Zwischen Pracht und Vereinfachung

Das kleine Kartenspiel mit den Baummotiven und die Lesezeichen mit Abbildungen vegetabiler Formen gehören zu den Mitbringseln aus der nachmittäglichen Museumstour. Auf das vorangehende Erlebnis sind sie freilich nicht bezogen, denn das bestand im Besuch der Ausstellung ,,Macht und Pracht“ im Weltkulturerbe Völklinger Hütte, die glücklicherweise verlängert wurde, sonst hätte ich sie nämlich verpasst. Kaum vorstellbar, wie aufwändig, kostbar, filigran, exotisch und kunstfertig Kunst-, Repräsentations-, Alltags- und Gebrauchsgegenstände des 19. Jahrhunderts gefertigt sein konnten, vorausgesetzt sie wurden von den Mächtigen in Auftrag gegeben und von Meisterwerkstätten realisiert. Vor allem kaum vorstellbar, dass heutzutage jemals wieder ein solches Niveau kunsthandwerklicher Perfektion erreicht werden könnte. Auf der Rückfahrt haben wir spekuliert, woran es wohl liegen könnte, dass heute niemand mehr auf die Idee käme, einen Tisch dekorierende Objekte zu schaffen, die in Silber gedrückt, getrieben, ziseliert, teilvergoldet, emailliert, mit Edelsteinen besetzt, mit eingelassenen Elfenbein-Schnitzereien und Elementen aus geschnittenem Bergkristall verziert und mit ungewöhnlichen Naturmaterialien wie Büffelhörnern kombiniert sind. Unwahrscheinlicher Fleiß und ein kaum noch nachvollziehbares handwerkliches Können müssen dahinter gesteckt haben, aber eben auch der unbedingte Wunsch, etwas Einmaliges, Neues, Anregendes zu schaffen. Und dies in einer Zeit, in der eine Weltausstellung wirklich noch ein Ort zum Auffinden bisher nicht Gesehenen gewesen ist. Im Zeitalter der Globalisierung, der elektronischen Vernetzung und der medialen Verbreitung von Geschehnissen selbst aus den entlegensten Winkeln der Erde, können solche Bedürfnisse einfach nicht mehr aufkommen. Der Prunk und die Pracht dieser Zeit, die uns in Form solcher Objekte heute Gott sei Dank noch zugänglich ist, ist nicht wiederholbar, weil wir heute gerade das Gegenteil wollen: die Dinge vereinfachen, die ungeheuer kompliziert gewordene Welt wieder auf verstehbare Konstanten, Denkmuster und Vorstellungen reduzieren, um erneut und unter aktuellen Bedingungen verstehen zu können, wohin wir gehen und welche Rolle wir im Weltgeschehen dabei sind zu spielen. Der Rückblick in vergangene Zeiten kann helfen, genau diese Frage ins Bewusstsein zu holen. Deshalb bin ich sehr dankbar für Ausstellungen dieser Art und den Machern, die sehr viel Energie und Kreativität in deren Realisierung einbringen.

