Zu spät für Winter

Nun ist Weihnachten schon einen Monat vorüber, und erst jetzt kommt der Winter. Oder zumindest Ansätze desselben, denn in unserer Ecke der Republik ist Schnee noch nicht in Sicht gewesen. Dafür aber Frost und Temperaturen, die an Winter erinnern, wenn sie auch kaum unter den Gefrierpunkt sinken. Wenn’s nach mir ginge, könnte das jetzt noch 1-2 Wochen andauern und dann nahtlos in einen vorgezogenen und dann möglichst ausgedehnten Frühling übergehen. Es wäre ein Ausgleich zum elend langen Winter des Vorjahres, an den ich mit Schrecken zurück denke. Gut wäre das auch für die Blumen und die Bäume, die schon glaubten, nicht mehr an Temperaturstürze denken zu müssen und nun wohl kalt überrascht wurden. Zuviel Differenz könnte ihnen sicherlich schaden, vor allem den empfindlicheren Sorten, wie unserem Feigenbaum, oder dem neue gepflanzten Maulbeerbaum, in den ich so große Hoffnungen setze. Also, lieber Winter: Sei uns einmal gnädig und verabschiede dich schnell wieder. Ich jedenfalls brauche keinen Schnee. Der hätte viel früher fallen müssen, um noch ins Bild zu passen. Und wenn es schon keine richtigen Jahreszeiten mehr gibt, dann mögen sich die vier Jahreszeiten gleichmäßig aufeinander zu bewegen.

Gehen und Bäume

A. hat mir heute bestätigt, dass die körperliche Aktivität in der Freizeit auch bei ihm im umgekehrten Verhältnis zur selben während der Arbeit steht. Sprich: man bewegt sich mehr, wenn man ansonsten während der Arbeit den ganzen Tag sitzt oder steht. Ist das nicht der Fall, wie im Urlaub, wird man auch sonst irgendwie unbeweglicher. Zumindest bei uns beiden ist das so. Eigentlich schade, denn gerade in diesen Freizeiten hätte man ja die Muße, die Bewegung mehr zu genießen. Sonst ist sie eher ein Ausgleich, hier könnte sie einen eigenen Stellenwert gewinnen, man könnte sich auf die Bewegung selbst wie auf einen Beobachtungsgegenstand beziehen. Immerhin gelingt mir dies phasenweise auch schon, wenn ich das Gehen selber beobachte und gleichzeitig genieße, und die Atmung, die anders wird bei längeren Spaziergängen oder Wanderungen. Das Gehen geht dann über in eine Art Meditation, eine Geh-Meditation, wie es Thich Nhat Hanh in seinem Buch ,,Das Glück einen Baum zu umarmen“ so schön beschreibt. Womit wir wieder bei den Bäumen wären, denn ihre Gesellschaft macht diese Form gehender Meditation besonders reizvoll. Sie sind als feststehende Lebensgenossen sehr gute Begleiter, sie folgen nicht nach, aber man selber folgt ihnen, oder begegnet ihnen auf vertrauten oder manchmal auch neuen Wegen. So ist das Gehen und die eigentümliche idealerweise dabei entstehende Ruhe für mich eng mit den Bäumen verbunden.

