Beobachtungen zum Tulpenbaum

Meine alte Aufnahme der Tulpenbaumblüte hat wieder einen Abnehmer bei fotolia gefunden. Dabei wüsste ich zu gerne, wo das Motiv für die Auswahl liegt. Suchen die Interessenten nach ,,Tulpen“ oder nach ,,Tulpenbaum“. Letzteres scheint mir eher unwahrscheinlich. Wer kennt diesen Baum schon beim Namen. Aus städtischen Grünanlagen werden ihn zwar mittlerweile vielen kennen, vor allem wegen seiner ungewöhnlich geformten Blätter, die sich im Herbst über Gelb nach Rotbraun verfärben und bei denen man sich, findet man Sie isoliert, im ersten Moment fragt, ob nicht jemand sie künstlich mit der Schere ausgeschnitten hat. So ging es mir bei meiner ersten Begegnung mit dem Baum. Das einzelne Blatt schien mir einen derart ungewöhnlichen Umriss zu haben, dass ich zunächst dachte, es sei die deformierte Variante einer bekannten Art. Erst Jahre später habe ich die Form mit dem Namen ,,Tulpenbaum“ in Verbindung bringen können. Und wieder einige Jahre danach habe ich erstmals die sagenhafte Blüte dieses schönen Baumes gesehen, bei meinen mittäglichen Spaziergängen in D., deren Zielpunkt fast immer der Kreis von acht jungen Tulpenbäumen war, um einen Sitzplatz herum gepflanzt, inmitten einer Parkanlage. Ich möchte diesen Kreis gerne wieder besuchen, um zu sehen, wie hoch die Bäume inzwischen gewachsen sind. Sie können gewaltige Dimensionen annehmen. Zwei stattliche Exemplare sind mir bekannt: eines im alten Park hinter unserem städtischen Krankenhaus, und ein anderes habe ich bei einer meiner Urlaubsfahrten in Mecklenburg-Vorpommern gesehen, ebenfalls in einem Park, ein ungeheuer hohes und weit verzweigtes Individuum, das wohl schon mehr als 100 Jahre auf dem Buckel hatte. Die Art wird mich sicher noch länger verfolgen. Und wer weiß, vielleicht kann ich einmal das Holz auftreiben und auch aus diesem Baum ein persönliches Lebensbaum-Armband herstellen.

Aufbruch

Ein eher verschlafener Tag, der am Vormittag aber mit einer schönen Messe zum Palmsonntag begonnen hat. Die aktiven Kirchengemeindemitglieder und der Chor geben sich seit einiger Zeit große Mühe, die Kirchenfeste ihrem Status entsprechend vorzubereiten und durchzuführen und bringen sehr viel Energie und Kreativität dabei ein. Da hat sich trotz der insgesamt sinkenden Kirchenbesucherzahlen sicherlich Vieles positiv entwickelt. Der Einkauf am Sonntagnachmittag war dann weniger spannend, aber M. ist auf die Art wenigstens ein Stück weiter gekommen. Aus meinem zwischenzeitlich aufgeflackerten Vorhaben, dieses Jahr nach langem einmal wieder etwas Kreatives zu Ostern hervorzubringen, wird wohl wieder nichts werden. Die Karwoche ist zu normalen Zeiten einfach zu hektisch, und gegenwärtig geht sowieso alles drunter und drüber. Das aber sind schlechte Voraussetzungen für ein auf Kontemplation ausgerichtetes Projekt. So werde ich meine neuen Ideen hierfür aufbewahren und im Laufe des Jahres umsetzen – dabei denke ich etwa an das Vorhaben ,,Themen-Armbänder“ oder das Material so gut aufbereiten, dass es dann zu Ostern 2009 umsetzbar sein wird. Immerhin eine Aktion, die dem Thema ,,Aufbruch“ und ,,Neues Leben“ ganz gut entspricht, hat V. heute gestartet. Er will versuchen, aus den Samen des Lederhülsenbaums (Gleditschie), die ich letztes Jahr gesammelt und getrocknet habe, kleine Bäumchen zu ziehen. Bin gespannt, ob es funktioniert und wir vielleicht schon zu Ostern den ersten Keim erkennen können – das wäre doch schön.