Über unseren Umgang mit Zeit

Die veränderte Wahrnehmung der Lebenszeit, insbesondere das Verhältnis von Arbeit zu freier Zeit, scheint gegenwärtig ein journalistisch relevantes Thema zu sein. Und damit möglicherweise eines, das die Menschen im Land bewegt. Gleich in zwei Zeitschriften mit konfessionellem Hintergrund habe ich heute Artikel zu dieser Frage gelesen. Einer geht der Frage nach, wie verschiedene europäische Kulturräume mit der Zeit umgehen und stellt fest, dass wieder einmal auch in dieser Frage die Deutschen exportverdächtige Begriffe wie ,,Zeitsouveränität“ kreieren, das Zeitphänomen der Zeitlosigkeit und der schwindenden Pausen also offenbar schärfer fassen können als andere, sie gleichzeitig aber mit am deutlichsten unter dem Phänomen leiden. Ein weiterer Artikel zitiert einen Brief des Bernhard von Clairvaux, den dieser an seinen früheren Mitbruder, Papst Eugen III., gerichtet hatte. Darin mahnt er ihn mit Bezug zu bestimmten Bibelworten dazu, sich auch Zeit für sich selber zu lassen, statt sich immer nur in Geschäftigkeit zu ergehen oder sich in übertriebener Attitüde ausschließlich den Nächsten zu widmen, vergessend, dass er selber ein Mensch sei. Diese Empfehlung steckt voller Weisheit, denn die Zeitlosigkeit für sich selber und das eigene Reflektieren bedeutet auch eine Entfernung von Gott. Die Reflexion kann die Tür öffnen für eine Erkenntnis des eigenen Stellenwertes, dem deutliche Grenzen gesetzt sind. Insofern ist die Platzierung eines weiteren Zitats von Rabindranath Tagore zur Illustration dieses Artikels sehr geeignet. Es ist ein Zitat, das den Kern des wunderbaren Kurztextes über die Baumblüte ,,Schweig still mein Herz, die Bäume beten. Ich sprach zum Baum: Erzähl mir von Gott. Und er blühte.“ auf das Blühen der Blumen überträgt und darin mindestens genauso eindrücklich zum Ausdruck bringt: ,,Nein, nicht euch ist es bestimmt, die Knospen zu erschließen zu Blüten. Schüttelt die Knospen, schlagt sie! Es geht über eure Macht, sie blühen zu machen. Eure Berührung beschmutzt sie nur. Er, der die Knospen öffnen kann, tut es einfach so: Er schenkt ihnen einen Blick, und der Lebenssaft strömt durch ihre Adern! Auf seinen Hauch hin breitet die Blume ihre Flügel aus und flattert im Wind. Farben brechen heraus wie Sehnsüchte. Der Duft verrät ein süßes Geheimnis. Er, der die Knospen öffnen kann, er tut es so einfach.“ Nach solchen Worten mag man gar nichts mehr sagen, so großartig hat der Dichter Wesentliches in Sprache gefasst.

Wann zurückschneiden?

Ich weiß nicht recht, ob V. Recht hat und ich es jetzt schon wagen kann, den Feigenbaum und den empfindlichen neuen Maulbeerbaum zurück zu schneiden. Letzterer ist an einer ziemlich den kühlen Winden ausgesetzten Lage eingepflanzt, so dass ich es nur ungern riskiere. Die Empfehlung der Baumschulenfachfrau war, bis etwa Ende März zu warten, wenn man davon ausgehen kann, dass die letzten Fröste hinter uns liegen. Vs Argumente es jetzt schon zu tun waren 1., dass er selber das immer schon so gehandhabt habe, und 2., dass die Bäume möglicherweise bald schon im Saft stehen und neu treiben. Was soll ich dazu sagen, ich weiß es nicht, aber ich kann mir auch nicht vorstellen, dass das der ganze Winter schon gewesen sein soll. Bei einem solchen fast frühlingshaften Tag wie heute könnte man davon ausgehen, nur der Blick auf den Kalender lässt große Zweifel aufkommen. Ich hoffe einfach den richtigen Zeitpunkt zu erwischen, das Schneiden selber ist ja auch schnell erledigt. Bis dahin versuche ich die durchaus vorhandenen Reize der winterlichen Landschaft fotografisch und textlich festzuhalten, bis der Frühling wieder ganz anderen Stoff bietet für meine vielfältigen kreativen Projekte.