Die andere Art

Manchmal ist Arbeit auch so eine Art Therapie. Bei V. beobachte ich das immer schon. Und er sagte es heute ja auch ganz explizit, dass es nämlich mit seinen Beschwerden auf keinen Fall besser wird ohne die Bewegung. Und Bewegung bedeutet bei ihm eben immer Arbeit, sich zweckfrei zu bewegen, und sei es auch nur ein Spaziergang, ist ihm unmöglich. Natürlich, ich finde es selber auch von Zeit zu Zeit wohltuend, mich arbeitend im Freien zu bewegen. Insofern wäre es auch heute wahrscheinlich gut gewesen, ich hätte ihn begleitet, um die Hackschnitzel, Reste unserer geschnittenen Zypressenhecke, im Garten zu verteilen. Aber ich hatte anderes zu tun, und er kam natürlich wieder zu spät und zu müde nach Hause. Das sind solche Verhaltensroutinen, die wohl nicht nur mit körperlichen Zuständen zu tun haben. Die Einstellung zur Arbeit und zum Verhältnis von Arbeit und Freizeit, auch die Vorstellung, womit freie Zeit denn ausgefüllt werden kann, die geht doch sehr weit auseinander. Das ist ein Punkt, in dem ich mit ihm nie einer Meinung sein werde. Das macht es im Alltag recht schwierig. Gelöst werden kann solche Diskrepanz eigentlich nur mit Toleranz und Verständnis für die Eigenarten des anderen. Die andere Art zu leben täglich beobachten zu können, kann zumindest helfen, Scheuklappensicht zu vermeiden.

Wort- vs. Programmiersprache

Ich hätte niemals gedacht, dass ich mich einmal so weitgehend mit Webdesign, Programmiersprachen und all diesen technischen Details beschäftigen würde. Bis vor etwa 10 Jahren war das eigentlich gar kein Thema. Dann fing es an, mit Grafik- und Layoutprogrammen, deren Vorzüge zur Erweiterung der Gestaltungsspielräume ich erkennen konnte, später mit Webeditoren unterschiedlicher Art. Und jetzt auch noch mit dynamisch generierten Webprojekten, die zumindest grundlegende Programmierkenntnisse erfordern. Allerdings merke ich, dass ich sehr schnell an Grenzen stoße, immer dann ist mir bewusst, wie weit ich bezüglich meiner Ausbildung doch von der Denkart eines Informatikers entfernt bin. Der Umgang mit Wortsprache und präsentativen Formen, das ist wohl eher mein Ding. Das fällt mir leicht, und in gewissen Bereichen glaube ich auch so etwas wie Virtuosität entwickelt zu haben. Aber bei zu ausgefeilten und voraussetzungsreichen Programmieraufgaben muss ich dann doch passen. Da wünschte ich mir Unterstützung, gleichzeitig denkend, vielleicht schaffst du es ja doch noch selber. Diese Denkart hat schon einige Male tatsächlich zum Erfolg geführt. Nach solchen Versuchen ist dann die Lust am Formulieren wieder umso größer, und auch die Freude an der Arbeit mit Inhalten. Da erinnere ich mich: genau dieses hatte ich mir zum neuen Jahr vorgenommen. Es ist Zeit, es auch zu realisieren, mit neuen Texten über die Symbolik der Bäume, mit einer Ausgestaltung meines Tagebuchprojekts. Nur gut aussehen soll es eben auch noch. Na ja, dieses Dilemma wird mich wohl nie verlassen.

Bäume und Heimat

Es tut richtig gut, einmal wieder einen Sonnenstrahl zu genießen. Seit Tagen war uns das nicht mehr gegönnt. Wenn sich die Sonne dann zeigt, es äußert sich in einer Art von Helligkeit, die signalisiert, dass sie einige Zeit anhalten wird. Man weiß dann: Jetzt lohnt es sich, einen Spaziergang zu machen, man wird nicht plötzlich von einem Regenschauer oder ähnlichem überrascht. Es ist, als ob die Aura sich ausdehnt, nachdem sie einige Tage nah an den Körper gedrückt wurde. Dieses zeitweise Ausdehnen der Aura, dieses sich öffnen dem Ganzen des Lebensraums gegenüber, ist für mich enorm wichtig. Aus diesem Grunde habe ich auch schon zu Schulzeiten sämtliche Pause, auch wenn es nur 5 Minuten waren, genutzt, um eine Runde möglichst zügigen Schrittes zu gehen. Danach ist dann auch Konzentration wieder einfacher und funktioniert besser als ohne diese Zwischenphasen. Insofern war es mir nachvollziehbar, wenn Kollegen die Mittagspause tatsächlich im Büro verbrachten. Das wäre mein sicherer Tod gewesen. In den wenigen Fällen, in denen ich in den letzten Jahren dazu gezwungen war, etwa bei zu starkem Sturm, hat sich das jedes Mal sehr dämpfend auf meine Stimmung ausgewirkt. Nicht nur, aber auch weil mir in diesen Fällen die Begegnung mit meinen Bäumen verwehrt war. Ich glaube, das ist nicht zu unterschätzen. Auch wenn keine besonderen Beobachtungen anstehen und ich eher gedankenverloren vor mich hin gehe, die Nähe der Bäume behält immer ihre für mich aufbauende Wirkung. Und diese Wirkung ist wesentliches Element dessen, was ich ,,Heimat“ nennen könnte.

