Den zyklischen Wechsel erleben

Extreme Wetterschwankungen haben wir an diesem Feiertag erlebt. Von verhangen-regnerisch über tropisch-schwül bis sonnig-warm war alles dabei. Und damit hatten wir eine komprimierte Version der klimatischen Verhältnisse dieses Jahres, das durchweg von solchen Extremschwankungen gekennzeichnet war. Unterdessen stellen sich die Pflanzen auf den Winter ein. Ginkgo und Feigenbaum verlieren schon die ersten Blätter, noch bevor die letzten Früchte geerntet wurden. Bei den Bäumen draußen im Wald und an den Straßen trägt der Wechsel von kalten Nächten und starkem Temperaturanstieg am Tag dazu bei, dass wir eine kräftige Herbstfärbung erwarten können. Das Bild bewegt sich mancherorts schon in diese Richtung. Gut, denn so können wir nach längerer Zeit einmal wieder diese schöne Jahreszeit in ihrer Eigenart erleben und den natürlichen Zyklus am Beispiel des Vergehens nachvollziehen, der häufig nur noch ansatzweise beobachtbar war. Oder wie ich R. vor einigen Tagen beim Spaziergang auf dem Saardamm sagte: Ich bin heilfroh, nicht in Zonen zu leben, die keine Jahreszeiten, dafür aber ganzjährig relativ konstantes Klima kennen. Zweifellos würde ich die kulturellen Implikationen unserer geographischen Region, immer wieder eng geführt am Lebenszyklus der Bäume, endlos vermissen.

Der Weg zu allem Großen geht durch die Stille

Dieses Nietzsche-Zitat zierte das September-Kalenderblatt eines kleinen Monatskalenders, den ich M. zu Weihnachten geschenkt hatte. Heute hat sie mir dieses Blatt als Lesezeichen geschenkt. Es bildet eine schöne kathedralenartige, sommerliche Baumallee ab. Dazu hat sie noch einen weiteren Spruch aufgeschrieben: ,,Geduld ist bitter, aber ihre Früchte sind süß.“ Damit meinte sie wohl meine gegenwärtige Situation, die mir in der Tat sehr viel Geduld abverlangt. Was die Süße der geduldserprobten Früchte angeht, bin ich mir so sicher. Sicherlich lernt man dabei, aber nicht immer steht die Eierkuchenlösung am Ende. Vieles versteht man erst sehr viel später, wenn überhaupt. Wichtig ist mir, in solchen Phasen möglichst kreativ zu sein. Die Bäume sind mir dabei der ruhende Pol, von dem aus ich mich weiterzuentwickeln versuche. Das Süße und das Große müssen es nicht unbedingt sein, aber sie im Blick zu haben kann helfen.

Arbeit an der eigenen Handschrift

Es ist durchaus eine Herausforderung, ein Thema wie die Symbolik der Bäume über einen längeren Zeitraum hinweg weiterzuentwickeln. Das betrifft die Selbstmotivation ebenso wie die Kommunikation und Vermittlung. Ich versuche dabei immer wieder neue Schwerpunkte zu setzen. Mal steht die technische Seite im Vordergrund, mal die ästhetische, mal die inhaltliche. Alles in ein ausgewogenes Verhältnis zu bringen, das die eigene Handschrift und den eigenen, ganz speziellen Zugang nicht verleugnet, gleichzeitig aber genug Anknüpfungspunkte für andere bereitstellt, ist nicht ganz einfach. Ich glaube aber, dass es mir immer wieder gelingt, wie ich an Reaktionen, Kommentaren, Bestellungen und anderen themenspezifischen Interaktionen ablesen kann. Ich wünsche mir auch für die Zukunft, niemals Scheuklappen aufzusetzen und immer das Ganze, so weit es geht, im Blick zu haben. Das sehe ich als konstitutiv für meine Denk- und Arbeitsweise an, und das ist auch wert ernst genommen und weiter entwickelt zu werden.