Ungeheuerer Reichtum

Morgen ist der Tag des Baumes. Und heute bin ich in den Besitz einiger größerer Abschnitte eines alten Efeustocks gekommen. Ein Eintrag zum Thema Efeuholz in diesem Baumtagebuch war wohl in einer Suchmaschine gelistet und hat die Inhaber eines Weinguts in der Pfalz angezogen, bei dem ein alter Efeustock auseinander gebrochen war. Man brachte es nicht übers Herz, das Holz dieses sehr alten und vertrauten Exemplars einfach zu verbrennen und hat es mir zur Verfügung gestellt, weil man gelesen hatte, dass ich auch mit dieser Art arbeite. Für mich selber wäre es zu aufwändig gewesen, das Holz abzuholen, aber J. und W. wohnen ganz in der Nähe. So habe ich ihnen vorgeschlagen, einen Abstecher zum Weingut zu unternehmen und bei der Gelegenheit ihre Vorräte an leckeren Rot- und Weißweinen wieder aufzufüllen. Wie mir J. später mitgeteilt hat, ist die Junior-Chefin als Floristin ausgebildet. So ist wohl ihre Liebe zu Pflanzen und ihr Respekt vor einem so alten Individuum wie dieser Efeupflanze zu erklären. Die Bäume und was sie uns bedeuten können leben von solchen Menschen, die sensibler sind als andere, die in ihrer erhöhten Aufmerksamkeit aber ihr unmittelbares Umfeld bereichern und in Grenzen auch beeinflussen können. So wird mehr Bewusstheit und eine höhere Wertschätzung des ungeheueren Reichtums erreicht, den die Pflanzenwelt dem zu schenken vermag, der ihr bewusst begegnet.

Kopffreies Wochenende

Ein recht erfolgreicher Tag. Vor allem, weil ich eine Auftragsfreigabe erhalten habe und auch die technischen Probleme der vergangenen Tage wohl bald endgültig gelöst sein werden. Die Erfahrungen aus dieser schwierigen Korrekturarbeit werden mir bei künftigen Projekten sicherlich zu Gute kommen. Morgen ist wieder ein Handwerkstag angesagt. Ich freue mich darauf, denn das Wetter soll besonders schön werden, mit frühlingshaften 18 Grad. Und die Arbeit am Holz macht den Kopf wieder frei, nach einer so langen nervtötenden Woche mit viel Bildschirmarbeit.

Gegensätzliche Eigenschaften

Tatsächlich, das neue Pappelholz hat tatsächlich ganz andere Eigenschaften. Während meine älteren Vorräte extrem weiche Konsistenz zeigten und deshalb schwer zu schleifen waren, ohne vom Maß abzuweichen, ist dieses hier entgegen der Faserrichtung sehr zäh. Kann sein, dass es an dem individuellen Baum und seinen Lebens- und Wachstumsbedingungen liegt. Kann aber auch sein, dass der Abschnitt in anderer Lage aus dem Stamm gesägt wurde und nun bei der Bearbeitung der Schliff in anderem Winkel ansetzt. Jedenfalls wird das Papier schnell stumpf, so wie ich es auch bei anderen eigentlich weichen Hölzern schon kennengelernt habe. Bei meiner früheren bildhauerischen Arbeit mit mächtigen Pappelabschnitten habe ich dieses Phänomen schon öfter beobachtet. Quer zur Wachstumsrichtung hat die flächige Bearbeitung enorm viel Kraft und Geduld erfordert. Das zeigt einmal mehr, wie in den Hölzern oft gegensätzliche Eigenschaften vereinigt sind. Ebenso wie jeder Baum eine Vielzahl symbolischer Implikationen in sich trägt.

Ohne Ablenkung

Der junge Ginkgo, den ich erst vor wenigen Tagen geschnitten habe, bog sich heute kräftig im stürmischen Wind. Glücklicherweise ist er sehr biegsam, und so wird wohl nichts passieren. Uns alle hat dieses Sturmwetter wohl überrascht. Und wenn das Wetter selber zum Gegenstand von Nachrichten wird, dann nimmt es schon in einen außergewöhnlichen Verlauf. Wir haben uns dabei eingeigelt und bewegen uns kaum vor die Haustür. Immerhin die nervende Korrekturarbeit an meinem aktuellen Programmcode habe ich heute weitgehend abschließen können. Manchmal ist es eben von Vorteil, wenn die Attraktionen von Außen fehlen. Dann kann man sich ganz auf die jeweilige Arbeit konzentrieren.

Variationsbreite der Hölzer

Da haben wir uns schon insgeheim auf den Frühling gefreut, und jetzt dieses miese, stürmische Regenwetter. Bis zum Wochenende soll es so weitergehen. Immerhin, die wieder einmal von technischen Problemen dominierte Woche wird mit handwerklicher Arbeit ihren Abschluss finden. Die Stäbe habe ich schon gedreht. Diesmal habe ich neues Material aus einem großen Abschnitt der Pappel gewonnen, die wir vor 2-3 Jahren zerteilt haben. Ich glaube, dieses ist etwas rötlicher, was einmal eine Abwechslung zu der sehr weißen Variante darstellt, die ich bisher verwendet habe. Es ist schön, dass die Hölzer in einer solchen Variationsbreite erscheinen, denn so lässt sich immer wieder Neues in ihnen entdecken. Und das kunsthandwerkliche Schaffen erhält einen zusätzlichen Reiz.

