Baum retten und Holz sägen

Der Wacholder im Sandsteinkübel vorm Haus hat in den letzten Wochen sehr gelitten. Die braunen Nadeln zeigten sich nicht nur im Inneren, was ganz normal gewesen wäre. Sie färbten den kleinen Baum auch äußerlich zunehmend mehr, bis er seine geschlossene Form gänzlich verloren hatte und regelrecht aufbrach. Es schien mir wie ein Hilferuf. Heute früh habe ich ihn von dieser Qual befreit und ausgepflanzt. Die Wurzeln sind erstaunlicherweise gar nicht verkümmert, und überhaupt war nichts Schädliches zu erkennen. Ich habe ihn dann gründlich von allen braunen Nadeln befreit, die ganz verdorrten Äste herausgeschnitten, so dass er jetzt zwar ziemlich gerupft wirkt, aber von seinen kränkelnden Anzeichen befreit. Erst kam er in einen Eimer mit Wasser, und kurz darauf – als Übergangslösung bis zum Herbst – in einen größeren Eimer mit Loch zum Abfließen und frischer aufgeschwemmter Erde. Ich hoffe, im Garten wird er sich jetzt wohler fühlen und sich auch langsam erholen können. Später soll er dann ans Bienenhaus an einen besonders sonnigen Platz, was er ganz sicher mögen wird. Meine Vermutung, was sein Leidern ausgelöst hat, nachdem er drei Jahre lang sehr gut aussah: Die Walderdbeeren, die wir ihm im Frühjahr zugesellt haben, scheinen ihm nicht bekommen zu sein. Vielleicht haben sie ihm ja wichtige Nährstoffe abgezweigt und seinen Stoffkreislauf gestört. Am Nachmittag dann waren die 5 Abschnitte des Maulbeerbaums an der Reihe. Ich habe sie an der großen Kreissäge aufgeschnitten und verschieden große und geformte Scheite und Kanteln daraus gemacht. Eine ziemlich sägemehlintensive Angelegenheit, die Augen und Nase belastet hat, aber es war erfolgreich. Ein wunderschönes Holz, das ganz frisch gesägt gold-braun schimmert und nach kurzem Antrocknen sich zum Grünlichen hin verändert, in jedem Fall aber mit einer interessanten Zellstruktur und einem seidigen Schimmer. Ich bin sehr gespannt, wie es sich nach dem Trocknen verarbeiten lässt und wie es optisch wirkt. Übrigens mit der Säge sehr leicht zu verarbeiten, es schien sehr weich, obwohl es kein Weichholz im eigentlichen Sinne ist, sondern rein äußerlich an Robinienholz erinnert. Der Holzstaub übrigens riecht intensiv, und dieser Duft ähnelt sehr dem, den ich aufgenommen haben, als ich den fruchtreifen Baum, von dem diese Abschnitte stammen, vor wenigen Tagen beschnuppern durfte. Eine überaus spannende Sache, so ein Maulbeerbaum. Deshalb haben wir auch beschlossen, uns im Herbst einen lebenden anzuschaffen, und beim Bienenhaus einzupflanzen. Darauf freue ich mich schon. Von den vor einigen Wochen zurückgelegten Weinstockabschnitten habe ich auch noch ein paar winzige Stücke in Kantelform sägen können. War ziemlich schwierig, aber das Holz ist diesmal ziemlich dicht, und wir sich wahrscheinlich auch zu Perlen verarbeiten lassen. Mal sehen, es könnten 2-3 Armbänder daraus werden. Nun hoffe ich nur noch, dass das neue Holz nicht zu sehr arbeitet und nicht unkontrolliert reißt. Das Wachsbad, in das ich alle Enden intensiv eingetaucht habe, dürfte das schlimmste verhindern und ein langsames Trocknen befördern.