Herbstsommerselig

Wahrscheinlich der letzte Sommertag dieses Jahres, meinte J. heute in ihrer eMail. Ich denke nicht, denn die erste Hälfte kommender Woche soll ähnlich werden. Und abgesehen davon, wenn der Herbst sich überwiegend so zeigt wie heute, dann bin ich sehr zufrieden. Dann könnten wir nach Jahren einmal wieder vom ,,Goldenen Herbst“ sprechen, der in seiner Atmosphäre dem Indian Summer gliche, gegenüber diesem aber um einige Wochen nach hinten verschoben wäre. Das Licht war phänomenal, und das Wärmende der Nachmittagssonne tat gut, nach mehreren Tagen frostigen Schmuddelwetters. Bei einer so unverhofften Wendung sei es mir verziehen, wenn ich zum x-ten Male die Pfaffenhütchen besucht, staunend beobachtet und fotografiert habe. Ich denke, auch in dieser Verkleinerung sieht man in ihrer strahlend leuchtenden Farbigkeit die Wärme des Tages:

Pfaffenhütchen

Pfaffenhütchen

Pfaffenhütchen

Vernachlässigte Nadelbäume

Das Wetter hat größere Außenaktivitäten an diesem Samstag wenig attraktiv gestaltet. Dennoch habe ich am Nachmittag meine beiden aktuellen Armbänder fertig gestellt, ein Auftrag und eines für mich selber, von der Fichte, für die mir noch eine gute Abbildung fehlt. Ich hatte das Holz zuvor sorgfältig ausgewählt, dabei war es nicht einfach, einen geeigneten Abschnitt zu finden, dessen Jahresringe dicht genug stehen. Letztendlich bin ich aber fündig geworden, und die so gewonnenen Perlen haben einen annähernd runden Querschnitt und eine sehr feine Zeichnung, die natürlich nicht ganz so auffällig wirkt wie bei breiteren Ringen, aber dafür umso stabiler sind. Die Nadelbäume haben mich in letzter Zeit häufiger beschäftigt. Durch verschiedene Aufträge, auch zur Kiefer, durch das zufällig Auffinden der Eibenabschnitte vor einigen Tagen, und weil sie mir zunehmend auch von der Oberfläche her sehr attraktiv erscheinen. Vermutlich habe ich auf diesem Gebiet einfach einen Nachholbedarf. In der Vergangenheit hatte ich diese Arten eher vernachlässig und als irgendwie uninteressanter angesehen. Vielleicht weil sie in unserer Landschaft eher die typischen Waldbäume sind und in Massenpopulationen auftreten, wodurch der einzelne Baum eher aus dem Blick fällt. Aber gerade bei den Nadelbäumen lohnt sich das genauere Hinsehen, auch beim einzelnen Baum. Vor allem aber stehen sie für mich als Symbole für Stärke oder Wärme, Licht oder Dunkel, Zähigkeit oder langes Leben. Ein wahrer Fundus für symbolische Implikationen, gerade jetzt, bevor die kältere Jahreszeit sie durch die Weihnachtssymbolik wieder stärker ins Blickfeld rückt.

Baumüberraschung

Heute waren es ganze 13 neue Feigen, die ich geerntet habe. Damit ist unsere bisherige Bilanz auf 37 angewachsen. Unglaublich, vor allem, wenn man bedenkt, dass der Oktober bald beginnt und die meisten Früchte noch lange nicht ausgereift sind. Da bin ich gespannt, wie viele es trotz des regnerischen und ziemlich kühlen Wetters doch noch schaffen. Erstaunlicherweise reifen sie weiter, selbst wenn den ganzen Tag kein Sonnenstrahl herauskommt. Das ist sicherlich eine der größten Baumüberraschungen dieses Gartenjahres. M. freut sich jedenfalls über die unverhofft reichliche Ernte. Wenn V. jetzt auch noch die Weintrauben von seinem externen Grundstück gelesen hat, wird die landwirtschaftliche Saison für diese Jahr wohl weitgehend abgeschlossen sein. Na ja, man erkennt es auch daran, dass man erstmals seit Monaten wieder die Heizung einschalten muss. Sonst wird’s ziemlich ungemütlich.

Neue Facetten

M. hatte zum Frühstück schon die drei restlichen Feigen verspeist. Finde ich schön, wie begeistert sie von den Früchten ,,ihres“ Lebensbaums ist. Und schön auch, wie durch dieses und ähnliche Neuerungen – die Früchte ernten wir erst seit drei Jahren – ganz neue Kommunikationen in der Familie und darüber hinaus entstehen. In solchen Bereichen und an solchen Erlebnissen zeigt sich die universale Kraft der Bäume, ihre Bedeutung für unser aller Leben. Ich freue mich, dass ich nahezu täglich die Gelegenheit habe, mich intensiv mit den Bäumen, ihrem Holz und ihrer symbolischen Kraft zu beschäftigen und mit der Arbeit an diesem Thema in diesem nie ganz fassbaren Phänomen immer wieder neue Facetten zu erkennen.

