Die gleichberechtigte Partnerschaft

Die beiden Mutter-und-Kind-Birken auf dem Weg nach W., zwischen denen ich heute wieder vorbei gefahren bin, da sie sich auf den zwei Seiten der Straße etwas versetzt gegenüberstehen, begeistern mich immer wieder. Den Spitznamen habe ich nicht umsonst gewählt, erinnern sie mich doch tatsächlich an menschenhafte Wesen, die in einer augenscheinlich engen Beziehung zueinander stehen. So als ob sie tatsächlich im biologischen Sinne voneinander abstammen würden, zumal die eine etwas kleiner ist als die andere. Sehr wahrscheinlich ist das zwar nicht, aber die Deutung kommt eben der menschlichen Tendenz sehr entgegen, sich in irgendetwas zu spiegeln, um sich selber auf diesem Umweg besser verstehen zu können. Die Bäume sind da immer willkommene ,,Opfer“. Ich denke aber, dass sie diese Rolle gerne spielen, dass diese Leistung neben den Gründen, die sich aus ihrem biologischen Dasein und ihrem Beitrag zur Ermöglichung und Stabilisierung des Weltklimas ergeben, der eigentliche Grund ihres Daseins auf dieser Erde ist. Sie sind Partner der Menschen. In diesem Sinne eine gleichberechtigte Partnerschaft zu pflegen ist eine Kunst. Und wir sollten es zugleich als Herausforderung begreifen.

Jahreszeiten und kulturelle Muster

Der Frühling ist wohl nicht mehr aufzuhalten, immer mehr Bäume treiben ihre Knospen, zwar noch vorsichtig, aber doch erkennbar nach außen. Damit werden sie auch gleichzeitig wieder sichtbarer, etwas was mir den Winter ein wenig verleidet. Denn in dieser Jahreszeit scheinen die Bäume weniger präsent. Ihr nacktes Gerüst ist zwar deutlicher erkennbar denn je, aber irgendwie verbindet sich dieses archetypische Bild des Baumes immer auch mit Anzeichen des Lebendigen und des Wachstums, geknüpft an das Vorhandensein von Blättern, Blüten und Früchten. Deshalb sind Frühjahr, Sommer und Herbst für mich die spannenderen Zeiten, Zeiten, in denen sich ,,etwas tut“. An keinem anderen Lebewesen kann man das so schön ablesen und verfolgen wie an den Bäumen. Eigentlich ist das, was wir Jahreszeit nennen, überhaupt an die Existenz und den Wachstumszyklus der Bäume geknüpft. Ich bin ganz sicher, dass dieses zyklische Baum-Jahreszeiten-Mensch-System ganz wesentlich unser Denken und Wahrnehmen bestimmt. Und wenn ich wie im heutigen Unterricht vom unterschiedlichen Freizeitverhalten der Briten höre, die sich auch nach der Arbeit gerne stundenlang in Pubs oder Restaurants aufhalten, um dort wieder hauptsächlich über die Arbeit oder Belangloses zu reden, so ist solch ein Unterschied im kulturellen Verhaltensmuster (im Vergleich zu den Deutschen) vielleicht auch auf das heute eher spärliche Vorhandensein von Bäumen auf der Insel zu erklären. Zugegeben eine gewagte These. Aber ist es in einem Land, dessen Einwohner den Wechsel der Jahreszeiten so intensiv erleben können wie im reich bewaldeten Deutschland, denkbar, dass diese an nichts anderes denken als an die Erwerbsarbeit? Die Präsenz der Bäume zwingt eigentlich dazu, den Horizont weiter zu stecken. So verwundert es mich nicht, dass diese Seite vor allem von Menschen aus Deutschland, der Schweiz und Österreich gelesen wird. Das liegt nicht nur an der Sprache, es ist auch eine Frage des Vertraut-Seins mit den Bäumen und ihrem symbolischen Stellenwert.

Wellblechbäume

Dieses Ineinandergreifen geometrisch-architektonischer Formen und lebendig gewachsener Landschaftselemente finde ich total spannend. Natürlich habe ich auch hier wieder die Bäume im Blick und ich denke, bald eine neue Motivserie zum Thema ,,Baum und Mensch“ vorstellen zu können. An diesen Motiven sammle ich schon eine geraume Zeit, denn sie begegnen mir zufällig und ganz und gar nicht geplant. Dieses entstand durch die Begegnung eines Wellblechschuppens, dessen landwirtschaftliche Funktion mir nicht ganz klar ist, mit davor stehenden Bäumen, die natürlich ihre Schatten werfen, was ganz wunderbare Kontraste zwischen geraden und ungeordneten Linien ergibt:

Wellblechbaum

Wellblechbaum

Da könnte man fast meinen, der Schuppen sei eigens für diesen Baum gestaltet worden, so gut ergänzen sie sich.