Vielseitiger Efeu

M. hat mich heute gebeten, die restlichen Efeufrüchte abzuschneiden, damit sie sie für ein winterliches Gesteck verwenden kann. Mir scheint, sie warteten noch auf den echten Winter, denn obschon ziemlich groß sind die Beeren noch nicht so richtig ausgereift, die tief-schwarz-blaue Färbung der Vorjahre haben sie nicht erreicht. Auf dem Treppensims macht sich dieses Arrangement sehr schön, und man sieht daran, wie vielseitig und ganzjährig präsent die Efeupflanze ist. Sie verbindet sich eben nicht allein mit der Weihnachtszeit, im Verbund mit Stechpalme, Buchs, Fichte und Tanne. Sie zeigt vielmehr auch in allen anderen Jahreszeiten ihre Reize, die in Form der kugeligen Fruchtstände freilich besonders deutlich ins Auge fallen. Bei der Gelegenheit habe ich die Grotte noch mal in Form geschnitten, der Efeu tendiert eben dazu, unregelmäßig zu wachsen, und so ist es hier und da notwendig einzugreifen. Nicht mehr eingreifen freilich konnte ich bei der Zypressenhecke. Die schiefe Optik ist jetzt nicht mehr zu ändern, obwohl ich vorab darauf hingewiesen hatte. Aber V. beharrt auf der seltsamen Ansicht, die Hecken müssten in ihrer Höhe dem Gefälle des Geländes folgen. Ich meine demgegenüber, dass unabhängig von diesem Gefälle das Auge den Horizont, eben in Form einer Horizontalen sucht. Dieses werden wir wohl erst in ca. einem halten oder dreiviertel Jahr erreichen, wenn nämlich die Spitzen nach oben herauswachsen und man dann das Manko wieder ausgleichen kann.

Der Wunsch nach Konstanz

Die Krokusse blühen schon um diese Zeit, Mitte Januar. So etwas hat man wohl zuvor noch nicht erlebt. Und überhaupt ist die Gesamtatmosphäre wie im Frühling. Trotz einiger Sturmtage und viel Regen. Verrückt geworden ist das Wetter, und da wundert es nicht, wenn die Wissenschaftler auf den Plan gerufen werden und einmal neu ihre Zukunftsprognosen bezüglich des Klimawandels erstellen, immer eine eindeutige Tendenz postulierend. Genau daran kann ich allerdings nicht glauben. Ich glaube eher an die Unregelmäßigkeit und Unvorhersagbarkeit. Daran, dass man sich auf fast nichts mehr verlassen kann. Dass die Dinge bevorzugt sich in einer nicht erwarteten Weise darstellen, um sich in kurzen Zeitintervallen unregelmäßig in nicht vorhersagbare Richtungen zu verändern. Das können wir in allen Bereichen, nicht nur dem Klima feststellen. Ebenso auch in der Wirtschaft, dem Einfluss der Kirchen und Religionen, den Wertvorstellungen der Jugendlichen, den gerade auf dem Arbeitsmarkt gefragten Qualifikationen, dem Verhältnis von individueller Entwicklung und sozialem Zusammenhalt. Man weiß schon nicht mehr, was man dazu sagen soll. Ob man diese Entwicklung überhaupt bewerten kann. Ob sie auf irgendetwas hinausläuft. Eins kann ich aber sagen: In solchen Zeiten wirken Konstanten sehr wohltuend, ist es erfrischend, sich zu vergegenwärtigen, dass es Dinge gibt, die sich nie im Wesentlichen verändern, es sei denn wir verändern unsere Einstellung und unser Verhalten ihnen gegenüber. Und da denke ich, natürlich, wieder an die Bäume, die vieles für mich bedeuten. Unter anderem aber etwas in sich Ruhendes, etwas zwar fest Verwurzeltes, aber dennoch in seiner Umweltabhängigkeit im Zeitlauf Anpassungsfähiges. Musterbeispiele für individuelle Lebewesen, die ihren je eigenen Weg gehen, wenn ich so sagen darf, und dennoch immer wissen, sie sind nicht allein. Da ist die eigene Art, zu der sie sich zugehörig fühlen, da sind die anderen mehr oder weniger verwandten Arten, und da sind andere Lebewesen, die sich in vielfältigster Weise mit ihnen in Beziehung setzen, wodurch eine sehr anregende Interaktion zwischen ganz unterschiedlichen Spezies entsteht.