Neue Projekte

Schon reden die Nachrichten vom Wintereinbruch in birgigen Teilen des Landes. Die hiesigen Temperaturen sind auch nicht viel ermutigender, aber zumindest kommt doch phasenweise die Sonne mit strahlend wärmendem Licht hervor. Und solange noch Feigen an unserem Baum reifen, ist der Frühherbst noch lange nicht vorbei. Morgen werde ich wieder einige Stäbe drechseln und neue Aufträge sowie aufgeschobene eigene Armband-Projekte weiter verfolgen. Ob ich es dieses Jahr noch schaffe, den Shop neu anzulegen, ist fraglich. Zu viele andere Gestaltungsaufgaben stehen an, die eine Form von Kreativität erfordern, die mir nie fremd war, nun aber auch technisch umsetzbar geworden ist. Insofern wünsche ich mir für künftige Projekte eine glückliche Verbindung von verständlichem und zielführendem Content-Management und ansprechendem Design.

Das Geheimnis des Pfaffenhütchens ist gelüftet

Pfaffenhütchen

Mit einem Tag Verspätung habe ich es jetzt doch geschafft, die letzten Makroaufnahmen der Pfaffenhütchensträucher durchzusehen. Sie sind einfach wunderschön, deshalb musste ich diese Aufnahme noch einmal ins Tagebuch aufnehmen. Das Thema ist bei uns noch nicht zu Ende. M. hat jüngst und heute auch wieder eine Reihe von Sträußen mit den Pfaffenhütchenzweigen zusammengestellt und an verschiedenen Stellen des Hauses platziert. Und V. hat mir heute einen Strauch geschnitten und mitgebracht. Es sei zu rechtfertigen gewesen, da der Strauch von anderen Bäumen zugewuchert gewesen sei und keine Luft mehr bekommen hätte. Immerhin, meine Frage, ob er sich vorher bei dem Strauch entschuldigt habe, hat er bejaht. Dann muss ich wenigstens kein schlechtes Gewissen haben. Und noch ein Geheimnis rund ums das Pfaffenhütchen konnte ich heute lösen. Meine Verwunderung über die Gelbfärbung des Holzes war ja groß, und noch größer die darüber, dass diese beim frisch geschnittenen in keiner Weise zu erkennen war. Das war vielmehr hellweiß. Der Stab, den ich vor drei Tagen aber probeweise gesägt habe, hat zwischenzeitlich eine gelbliche Färbung angenommen. Will heißen: Die Verfärbung geschieht mit dem längeren Lagern des Holzes bzw. durch irgendwelche Reaktionen von Holzbestandteilen mit der Luft. Wirklich interessant, so etwas hatte ich vorher nie beobachtet. Wohl das Abdunkeln oder Aufhellen, aber eine solch deutliche Farbänderung ist schon ungewöhnlich. Wie eben alles an diesem wunderbaren Gehölz.

Gedanken zum Herbstanfang

Meine Fotografien stoßen immer wieder auf Interesse. Vor allem aus der Serie der Weihnachtsmotive. So hat nun eine Druckerei mein ,,Star-Motiv“, ein in atmosphärisches Licht getauchtes Adventskranz-Detail mit transparentem Deko-Engel, gekauft, womit das Motiv nun schon 13mal bei fotolia heruntergeladen wurde. Abgesehen davon, dass dies für die Qualität meiner Fotografien spricht, zeigt es auch, dass die Weichen bereits auf die kältere Jahreszeit und die Rituale der Adventszeit gestellt sind. Jetzt, zum Beginn der Herbstzeit. Gestern war der Tag des Ölbaums in der Systematik des Keltischen Baumkalenders, und das heißt, dass ab jetzt die Nächte länger als die Tage sind und immer länger werden bis zur Wintersonnenwende am 22. Dezember, wenn die längste Nacht den Auftakt zur Wiederauferstehen des Lichts gibt. Wenn ich noch bei K. arbeiten würde, würde der animierte Weihnachtsbaum-Bildschirmschoner mich täglich daran erinnern. So halte ich mich lieber an die Natur, deren zyklische Zeichen eine klare Sprache sprechen.

Back to the roots

Ich hoffe, Anfang der Woche kommt nicht wieder der große Einbruch, nach diesem schönen Frühherbsttag. Sehr ruhig war es heute, und mit meinen kreativen Projekten bin ich sehr gut weiter gekommen. Es ist ein gutes Gefühl, wenn man von Tag zu Tag mehr versteht. Diese Form des schrittweisen Lernens war mir in den letzten Jahren nicht mehr vertraut, als es vielmehr sprunghaft und sehr unregelmäßig zuging. Vielleicht bedeutet das ein ,,back to the roots“. Ich bin gespannt, was die kommenden Monate bringen. Heute komme ich nicht mehr dazu, aber morgen werde ich die neuen Pfaffenhütchen-Porträts vorstellen. Ich glaube, mir sind im frühabendlichen Licht ganz gute Aufnahmen gelungen. Ich musste die Gelegenheit nutzten, bevor die Früchte ganz vergangen sind.