Erfolgreiches Foto

Vor wenigen Tagen hatte ich die ersten beiden Fotografien von Blattformen eingereicht, die dann auch angenommen wurden. Und heute schon hat eine Agentur tatsächlich eines davon, nämlich ,,haselgrün“, in der Standard-Lizenz-Form erworben. Dass mein Debüt bei fotolia so erfolgreich sein würde, hätte ich nicht für möglich gehalten. Zumindest zeigt es, dass die Arbeiten unter Gestaltungsprofis ernst genommen werden. Nach dieser Überraschung bin ich natürlich ermutigt, noch mehr Motive vorzuschlagen, Möglichkeiten dazu sehe ich jede Menge. Dabei geht es mir nicht so sehr um den Verkaufserfolg, der sich ohnehin nur in ziemlich belanglosen credits äußert. Mich interessiert es vor allem, an Hand der Reaktionen, der Zugriffs- und Downloadzahlen, die visuellen und ästhetischen Präferenzen anderer Gestalter besser kennen zu lernen. Außerdem kann ich ausloten, welchen Stellenwert das Themen- und Motivfeld ,,Bäume“ in der Branche hat. Dass ich bei der Gelegenheit auch viele gute und weniger gute Fotografien zu sehen bekomme, die ich anders nie erblickt hätte, ist eine weiterer anregender Nebeneffekt.

Schöner Kletterer

Am späten Nachmittag fand in D. einen Firmenlauf statt, der ca. 3.000 angemeldete Mitarbeiter veranlasst hat, 5 Kilometer weit durch die Stadt zu laufen. Bei diesem schwül-heißen Klima sicherlich eine Tortur, die nur durch das Gemeinschaftserlebnis zu rechtfertigen ist. Mir hat der Gang zur Mittagszeit auf den so bekannten Pfaden gerade gereicht, danach war wieder Abkühlung angesagt. Immerhin hat der kurze Gang ausgereicht, um diese weiß blühenden Kletterpflanzen zu fotografieren, die zurzeit überall an Heckenrosen und Brombeersträuchern zu sehen sind. Ich konnte die Art noch nicht bestimmen. Die Blütenkelche aber finde ich sehr attraktiv, und bei diesem Licht lassen sie sich auch ganz gut einfangen:

Kletterer

Kletterer

Maulbeerbaum und Synchronizität

Es kommt bei mir nicht häufig vor, dass sich Synchronizitäten in dieser Deutlichkeit zeigen. Heute war es aber einmal wieder der Fall, als es mich in der Mittagspause wiederum in Richtung des Alten Schlosses zog, das ich am Vortag schon besucht hatte. Diesmal war es anders, denn das Tor zum Schloss stand offen, was ich nur selten antreffe, und so beschloss ich den Innenhof zu betreten, der von alten Bäumen gesäumt wird. Kaum hatte ich mich umgesehen, fiel mir auch schon einer der ältesten und mächtigsten Bäume auf – bei der Gelegenheit erinnerte ich gleichzeitig, dass ich vor Jahren schon rätselte, um welche Art es sich wohl handelte – und ich erkannte sofort die weißen und teilweise schon überreifen Früchte, die ihn als Maulmeerbaum auszeichneten. Nie zuvor hatte ich einen Maulbeerbaum im Original gesehen, aber der Baum und besonders seine ungewöhnlichen Früchte waren mir aus Baumbestimmungsbüchern und auch aus der symbolbezogenen Baumliteratur (Stichwort: Seidenraupen) bekannt. Auch wusste ich, dass er in Deutschland wachsen kann, wenn er auch aus der Mode gekommen ist. Umso erfreuter war ich, diesen wunderbaren Baum, zumal in voller Fruchtreife, hier anzutreffen. Und ich konnte nicht umhin, gleich den Apparat hervorzuholen und die Blätter und Früchte zu fotografieren:

