Bedeutung der Bienen

Manchmal kann ein Segen auch als Plage empfunden werden. M. wird es in diesem Jahr eindeutig zu viel mit dem Honig. Obwohl sie selber nicht unmittelbar eingebunden ist, hat sie doch jede Menge Arbeit mit dem Drumherum, und natürlich fehlt ihr auch die Unterstützung durch V., dessen freie Zeit nun allzu knapp geworden ist. Eigentlich müsste die Regenperiode jetzt in ca. zwei Wochen eine Beruhigung bedeuten, denn in diesen Tagen ist es den Bienen zu nass, das macht sie unbeweglich. Und bis die Brombeersträucher ihre Blüte voll entfalten, vergehen noch ein paar Wochen. Durchwachsenes Wetter ist für die Brombeertracht sogar ganz gut, da sie sich so noch länger als gewöhnlich ausdehnen kann. Und mit der meist nicht sehr lang dauernden Blüte der Esskastanien im Juni wird die arbeitsreiche Saison auch schon abgeschlossen sein. Hoffen wir nur, dass die Belastung bis dahin nicht überhand nimmt. Wenn am Ende keinerlei Freude an der Arbeit mehr übrig bleibt, verliert man nämlich schnell die Lust an den ansonsten doch sehr interessanten Beschäftigungen und Themen. Wenn man bedenkt, welche ökologische Bedeutung, mit massiven Auswirkungen auf die gesamte Nahrungskette, die Bienen auf der ganzen Erde haben, bin ich ganz froh, mit dem Thema gewissermaßen groß geworden zu sein. Ich denke ernsthaft daran, über die Rolle der Bienen bei der Bestäubung der Blütenpflanzen und die negativen Folgen, die eine Reduzierung dieser Leistung wegen der immer weniger und gegenüber Krankheiten anfälliger werdenden Bienen haben kann, einen Text zu schreiben. Fehlt nur noch die Zeit, die nötigen Inhaltsrecherchen in Angriff zu nehmen.

Nicht ersetzbar

Das war eindeutig der verregnetste Tag, seitdem ich hier bin. Dabei hoffe ich, nicht krank zu werden, wie die meisten Kollegen, die sich schon seit Tagen schniefend durch die Gänge bewegen. In dieser Zeit kommt vieles zu kurz. Vor allem die Beobachtung der Bäume und ihrer Reize gerade in dieser Spätfrühling- und Frühsommerzeit. Einfach weil zu wenig Zeit ist. Weil neben der Arbeit immer diese Anfahrtstrecken und der Fußweg von der Straßenbahnstation zur Wohnung zurück zu legen sind. Allein das macht eine Stunde täglich. Dann das Essen gehen. Der Tagesablauf ist folglich ganz anders strukturiert als ich es gewöhnt bin. Es ist einfach schade, wenn dadurch die Kontinuität meiner inhaltlichen Arbeit beeinträchtigt wird. Vor allem, weil jahreszeitenabhängige Eindrücke einfach nicht zu ersetzen sind, sie können lediglich durch neue, andere Eindrücke abgelöst werden.

Honigmeer

In den Vor- und Hintergärten der Großstadt blüht alles so üppig. Zahlreiche Stauden mit opulenten Blüten fallen ins Auge. Aber auch die vielen Ziersträucher, die ich nur teilweise identifizieren kann, zumal sich manche, die offensichtlich unterschiedlich sind, doch sehr ähneln. Einen davon, den ich direkt am Hauseingang entdeckt habe, habe ich fotografiert und werde sie in einigen Tagen hier veröffentlichen. Von zu Hause wird mir berichtet, dass wir gewissermaßen im Honig versinken. Die diesjährigen Völker sind wahnsinnig aktiv und stark. Hinzu kommt, dass die Witterung und die Abfolge der Blüteperioden sehr günstig ausfielen. Ein Wermutstrophen ist, dass es sich bisher um weitgehend ein und dieselbe Sorte handelt. Für den Verkauf ist das natürlich nicht so günstig, denn die Kunden wünschen in der Regel eine Auswahl aus mehreren Sorten. Immerhin wird es demnächst noch eine Sorte mit überwiegend Robinienanteil geben, dann eine mit Brombeeranteil und zuletzt eben der Esskastanienblütenhonig. Also wiederum vier Sorten, wie in jedem Jahr, wobei diesmal der Anteil der Frühtracht exproportional groß ausfällt. Auch das ist eine Erfahrung, die sicherlich unterschiedlich bewertet werden kann. Während V. sich vermutlich bestätigt fühlt, überwiegt bei M. das Gefühl, dass einmal wieder die Dinge übertrieben ausgefallen sind. Wohl wissend, dass sich daran weder jetzt noch in Zukunft wirklich etwas ändern wird.

