Waldfahrten

Der Stadtwald wirkt jetzt, nachdem die anhaltende Sonne das Laub hat kräftig sprießen lassen, vollkommen verändert. Bei meiner Ankunft hier vor 4 Wochen war er noch Winterwald, licht und kahl, seine jetzige Erscheinung nicht ahnen lassend. Nun wirkt er geradezu undurchdringlich, dicht und einladend. Für mich ist dieses Hindurchfahren mit der Straßenbahn tatsächlich das angenehmste Erlebnis des ganzen Tages. Auf das meiste andere könnte ich gut verzichten.

Wohnungsnahe Entspannung

Nun habe ich in einer anderen Ecke des Viertels noch einen weiteren Grünstreifen entdeckt. Ich muss es so nennen, denn so etwas wie Parks scheint es hier nicht zu geben. Dass zwischen diesen Wohnblöcken, die einer Unzahl von Menschen Platz bieten müssen, solche kleinen Oasen mit Hecken, Bäumen, Spielplätzen, Sandwegen und Rasenflächen eingerichtet sind, hat etwas Rührendes, ist aber originär wohl Ausfluss eines schlechten Gewissens der Stadtplaner, die erkannt haben, oder denen von Soziologen gesagt wurde, dass Menschen auch etwas für die Seele brauchen, sowie Orte der Begegnung und Entspannung in ihrer unmittelbaren Wohnumgebung. In diesem Streifen, direkt gegenüber einem Hochhaus-Hotel der scheußlichsten Sorte, sind die Spielplätze mit totemartigen Holzstelen gestaltet, die die Handschrift eines einzelnen Künstlers zu tragen scheinen. Direkt in den Boden gerammt und bemalt, werden die Nadelholzstelen wohl nicht sehr alt werden, denn sie beginnen schon in Bodennähe zu verfaulen. Ein schönes Bild ergeben sie dennoch. Besonders gut gefällt mir das einzige in der Horizontalen gestaltete Objekt, ein langes Boot, welches aus einem einzigen Eichenstamm geschnitten wurde. Dies dürfte eine Freude für die Kinder sein, die es in seiner ganzen Länge überschreiten können.

Schöner Maifeiertag

Für Ausflüge oder um sich einfach nur zu Hause auszuruhen, war dieser Maifeiertag ideal: Sonnig, nicht zu warm, üppiges Grün und blühende Bäume. Solches steht wohl mittlerweile im Zentrum der Aufmerksamkeit am 1. Mai, während politische Motive, die ihn als gesetzlichen Feiertag einstmals motiviert haben, eine immer geringere Rolle spielen. So habe auch ich es genossen, mit J. und W. in ihrem Garten zu sitzen, zu grillen und mit Z. spazieren zu gehen. Leider sind die Mandelbäume, denen ich auf diesen Wegen immer begegne, schon abgeblüht, gerne hätte ich sie nämlich noch einmal fotografiert. Aber Anderes blüht gerade sehr schön, v. a. die dort häufigen Schwedischen Mehlbeeren:

Blüte der Schwedischen Mehlbeere

Und der wunderbar duftende Flieder, der hier auch in Wildform wächst:

Fliederblüte

Mit der Bestimmung der Heckenrosen tue ich mich nach wie vor etwas schwer. So wüsste ich nicht mit Bestimmtheit zu sagen, um welche Art es sich hier handelt, tippe aber auf die Feld-Rose:

Heckenrose

Die Pfalz ist botanisch durchaus interessant, weil hier viele Wärme liebende Pflanzen besser gedeihen als in unserer Gegend. Die Spaziergänge dort – mit oder ohne Hund – sind deshalb für mich immer wieder ein Erlebnis.

Vegetative Überraschungen

Geradezu ideales Frühsommerwetter durften wir heute erleben. Angenehm wärmend, ohne dass man schwitzen musste, mit einem leichten kühlenden Windhauch. Dazu ein klares Licht, das den Dingen Leichtigkeit verleiht. Die Vegetation bedankt sich mit reicher und allzu früher Blüte. Nachdem der Weißdorn seinen Höhepunkt bereits überschritten hat, sind die ersten Blütenstände der Robinien hier in F. schon zu sehen. Wenn es sich im Saarland, wovon ich ausgehe, genauso verhält, dann werden die Bienen aus dem Sammelstress garnicht mehr heraus kommen. Und mit ihnen V., der jetzt schon kaum mehr weiß, wie er die Mehrbelastung realisieren soll. Abgesehen davon finde ich es schön, dass die Jahreszeiten immer wieder ihre Überraschungen für uns bereit halten, in Form eines vorgezogenen Frühlings, eines langen Sommers, eines ausgedehnten Goldenen Herbstes oder eines schneefreien Winters. Das ist allemal besser als ein Einheitsbrei, der den Vegetationszyklus nicht mehr wahrnehmbar machen würde.