Lebensäußerung und Hintergrund

Ich würde sagen, das war der erste wirkliche Frühlingstag, mit diesem besonderen Licht und einer Art von Wärme, die sich deutlich von der Wärme des Wintersonnenlichts unterscheidet. Da lebt man automatisch auf, sobald man vor die Tür tritt. Gegenwärtig läuft so vieles parallel, das ich versuche unter einen Hut zu bringen, die bevorstehende räumliche Veränderung, das schulartige Lernen, das ich schon so lange nicht mehr gewöhnt war, die Veränderungen in der Qualität der Kommunikationen und in den Alltagsthemen, die sich zu verschieben scheinen. Aber gleichgültig, wie viel sich verändert im Laufe der Zeit, ich weiß, dass es Konstanten gibt, die die manchmal verworrenen Fäden wieder zusammen laufen lassen, zumindest für mich persönlich. Zu diesen Konstanten gehört zweifellos die Familie, aber eben auch die themenzentrierte Kommunikation zur Ästhetik und Symbolik der Bäume. Ich beobachte immer wieder an mir selber, dass ich mir in neuen Umgebungen unwillkürlich diese Anknüpfungspunkte suche, die mir helfen den Kontakt zum für mich Elementaren nicht zu verlieren. Diese Konstanten bieten mir immer einen sicheren Hintergrund, eine Basis für ganz unterschiedliche Lebensäußerungen. Ohne sie kämen mir diese Äußerungen künstlich, aufgesetzt und nicht wirklich zu mir gehörend vor. Einer der Vorzüge eines archetypischen Symbols ist ja auch, dass man es überall vorfinden kann, wenn man achtsam genug ist. Und so ist es kaum möglich, den Bäumen nicht zu begegnen. Da sie nicht nur für sich im Wald, sondern dort wie in Wohnungsnähe immer im Kontakt mit den Menschen stehen, ist uns die stumme Interaktion selbstverständlich. Sie beobachtbar zu machen und ihre unzähligen Facetten kontinuierlich aufzufalten, das ist der Sinn und Zweck dieses Tagebuchs wie des Wunschbaumprojekts als ganzem.

Zwischen Verfall und Stärke

Der Tag wurde als Durchbruch in Sachen Frühling angekündigt, leider aber waren die sonnigen und wärmenden Phasen durch empfindliche kühle Abschnitte durchmischt, so dass man so richtig an Frühling noch nicht denken mochte. Die Landschaft ist immer noch merkwürdig winterstarr, abgesehen vom Schlehdorn scheint kaum ein Strauch oder Baum gegenwärtig die Tendenz zu verspüren zu blühen. So war auch der Gang entlang der Saar wenig eindrucksstark, wenn auch ruhig und entspannend. Die wenigen Motive zeugten von Verfall einerseits und Stärke andererseits. Ich habe diese beiden Bilder ausgewählt, weil sie diesen Gegensatz sehr schön illustrieren, der vielleicht auch symptomatisch ist für die jahreszeitliche Übergangszeit. Dieser schon in Auflösung befindliche Stamm wird mehr und mehr vom Efeu beherrscht, der hier einen für ihn passenden Lebensraum gefunden hat:

Efeu-Totholz

Und dieser starke moosüberwachsene Wurzelstock, der hier so raumgreifend zur Oberfläche vordringt, war mir schon einmal Thema, diesmal aber von einer etwas anderen Perspektive und mit Spiegelreflexoptik:

Wurzelanker

Bäume und großstädtische Impression

Wenn man sich darauf einlässt, kann man tatsächlich jeder Umgebung etwas abgewinnen. Natürlich werde ich mich den größten Teil des Tages im Innenstadtbereich von Ffm aufhalten, was zumindest die Mittagspausen sicher wenig attraktiv gestalten wird. Aber wenn es mit der Wohnung klappt, habe ich zweimal am Tag die Gelegenheit einen Forst zu durchfahren, der von der Straßenbahnlinie durchschnitten ist. Der Stadtteil ist nämlich vom Zentrum durch eben dieses Waldgebiet getrennt, in dem derzeit die Spuren intensiver Wald- und Baumfällarbeiten zu erkennen sind. Da gibt es viel zu beobachten, und als Zwischenphase zwischen der städtischen Arbeits- und Wohnwelt stelle ich mir das sehr erfrischend vor. Hoffentlich wird dieser Eindruck auch noch einige Wochen später bestehen. Im Zentrum selber sind mir bei der heutigen kurzen Stippvisite eigentlich nur die meist blühenden Magnolienbäume aufgefallen. Die scheinen dort recht beliebt zu sein, denn man konnte sie an jeder Ecke erblicken, was aufgrund des Charmes der sich öffnenden rosa-rot-weißen Blüten einfach unvermeidlich ist. Sehr früh übrigens in diesem Jahr, was den sich ankündigenden für die Jahreszeit zu hohen Temperaturen zu verdanken ist. Ich hoffe, einige gute Aufnahmen mit der neuen Kamera machen zu können. So sind es wieder einmal die Bäume, die mich mit einer eher ungeliebten Veränderung versöhnen mögen.