Versöhnlich

Nicht so viel gibt es zu erzählen an diesem Montag, der von morgens bis abends verregnet war. Am beeindruckendsten war einmal wieder die Heimfahrt durch den Stadtwald. Der Mittagsspaziergang hatte keine neuen Entdeckungen mit sich gebracht, die Stadtbaumeindrücke der vergangenen Wochen aber bestätigt. Die Heimfahrt also, bei wolkenverhangenem Himmel in dämmrigem Licht, zeigte den Wald in ganz eigenartiger Gestalt, die irgendwo zwischen Bedrohlichkeit und Märchenhaftigkeit lag. Diese Anmutung passte zu der Tageszeit, es war schon spät, und dem ganzen arbeitsreichen und komplizierten Tag. Merkwürdig, dass ich in dieser Stimmung erstmals so etwas wie Versöhnlichkeit mit der gesamten Situation empfunden habe.

Frühlingsstrauß

Der Frühling wird duftreicher. Dabei sind nicht nur angenehme Gerüche, aber häufig markante, wie der des Hartriegels, der zurzeit heftig blüht und das Landschaftsbild an Weg- und Waldrändern bestimmt. Bei diesem gewittrigen Wetter, glaube ich, fühlen sich die meisten Pflanzen wohl, auch wenn für uns Menschen der ständige Wechsel eher Stress bedeutet. Ich habe heute einmal die kleinen Blütenpflanzen auf Anregung Ms in Augenschein genommen und dabei erstaunliche Schönheiten entdeckt. Am Ende war doch ein ganzer Strauß zusammen gekommen, der für die kommende Woche Freude und Leichtigkeit im Wohnzimmer verbreiten möge:

Frühlingsstrauß

Saisonveränderungen

Der Hartriegel blüht zurzeit sehr schön. Auch eine der Blüten, die sich über einen längeren Zeitraum hin strecken, weil die Blütenstände sich nach und nach öffnen. Am ausgeprägtesten ist dies bei den Brombeeren, die ihre dicken Blütenknospen bereits ausgebildet haben, die aber größtenteils noch geschlossen sind. Sie sollen sich ruhig noch etwas Zeit lassen, so bekommen wir etwas mehr Varietät in unsere diesjährige Honigernte. V. hat sage und schreibe 13 Eimer der Sorte ,,Frühlingsblütenhonig“ abgeschleudert. Das ist schon beachtlich und dürfte auch einen persönlichen Rekord darstellen. Als nächstes muss jetzt der Robinienhonig kommen, der mit Weißdorn gemischt ist. Während der Weißdorn schon abgeblüht ist, sind die Robinien noch dabei, allerdings haben sie unter dem Regen der letzten Tage gelitten, so dass hier nicht mehr sehr viel zu erwarten ist. Dann also die Robinien und etwa einen Monat später die Esskastanien. Damit wird die Saison schon wieder beendet sein. Immer früher eigentlich, wenn ich die letzten Jahre Revue passieren lasse. Früher hat es sich viel weiter in den Sommer hinein gezogen, im Spätsommer gab es dann häufig noch Waldhonig. Auch den vermissen wir schon seit vielen Jahren. Ja, es ist tatsächlich alles zeitiger und gleichzeitig unberechenbarer als in früheren Jahren. Möge das Klima ins rechte Gleichgewicht kommen und dort verbleiben, damit die Imkerei nicht nur mit Erträgen rechnen kann, sondern auch mit gesunden Bienen und einer abwechslungsreichen Saison im Einklang mit ,,normalen“ Jahreszeiten.