Anstöße

Das Internet lebt natürlich von der Vernetzung. Leider komme ich nicht immer dazu, diese Seite meiner Webpräsenz auszubauen, vor allem wenn ich gerade mit neuen Designs oder aber mit den eigentlichen Inhalten beschäftigt bin. Deshalb finde ich es gut, wenn von Zeit zu Zeit wieder Anstöße in diese Richtung kommen, so wie heute von der Initiative ,,baldwald“, auf die ich in diesem Tagebuch vor einigen Tagen bereits hingewiesen habe. Ich greife solche Hinweise gerne auf und schaffe eine Grundlage mehr dafür, dass Besucher meiner Seite weitere Facetten der Beschäftigung mit Bäumen und Naturprozessen kennen lernen, vielleicht auf diesem Wege solche, die ihnen mehr sagen als die Inhalte des Wunschbaums. Das ist mir auch recht, denn der Sinn des Ganzen ist der Austausch, der nicht immer die Form eines virtuellen Dialogs haben muss, er kann auch nur aus zwei Elementen bestehen: dem Anstoß und der Reaktion, die dann eine ganze Kette von weiteren Ereignissen, Überlegungen und Bewusstseinsänderungen nach sich ziehen kann. Rekonstruierbar und in seiner tatsächlichen Reichweite nachvollziehbar ist das natürlich nicht. Aber ich finde häufig Anhaltspunkte dafür, dass es Wirkungen hat, und das bestätigt mich darin die recht zeitintensive Arbeit an der Website fortzusetzen.

Virtueller Diskussionsraum

Die Menschen sind immer wieder überrascht, wenn ich ihnen von meinen kunsthandwerklichen Aktivitäten erzähle. Das erscheint den meisten offenbar so unwahrscheinlich, dass sie zwar eine Weile interessiert zuhören, dann aber später kein Wort mehr darüber verlieren. Dabei erwähne ich mein besonderes Interesse für die Symbolik der Bäume meist nur in einem Nebensatz. Ich habe dafür zwei Erklärungen: 1. Das Thema ist den meisten derart fremd, dass sie ganz einfach nichts dazu zu sagen wissen und sich im übrigen auch nicht vorstellen können, dass sich überhaupt jemand ernsthaft damit beschäftigt. 2. Sie bringen ihre Einschätzung meiner Person nicht mir diesem privaten Interesse in Verbindung, was sie umso unschlüssiger werden lässt, was davon zu halten ist. Zusammengefasst könnte man sagen, dass das Thema geradezu kommunikationstötend wirkt und eben nicht die Reaktion hervorruft, die ich selber erwarten würde, annehmend, man müsse nur im richtigen Rahmen und in der richtigen Weise darüber reden, um das Interesse aufkeimen zu lassen. Dem ist mit Nichten so, viel mehr hat es gar keine interaktiven Folgewirkungen. Wenn diese Menschen nur wüssten, wie viel sie von den Bäumen lernen könnten, wenn sie sich nur einließen! Wie auch immer, ich kann es immer wieder beobachten und wundere mich, wie inhaltsleer diese Kommunikationskultur geworden ist. Mein einziger Trost, das Internet bietet die unschlagbare Chance tatsächlich Gleichgesinnte in einem virtuellen Raum zu treffen und auf eine ganz unaufdringliche Weise in einen leisen, meist punktuellen, gelegentlich aber auch kontinuierlichen Dialog einzutreten. So trägt moderne Kommunikationstechnik mit dazu bei, das Verständnis für die Bäume als wesentliche Elemente unserer Lebenswelt zu stärken.

Frei-Wurzler

Der Mühlenweg ist mir heute im frühlingsgleichen Licht erschienen, zumindest konnte das Licht und die Temperatur daran erinnern lassen. Ganz anders wirkt das kleine Wäldchen als im laubintensiven Sommer, wenn das Licht gefiltert durch Millionen chlorophyllhaltiger Blätter gedämpft bis zum Boden vordringt. Heute also offener und heller, so dass man sonst verborgene Strukturen der Landschaft erkennen konnte. Obwohl sie mich immer wieder faszinieren standen die Efeuranken diesmal nicht im Zentrum meiner Aufmerksamkeit. Die teilweise freiliegenden, weil vom Ohligsbach ausgeschwemmten Wurzeln einiger Bäume, haben es mir angetan, auch weil ich sie bei dem letzten Besuch dort nicht richtig ins Bild setzen konnte. Mit der Spiegelreflextechnik und dem Makrozoom war es einfacher und gleichzeitig auch qualitativ hochwertiger. Wirklich interessante Formen treten da zu Tage, angesichts derer man sich fragt, wie es überhaupt möglich sein kann, dass diese Bäume sich aus der Erde nähren und dabei auch noch fest verankert bleiben.