Der Wunschbaum wächst

Merkwürdig, wie sich manchmal die Wünsche häufen. Gegenwärtig ist wieder so eine Phase, in der sich viele Menschen innerhalb kurzer Zeit dem Wunschbaum anvertrauen, indem sie ihre Wünsche im virtuellen Raum platzieren. Zu anderen Zeiten tröpfeln selbige nur sehr sporadisch. Die Inhalte wiederholen sich eigentlich immer wieder, was mir zeigt, dass die Menschen in unterschiedlichen Teilen Deutschlands, in Österreich und der Schweiz, nicht so unterschiedlich sein können. Gerade in der Formulierung privater Wünsche offenbaren sich die Gemeinsamkeiten. Ich bin sehr froh, dass sich der virtuelle Wunschbaum zu einer Art Forum des Wünschens entwickelt hat, der sehr gut und wie selbstverständlich in Anspruch genommen wird. Und nun bewege ich mich ja schon in Richtung des 500. Wunsches. Ich könnte mir sehr gut vorstellen, den 1.000 Wunsch, so er denn irgendwann im Laufe der nächsten Jahre eingegangen sein wird, zum Anlass eines künstlerischen Resümees zu nehmen. Dabei denke ich daran, die Illustrationsgrafiken in einem Riesenbild zusammen zu fassen und parallel eine Computerpräsentation zu zeigen, mit Hilfe derer man durch einen Klick auf die einzelnen Grafiken zum Inhalt des jeweiligen Wunsches gelangt. Sicher werden sich potentielle Besucher dieser Präsentation in vielen der Äußerungen wieder finden können. Bis dahin wünsche ich mir noch viele ehrliche Wünsche und ein größer und stärker Werden des Wunschbaums.

Hoffnungsvolle Nachfolge

V. hat mir erzählt, dass der Kirschpflaumenbaum, dessen frische Blüten ich kürzlich noch fotografieren wollte, wozu ich nicht mehr kam, zwischenzeitlich vollständig umgesägt wurde. Er stand in einer Reihe mit einer hoch gewachsenen Hecke, die ein verwunschen wirkendes altes Anwesen umgab und vor neugierigen Blicken schützte. Im Spätsommer letzten Jahres habe ich mir diesen Baum sehr genau angesehen, um seine pastellfarbenen Früchte zu fotografieren. Bei der Gelegenheit habe ich auch einen Blick auf dieses Haus geworfen, und auf den umgebenden parkartigen, wenn auch ziemlich ungepflegten Garten, in dem so viele alte Bäume standen. Damals war ich richtig neidisch und dachte mir, so eine versteckte Lage muss ihren Grund haben. Sicher schätzten die Bewohner diesen Schutz durch die Hecke, hinter der niemand wirklich ein Haus vermutet hätte, so verlassen wirkte dieser Garten von außen. Nun wurde nicht nur der einzelne Baum entfernt, sondern gleich die ganze Hecke. Erschreckend, finde ich, denn dadurch ist mal wieder so eine zauberhafte Ecke verschwunden, und ich werde nie mehr diese schönen Früchte und Blüten sehen. Immerhin, der Anblick dieses recht seltenen Baums war uns im vergangenen Jahr Anlass, einen kleinen Baum dieser Art zu kaufen, den V. bei seinem Bienenhaus eingepflanzt hat, unweit meines Maulbeerbaums. Dieser mag nun die Nachfolge seines Vorbilds antreten. Bleibt abzuwarten, ob er gedeiht und es V. gelingt, aus dem als Halbstamm gezogenen Exemplar einen Hochstamm zu machen. Besonders gespannt bin ich darauf, die ersten Blüten und Früchte zu erblicken. Aber das wird noch ein paar Jahre dauern.