Gesamterscheinung und Details

Die Rätsel-Sträucher, die mich im letzten Frühjahr und Sommer schon beschäftigt haben und die ich teilweise immer noch nicht identifizieren konnte, begegnen mir jetzt wieder. In Parks kommen sie wohl häufig vor, da sie dichtes, aber leicht schneidbares Geäst ausbilden. Auch ist bei ihnen das Blattwerk mit den lange anhaltenden oder sich immer wieder neue bildenden Blüten relativ gleichgewichtig ausgebildet. Das bedeutet, dass bis auf den tiefen Winter ganzjährig mit einem erfrischenden Anblick zu rechnen ist. Sicher werden die meisten, die durch diese Parkanlagen streifen, die positive Atmosphäre schätzen, die letztlich auf die Anwesenheit solcher Sträucher zurück geht. Ebenso sicher werden sie die Blüten als solche gar nicht bewusst wahrnehmen, sondern nur die Gesamtgestalt des Strauchs, der eben dort steht. Wie Sträucher, Bäume und andere Pflanzen eben erwartungsgemäß Teil eines Parks sind. Wenn Sie ihren geplanten Zweck erfüllen ist es gut so. Wer genau hinsieht und mehr sieht als nur die Gesamterscheinung, wird aber sehr viel mehr von jedem Parkbesuch haben.

Schrebergartenstreifzug

Ich habe diese Wohngegend noch lange nicht vollständig erkundet. Je weiter ich in die Peripherie vordringe, desto interessanter wird es. Denn hinter den zahllosen Wohnhausblöcken führen schmale Wege in schrebergartenartige Anlagen, die den Stadtrand zu markieren scheinen. Durch hoch gewachsene, bisweilen verwunschen wirkende Hecken und Rankpflanzen sind die Gärten von den Wegen und untereinander abgetrennt. Aber sie sind größer als die Schrebergärten, die ich etwa aus dem Ruhrgebiet kenne, und auch weniger offen. In einem habe ich ein Häuschen entdeckt, andere scheinen als Nutzgärten zu dienen, wenige Meter hinter den Hochhäusern. Gemeinsam ist allen, dass man abends um 9 keine Menschenseele mehr darin erblickt. Ebenso wenig auf den Straßen, die bis auf vereinzelte Jugendliche entvölkert zu sein scheinen. Und da die Wohnungen nur teilweise erleuchtet sind, fragt man sich, wo all die Menschen sich wohl aufhalten. Von diesen Schrebergärtenstreifzügen verspreche ich mir noch einige Überraschungen in den nächsten Wochen.

Vordergründig

Wenn ich so aus meinem Panoramafenster sehe, erblicke ich nicht nur diese Wohnblöcke, einige Radfahrer und Passanten. In den Vorgärten und zwischen den Blocks ragt auch eine Menge Grün hervor. Bäume und Sträucher, Blumen. Bewusst gepflanzt, und doch könnte man meinen, sie seien wild gewachsen und hätten sich die wenigen unversiegelten Flächen erobert, um darin umso üppiger zu wuchern. Die Theorie ist gar nicht so schlecht, denn sie scheint mir eine gute Abbildung dieser merkwürdigen Stadtkultur zu sein, die mir von Unklarheit und vordergründiger Selbstbewusstheit geprägt zu sein scheint.

Oster-Bäume

Nach dem Mittagessen kleine Streifzüge durch das Stadtviertel zu unternehmen, finde ich sehr spannend. Dieses Viertel ist gewachsen und schaut offensichtlich auf eine lange Geschichte zurück. Das kann man nicht nur an dem Friedhof-Park erkennen, von dem ich vor einigen Tagen berichtete, sondern vor allem an den Häuserfassaden, deren Gestaltung mit viel Sandstein und aufwändigen Verzierungen mindestens auf die Wende vom 19. zum 20. Jahrhunderts verweist. Auch hier können die Häuser 5- oder 6-stöckig sein, sie wirken aber weitaus charmanter und auch abwechslungsreicher als in dem neuen Wohngebiet, in dem meine Wohnung liegt. Wie so häufig in jüngster Zeit habe ich auch heute wieder eine rührende Beobachtung gemacht: In einem der Vorgärten standen zwei gerade gewachsene Fichten, die über und über mit knallbunten Plastik-Ostereiern behängt waren. Oster-Bäume sozusagen, die besonders durch den Kontrast zwischen sattem Nadelgrün und buntem Schmuck auffielen. Zur Krönung des Ganzen: Zwischen den beiden Bäumen war eine Reihe ebenso bunter Gartenzwerge platziert, die es sich umgeben von mehreren kleinen Brunnen bequem gemacht haben. Klasse, nun würde mich noch interessieren, wie lange dieses Oster-Arrangement wohl bestehen bleibt. Doch nicht etwa bis Weihnachten?