Gefährlicher Sturm

Die Deutsche Bahn will Sonder-Dieselloks bereitstellen, um für Streckenblockaden gerüstet zu sein, die durch umstürzende Bäume entstehen könnten. Da scheint man ja wirklich mit einem gewaltigen Sturm zu rechnen, der vor allem die Küstenregionen im Norden betreffen wird. Mit unserer grundsätzlich geschützten Randlage im Südwesten werden wir wohl nur Ausläufer davon miterleben, aber, wie der Dauerregen dieser Tage andeutet, kann auch das recht unangenehm werden. Ich hoffe, dass keine Menschen und Tiere dabei zu Schaden kommen und dass auch die Bäume verschont bleiben, wäre es doch schade, wenn so ein langes Baumleben durch unmäßige Naturgewalten vorzeitig beendet würde. Die Untergangsstimmung im Außen nutze ich, um dem immer aktueller werdenden Thema des Content-basierten Webdesigns näher zu kommen. Ohne spezielle Programmierkenntnisse kommt man da nicht weit. Sicher werde ich die nicht wirklich erwerben, aber mein Ziel ist es, vorhandene Skripte und Code-Segmente so in meine Entwürfe einbauen und an diese anpassen zu können, dass ich die Vorteile datenbankgestützter Webarchitektur und dynamisch erzeugter Webseiten nutzen kann. Obwohl es für einen Nicht-Programmierer recht schwer nachzuvollziehen ist, beginne ich Gefallen daran zu finden, was daran liegt, dass ich zumindest das Grundsätzliche verstanden zu haben glaube. In die Details zu gehen und sie nutzbar zu machen, wird eine Herausforderung für die kommenden Wochen.

Für immer auf den Bäumen wohnen

Der ,,Baron auf den Bäumen“ ist ein erfrischend ungewöhnliches Buch. Nun liegt es schon seit vor Weihnachten hier bei mir, ohne dass ich dazu gekommen wäre es zu lesen. Schon nach wenigen Seiten wird die Geschichte eines Menschen entwickelt, der als Kind beschließt, zu den Bäumen in seiner häuslichen Umgebung emporzusteigen, sich lebenslang in ihnen zu bewegen, und niemals wieder den Boden zu berühren. Das ist so fantastisch, dass man sich sofort in eine surreale Abenteuer-Traumwelt à la E.T.A. Hoffmann entrückt fühlt. Wie sich die Geschichte weiterentwickelt, weiß ich noch nicht. Aber die ersten Seiten zeigen schon, wie ergiebig dieses Buch für jemanden sein muss, der sich für die Symbolik der Bäume begeistert. Denn es geht nicht nur um die Steineiche, die die Hauptfigur Cosimo als erste besteigt, um von ihr aus auf die vielen angrenzenden Bäume weiter zu klettern und sich so ein größeres Baum-Wohnungs-Areal zu erschließen. Auch weitere Themen, wie die Nutzung von Obst- und anderen südländischen Fruchtbäumen sowie damit zusammen hängende Subthemen, werden angesprochen und in eine abenteuerliche Geschichte eingewoben. Ich bin sehr gespannt auf das umfangreiche Werk und was ich aus ihm über die Bäume und unser Verhältnis zu ihnen noch lernen kann.