Frühlingsanfang

Schön dieser Wunsch einer Magnolienflüsterin, die ihren Baum gerne im Garten besucht. Das kommt meiner eigenen Einstellung und meiner eigenen Art, den Bäumen zu begegnen, recht nahe. Tatsächlich habe ich in den letzten Tagen öfter an die Magnolien gedacht, die je nach Spezies teilweise schon im März blühen, in der Regel aber doch später, wenn der Frühling schon so richtig angelaufen ist. In den Nachrichten, die das zurzeit extrem wechselhafte Wetter hervorgehoben haben, habe ich gestern das Bild eines schneebedeckten und in voller Blüte stehenden Magnolienbaums gesehen, an dem die Blütenstände regelrecht eingefroren waren, was dem ganzen ein unwirkliches Aussehen verlieh, denn ich denke, jeder verbindet diese Blüte mit dem Frühling. Jedenfalls kenne ich keine Baumblüte, die so schön an eine Jahreszeit erinnert und in diese Jahreszeit passt, die das Wiedererwachen der Wachstumskräfte feiert. Und vielleicht bringt das Wochenende ja tatsächlich den Durchbruch zum endgültigen Ende des Winters.

Nullpunktkommunikationen

Wieder ein recht hektischer Tag, der völlig frei war von Beobachtungen im Freien. Tatsächlich komme ich derzeit nicht dazu, zu viele Kleinigkeiten müssen geregelt und aneinander vorbei organisiert werden. Auch die Kollegengespräche drehen sich schon ständig um dieses Thema. Ich bin froh, wenn diese Phase vorbei ist und ich mir wieder regelmäßige Freiräume für die Beschäftigung mit kreativen Arbeiten einräumen kann. Das ist wichtig, damit der Faden nicht abreißt, damit ich diverse Fäden weiterspinnen oder wieder aufnehmen kann. Damit die kontinuierliche Reflexion über die Symbolik der Bäume sich entwickeln kann und hoffentlich immer wieder neue Erkenntnisse und Einsichten bringt. Es sind nicht nur die verschiedenen Webvorstellungen, auch auf der Ebene direkter Kommunikation, als Generalthema im Alltagsgespräch, das Gemeinsamkeiten zwischen ganz unterschiedlichen Menschen herzustellen vermag, spielen die Bäume für mich eine zentrale Rolle. Immer wieder erstaunlich finde ich es, wie man die Dinge auf den Nullpunkt zurück führen kann, wie man über die Bäume zum Kern des Menschseins zurück finden kann. Dies gelingt aber nur dann, wenn das Klima hierfür geeignet ist und es gelingt, die Kommunikation in entspannter Atmosphäre zu steuern. Wie immer ist die Situation und das räumliche Umfeld für den Erfolg solcher Initiativen enorm wichtig. Ich versuche, mein Gespür hierfür noch weiter zu verfeinern.

Transatlantischer Dialog

Am Nachmittag habe ich noch das Lesezeichen ,,Eberesche“ für C. ausgedruckt und ausgeschnitten. Neben den Pflegehinweisen und der Grafik zum Keltischen Baumkreis hat dies zur Ergänzung des Lebensbaumarmbandes noch gefehlt. So hoffe ich, dass M. den Brief morgen zum Versand vorbereiten kann, damit er auch noch rechtzeitig vor dem Geburtstag in den U S A ankommt. Wir haben bei früheren Feiertagsgrüßen gesehen, dass das ewig lang dauern kann, nicht zu vergleichen mit der Beförderung innerhalb Europas. Besonders gespannt bin ich darauf, wie C. das Geschenk auffasst und was sie dazu sagt. Wie ich höre, hat sie einen Bildband über die Redwoods an der kalifornischen Westküste für mich besorgt, den sie mir wohl irgendwann schenken will. Ich finde das erstaunlich, wie sehr sie sich für uns interessiert und wie großen Anteil sie vor allem an jedem einzelnen von uns, insbesondere an Judith, M., V. und mir nimmt. Gemessen daran, dass sie lediglich eine Nacht und ein anschließendes Frühstück bei uns verbracht hat, erscheint mir das fast unwahrscheinlich. Offenbar hat sie bei ihren eigenen Verwandten etwas vermisst, was sie in diesem kurzen Besuch bei uns wieder finden konnte. Es ist in jedem Fall erfrischend, wie sich über so große Entfernungen hinweg Verbindungen erhalten können. Ich hoffe, dass der Dialog noch länger andauern wird.