Stadtoasen

Auf den ersten Blick war mir klar, dass dieser Baum mit den weißen schirmartigen Blüten nur ein Holunder sein kann. Nichts Vergleichbares blüht zurzeit. Gleichzeitig schien mir dieser Umstand unwahrscheinlich, denn der Baum war riesig. Holunder war mir bisher aber nur als mehr oder weniger großer Strauch vertraut. Der abendliche Gang durch das Viertel rund um meine Wohnung hat mir dann die Bestätigung gebracht. Dort bin ich gleich einer ganzen Reihe gewaltiger Holunderbäume begegnet, die meist mehrere dicke Stämme besaßen. Erstaunlich, dass diese Wuchsform bei mir zu Hause nicht anzutreffen ist. Und auch schade, denn in der Form finde ich den Baum richtig attraktiv und irgendwie geheimnisvoll. Noch eins hat der heutige Spaziergang mir gezeigt: Ich kann mich mit meinem eigenen Haus, dem Garten, dem vielen Wohnraum und der dörflichen Lage mit leichter Anbindung an die umliegenden Städte wirklich glücklich schätzen. Dieses Viertel besteht nur aus riesigen Wohnblöcken. Sechs Stockwerke sind Standard, bis zu 18 keine Seltenheit. Und die Blöcke und Miethauszeilen stehen reihenweise nebeneinander und durch Wege und Straßen getrennt hintereinander. Die städtebauliche Planung am Reisbrett deutlich erkennen lassend. Und überall wohnen Menschen, verbringen hier ihr ganzes Leben, die Feiertage, erleben ihre je persönlichen Höhen und Tiefen. In Nachbarschaft von Hunderten, die gleiche Wohnungen mit gleicher Ausstattung nutzen. Die Differenzen sind von außen kaum zu erkennen. Vielleicht einmal in den Gegenständen, die auf dem Balkon abgestellt sind. Vielleicht, kleineren Häusern, in einem vor Blicken durch Grünpflanzen und Hecken geschützten Vorgarten, der als kleines individuelles Refugium dient und die für mich erschreckende Geometrie und Gleichförmigkeit ein Stück weit aufbricht. Bedauern mischt sich mir bei dieser Beobachtung mit Respekt davor, dass die hier ständig Lebenden es schaffen, ihre Individualität zu wahren und sich Freiräume zu sichern. Sie sind durch eine ganz andere Schule gegangen, und wahrscheinlich ist das auch der Grund für mein Nicht-Verstehen dieser städtischen Mentalität.

Efeu-Bäume

So ein entspannter Sonntagnachmittag, an dem die Zeit still zu stehen scheint. Darauf müsste ich mich jetzt einlassen können. Denn das ist der beste Nährboden für jede Art von Kreativität. Das Sich-Zeit-Lassen gehört unbedingt dazu. Nur ist nicht jede Zeit reif dafür. Und diese Zeit hat eine Qualität, die ich gegenwärtig noch nicht richtig einschätzen kann, das kommt vielleicht später. Das Licht war heute gut für Aufnahmen, die etwas mehr Abstand erfordern, weniger für Makroaufnahmen. So waren es zwei alte Bekannte, eine noch lebende Hainbuche und ein schon seit Jahren abgestorbener Eichenstumpf, denen ich meine Aufmerksamkeit geschenkt habe. Gemeinsam ist beiden, dass der Efeu sich an ihnen wohl fühlt. Es lebt mit dem Lebenden wie mit dem Toten, eine seiner zahlreichen Facetten, die diese Pflanze so faszinierend machen:

Hainbuche mit Efeu

Eichenstumpf mit Efeu

An Blüten sind mir heute vor allem die der spätblühenden Traubenkirsche aufgefallen, die an schönen Frühlingstagen so wunderbar leuchten. Nun kann ich sie endlich unterscheiden von ihrer früher blühenden Schwester, denn die Blüten sind viel kleiner, kerzenartig. Leider ist mir keine gute Aufnahme gelungen, mit Makroaufnahmen bei hellem Licht macht mir der Apparat immer Probleme, die ich nur durch intensivere Versuche werde lösen können.