Frei-Wurzel

Frei-Wurzel

Frei-Wurzel

Maria Croon und kuriose Baumindividuen

Zunächst war ich nicht sicher, ob sich der Weg lohnt, bei geschlossenem Hochnebel ist das Licht eben auch sehr diffus und abgedämpft, aber dann habe ich mich eben doch entschlossen, und es nicht bereut. Der Maria Croon Weg war wieder einmal ein Erlebnis. Interessanterweise suchen wohl am Rosenmontag noch mehr Leute den Kontrast und flüchten sich in den Wald, darunter auch einige Brennholzmacher, die die am Wegrand platzierten Lose in transportable Abschnitte sägten und auf ihre Anhänger luden. Jedenfalls war ich nicht der einzige, wie man am Hochtag der Fastnacht hätte vermuten können. Gerade weil die Sonne nicht direkt durchkam, hat mich der heutige Gang zu mir selber zurückgeführt, kam einer Gehmeditation nahe, obwohl ich nicht mit der Intention losgegangen war, eine solche durchzuführen. Die Aufmerksamkeit für die Details dieses schönen Weges aber war vorhanden, und so waren es heute vor allem ungewöhnliche Wuchs- und Erscheinungsformen einzelner Bäume, die mir gleich mehrfach auffielen und die ich hier festhalten möchte:

Ast-Stamm

Dieses konnte ich fast nicht glauben. Ist nun ein zweiter Stamm horizontal aus dem vertikalen Stamm herausgewachsen, 50 cm über dem Wurzelstock? Oder ist der horizontale am anderen Ende verwurzelt und dann in den zweiten eingedrungen? Es war nicht wirklich zu erkennen. Und warum diese horizontale Wuchsrichtung, normalerweise strebt jeder Stamm in Richtung Licht. Das ist schon sehr ungewöhnlich. Ebenso die folgende Konstellation. Da hängen Reste einer Einzäunung in Mannshöhe zwischen einer Gruppe von Stämmen. Ich erkläre mir dies so, dass der Zaun ursprünglich an den Stämmen festgenagelt war und mit dem weiteren Höhenwachstum der Bäume auseinander gerissen und in Einzelteile zerlegt mit diesen in die Höhe gehoben wurde.

Baum-Zaun

Dieser vor Kraft strotzende und sich mit Energie in seinem Vertikalwachstum korrigierende Baum trägt den Stumpf eines abgestorbenen und schön völlig morschen Astes mit sich, wie ein Körperteil, dessen er sich gerne entledigen würde, es aber noch nicht schafft. Was würde wohl ein Mensch sagen, der solches ertragen sollte?

Abgestorben

Diese vom Moos fast gänzlich bedeckten Stämme sind mir schon bei früheren Gängen aufgefallen. Sie müssen das Ergebnis eines speziellen lokalen Klimas sein, welches solche Ausbildungen begünstigt. In irgendeinem Regenwald gibt es ganze Wälder solcher Bäume, wie ich in einem meiner Baumbildbände gelesen habe. Das muss gespenstisch, aber auch irgendwie märchenhaft aussehen.

Märchen-Moos

Der Anblick gefällter Bäume hat für mich gar nichts Trauriges. Im Gegenteil, ich erblicke hierin besonders häufig die enorme Kraft und den gewaltigen Wachstumswillen der Bäume, der sich in nichts deutlicher ausdrückt als in der Schnittfläche eines geällten Stammes, insbesondere wenn er direkt neben seinem Wurzelstumpf zum liegen gekommen ist.