Maulbeeren

Maulbeeren

Ich konnte die reifen Früchte geradezu riechen, ein derart intensives Aroma strömten sie aus. Ein Eindruck, der sich wiederholte, als ich eine der Beeren anfasste und die zuckrig-klebrige Konsistenz erkannte. Während ich dabei war, das Geheimnis dieses seltenen Fundes zu ergründen, fuhren Gemeindearbeiter mit ihrem Arbeitsfahrzeug in den Hof, parkten und unterhielten sich angeregt. Meine Anwesenheit schien sie nicht zu stören und so fuhr ich einfach mit meiner Arbeit fort. Plötzlich aber hörte ich, wie sie Instruktionen von einer Vorgesetzten erhielten, welche sich auf eben diesen Maulbeerbaum bezogen. Und kurz darauf stieg einer der Arbeiter auf eine Hebebühne und begann einen der überhängenden Äste, just den, dessen Früchte und Blätter ich gerade fotografisch festgehalten hatte, abzusägen. Gleichzeitig irritiert und fasziniert betrachtete ich sogleich den abgesägten Ast, entdeckte seine ungewöhnliche Holzstruktur und bat sogleich einen seiner Kollegen, mir den Ast zu überlassen bzw. mir den stärkeren Teil desselben abzusägen. Der schien überrascht, dass ich den Baum identifizieren konnte, hatte aber keine Einwände. Er wies mich aber darauf hin, dass der ganze überhängende Ast entfernt werden würde, wohl eine Sicherheitsmaßnahme, und ich also noch stärkere Abschnitte erhalten könnte. Das fand ich klasse, und so hinterließ ich ihm und seinen Kollegen ein Trinkgeld, mit der Bitte, mir die Abschnitte vors Tor an den Weg zu legen, damit ich sie am späten Nachmittag dort abholen konnte. Leider musste ich wieder zur Arbeit. Gerne hätte ich die weiteren Arbeiten beobachtet. Aber der Deal ging glatt, das Holz habe ich tatsächlich vorgefunden. Eine echte Rarität, die ich einer wirklich beeindruckenden Synchronizität zu verdanken habe, einem passgenauen Zusammentreffen sinnvoller Abläufe. Wohl etwas, das Begeisterung, oder soll ich es Leidenschaft nennen, für die Bäume voraussetzt. Ein Ereignis, das wohl nur mir in speziell dieser Form widerfahren konnte. Und ein Erlebnis, das mich sicher noch länger beschäftigen wird. Allein schon in Form des Holzes, aus dem ich später ein Wunschbaum-Armband und vielleicht auch anderes herstellen werde.

Sommerlicher Kronenblick

Der mittägliche Spaziergang führte mich heute zum Alten Schloss. Das suche ich selten auf, und wenn meistens an sehr heißen Tagen. Einfach weil es schattig gelegen ist und die lange Zufahrt von stattlichen Eschen besäumt ist. Ein Blick nach oben in diese Eschenkronen offenbart an hellen Tagen und blauem Himmel ein majestätisches Bild. Wie gewaltig wirken diese Bäume, die bei aller Höhe und Breite doch etwas sehr Elegantes, irgendwie architektonisch Anmutendes an sich haben:

Eschenkronen

Besonders wenn die Kronen verschiedener Bäume ineinander greifen, als ob sie ein gemeinsames Ziel verfolgten. Als ob sie eine nicht näher definierte Aufgabe gemeinsam zu bewältigen trachteten.

fotolia

Mein Foto ,,haselgrün“ ist bei fotolia angenommen worden. Es war mein erster Versuch. Ich bin erst vor wenigen Tagen auf diese Online-Bildagentur gestoßen, die es jedermann ermöglicht, unter bestimmten Voraussetzungen und mit Beachtung bestimmter Qualitätsstandards eigene Fotografien einem weltweiten Publikum anzubieten. Dabei wird zwischen verschiedenen Bildgrößenkategorien: M, L, XL und Originalgröße bei einer exklusiven Buy-Out-Lizenz unterschieden. Auch habe ich bei dieser Gelegenheit gelernt, was royalty-freie Lizenzen sind. Eine interessante und für mich noch sehr neue Welt. Sicher werde ich noch weitere Fotografien hochladen, ich habe da einiges anzubieten, was für Kreative unterschiedlicher Sparten von Interesse sein könnte. Nur die Auflösung stößt bei meinem Apparat an Grenzen, deshalb ist mir gegenwärtig eine Large-Kategorie nicht möglich. Aber das könnte sich in näherer Zukunft ändern, wenn ich die Investition in eine richtige Profi-Kamera wagen sollte.

