupt gehört. Die sonst so dominierende Vegetation, die grüne Baum- und Strauchkulisse des Friedhofs, spielt an diesem Tag keine Rolle. Es scheint so, dass die Lichter diesen Ruheort der verstorbenen Angehörigen auf seine Essenz zurück führen. Man ist dann nicht nur in Gedanken, mit Leib und Seele bei den Verstorbenen, sondern näher als sonst auch bei sich selber.

Allerheiligen

Trockener Herbst

Dieser Herbst ist ein trockener und lichter. Heute auf der Autofahrt habe ich die jungen, schlanken Ahornbäume am Straßenrand beobachtet. Wie sie die letzten trockenen Blätter der schon lichten Krone vom Wind haben davontragen lassen. Um schließlich als filigranes Baumgerippe den Fahrweg zu bewachen, den ganzen Winter über. Die Bäume verwandeln ihre gesamte Gestalt, zeigen ihre technische Seite, ihr Gerüst, das im Blattkleid, erst recht im sommergrünen und lichtdurchfluteten so ganz anders wirkt, mehr als Träger der Blätter, Blüten und Früchte, nicht aber als das, als was es jetzt erscheint, die Essenz des Baumes.

Laubteppiche

Auch heute konnte ich nicht widerstehen. Der Weg hat mich, wie fast immer, an die Saar geführt, immer wieder schön und immer wieder überraschend zugleich. Das geradezu frühlingshafte Wetter, das so viele Ausflügler und heimischen Spaziergänger und Radfahrer motiviert hat, kann aber nicht darüber hinweg täuschen: Der Winter wirft seine Schatten voraus. Die Bäume lassen sich nicht irritieren und werfen das Laub ab, welches schon verwelkt und teilweise zersetzt sich zu einem raschelnden Teppich auf den Wegen und zu einem ungewohnt farbigen Puzzle auf den Teichen und stehenden Gewässern angehäuft hat:

Herbstlaub

Herbstlaub

So stellt sich nicht nur für mich, sondern – an den Mienen der Menschen, die ich heute beobachten konnte, war dies ablesbar, für alle Menschen sich unser Herbst als naturgegebenes Gesamtkunstwerk dar, welches seine optischen, akustischen, taktilen und olfaktorischen Reize treffsicher entfaltet und ein ganzes Paket an Empfindungen, Erinnerungen und symbolischen Implikationen mit sich trägt.

Herbstspaziergang

Ich bin froh, dass ich mich entschlossen hatte, am Nachmittag den Maria-Croon-Weg zu gehen. Das herrlich helle und warme Herbstwetter war einfach zu verlockend. Und den Weg hatte ich schon Monate nicht mehr gesehen. Am Vormittag noch hatte ich mit M. Gs Grab für Allerheiligen vorbereitet, indem wir das aus dem Farn ausgesparte Oval in der Mitte mit Tannenzweigen ausgelegt hatten, so dass nur noch am Allerheiligenmorgen die Schale platziert werden muss. Nach dem Mittagessen also auf zum Startplatz hinter O., hinunter zum Leukbachtal mit seiner wunderbar abwechslungsreichen Vegetation, dem Bach, den Waldabschnitten, den Lichtungen, den Sandsteinfelsen, den Brücken, Wiesen und Rastplätzen. Einfach wunderbar das Licht durch die herbstlichen Baumkronen:Herbstlaubkrone

Ich konnte eine ganze Reihe guter Fotos machen: von Holz, Bäumen und Wasser. Dabei sind auch Kuriositäten, wie zwei Baum-Wesen, die ich C. B. schicken will, da es meine ersten Entdeckungen dieser Art sind. Oder dieser bis zur Rinde ausgebrannte Stammabschnitt, vermutlich von einer Kiefer stammend:Ausgebrannter Baumstamm

Am Faszinierendsten aber wie so häufig, die Spiegelungen der Bäume im Wasser. Hierzu sind mir zwei tolle Aufnahmen gelungen:Baumspiegelung im Bach

Baumspiegelung im Bach

Am von mir so festgelegten Ende des Weges, den ich dann wieder zurück gegangen bin, oberhalb der Ruhebank, habe ich erstmals den freistehenden Sandsteinfelsen wahrgenommen, und auf ihm eine Gruppe von Bäumen, die es geschafft hat, ihre Wurzeln in der dünnen Humusdecke des Felsens zu verankern:Felsenbäume

Der Weg ist einfach schön, und ich hoffe, ihn im Winter, möglichst bei Schnee, wieder gehen zu können.