Vergessen

Ein Nachtrag vom 11.03.2008: Gestern habe ich doch tatsächlich vergessen, den Eintrag im Baumtagebuch vorzunehmen. Das ist mir noch nie passiert. Ob das etwas zu bedeuten hat. Jedenfalls macht es keinen Sinn, den Eintrag verspätet nachzutragen. Offenbar war ich gestern von den Bäumen weit entfernt.

Wachstumsschübe

Js und Ws Garten wirkt nun heller. Das liegt daran, dass die Nachbarn Ihren Eibenbaum kräftig zurückgeschnitten haben. Gut so, denn dieser Baum hatte zuvor jede Menge Licht geschluckt, das nun den beiden Ebereschen, echten Lichtbäumen, zugute kommen wird. Und da wir diese vor einigen Monaten sauber geschnitten und neue gerichtet haben, rechne ich mit einem kräftigen Wachstumsschub in diesem Frühjahr und Sommer. Auch die anderen dort neue gepflanzten Bäume und Sträucher: Der Pflaumenbaum und der Kirschbaum, die Jostahecken und die kleine Edelkastanie im Vorgarten haben nun die Gelegenheit, sich zu kräftigen, um sich bald zu stattlichen Symbol- und Wohlfühlbäumen zu entwickeln. Ob in Rheinland-Pfalz oder bei uns hier, ich wünsche mir einen frühen und langen Frühling und einen warmen und stabilen Sommer, der die uns umgebende Natur zum Blühen und Wachsen einlädt, und uns Menschen zu Aktivität und Entwicklung im Einklang mit unseren natürlichen Lebensgrundlagen.

Baumschnitte

Nun war es also so weit. Feigenbaum und Ginkgo sind nun geschnitten. Von mir aus hätte ich noch ein wenig gewartet, da es doch noch häufiger Minustemperaturen gab. Aber V. ließ mir mit der Sache keine Ruhe, und so habe ich den Job heute eben erledigt. Da die beiden Bäume noch jung sind, haben wir die Schnittstellen mit Baumwundbalsam bestrichen. So beugen wir einem eventuellen Verdunsten und Ausbluten an diesen Stellen vor. Der Ginkgo hat jetzt nur noch einen Haupt- und einen Nebentrieb. Ich rechne damit, dass er dieses Jahr wieder stark an Höhe zulegen wird. Dann wird sich die erste Astverzweigung erst so etwa in Kopfhöhe darstellen, beste Voraussetzung dafür, dass der Baum nicht im Schatten seiner Nachbarn verkümmern, sondern zielstrebig gen Himmel sich entwickeln wird. Ich hoffe, er wird riesengroß. Allein schon, damit ich die Entwicklung von diesem dürren und jahrelang sich kaum bewegenden Winzling zu einem Riesen miterleben kann. Der Schnitt des Feigenbaums dagegen ist vergleichsweise moderat ausgefallen. Das war ein Kompromiss, denn der Baum muss genügend Licht tanken, um seine Früchte während des Sommers ausbilden zu können. Deshalb konnte wir die Höhe nicht zu sehr reduzieren, der Lichttrieb wird ihn sonst zu viel Kraft kosten. Andererseits war ein Ausdünnen und ein Kappen der oberen etwa 50 Zentimeter notwendig, damit der noch schmächtige Stamm in die breite wachsen und dem Baum mehr Stabilität verleihen kann. Zusammen mit meiner Drechselarbeit also ein recht baumintensiver Tag. Und morgen ist ein Ausflug zu J. und W. angesagt.

Anregende Ebenen des Lernens

Bin zurzeit weit weg von meinen Lieblingsinhalten. Stattdessen halte ich mich in ganz ungewohnten Gefilden auf. Im Nachhinein entdecke ich oft, dass solche Ausflüge und an mich heran getragene Aufträge anregend sein können. Ohne solche Gelegenheiten steht das Denken und kreative Arbeiten immer stark unter Scheuklappenverdacht. Während des Tuns an sich kann man aber dieses Anregende nicht gleich erkennen. Dann ist es zunächst anstrengend, weil die alten Wege nicht tragen und echte Kreativität gefordert ist. Ich bin dankbar für diese Ebenen des Lernens und hoffe, mich so inhaltlich wie sozial-kommunikativ weiter zu entwickeln. Auch meine immer hintergründig mitlaufende Beschäftigung mit den symbolischen Seiten unserer Naturwahrnehmung wird davon profitieren.