Gefällt

Lichte Eindrücke

Das Licht war wunderbar an diesem Nachmittag. Und mit ihm kamen ein deutliches Frühlingsgefühl und eine eigenartige Stille, die auf den Spazierwegen entlang der Saar in so starkem Kontrast zum fastnachtlichen Treiben in den Dörfern stand. Wohl deshalb waren auch nur recht wenige unterwegs, Flüchtlinge vermutlich, so wie ich selber. Die neue Kamera braucht das Licht, mehr noch als ihre Vorgängerin, das habe ich geahnt und deshalb auch die schwere Reportertasche mitgeführt, was sich als lohnend herausstellen sollte. Es sind einige Zoom- und Detailaufnahmen entstanden, die meine bereits begonnenen Sammlungen thematischer Makroaufnahmen ergänzen:

Efeu-Kreuz

Diese Efeuranken überkreuzen sich und bilden so ein dichtes Geflecht, welches den Stamm des Trägerbaums ummantelt.

Holzscheit

Baumscheibe

Bei einem am Wegrand liegenden ungeordneten Haufen teils gesägten und teils in Scheite gehackten Brennholzes konnte ich nicht widerstehen. Makros von Holzstrukturen faszinieren mich immer wieder aufs Neue, vielleicht ein Resultat meiner langjährigen Beschäftigung mit diesem Material.

Einschnitte

Bei diesem Stumpf sind noch die Sägespuren eines vermutlich fehlgeschlagenen Versuchs zu erkennen, den Baum in der gewünschten Richtung zu Fall zu bringen, später muss er weiter oberhalb abgesägt worden sein. Der Keilförmige Einschnitt legt das ausgefaulte Innere des Stamms frei.

Ineinander verwachsen

Moose und Flechten

Der Feldahorn ist ein auf mich fröhlich und wirkendes Gewächs, das mich unter anderem durch die häufig auf seinen Rinden sich festsetzenden Moose und Flechten beeindruckt, die dem Stamm ein an Urwald erinnerndes Aussehen verleihen. Beim oberen der beiden Bilder sieht man, wie ein Ast des Baums mit dem benachbarten Baum verwachsen ist, geradeso als ob sie eine Lebensgemeinschaft bilden wollten.

2 mal Weihnachtsbaum

Nun sind die Rauhnächte längst vorbei, und der Tannenbaum taucht plötzlich wieder aus der Versenkung auf. In zweierlei Form gleich, und vielleicht doch nicht ganz zufällig. Denn der hellgrüne Badesalztannenbaum, mit Cellophan vor Feuchtigkeit geschützt, wartet schon seit der Adventszeit, in der ich ihn im Drogeriemarkt unter zahllosen weiteren Weihnachtsartikeln entdeckt habe, darauf benutzt zu werden. Sein Geruch war nicht wirklich spektakulär, dieser zeitlos wirkende Badezusatzduft, an den ich mich aus Kindheitstagen noch gut erinnern kann. Da hat sich anscheinend nichts geändert. An Kindheitstage erinnert mich auch das Ritual des Badens, damals grundsätzlich am Samstagabend stattfindend, während die Woche über das Waschen am Waschbecken mit zu jeder Jahreszeit kaltem Wasser üblich war. Zum Duschen bin ich erst viel später gekommen. Der stilisierte Tannenbaum, eine gepresste Badesalzform, hat mich also dazu bewogen, nach Jahren einmal wieder eine Badewanne zu besteigen, um auch hier festzustellen, dass sich nichts geändert hat, die selbst erzeugten langsamen Wellen des Wassers, das teilweise Eintauchen, die entspannende Wirkung auf die Muskulatur, die anregende Wirkung auf den Kreislauf. Spektakulär war aber doch der Tannenbaum selber, welcher sich im Bruchteil einer Sekunde in eine amorphe hellgrüne Wolke auflöste, sobald er in das Wasser gelangte, scheinbar freilich nur, denn die gesamte Form benötigte dann doch ca. eine Minute um sich zu verflüchtigen, eine gleichmäßige Färbung des Wassers hinterlassend. Einige Stunden zuvor hatten wir den diesjährigen Eingangstreppentannenbaum, eine Wurzelpflanze, umgetopft, um ihn Ende des Jahres wieder nutzen zu können, so er denn wächst, denn seine beiden Spitzen wurden unbedachter Weise gekappt, was ihn dazu nötigen wird, einen neuen Spitzentrieb auszubilden. Wir hoffen, dass er freistehend genug Licht erhalten wird, um das Jahr zu überleben. So haben sich Mitte Februar weihnachtliche Reminiszenzen eingeschlichen, ergänzt durch das brennholzfertige Sägen der Zypressenabschnitte, die bei der Schnittaktion unserer Hecken zwei Wochen zuvor angefallen waren.