Die Vielfalt der Sträucher

Nun ist trotz des warmen Wetters der Herbst in seine Hochphase eingetreten. Ich erkenne das daran, dass die Blätter tatsächlich schon großflächig fallen. Manche Bäume sind schon fast kahl. Im Garten wird es nicht mehr lange dauern, bis der kleine Ginkgo, der Feigenbaum und Ps Liebling, der alles zumindest an Höhe überragende Nashi, ihr teilweise gelblich gefärbtes Herbstkleid ablegen. Derweil entdecke ich auf meinen abendlichen Spaziergängen immer wieder neue Sträucher, die mir bislang gar nicht aufgefallen waren. Und das Rätseln beginnt. Im kommenden Jahr wird meine Liste sicherlich weiter wachsen und ich werde meine Übersicht der Blüten und Früchte erheblich erweitern können. Jedenfalls wenn es mir gelingt, die jeweiligen Gehölze zu identifizieren, was häufig nicht ganz leicht ist. Viele Sträucher ähneln sich sehr in Blattform, Blüte und Frucht, so dass man sehr genau hinsehen und manchmal auch über längere Zeiträume beobachten muss. Leider kenne ich keinen richtigen Fachmann auf diesem Gebiet, der mir die Arbeit erleichtern könnte. So wird es eine spannendes Forschungsprojekt bleiben.

Erstes Herbstleuchten

Seit Wochen höre ich in den Medien vom ,,Goldenen Oktober“. Bisher allerdings konnte ich ihn in keiner Weise erleben. Einfach weil sich das Goldene für mich nicht nur an den Temperaturen und der Helligkeit, sondern wesentlich am Reflektieren und Leuchten des herbstlichen Blattkleides der Bäume festmacht. Erst heute Nachmittag hatte ich diesen typischen Herbst-Eindruck: das warme Leuchten der Bäume, wie es bei tief stehender Nachmittagssonne besonders deutlich wahrnehmbar ist. Vor allem beim Autofahren merke ich das, und erst dann mache ich mich zu Fuß auf den Weg, um es auch innerhalb des Waldes zu erkennen. Und so ist es wie im vorletzten Jahr: der Herbst wird im Wesentlichen von einem goldenen Novemberanfang geprägt sein (jedenfalls hoffe ich, es hält bis dahin), zudem haben wir ungewöhnlich hohe Temperaturen für die Jahreszeit. Nach dem nicht gerade beeindruckenden Sommer tut das gut. Es zeigt, dass die Jahreszeiten sich in unseren Breiten noch nicht ganz verabschiedet haben.

Neue Baum-Kalender

Für M. und J. habe ich bereits die obligatorischen Jahreskalender eingekauft. Die gibt’s dann später zu Weihnachten, ich finde das immer wieder schön, auch wenn ich selber welche erhalte, weil man das ganze Jahr über etwas davon hat. Der große Bild-Kalender mit kolorierten Schwarz-Weiß-Fotografien alter Bäume von Heinz Wohner, der bei der Arbeit am PC direkt in meinem Blickfeld hängt, hat mir sehr viel Freude gemacht. Dabei geht es mir weniger um die Information, um welche Baumart es sich handelt, wo er zu Hause ist, wie alt er ist und welchen Umfang er hat. Viel wohltuender ist der präsentative Gesamteindruck, der einfach etwas von der Seele des Baum-Individuums und dem Zauber der umgebenden und von ihm geprägten Landschaft offenbart. Bei der Durchsicht der Kalender 2006 sind mir wieder mehrere Baum-Kalender durch die Hände gefallen, von Einzelbäumen, exotischen Bäumen, von Wäldern und Alleen. Nun ja, ich weiß ja, dass ich wieder einen erhalte, nämlich den großen Kalender mit Fotografien eindrucksvoller Alleen, den ich mir vor einigen Monaten schon selber gekauft habe und den mir M. zum Geburtstag schenken wird. Ich freue mich sehr darauf, denn gerade die Alleen, besonders die Mecklenburg-Vorpommerns, haben es mir besonders angetan.