Gleichgewichtseinsichten

Nun also der erste Tag ohne Ofen. Dafür wird der Öltankvorrat wieder stärker beansprucht. Wollen wir hoffen, der Winter liegt bald hinter uns, die Tage werden spürbar länger, es bleibt wieder mehr Zeit für Spaziergänge und Beobachtungen. Für das Genießen der natürlichen Umgebung und der landschaftlichen Reize, allen voran der Bäume. Die inhaltliche Arbeit am Thema soll ebenfalls nicht zu kurz kommen. All das wird der geschäftlichen Arbeit zu Gute kommen. Denn immer deutlicher wird mir die alte Einsicht, dass ein Gleichgewicht unterschiedlicher Perspektiven, Tätigkeiten und Einstellungen der Qualität des Einzelnen förderlich ist und die Einmaligkeit und Entwicklungsfähigkeit des Einzelnen stärker hervortreten lässt.

Stopfei

M. hatte sich vor einigen Tagen schon ein neues Stopfei gewünscht. Das alte, vor Jahren einmal hergestellte, war nicht sehr hilfreich, da es kugelförmig und mit seiner vielleicht Taubeneigröße einfach zu klein ausgefallen war. Ein neues, das V. spontan vor einigen Tagen gedrechselt hatte, war dagegen riesig ausgefallen und erst recht nicht zu gebrauchen. Beim dritten Anlauf heute hat es dann endlich funktioniert, eine perfekte Eiform, etwas größer als ein Hühnerei. Mein erster Tipp bezüglich der verwendeten Holzart lag knapp daneben. Es sah tatsächlich aus wie Zwetschgenbaumholz, mit seiner violetten Ader und der gelblich-bräunlichen, leicht kristallin wirkenden Oberfläche. Tatsächlich war es aber Apfelbaum, wobei er allerdings ein Wurzelstück verwendet hat, das eine andere als die für diese Art typischen Färbung und Struktur aufwies. Ohnehin sind sich alle heimischen Obsthölzer bezüglich ihrer Zeichnung und Mikrostruktur sehr ähnlich. Apfel-Birne-Zwetschge-Kirschbaum liegen auf einer optischen Linie. Die Unterschiede kommen meist erst bei größeren Abschnitten und nach feinem Oberflächenschliff zum Vorschein. Warm wirken sie alle, Mitglieder einer Familie, die wie in allen Familien Unterschiede mit Gemeinsamkeiten vereinen.

Jederzeit mit allem rechnen

Die kreative Arbeit trägt doch immer wieder Früchte. Das ist gut, besonders an so trüben Tagen wie diesem, die das Nahen des Frühlings in weite Ferne zu rücken scheinen. Dann ist das Konstruieren und Tüfteln am Detail genau die richtige Beschäftigung. Und dann ist diese Beschäftigung, schon aus Mangel an Alternativen, auch intensiv und konzentriert. Wenn ich diese Zeit des Jahres mit den Vorjahren vergleiche, dann müsste jetzt eigentlich eine Flautephase eintreten, insbesondere im Bereich der kunsthandwerklichen Arbeit mit den unterschiedlichsten Hölzern. Erste Anzeichen davon glaube ich festzustellen. Aber genauso groß ist meine Lust an Überraschungen und Veränderungen. So kann gerne eine meiner Lebensweisheiten greifen, die da heißt: Man muss jederzeit mit allem rechnen. Das ist zwar selbstironisch gefärbt, taugt aber nichtsdestotrotz hervorragend als Alltagseinstellung.

Persönliches Baumtagebuch von Bernhard Lux: Täglich begegne ich den Bäumen auf vielfältigen Wegen. An ihrem jeweiligen Standort in der Natur, in der Lektüre von Baum- und anderer Literatur, in der alltäglichen Reflexion, der handwerklichen Arbeit und im Gespräch mit der Familie oder Freunden und Kollegen. Es ist mir ein Bedürfnis, diese themenbezogenen Beobachtungen, Interaktionen und Kommunikationen in Form des Baumtagebuchs zu dokumentieren. Seit dem 20. November 2004 habe ich keinen einzigen Tag ausgelassen – ein Zeichen dafür, dass das Baumthema und der Baum als Archetypus tatsächlich im Alltagsleben verankert ist und vielfältige inhaltliche Assoziationen ermöglicht. So mag dieses Baumtagebuch jeden seiner Leser/innen auf die Spur einer je eigenen Beziehung zu den Bäumen führen.