Kastanien, Eiben und Feigen

Wieder ein wunderschöner Tag, den wir zum Ausspannen genutzt haben. Am Nachmittag dann doch noch Arbeit: Wir haben uns auf die Suche nach den ersten Esskastanien gemacht, um dann festzustellen, dass es noch zu früh ist. Die wenigen schon auf dem Boden liegenden Exemplare sind noch zu klein. So werden wir uns noch 2-3 Wochen gedulden müssen. Danach habe ich meine beiden Eibenabschnitte aufgesägt, bevor sie anfangen zu reißen. Das wäre zu schade gewesen. Ich schätze, so 8-10 Stäbe werden es wohl werden, ein sehr schönes Holz, dessen frischer Geruch mich überrascht hat. Bisher kannte ich nur den Geruch des feinen Staubs getrockneten Eibenholzes. Diese noch nassen Abschnitte rochen leicht modrig, wie bei anderen Arten bereits im Verfall befindliche Stücke. Aber diese hier sind erst vor kurzem geschnitten worden, müssen also noch in Ordnung sein. Wahrscheinlich ist dies eine Eigenschaft dieser Art. Als krönender Abschluss dann die zweite Feigenernte. Diesmal waren es 8 neue und ziemlich dicke Früchte. M. kann sich heute Abend auf eine umfangreiche exotische Mahlzeit freuen.

Der erste Wein

Die Energie unserer Reben ist jetzt in ca. 300 Liter Rotwein konzentriert. V. hat sie heute per Schlauch in Fässer abgefüllt. In den kommenden 2-3 Wochen wird es jetzt kräftig gluckern, bis das Hoch der alkoholischen Gärung sich wieder abschwächt. Für mich ist es vor allem ein traditionelles Ritual, diese Abfolge von Lese, Einmaischen, Keltern und Abfüllen. An dem Wein selbst liegt mir gar nichts. Ich glaube aber, dass ich den Vorgang tatsächlich vermissen würde, sollte er einmal nicht mehr selbstverständlich sein. So lange aber wollen wir ihn im familiären Kreis pflegen.

Die ersten Feigen

Heute war es endlich so weit. Nachdem wir das Dach vom Moos befreit hatten, zog mich bei einem Gartenrundgang der Feigenbaum magisch an. Wie er im frühherbstlichen Licht da stand und wie selbstverständlich die dicksten Früchte reifen ließ, war geradezu unwahrscheinlich. Man kann an ihrer Konsistenz erkennen, ob sie reif sind. Und so habe ich die 5 ersten für dieses Jahr vorsichtig abgeschnitten. Beim Schneiden tritt augenblicklich ein milchiger Saft aus, der sehr klebrig ist. Danach lagere ich die Früchte auf einem Teller. In der Regel essen wir sie zu Abend, mit Käse, Schinken oder einfach pur. Auf den Geschmack der neuen Ernte bin ich sehr gespannt. Vor allem aber darauf, jetzt beinahe täglich neue Früchte ernten zu können. Da wäre es gut, wenn das schöne Wetter möglichst lange andauert, denn viele sind noch zu klein und auch noch nicht ausgereift. Die brauchen noch bis zu 2 Wochen. Ich habe eine Strichliste angelegt, damit wir am Ende ,,Bilanz“ ziehen können. Vergangenes Jahr waren es um die 40-50 Früchte. Bei guter Witterung könnten es diesmal mehr werden.

Persönliches Baumtagebuch von Bernhard Lux: Täglich begegne ich den Bäumen auf vielfältigen Wegen. An ihrem jeweiligen Standort in der Natur, in der Lektüre von Baum- und anderer Literatur, in der alltäglichen Reflexion, der handwerklichen Arbeit und im Gespräch mit der Familie oder Freunden und Kollegen. Es ist mir ein Bedürfnis, diese themenbezogenen Beobachtungen, Interaktionen und Kommunikationen in Form des Baumtagebuchs zu dokumentieren. Seit dem 20. November 2004 habe ich keinen einzigen Tag ausgelassen – ein Zeichen dafür, dass das Baumthema und der Baum als Archetypus tatsächlich im Alltagsleben verankert ist und vielfältige inhaltliche Assoziationen ermöglicht. So mag dieses Baumtagebuch jeden seiner Leser/innen auf die Spur einer je eigenen Beziehung zu den Bäumen führen.