Glanzpunkt

Bei J. und W. hat sich in Punkto Bäume nicht viel verändert. Der Nussbaum im Vorgarten erfreut sich guter Gesundheit, sehr viel gewachsen ist er im letzten halben Jahr allerdings nicht. Vermutlich benötigt er einen gewissen Anlauf, um sich dann stabiler zu entfalten. Hinterm Haus beeindrucken vor allem die beiden Ebereschen, die V. vor 2 Jahren als Winzlinge im Wald ausgegraben und dann in Js Garten eingepflanzt hat. Die beiden Schwestern sind sehr gut angegangen, noch ziemlich schwach im Stamm und deshalb nach oben leicht gebogen, aber sonst sehr schön entwickelt. Am erstaunlichsten sind die schweren Fruchtstände, die in dieser Stärke gar nicht zu den jungen Bäumen zu passen scheinen. Sie sind einfach gut platziert, an der sonnigsten Stelle des Gartens, und das wissen sie zu schätzen. In 5 Jahren werden sie der eindeutige Star sein und sowohl zur Blütezeit im Frühjahr mit den weiß-kremigen Blütenstände, als auch im Sommer mit dem lichten Hellgrün der gesägten Blätter und erste recht im Herbst mit seinen knall-roten Früchten einen optischen Glanzpunkt des Gartens darstellen.

Weihnachten so nah

Anstrengender Tag. So ein Ausflug in eine der Touristenhochburgen der Region ist nichts, was ich regelmäßig ertragen könnte. Da entschädigt auch die Möglichkeit, Massen von unterschiedlichen Menschen zu beobachten, nicht wirklich für die Strapazen und die Hektik. Aber auch in T. gibt es schöne Bäume. Z. B. die mächtige Libanon-Zeder, die man gleich eingangs der Fußgängerzone aus der Ferne erblickt und die schon einmal in einem der Bücher über besonders attraktive oder alte Bäume in Deutschland aufgetaucht ist. In einem der Geschäfte, in dem ich einen wunderschönen winzigen Igel zum Anstecken entdeckt habe, in den sich M. gleich verliebt hat, habe ich bei der Gelegenheit nach einem Weihnachtsbaum-Pin gefragt. Wie erwartet hat der Verkäufer abgewinkt: Vor Weihnachten vielleicht wieder. Wäre ja auch zu skurril gewesen, an einem solchen Hochsommertag ein Weihnachtsbaum-Symbol zu erwerben. Auch das gibt’s freilich, ich denke da nur an den V&B-Laden in M., der ganzjährig und ausschließlich Artikel anbietet, die sich um das Weihnachtsfest drehen. Da fällt mir ein: Auf meinem Bildschirmschoner rotiert immer noch der animierte Weihnachtsbaum mit Schneegestöber. Den werde ich eigentlich nie leid, auch wenn nicht Eingeweihte sich sehr wundern.

Veränderung beobachten

Das wird doch noch eine schöne Sommerzeit. So etwas hat man im Gefühl. Auch wenn es etwas auf und ab geht, im Schnitt ist es angenehm, und zeitweise erinnert mich das, seit vielen Jahren hatte ich diese Reminiszenz nicht mehr, an die Sommer meiner Kindheit. Die waren durchgängig als Jahreszeit erkennbar und schienen deshalb selbstverständlich. Diese vertraute, aber fast verloren gegangene Form der Selbstverständlichkeit ist jetzt erst wieder aufgetaucht. Wie auch andere Dinge aus meiner Vergangenheit plötzlich wieder zum Vorschein kommen, mir allerdings heute in anderem Licht erscheinen. Für mich ist es dann spannend zu beobachten, welche Gestalt sie heute haben, und wie ich heute damit umgehe. Kreativer denke ich, anders in jedem Fall. Und das ist gut so, denn sonst hätte ich ja nichts dazugelernt. Die Baum-Themen geben mir die Möglichkeit, solche Vergleiche anzustellen. Sie liefern mir immer wieder Anlässe zur Selbstreflexion, zur Ortung des eigenen Standpunkts, zur Orientierung in der sich ständig verändernden Welt. Sie bilden für mich die immer ansprechbare Basis zum Verstehen dessen, was ist, und zum Projizieren, wie es werden könnte. Konstanz wie Veränderung ist mir so viel besser beobachtbar.