Unachtsam

Jedes Mal, wenn ich an diesem Gartengrundstück vorbei komme, erschrecke ich. Seit schätzungsweise zwei Monaten liegen sämtliche Bäume und Sträucher des Gartens – mit einer Ausnahme – umgestürzt kreuz und quer übereinander. Seitdem hat der Besitzer, bei dem ich mich frage, was er sich wohl dabei gedacht hat, einen solchen Kahlschlag durchzuführen, keinen Finger mehr daran gerührt. Ein Bild der Verwüstung, das mich bestürzt, zeigt es doch, dass diesem Menschen offenbar gar nichts an seinen baumhaften Mitlebewesen liegt. So etwas wäre mir unvorstellbar, viel zu groß ist mein Respekt vor den Bäumen, ob sie nun im Wald stehen oder in unmittelbarer Nähe zu menschlichen Häusern leben. Selbst ein Kahlschlag im Forst offenbart größere Achtsamkeit, denn bei ihm waren professionelle Holzfäller am Werke, Menschen, die sich der Arbeit im Wald und an den Bäumen von Berufs wegen verschrieben haben. Hoffentlich kommt ihm bald ein Einsehen und mit dem Beginn des Frühlings erkennt auch er, dass der Beginn einer neuen Wachstumsperiode mit diesem Zeugnis einer Art Überforderung und Gedankenlosigkeit nicht vereinbar ist. Damit ich auch den letzten Teil meines Dorfrundwegs künftig wieder genießen kann.

Lückenhafte Aussichten

Heute ist so ein Tag, da mag man keinen Hund vor die Tür jagen. Und tatsächlich ist ja für die Nacht von Sonntag auf Montag der große Temperatureinbruch vorhergesagt, dessen Vorboten in Form dieses nieseligen und ungemütlichen Regens erkennbar sind. Bei diesen Aussichten und angesichts der kommenden ziemlich hektischen Monate weiß ich nicht, wann ich noch mal eine längere Wanderung unternehmen kann. Da wird der Nachschub in Sachen Baum-Fotografien wohl langsam ausgehen. Und auch das Tagebuch wird wohl eine längere Lücke erhalten, erstmals seit seinem Bestehen, denn seitdem habe ich tatsächlich keinen einzigen Tag ausgelassen. Irgendwann musste das einmal kommen, hoffentlich mit positiven Effekten auf die Wiederaufnahme in einigen Monaten. Denn diese Texte leben natürlich von der Erfahrung, und wer will schon wissen, ob eine fremde städtische Umgebung nicht auch Auswirkungen auf meine Wahrnehmung der Bäume hat. Natürlich könnte ich versuchen, wenigstens die Wochenenden mit Baum-Inhalten zu füllen. Mal sehen, wie sich das am besten einrichten lässt, damit der Faden nicht abreißt.

Attribut-Bäume

Ein weiteres Gedicht von Songül widmet sich diesmal dem ,,Kraftbaum“. Ich finde es immer wieder spannend und auch überraschend, wie viele Facetten die Beziehung zwischen Menschen und Bäumen aufweist. Bei Songül ist sie meistens durch eine Art Trostverhältnis geprägt, will heißen, dass die Erzählerin, sich in einer schwierigen Lebenslage befindend, Trost wünschend die Nähe eines Baums aufsucht, der dann durch die Art der Begegnung und das konkrete Motiv zu einem Attribut-Baum wird, einem Baum, der menschliche Bedürfnisse und Lebenslagen spiegelt und gleichzeitig als virtueller Raum wirkt, den die Erzählerin zur Problemlösung aufsucht. Wenn ich dazu komme, werde ich ganz sicher einmal die Vielschichtigkeit dieser Gedichte auffalten, um auch auf diesem Wege der Lebensbaumsymbolik ein gutes Stück näher zu kommen.

Persönliches Baumtagebuch von Bernhard Lux: Täglich begegne ich den Bäumen auf vielfältigen Wegen. An ihrem jeweiligen Standort in der Natur, in der Lektüre von Baum- und anderer Literatur, in der alltäglichen Reflexion, der handwerklichen Arbeit und im Gespräch mit der Familie oder Freunden und Kollegen. Es ist mir ein Bedürfnis, diese themenbezogenen Beobachtungen, Interaktionen und Kommunikationen in Form des Baumtagebuchs zu dokumentieren. Seit dem 20. November 2004 habe ich keinen einzigen Tag ausgelassen – ein Zeichen dafür, dass das Baumthema und der Baum als Archetypus tatsächlich im Alltagsleben verankert ist und vielfältige inhaltliche Assoziationen ermöglicht. So mag dieses Baumtagebuch jeden seiner Leser/innen auf die Spur einer je eigenen Beziehung zu den Bäumen führen.