Inneres Gleichgewicht

Die Länge der Freizeit ist nicht unbedingt proportional zur Produktivität. Schon eher im umgekehrten Verhältnis, denn bei mehr Zeit tendiert man dazu, sich zu verzetteln oder verliert das Gespür für die Länge der einzelnen Aktivität. Das stelle ich zurzeit fest, denn irgendwie komme ich nicht voran. Da sind viele Dinge, die mir zu schaffen machen, aber es tauchen auch neue Möglichkeiten auf, deren Stellenwert ich nicht genau einschätzen kann. Eine Zeit der Unsicherheit, mit der ich versuche vernünftig umzugehen. Ich suche nach dem neuen Gleichgewicht, für das die regelmäßige Bewegung im Freien, bei handwerklicher Arbeit, bei Spaziergängen oder im Garten eine wichtige Rolle spielt. Der Kontakt mit den Bäumen, die auf unterschiedlichsten Wegen zustande kommt, ist dabei der rote Faden. Schade, dass in solch unübersichtlichen Zeiten auch dieser Kontakt problematisch ist, ich mich nicht wirklich auf ihn einlassen kann. Es ist wie beim künstlerischen Arbeiten: Man muss eigentlich schon vorgängig darauf eingestimmt sein, damit es überhaupt Sinn macht. Dieses Einstimmen ist derzeit eine meiner größten Herausforderungen, sie setzt ein inneres Gleichgewicht voraus.

Winterlicher Zypressenschnitt

Einen solch trüben Tag habe ich selten erlebt. Während der Wetterbericht für fast ganz Deutschland sonniges Winterwetter prognostiziert hat, war es bei uns dauer-neblig, den ganzen Tag über. Die Suppe ging gar nicht mehr weg, wirklich eigenartig. Während wir sehnsüchtig auf den ersten durchbrechenden Sonnenstrahl warteten, hat die Zypressenhecke hinterm Haus unsere ganze Aufmerksamkeit beansprucht, auch den ganzen Tag über, denn es galt, sie um ca. 1,50 m zu kürzen, um das Schneiden in den kommenden Jahren nicht zum Abenteuer werden zu lassen. Dabei hat sich herausgestellt, dass sie an einer Seite sehr tief ausgewachsen war. Dies und die Tatsachen, dass die Bäume schon stattliche Stammdicke erreicht haben, machte den parallelen Einsatz der Motorsäge und der Motor-Heckenschere notwendig. Einzelne Äste konnten auch von Hand mit der Astschere gekappt werden. Während V. schon am Vormittag 2/3 der Hecke geschnitten hatte, konnte ich ihm am Nachmittag immerhin noch beim Rest helfen. Später haben wir alles auf den Anhänger verfrachtet und zum Bienenhaus gefahren. Eine riesige Menge ist dabei zusammen gekommen. Das Häckseln, was notwendig wird, da die Grünschnittdeponie noch bis Mitte Februar geschlossen ist, wird einige Zeit in Anspruch nehmen. Das Gute an der Aktion: Unsere übrigen Gartenbäume werden künftig mehr Sonne erhalten, und das wird ihrem Wachstum förderlich sein. Ich denke dabei vor allem an den Feigenbaum und den Ginkgo. Außerdem ist der Hinterhausgarten insgesamt jetzt heller, nachdem diese irrsinnig hohe Zypressenwand auf ein erträgliches Maß zurück geschnitten ist. Ich schätze, das wird nicht die letzte Baumschnitt-Aktion dieses Winters gewesen sein. Auf dem A.-berg warten noch zahlreiche Obstbäume darauf, entweder gefällt oder zurück geschnitten zu werden. Auch hier wird eine Menge Schnittmaterial zu entsorgen sein, das allerdings vor Ort verbrannt wird. Letzteres gehört sicherlich zu den erfreulicheren Seiten des Ganzen, auf die anstrengende Arbeit zuvor würde ich gerne verzichten.