Neue Schlaf-Äpfel

Um diese Zeit tauchen die ersten ,,Schlaf-Äpfel“ auf. Das sind diese wuscheligen Gebilde, die sich vereinzelt an den Blättern und Stielen der Heckenrosen bilden und zunächst rätselhaft wirken. Tatsächlich handelt es sich dabei um Nester, in denen sich meist mehrere Larven der Rosengallwespe befinden. In früheren Zeiten soll man diese Gebilde unters Kopfkissen bei Säuglingen gelegt haben, weil man ihnen besonders schlaffördernde Wirkung zugeschrieben hat. Daher der ,,Spitzname“. Ich verbinde die Schlaf-Äpfel mit dem Sommer, denn nur während der warmen Jahreszeit zeigen sie ihre rot-bräunliche Farbe und die flauschige Oberfläche, während sie zum Herbst hin sehr unansehnlich, schwarz-braun und wie verrottet aussehen:

Schlafapfel

Beuys und die Bäume

Solche Zusammenhänge wie zwischen bestimmten künstlerischen Ansätzen und der Symbolik der Bäume interessieren mich sehr. So habe ich mit Interesse einen Internet-Beitrag über ein Symposion gelesen, welches am Wochenende in Darmstadt stattfindet und sich auf die Bedeutung von Bäumen im Werk von Joseph Beuys bezieht. Die legendäre Aktion ,,7000 Eichen“ anlässlich der Documenta 1982 in Kassel ist mir aus Berichten noch gut in Erinnerung. Nicht nur wegen der Bäume, sondern weil die Aktion auch ein sehr gutes Beispiel für Beuys‘ Begriff der sozialen Plastik und seine Sichtweise auf Kunst als Lebensform darstellt. Während meines Praktikums im Duisburger Wilhelm-Lehmbruck-Museum, das wichtige Werke des Künstlers beherbergt, habe ich mich vor Jahren mit diesen Projekten intensiver beschäftigt. Und fand das sehr faszinierend, auch wenn sich die Geister in Bezug auf die Beuyssche Kunst und seinen Kunstbegriff bis heute scheiden. Seine Anstöße, die auch im Werk vieler seiner Schüler zum Ausdruck kamen, sind für mich bis heute einmalig und in dieser Innovationskraft unerreicht. Deshalb habe ich auch angefragt, ob ich die Beiträge zum Symposion in schriftlicher Form erhalten könnte oder ob es eine Publikation hierzu gibt. Die verschiedenen Beiträge von Forstleuten, Kulturwissenschaftlern und Philosophen würden mich sehr interessieren. Und am Symposion selber kann ich leider nicht teilnehmen. Mal sehen, was aus der Anfrage wird.

Immer grüner

Der Spitzahorn hat mir diesmal während der Mittagspause kaum Schatten gespendet. Deshalb habe ich darauf verzichtet, unter seiner Krone Platz zu nehmen. In früheren Sommern war das anders. Da sorgten die tief liegenden Äste noch für Abkühlung. Dieselben Äste, die im Winter der Baumsäge zum Opfer gefallen sind. Schatten adé, und auch Walnüsse adé, die an den unteren Ästen des großen Nussbaums griffbereit waren, und die nun unerreichbar geworden sind. Das habe ich also der Baumschnittwut des dortigen Gartenbauingenieurs zu verdanken, der seine Aufgabe sehr gründlich wahrnimmt und dabei sein Ingenieursein ausspielt. Für mich und andere bedeutet das: einmal wieder weniger Zauber, eine Art Verlust, die durch nichts zu ersetzen ist. Gott sei Dank tun sich an anderer Stelle neue Erfahrungsmöglichkeiten auf. Und, fairerweise gesagt, so viel Bäume, gerade im Innenstadtbereich, hat es nie gegeben. Es wird tatsächlich immer grüner, auch wenn das eine bürokratischere Denkart nach sich zieht.

