Kontrastreiche Übergänge

Nun ist unser Tagesertrag doch wieder auf über 40 kW geklettert. Und das Klima ist dabei sehr angenehm, entspannend geradezu im Vergleich zur Situation im Hochsommer. Deshalb ist es eigentlich ganz schön, dass heute Abend wieder unser monatliches Treffen ansteht, diesmal in einem Dorf, das mir bisher noch völlig unbekannt war. Bin gespannt, ob wir diesmal auf den eigentlichen Zweck der Treffen – English conversation – zurückkommen werden. Das wäre ein ausgleichender Kontrast zu diesen vielen Technikfragen, die mich heute so beschäftigt haben. Ich hoffe, in den Abendstunden der kommenden Zeit die Gelegenheit zu finden, das langsam ins Bräunliche übergehende Laub des Weinstocks und anderer Bäume und Sträucher zu fotografieren. Eigentlich sind diese Übergangsfarbmuster die interessantesten des Herbstes überhaupt, da die Symbolik des Rückzugs und der Umwandlung damit besonders plastisch wird. Jedenfalls könnte mein Portfolio durchaus noch etwas Nachschub vertragen.

Entspannender Sonntagsausflug

Schön, dass wir heute einmal etwas anderes als die übliche nähere Umgebung gesehen haben. Den Auftakt bildete um Mittag der Besuch des Linsenfestes. Auch wenn ich keine großer Feste-Feierer bin, ist das doch ein jährlich wiederkehrendes Ritual, das mit den leckeren „Kartoffel-Mäusjern“, der Linsensuppe, aber mit der besonders heimeligen Atmosphäre dort zu tun hat. Meine anschließende Ankündigung an M., ich wolle am Nachmittag den Mühlenweg gehen und die neu aufgekommene Sonne nutzen, weckte wohl auch in ihr die Ausflugslust. So sind wir schließlich in F., Ms Geburtsort gelandet, haben den dortigen Friedhof besucht und sind anschließend zu dem schönen renovierten Bauernhaus mitten im Wald gefahren. Von dort aus sind wir die ca. 2 km bis K. gewandert, und im Ort selber noch ca. 1 km, bis wir die Dorfkneipe entdeckten. Die war mir bei früheren Wanderungen immer verborgen geblieben. Ganz nett dort, denn M. konnte den Wirt in ein kleines Gespräch über gemeinsame Bekannte verwickeln, und über den schönen Wanderweg und die verschiedenen im Wald gelegenen Häuschen, die nach Auskunft des Wirts überwiegend ehemalige Mühlen sind. Unter anderem haben wir auch erfahren, wer zuletzt Besitzer dieses tollen Bauerhauses war. M. hat auf dem Rückweg noch einige Pflanzen gesammelt: Erika, Farnwedel, getrocknete Disteln, die sie sicherlich in ihren Kranz einbinden will. Mit sind nach einem ansonsten motivlosen Weg diese schönen Flügel des Bergahorns aufgefallen:

Früchte des Bergahorns

Gedächtnislücke Liguster

Dieser Tag stand ganz im Zeichen von Renovierungsarbeiten bei J. und W.. Immerhin ist es uns gelungen, bis zum Abend die Räume so weit vorzubereiten, dass die Tapezierer in der nächsten Woche den Job innerhalb eines Tages zu Ende bringen können. Und dann wird es, denke ich, sehr schön aussehen. War doch ganz gut, dass sie das Tapezieren abgegeben haben, denn die Tapete ist sehr kompliziert im Muster und entsprechend schwierig zu kleben. Das wäre für uns einfach zu zeitaufwändig geworden. Die einzige Baumkommunikation war Ws Frage nach dem Namen eines Strauchs, der vor ihrer Haustür am Lärmschutzwall wächst und den J. schon öfter für Dekorationszwecke verwendet hatte. Obwohl ich den Strauch bestens kenne, wollte mir der Name spontan partout nicht einfallen. Nach längerem angestrengten Nachdenken, bin ich dann doch noch darauf gekommen: Es handelte sich um den Liguster, der zu dieser Zeit des Jahres seine wunderbar schwarz glänzenden Früchte trägt und aus meiner Sicht durchaus eine Bereicherung der Strauchlandschaft darstellt.

Feigenloses Jahr

Der Regen wird den Feigen zwar noch etwas mehr Volumen geben. Aber reif zu werden, daran denken sie trotzdem nicht mehr. Das ist wirklich einer der seltsamsten Wachstumsverläufe, die mir jemals in Bezug auf Bäume untergekommen sind. Bleibt zu hoffen, dass der Baum in 2010 früher neue Blätter ausbildet und seine Früchte entsprechend früher ansetzt. Dieser Sommer jedenfalls wird ein feigenloser bleiben. In punkto Sonne rechne ich mit der nächsten Woche. Und hoffentlich mit den beiden darauf folgenden. Ein warmer Spätsommer wäre schön. Allein schon wegen des wunderbaren Lichts in dieser Jahreszeit.