Im Morgenlicht

Der Morgen ist am schönsten in dieser Jahreszeit. Dann ist das Licht so klar und die Luft noch so frisch. Die Blüten sind dann am ehesten sie selber, anders als am Spätnachmittag, wenn sie in eine Art Gelbschleier gehüllt werden. Heute haben es mir vor allem die Pfaffenhütchen angetan, deren Blüte im Foto festzuhalten immer wieder eine Herausforderung darstellt:

Blüte des Pfaffenhütchens

Bei der Gelegenheit habe ich auch einige im Winter abgeschnittene Abschnitte eines Strauches mitgenommen, die dick genug waren, um später einmal ein Armband zu versuchen. Zäh genug scheint das Holz zu sein. Ganz wunderbar finde ich auch die filigrane Blüte der Roten Heckenkirsche, die mir im Vorjahr viel später begegnet ist. Man muss rechtzeitig dran sein, um die gelben Staubblätter noch vorzufinden, die sehr schnell vertrocknen und dann schwarz werden:

Blüte der Roten Heckenkirsche

Die haben so etwas Orchideenhaftes. Man muss nur genau genug hinsehen, um ihren zauberhaften Reiz zu genießen. Solche Tage wünsche ich mir noch viele für dieses Jahr, besonders wenn sie am Wochenende liegen, aber auch Phasen der Abkühlung und des Regens zwischendurch, damit die Bäume und übrigen Pflanzen nicht leiden müssen.

So früh

Ich kann mich nicht mehr genau erinnern, wie die Früchte aussehen. Den Strauch habe ich schon seit Jahren beobachtet, die Blüte muss ich allerdings immer verpasst haben. Denn diese wunderbaren großflächigen Blüten habe ich zuvor noch nie gesehen:
Unbekannte Blüte
Ich werde mich bei Gelegenheit daran machen, die Art zu bestimmen, wenn das bei Sträuchern auch nicht ganz so einfach ist. Mein Ordner mit der Bezeichnung ,,Unbekannte Blüten“ wächst ständig an. Aber auch ohne dass man es botanisch bezeichnen kann, ist der Eindruck doch ein wunderbarer, besonders bei so sommerlichen Temperaturen. Der kurze Streifzug am Saardamm hat mir gezeigt, dass dieses Jahres alles viel früher dran ist als gewöhnlich. Und alles kommt gleichzeitig: Der Weißdorn, der Gemeine Schneeball, das Pfaffenhütchen, das man gewöhnlich viel später erwartet, der Goldregen, der Flieder, sogar die Brombeeren setzen schon Knospen an, die sich aber noch nicht geöffnet haben. Heckenrosenblüten habe ich auch beobachtet. Man fragt sich, wie das jetzt weiter gehen soll. Eine so frühe Blüte bedeutet auch eine frühere Fruchtreife. Alles wird davon abhängen, wie sich die Temperaturen tatsächlich entwickeln. Kaum vorstellbar, es geht nun so weiter, wenn wir Ende April schon 30 Grad messen. Jedes Jahr ist da anders. Auf dieses dürfen wir besonders gespannt sein.

Übermaß

V. berichtet von einem Rekordergebnis beim Schleudern. Tatsächlich hat er heute ganze 5 Zentner abgeschleudert, die allein auf die erste Blüte von Apfel, Kirsche und Ahorn zurück gehen. Und beim Vorbeifahren habe ich die Weißdornsträucher auch schon blühen sehen, seit 2 Tagen erst, sagt V. Das verspricht nun die nächste große Ernte. Nun, natürlich liegt es mit am Wetter, immerhin der wärmste April in der Geschichte. Verantwortlich ist aber auch die Zahl und Stärke der Völker, die während des Winters kaum reduziert wurden, sondern sich im Gegenteil mehr Nachwuchs als gewöhnlich zulegen konnten. Eigentlich ist das ja erfreulich. Fragt sich nur, wer den vielen Honig essen soll, und wie M. ihn innerhalb eines Jahres verkaufen soll. Aber warten wir mal ab. Vielleicht sind die Robinien und Kastanien im späteren Jahresverlauf ja verregnet, und die Brombeeren leiden unter zu großer Trockenheit, was die Spättracht würde dünn ausfallen lassen.