Paul Klee und das Baum-Motiv

Das lange Warten in der Schlange hat sich durchaus gelohnt. Angesichts des Tages der offenen Tür und dem damit verbundenen freien Eintritt am letzten Tag der Paul Klee Ausstellung war allerdings ein größerer Andrang auch wahrscheinlich. Nur war ich schon länger nicht mehr in diesem Museum, so dass ich es nicht wirklich erwartet hatte. Wie auch immer, nach ca. einer Stunde konnte ich dann den Ausstellungsraum endlich betreten, in den immer nur so viele eingelassen wurden wie ihn gerade verließen. Eine umfangreiche Ausstellung mit Werken, die das architektonische Motiv im Werk Paul Klees im Mittelpunkt haben. Mit Exponaten aus der ganzen Welt, muss ein ziemlicher Aufwand gewesen sein, all dies zusammen zu tragen. Über den auf mich fast zeitgenössisch wirkenden Zeichenstil Klees war ich einigermaßen überrascht. Bei Arbeiten, die zwischen 1880 und den dreißiger Jahren des Neunzehnten Jahrhunderts entstanden sind, hätte ich das so nicht vorausgesehen. Der Künstler war offensichtlich seiner Zeit weit voraus, was wohl auch seine Bekanntheit und Größe ausmacht. Besonders charmant in vielen der Zeichnungen, Aquarelle, Ölbilder und Mischtechniken fand ich, wie sollte es anders sein, das Auftauchen des Baummotivs. Wie viele andere Elemente in diesen Bildern ist auch der Baum in kindlicher Weise stilisiert. Die Nadelbäume in der Regel mit einer Vertikalen zur Andeutung des Stamms und davon symmetrisch ausgehenden nach unten weisenden Ast-Linien, die Laubbäume häufig mit nach oben gebogenen, gekrümmten Ast-Andeutungen. Und das inmitten von architektonischen Formen. Bei einigen Bildern ist die Durchdringung von Architektur und von Bäumen markierter Landschaft gar das Hauptmotiv und bestimmt die Komposition. Man fühlt sich tatsächlich an eigene Kinderzeichnungen erinnert, in denen bei der Darstellung eines Hauses der nebenstehende Baum einfach nicht fehlen darf. Sehr erfrischend solche Reminiszenzen in der künstlerischen Überformung eines erwachsenen Künstlers wieder zu finden. Und aufschlussreich zudem, denn es zeigt einmal mehr, wie zentral der Baum in der Wahrnehmung und im Empfinden schon sehr junger Menschen ist, und wie fest dieser Archetyp in Folge dessen im Bewusstsein der Erwachsenen verankert ist.