Neue Energie

Nach dem wärmsten Januar soll es nun auch noch der wärmste Februar werden, der seit Beginn der Wetteraufzeichnungen festgestellt wurde. Mit dieser Nachricht können wir uns wohl endgültig von diesem Winter verabschieden und uns auf eine durchwachsene Zwischenphase einstellen, die dem eigentlichen Frühling vorangehen wird. Dabei ist der Frühling an manchen Stellen schon zu sehen. Im Blühen der Krokusse und Schneeglöckchen schon seit einigen Tagen. Und im Blühen mancher Bäume nun ganz aktuell. An der Saar habe ich heute schon die ersten Ansätze der Blütenknospen der Schlehdorns gesehen, und in etwas geschützterer Lage hinterm Haus sind die roten Blüten des Zierapfelstrauchs schon vollständig entfaltet. Wie die Blumen viel zu früh für die kalendarische Zeit des Jahres. So werden die gewohnten jahreszeitlichen Eindrücke wieder einmal auf den Kopf gestellt oder zumindest verzerrt. So können wir uns aber auch an der frühlingshaften Sonne und an dem Mehr an Energie erfreuen, die mit dieser Sonne einher und auf uns übergeht. Letztere kann ich gut brauchen, um einmal neu Anlauf zu nehmen und neue Wege für nicht einfacher werdende Probleme zu finden.

Baumscheiben-Fotos

Schon eigenartig, gestern noch habe ich mir meine bei fotolia bereitgestellten Fotografien noch einmal in der Übersicht angesehen und mich gefragt, ob sich wohl jemals jemand für die Aufnahme der Eschenstamm-Baumscheibe interessieren wird, wobei meine Vermutung eher in Richtung ,,Nein“ ging, da dieses Holz sehr hell und farblich homogen und folglich wenig Struktur darin zu erkennen ist. Und heute wurde diese spezielle Aufnahme gleich zweimal abgerufen, schon kurios. Tatsächlich findet man im Netz nur selten gute Aufnahmen von Baumscheiben, das könnte ein gutes Motiv für eine ganze Serie sein. Das Problem: Um die einzelnen Arten in ihrer optischen Einzigartigkeit unterscheiden zu können, müssen die Schnitte möglichst fein sein, die Fasern dürfen nicht zu viel ausgerissen sein. Das aber funktioniert in vernünftiger Form nur, wenn man nach dem Sägen die Oberfläche plan schleift und ansatzweise poliert. Mal sehen, ob ich die Zeit dazu finde, dann würde ich mir das Projekt für den Hochsommer gerne einmal vornehmen, auch als Materialgrundlage zur Illustration eigener Websites.

Lust auf Licht und Natur

Sobald der Himmel mal etwas mehr Sonne durchlässt, keimt auch sofort wieder die Lust am Wandern und Fotografieren, am genauen Beobachten der Landschaft und natürlich der Bäume auf. Ich konnte das heute wieder einmal beobachten, denn zwischen dem Dauerregen taten sich ein paar Mal lichte Momente auf und es war sowieso insgesamt schon sehr viel heller als in den zurückliegenden Wochen, mit der Aussicht auf frühlingshafte Temperaturen am Fastnachtswochenende. Ich werde diese für mich hoffentlich ruhigeren Tage zu nutzen wissen und, so die Witterung es zulässt, einen längeren Gang auf meinem geliebten Maria-Croon-Weg unternehmen, um endlich wieder Fühlung aufzunehmen mit dem aktuellen Sein der Bäume, ihrer unglaublichen Energie, die ich bei dieser Gelegenheit versuche auch in mir selber zu aktivieren. Diesen Ausgleich brauche ich gegenwärtig dringend, da die momentane Art den Tag zu verbringen an meiner Gesundheit zehrt und mich vom Eigentlichen fern zu halten scheint.