Rotdorn-Blüte

Beim ersten Blick war ich ziemlich überrascht. Der Baum trug die Blätter des Weißdorns, hatte aber rosarote Blüten, deren Gestalt zudem völlig von denen des Weißdorns abwichen. Die Auflösung ließ nicht lange auf sich warten: Es konnte sich nur um den Rotdorn handeln. Am Abend habe ich einen weiteren in einer der Parkanlagen des Viertels gesehen. Dass ich nicht sofort darauf kam, lag daran, dass ich diese Blüten zuvor nie gesehen hatte. Sie treten in Büscheln auf, wobei die Einzelblüte ziemlich klein, rund und struppig ist. Jeder Blütenstand wirkt wie ein kleiner Blumenstrauß aus winzigen Papierblumen.

Guter Zusammenhalt

Ich denke, mit dem Absolvieren der Prüfung ist allen heute ein Stein vom Herzen gefallen. Mit der Freude darüber, dass wir es voraussichtlich alle geschafft haben, mischt sich aber auch ein Hauch von Wehmut. Besonders beim gemeinsamen Biergartenbesuch im Anschluss haben doch einige zum Ausdruck gebracht, das dreimonatige Training in der Gruppe doch sehr gewinnbringend war, nicht nur wegen der Verbesserung der Englischkenntnisse, auch wegen der meist gelungenen Kommunikation innerhalb der Gruppe und des guten Zusammenhalts. Auch fanden wir, dass die Zusammenkunft ganz unterschiedlicher Charaktere in dieser ganztägigen ,,Lern-Welt“ ein persönlicher Gewinn für alle war, der sicherlich seine Nachwirkungen haben wird. So konnten wohl alle bei diesem Abschlussgespräch unter schattenden Rosskastanien eine positive Bilanz der gemeinsamen Zeit ziehen.

Gleichmäßig aufmerksam

Die Zeit ist in diesen Tagen flüchtig, was mit meinem ständigen Hin- und Herreisen zu tun hat. Da ist es unmöglich, alle Lebensbereichen und alle Eindrücken gleichgewichtige Aufmerksamkeit zu schenken. Ich bedauere das sehr, denn viele Frühlingseindrücke gehen mir dadurch sicher verloren. Ich hoffe, dass es sich ab der kommenden Woche etwas beruhigt und ich dann vielleicht sogar den 1. Mai nutzen kann, den Stadtwald und seine Bäume näher unter die Lupe zu nehmen.

Christus-Dorn

Unweit meiner Wohnung hier in F. habe ich heute Abend an den vollen Blüten eines weißen Flieders geschnuppert. Der duftete wunderbar intensiv und wunderte sich wahrscheinlich selber über die frühe Gelegenheit sich in Szene zu setzen. Bei den geradezu frühsommerlichen Temperaturen heute ist das aber auch kein Wunder. Eine mir bisher unbekannte Information habe ich durch den heutigen Pressebeitrag zur Pflanzung der Gleditschie im künftigen Rainer-Werner-Fassbinder-Platz erhalten: Die Gleditschie trägt nicht nur den beschreibenden Zweitnamen ,,Lederhülsenbaum“, sie wird auch als ,,Christusdorn“ bezeichnet. Die Gründe für diese christliche Assoziation konnte ich allerdings nicht auf die Schnelle eruieren.

Frühes Blühen

Zunächst dachte ich, wir befinden uns in einer Art Blütenloch, nachdem die letzten Wochen von Apfel-, Kirsch- und Schlehdornblüte doch recht strahlend ausgefallen waren. Auf dem Rückweg sind mir dann aber doch die ersten schon recht fortgeschrittenen Weißdornblüten ins Auge gefallen, die den Bienen jetzt reichlich Nektar liefern werden. V. wird während der kommenden Wochen wohl alle Hände voll zu tun haben.