Blumenfreuden und Baumsorgen

Das Wetter war wie gemacht für das Aussuchen und Pflanzen der Sommerblumen. Sonnig, aber nicht zu warm, so dass man nicht ins Schwitzen kommen musste. Ich denke, wir haben eine gute Auswahl getroffen. Gott sei Dank ist es jedes Jahr wieder anders, abgesehen von bestimmten Favoriten, die einfach dabei sein müssen, wie die Mittagsblumen, die Fuchsien, die Buntnessel oder die Verbenen. Auch die Farbzusammenstellung ist gut gelungen. Bei der vielen Sonne werden sie auch schnell wachsen und schon bald einige Farbtupfer vor dem Haus markieren. Auch Gs Grab ist schon fertig, wir haben diesmal 6 Blumenstöcke in einer Kreuzform inmitten des Farn-Ovals gesetzt. Die Bäume am Vorderhaus machen uns indessen einige Sorgen. Der Scheinhasel hat, seitdem der Weihnachtsbaum auf ihn gestürzt war und dabei einen seiner Hauptäste gekappt hat, sich nie mehr richtig erholt, und aktuell sind fast alle seine Blätter verdorrt, geradeso als ob er nicht genug Wasser bekommen hätte. Seltsam, wir haben es nun mit Dünger versucht, um ihn wieder aufzupäppeln. Auch der Kriechwacholder in einem der Sandsteintröge sieht ungesund aus. Er hat seine ansonsten satt dunkelgrüne Farbe in ein helles bis gelbliches Grün gewechselt. Und das obwohl er den ganzen Trog für sich alleine hat. Es wäre schade um ihn, denn diese Art gehört zu meinen Lieblingen. Auch der Efeu an der Grotte und über der Einfahrtsmauer hat einige Arbeit verursacht, weil er wie verrückt wuchert. So musste ich ihn zurückschneiden, auch um die Form wieder herzustellen. Diese Arbeit hat gut getan, nach der vielen Sitzerei diese Woche, und nach den vielen langen Autofahrten. Ich hoffe, morgen noch einen Spaziergang unternehmen zu können, bevor es wieder zurück geht.

Kastanienblütenregen

Wie ein Schauer kamen sie heute über mich, als ich mich während der Mittagspause auf die Suche nach einem neuen Grünstreifen in der Stadt machte. Der Wind sorgte dafür, dass sie in Scharen gleichzeitig abfielen und mitten im Frühling einen vegetabilen Regen verursachten. Gemeint sind die Einzelblüten der Rosskastanie. Die großen kerzenartigen Blütenstände scheinen sich bei Wind aufzulösen und verlieren ihre einzelnen Blütenspitzen. Merkwürdig, dass ich das zuvor noch nie beobachtet hatte. Mir war bisher nur vertraut, dass die Kerzen ziemlich lange am Baum stehen, immer kahler werden, und dass an einigen dann später die Kastanien wachsen. Diese Simultanabstoßung kannte ich noch nicht. Gerade deshalb war es ein besonderes Erlebnis. Ebenso wie die Entdeckung dieses kleinen Platzes mit Mini-Park-Charakter, der auf einem ehemaligen Friedhof angelegt wurde. Man kann das daran erkennen, dass am Rand des Platzes an zwei Stellen teilweise uralte Grabsteine stehen gelassen wurden. Einer aus dem 18. Jahrhundert, den die Kinder ihrer verstorbenen Mutter gestiftet hatten, wie die Inschrift verrät. Bei der Mutter handelte es sich um eine Adlige, und die Kinder enden mit den Worten: ,,….in kindlicher Liebe“. Wenn das nicht rührend ist. Diese Entdeckung hat mich für den ganzen Rest der nervigen Woche entschädigt.

Persönliches Baumtagebuch von Bernhard Lux: Täglich begegne ich den Bäumen auf vielfältigen Wegen. An ihrem jeweiligen Standort in der Natur, in der Lektüre von Baum- und anderer Literatur, in der alltäglichen Reflexion, der handwerklichen Arbeit und im Gespräch mit der Familie oder Freunden und Kollegen. Es ist mir ein Bedürfnis, diese themenbezogenen Beobachtungen, Interaktionen und Kommunikationen in Form des Baumtagebuchs zu dokumentieren. Seit dem 20. November 2004 habe ich keinen einzigen Tag ausgelassen – ein Zeichen dafür, dass das Baumthema und der Baum als Archetypus tatsächlich im Alltagsleben verankert ist und vielfältige inhaltliche Assoziationen ermöglicht. So mag dieses Baumtagebuch jeden seiner Leser/innen auf die Spur einer je eigenen Beziehung zu den Bäumen führen.