Wieder aufwachen

Nun ist mit dem Adventskranz auch der letzte Rest Weihnachten zumindest aus dem Haus verbannt. Und das ist auch ganz gut so, denn die Weihnachtsstimmung ist endgültig verflogen und würde auch beim besten Willen bei diesen Frühlingstemperaturen nicht mehr aufkommen. Auf der Straße, in den Geschäften und bei öffentlichen Anlagen verhält es sich teilweise noch anders. Gestern habe ich beobachtet, wie ein Straßenweihnachtsbaum von städtischen Mitarbeitern auf einen LKW geladen und abtransportiert wurde. Vielerorts sind noch die Weihnachts-Stern-Beleuchtungen an den Geschäftsfassaden zu sehen und werden wohl aus Bequemlichkeit bei vielen so schnell nicht entfernt werden. Ich weiß nicht, wie es anderen da geht, aber ich habe den traurigen Eindruck, dass der Aufbruch, der dem Tag der längsten Dunkelheit eigentlich auch in den Köpfen der Menschen folgen sollte, nicht einmal ansatzweise begonnen hat. Da macht sich eine merkwürdige Diskrepanz breit zwischen den vollmundigen Ankündigungen der Politik und den mit ihr zunehmend verbandelten Medien und den tatsächlichen Lebensbedingungen, der Motivation und Zuversicht der Menschen, die sich wie in einem luftleeren Raum bewegen und dabei keine Richtung, keine Marken, kein wirkliches Ziel mehr erkennen können. Der von Roman Herzog vor Jahren so plastisch beschworene ,,Ruck“ durch Deutschland scheint mir ferner denn je. Zunächst müsste einmal ein Aufwachen kommen, bevor sich sonstiges bewegen kann.

Zwecklos!?

Zwischendurch einmal Texte jüngerer zeitgenössischer Schriftsteller zu lesen, finde ich sehr wohltuend. Das Buch ,,Schneehase“ von Anja Frisch, Jahrgang 1976, finde ich ganz beeindruckend. Mit einer klaren, unprätentiösen, immer leicht ironischen Sprache. Texte, die einer genauen Beobachtung entspringen und von einer umfangreichen, wenn auch nicht allein auf Lebenszeit zurück zu führenden Lebenserfahrung zeugen. Wirkliche Sprach-Kunst, die einen sehr authentischen Weltzugang spiegelt. Und damit sicher vielen Menschen etwas zu sagen hat, die sich selber darin wieder finden. Im Persönlichen, individuell Erlebten das Allgemeine und Allgemeingültige zum Ausdruck zu bringen, ist eine große Herausforderung, aber die Voraussetzung von Wirkung und Resonanz im künstlerischen Bereich. Mir selber ist das schon einige Male gelungen mit meinen bildhauerischen Arbeiten, meiner ganz eigenen Beschäftigung mit Bäumen im Medium ihres Baustoffs. Ich weiß von vielen Reaktionen, dass diese Kommunikationsangebote bzw. Ausstellungen als überzeugend wahrgenommen wurden und an Wesentlichem mehr angestoßen haben als das meiste, was ich bisher erwerbsmäßig bewegt habe. Vielleicht auf Grund dieser Erkenntnis kann und will ich es nicht lassen, in den ,,zwecklosen“ Offerten große Chancen zu verfolgen, mehr zu bewirken als bloß sein regelmäßiges Einkommen zu erzielen. Das kann nicht alles sein, die Horizonterweiterung ist dringend notwendig. Und ein besseres Thema als die Bäume, anhand derer ich dies eng führen und in verschiedensten Formen umsetzen kann, ist mir kaum vorstellbar.

Persönliches Baumtagebuch von Bernhard Lux: Täglich begegne ich den Bäumen auf vielfältigen Wegen. An ihrem jeweiligen Standort in der Natur, in der Lektüre von Baum- und anderer Literatur, in der alltäglichen Reflexion, der handwerklichen Arbeit und im Gespräch mit der Familie oder Freunden und Kollegen. Es ist mir ein Bedürfnis, diese themenbezogenen Beobachtungen, Interaktionen und Kommunikationen in Form des Baumtagebuchs zu dokumentieren. Seit dem 20. November 2004 habe ich keinen einzigen Tag ausgelassen – ein Zeichen dafür, dass das Baumthema und der Baum als Archetypus tatsächlich im Alltagsleben verankert ist und vielfältige inhaltliche Assoziationen ermöglicht. So mag dieses Baumtagebuch jeden seiner Leser/innen auf die Spur einer je eigenen Beziehung zu den Bäumen führen.