Weißdornblüte

Aber auch anderes setzt sich derzeit in Szene, z. B. der wollige Schneeball mit seinen schirmartigen Blütenständen, die zwar nicht ganz so attraktiv wirken wie die des Gemeinen Schneeballs, aber dennoch einige Zeit das frühlingshafte Landschaftsbild prägen:

Blüte des wolligen Schneeballs

Was mir hier wieder aufgefallen ist: Dass ich immer wieder über die Reihenfolge des Blühens einzelner Arten überrascht bin. Aus der Erinnerung würde ich vieles, wenn ich es wahrnehme, in andere Monate einordnen. Dabei bin ich mir nicht sicher, ob es daran liegt, dass das Gedächtnis im zeitlichen Abstand einiges vertauscht, oder ob je nach klimatischen Verhältnissen tatsächlich die Abfolge jedes Jahr unterschiedlich ausfällt. Unabhängig davon kann man aber sagen, dass dieses Jahr alles sehr viel, ich schätze 2-3 Wochen, früher dran ist als im Durchschnitt. Wenn andererseits das Blühen dann nicht umso zeitiger wieder aufhört, sondern sich schön bis zum Sommer verteilt, finde ich das sehr angenehm.

Geometrische Platanenformen

Im Schein der Straßenlaternen konnte J. sie wohl nicht richtig identifizieren. Deshalb hat sie mich gefragt, welcher Art denn diese merkwürdig geformten Bäume an der Grenze zwischen Straße und Bürgersteig wohl angehören. Natürlich handelte es sich um Platanen. Bei keiner anderen Art hätte man es gewagt, sie quasi auf die Zweidimensionalität zu reduzieren. Mit Gewalt, versteht sich, denn ohne das Leiten mit angebundenen Stöcken wäre es nicht vorstellbar, dass die Äste nur auf einer Ebene angeordnet sind, in diesem Fall genau parallel zur Straße. Dadurch entsteht eine Art Baum-Silhouette, die die gewöhnlich erwartete rundplastische Anmutung verhindert und dadurch sofort ins Auge fällt. Eine Variante dieser Art, Platanen zu ziehen, habe ich vor einigen Wochen im Innenhof meines Fortbildungsträgers gesehen. Bei diesen waren die Äste allerdings direkt an der Stelle ihres Austritts am Stamm in die Horizontale abgeleitet und bildeten somit eine Art Scheibe, die parallel zu Boden verlief. Im Sommer wird diese Form wie ein Sonnenschirm wirken, als was sie wohl auch gedacht ist. Man mag von dieser Vergewaltigung der Platanen halten was man will, ein eye-catcher ist sie in jedem Fall und ist immerhin geeignet, die Aufmerksamkeit der Passanten auf den Umgang und die Gestaltung von Stadtbäumen an sich zu lenken. Diese Aufmerksamkeit haben diese Bäume verdient, wenn sie sich schon bereitwillig in die Geometrie der Menschen einpassen lassen.

Bäume und Wohlfühlen

Bei der Entwicklung der Visualisierung eines der von V. realisierten Gebäudekomplexe ist mir aufgefallen, dass die Arbeitsanweisung an den Visualisierer, das Umfeld der Darstellung freundlicher zu gestalten, unmittelbar zum Einfügen von Bäumen geführt hat. Diese wurden nicht nur im Außen dargestellt, sondern auch als Spiegelbild in den reflektierenden Glasfassaden. Das zeigt einmal mehr, dass es sich beim Baum um eine Art Archetyp handelt, der quasi-automatisch mit den positiven Kräften in der natürlichen Umgebung und dem Aspekt des Wohlfühlens in Verbindung gebracht wird.

Persönliches Baumtagebuch von Bernhard Lux: Täglich begegne ich den Bäumen auf vielfältigen Wegen. An ihrem jeweiligen Standort in der Natur, in der Lektüre von Baum- und anderer Literatur, in der alltäglichen Reflexion, der handwerklichen Arbeit und im Gespräch mit der Familie oder Freunden und Kollegen. Es ist mir ein Bedürfnis, diese themenbezogenen Beobachtungen, Interaktionen und Kommunikationen in Form des Baumtagebuchs zu dokumentieren. Seit dem 20. November 2004 habe ich keinen einzigen Tag ausgelassen – ein Zeichen dafür, dass das Baumthema und der Baum als Archetypus tatsächlich im Alltagsleben verankert ist und vielfältige inhaltliche Assoziationen ermöglicht. So mag dieses Baumtagebuch jeden seiner Leser/innen auf die Spur einer je eigenen Beziehung zu den Bäumen führen.