Zeitverlust und Beobachtungschancen

Den Entzug von Freizeit stelle ich mir als eine der schlimmsten in der zivilisierten und friedlichen Arbeitswelt möglichen Strafen vor. Was nützt mir ein etwas höheres Einkommen, wenn sein Erwerb mit ellenlangen Fahrten zur Arbeitsstätte und damit verbundenem Verlust von freier Zeit und Energie verbunden ist. Das Einkommensplus kann in dem Moment nur noch kompensierend wirken, nicht aber wirklich zufrieden stellend. Insofern finde ich es nach wie vor die idealste Lösung, wenn man sich in der Nähe des Wohnorts betätigen kann. Ich hoffe jedenfalls sehr, dass mir das erneut gelingen wird, die abendlichen Spaziergänge, die handwerkliche Arbeit während der wärmeren Monate und die Zeit für familiäre Kommunikation möchte ich nicht missen. Ohne diese Zeit wäre auch dieses Baumtagebuch kaum vorstellbar, denn ohne freie Ressourcen an Beobachtungs- und Erfahrungszeit kommen die Bäume zu kurz. Und sie haben zweifellos verdient, dass man sich ihnen zuwendet, sie ernst nimmt, als eigenständige, höchst individuelle und unglaublich souveräne Lebewesen, die eine gewinnbringende Lebensgemeinschaft mit uns einzugehen jederzeit in der Lage sind.

Nivellierung

Die Landschaft zeigt sich derzeit in einem trostlosen Zustand. Beim abendlichen Spaziergang an der Saar waren die kahlen Silberweidensträucher am Flussrand, welche eine leichte Neigung zur Flussmitte hin zeigen, mit Treibholz und sonstigem Schwemmgut zugesetzt, was dem ganzen ein sehr unordentliches Bild verleiht. Ähnlich sieht es aus, wenn nach einer längeren Schneephase selbiger abtaut und platt gedrückte, schlammige Wiesen, pfützendurchsetzte Sandwege und nass-schmutzige Straßen hinterlässt, nur dass in diesem Winter noch kein wirklicher Schnee in unserer Region gesichtet wurde. Einen so eigenartigen Winter habe ich eigentlich noch nie erlebt, der es in keiner Weise vermag, jahreszeitliche Empfindungen irgendeiner Art zu evozieren. Man ist einfach nur sprachlos, weiß nicht, was man davon halten soll und befürchtet eine schleichende, aber zunehmende Nivellierung der jahreszeitlichen Differenzen im Allgemeinen. Das verweist auf nichts anderes als ein langsames Verschwinden der Jahreszeiten und damit der Spannung, welche ich gerade für unsere Breiten immer als so charakteristisch und kreativitätsfördernd angesehen habe. Wir werden lernen müssen, mit der Annäherung an subtropisches Klima umzugehen, und vor allem unsere Traditionen und jahreszeitlichen Rituale nichtsdestotrotz zu erinnern.

Persönliches Baumtagebuch von Bernhard Lux: Täglich begegne ich den Bäumen auf vielfältigen Wegen. An ihrem jeweiligen Standort in der Natur, in der Lektüre von Baum- und anderer Literatur, in der alltäglichen Reflexion, der handwerklichen Arbeit und im Gespräch mit der Familie oder Freunden und Kollegen. Es ist mir ein Bedürfnis, diese themenbezogenen Beobachtungen, Interaktionen und Kommunikationen in Form des Baumtagebuchs zu dokumentieren. Seit dem 20. November 2004 habe ich keinen einzigen Tag ausgelassen – ein Zeichen dafür, dass das Baumthema und der Baum als Archetypus tatsächlich im Alltagsleben verankert ist und vielfältige inhaltliche Assoziationen ermöglicht. So mag dieses Baumtagebuch jeden seiner Leser/innen auf die Spur einer je eigenen Beziehung zu den Bäumen führen.