Lebendes Fossil

Heutige Meldung in den Aichacher Nachrichten, passt sehr gut zu meiner jüngsten Lektüre der ,,Geschichte des Waldes“:

Bäume aus Dinosaurier-Ära für 630 000 Euro in Sydney versteigert
Sydney (dpa) – Das Auktionshaus Sotheby’s hat in Australien 47 Setzlinge eines Nadelbaumes aus der Ära der Dinosaurier für umgerechnet rund 630 000 Euro versteigert. Ein «prominenter und wohl bekannter Herr» habe sich die sechs Jahre alten Bäumchen gesichert, teilte Sotheby’s mit, ohne nähere Einzelheiten zu nennen.

Die Versteigerung in Sydney hatte das Interesse von Pflanzen- und Gartenfreunden aus der ganzen Welt geweckt. Ursprünglich war angenommen worden, die Wollemi-Pinie sei bereits vor 150 Millionen Jahren ausgestorben. 1994 stieß dann zufällig Nationalpark-Ranger Dave Noble in den Blue Mountains, rund 150 Kilometer nordwestlich von Sydney, auf einen Hain der Bäume, die er zunächst nicht kannte. Ein Biologe fand schließlich im Australischen Museum einen versteinerten Abdruck der Pinie- das Rätsel war gelöst.

Der Fund wurde als das botanische Ereignis des Jahrhunderts bezeichnet. Der Nadelbaum kann bis zu 40 Meter hoch wachsen.

Artikel vom: 24.10.2005 13:17

Kaum zu glauben, dass jemand so viel Geld für Setzlinge lebender Bäume bezahlt! Ich dachte beim ersten Lesen, dass die Bäume durch irgendwelche gentechnischen Verfahren aus fossilen Funden quasi nachgezüchtet worden seien.

Sommer- und Winter-Linde

Immerhin, jetzt kenne ich endlich den Unterschied zwischen Sommer- und Winter-Linde. Am Kirchplatz stehen beide Arten nebeneinander. Wirklich gut kann ich sie nur an den Früchten auseinander halten, denn bei der Sommer-Linde stehen weniger an einem Fruchtstand zusammen, und dort sind sie etwas größer, dickschaliger, filziger und vor allem mit deutlicher hervortretenden Rippen überzogen. Weitere Unterschiede sind die Farbe der Achselbärte an den Wurzeln der Blattnerven: Bei der Sommer-Linde weiß, bei der Winter-Linde rotbraun. Und schließlich die Blätter selber: Bei der Sommer-Linde sind sie größer unter unterseits flaumig behaart, bei der Winter-Linde etwas kleiner und unterseits nur auf den Adern behaart. Als ausgewachsener Baum kann die Sommer-Linde etwas höher, nämlich bis zu 40m werden. Woher die Bezeichnungen kommen, weiß ich noch nicht so genau, möglicherweise hängt es mit der etwas späteren Blütezeit der Winterlinden zusammen. Unabhängig von diesen botanischen Differenzen haben alle Linden etwas gemeinsam: Ihre Ausstrahlung als Gemeinschaft spendender, weiblicher, zur Blütezeit süßlich duftender Baum, der eher mit Harmonie, Freundschaft und Lebensfreude in Verbindung gebracht wird als mit ,,männlichen“ Attributen. Und so wie alles nach Außen strahlende an der Linde weich ist, wird auch das Holz, bei den beiden Arten übrigens gleichwertig, seit Jahrhunderten wegen seiner Dichte, Weichheit und Homogenität unter Schnitzern geschätzt. Ein Baum, der zu allen Jahreszeiten seine Reize entfaltet. Im Frühling aber hat er seinen unbestrittenen Höhepunkt, wenn die meist üppige Blütenpracht den Baum und sein gesamtes Umfeld regelrecht verwandeln.

Persönliches Baumtagebuch von Bernhard Lux: Täglich begegne ich den Bäumen auf vielfältigen Wegen. An ihrem jeweiligen Standort in der Natur, in der Lektüre von Baum- und anderer Literatur, in der alltäglichen Reflexion, der handwerklichen Arbeit und im Gespräch mit der Familie oder Freunden und Kollegen. Es ist mir ein Bedürfnis, diese themenbezogenen Beobachtungen, Interaktionen und Kommunikationen in Form des Baumtagebuchs zu dokumentieren. Seit dem 20. November 2004 habe ich keinen einzigen Tag ausgelassen – ein Zeichen dafür, dass das Baumthema und der Baum als Archetypus tatsächlich im Alltagsleben verankert ist und vielfältige inhaltliche Assoziationen ermöglicht. So mag dieses Baumtagebuch jeden seiner Leser/innen auf die Spur einer je eigenen Beziehung zu den Bäumen führen.