Reife Kirschen und Moral

Die Kirschen in Nachbars Garten. Bisher war das kein wirkliches Thema. An den beiden Kirschbäumen, die in zwei diagonal gegenüber liegende Ecken des verwilderten Gartengrundstücks neben meiner Arbeitsstätte stehen, erfreue ich mich seit einigen Jahren. Zur Zeit der Blüte, des satten Sommergrüns und der Fruchtreife. Der eine der beiden großen Bäume ist immer 2-3 Wochen früher dran als der andere. So sind dessen Kirschen jetzt schon überreif und fallen bereits ab, während der zweite genau auf dem Höhepunkt angekommen ist, was man am Wohlgeschmack der Kirschen leicht ablesen kann. Die Kirschen zu pflücken, auf die Idee ist in den letzten Jahren wohl niemand gekommen. Schon gar nicht mit der Leiter, denn die unten hängenden sind in der Minderzahl und der Baum ist sehr hoch. Umso mehr tat es mir leid, auf Wunsch von K. den türkischen Anliegern nahe zu legen, auf das Pflücken zu verzichten, da er den Baum bereits seinem Freund K. versprochen hatte, der einige Tage später anrückte und einen Teil der Kirschen erntete, wohl um sie einzukochen. Heute nun hat er meinen Kollegen und mir den zweiten Baum ,,frei gegeben“, ohne dass es große Wirkungen gehabt hätte. Ich fände es irgendwie unmoralisch, nun ein Recht in Anspruch zu nehmen, das anderen, die dem Baum mindestens genau so nahe, wenn nicht näher sind, nicht zuerkannt wurde. So können sie von mir aus einfach abfallen. Der Anblick an sich ist sowieso das Beste, wie die beiden Fotos illustrieren mögen:

Süßkirschen

Süßkirschen

Alter Weg und neuer Eindruck

Die Wegschleife unten an der Saar ist in den letzten Wochen begradigt worden. Die Radfahrer haben es jetzt zwar einfacher, den steilen und scharf kurvigen Weg zu bewältigen, aber ein Stück weit ist der Zauber des Ortes nun auch verloren gegangen. Die Zwiesel-Hainbuche, vor einigen Wochen schon gefällt, ist nur noch durch ihren Stumpf repräsentiert. Überall am Rand liegen klein gesägte Abschnitte des mächtigen Baums. Wenn das Klima nicht so angenehm gewesen wäre, und der Gang entsprechend entspannend, hätte ich mich wohl möglich geärgert.

Hainbuchenstumpf

Auf dem weiteren Weg dann eine neue Überraschung. Ich hatte es mir schon vorgenommen, aber dass ich den genau richtigen Zeitpunkt erwischen würde, das konnte ich nicht wissen. Jedenfalls bin ich sehr froh, die Blüte der Gemeinen Waldrebe entdeckt zu haben. Tatsächlich war diese mir zuvor niemals aufgefallen. Schade, denn sie hat durchaus ihren Reiz, wie auch alles andere an dieser interessanten Kletterpflanze:

Blüte der Waldrebe

Persönliches Baumtagebuch von Bernhard Lux: Täglich begegne ich den Bäumen auf vielfältigen Wegen. An ihrem jeweiligen Standort in der Natur, in der Lektüre von Baum- und anderer Literatur, in der alltäglichen Reflexion, der handwerklichen Arbeit und im Gespräch mit der Familie oder Freunden und Kollegen. Es ist mir ein Bedürfnis, diese themenbezogenen Beobachtungen, Interaktionen und Kommunikationen in Form des Baumtagebuchs zu dokumentieren. Seit dem 20. November 2004 habe ich keinen einzigen Tag ausgelassen – ein Zeichen dafür, dass das Baumthema und der Baum als Archetypus tatsächlich im Alltagsleben verankert ist und vielfältige inhaltliche Assoziationen ermöglicht. So mag dieses Baumtagebuch jeden seiner Leser/innen auf die Spur einer je eigenen Beziehung zu den Bäumen führen.