Mehr Mut, mehr Innerlichkeit, mehr Zuversicht

Ein ziemlich unwirtlicher Tag, der uns nur am Nachmittag zeitweise Sonne schenkte. Der Spätsommer soll uns laut Wetterbericht aber ab Sonntag wieder beglücken. Dennoch ist die neue Jahreszeit schon deutlich spürbar. Das kann auch etwas Gutes an sich haben, wird die Gedanken vielleicht einmal auf Neues lenken, was in der Sommerzeit, die ganz im Zeichen der Wirtschaftskrise stand, verloren gegangen war. Mehr Mut, mehr Innerlichkeit, mehr Zuversicht, das können wir jetzt gut brauchen. Und für mich persönlich: wieder mehr Spaziergänge, die in farbenfroher Landschaft attraktiver und irgendwie angenehmer sind als bei schweißtreibendem Klima. Das wird dann einen neuen Schub von Baumfotografien, vor allem von Blättern, geben. Ich freue mich darauf.

Der Geschmack von Weißdorn

Die Beeren der Weißdornsträucher nehmen jetzt eine dunkelrote Farbe an. Das bedeutet, dass sie weicher werden und sich auch schon ganz gut verzehren lassen. Bei meinen Mittagsspaziergängen am Saardamm pflücke ich um diese Jahreszeit ganz gerne einige der Früchte und kaue langsam das Fruchtfleisch vom Kern ab. Natürlich ist da nicht viel dran, so klein wie die Früchte sind, und so groß, wie der Kern darin ist. Und es schmeckt leicht mehlig und ansonsten eher bitter. Dennoch mag ich diesen Geschmack. Jedes Mal kommt dann dieses Wissensbruchstück ins Bewusstsein: ,,Das ist bestimmt gut fürs Herz“. Was in meinem Fall nicht wirklich von Bedeutung ist. Aber zur Vergegenwärtigung der Bedeutungen einzelner Baum- und Straucharten finde ich solche Rituale generell ganz wichtig.

Herbstliche Stimmungen im Spiegel der Bäume

Pünktlich zum Septemberanfang zeigt sich das Wetter auch schon herbstlich. Allerdings von der unangenehmen, regnerischen und ziemlich ungemütlichen Seite. Soll mir recht sein, wenn es dann, wie fast immer zu beobachten, ab der zweiten Woche in den Indian Summer übergeht. Ich denke da nicht nur an den Solarstromertrag, sondern vor allem an dieses wunderbare herbstliche Licht, das nun mal die Herbstsonne voraussetzt. Nur dann sind auch gute Herbst-Blätter-Fotografien möglich, ein Motivfeld, das ich gerne wieder einmal aufgreifen würde. Wie überhaupt alles, was den Herbst in den Bäumen bzw. die Bäume im Herbst erkennbar werden lässt. Ich glaube, in dieser Zeit des Abbaus und Rückgangs sehen die meisten Menschen die Bäume bewusster als in anderen Jahreszeiten. Es liegt sicherlich an der auffälligen Optik des Laubs, aber sicher auch an ihrer eigenen Stimmung, die dann stärker auf Selbstreflexion und Beschaulichkeit ausgerichtet ist. Kaum vorstellbar, dass solch menschliche Stimmungen im Herbst ohne die Veränderungen der Bäume möglich wären.

Lichtreiches Fruchten

Nachdem die Obsternte bei uns zu Hause schon im vollen Gange ist, zeigt sich das Fruchten auch in der freien Landschaft auf seinem Höhepunkt. Schade, dass die Hecken von den Gehwegen aus teilweise sehr schwer erreichbar sind. Sonst wäre es dieses Jahr durchaus möglich, nach den ersten Frösten Schlehdornbeeren zu sammeln. Die sind ausnahmsweise einmal sehr zahlreich vorhanden, und außerdem auch noch sehr groß und prall. Das haben sie wahrscheinlich dem fruchtbaren Wechsel von Regentagen und wachstumsfördernder Wärme zu verdanken.Reifer Schlehdorn

Sehr schön leuchten zurzeit auch die Früchte der Gewöhnlichen Traubenkirsche, die je nach Reifegrad hellrot bis dunkelschwarz erscheinen.Reife Traubenkirschen

Auch die schwedische Mehlbeere gibt immer wieder ein gutes Bild ab. Wie sie aus dem welkenden Dunkelgrün ihres Laubes heraus mit leuchtend roten Beeren auf sich aufmerksam macht. Ein Tag, der an Lichtreichtum den großen Hitzetagen dieses Sommers in nichts nachstand. Nur die Wärme fiel angenehmer aus und lässt den Herbst bereits erahnen.
Früchte der Schwedischen Mehlbeere

Zwischen Weinlese und Mirabellenkuchen

V. hat den größten Teil der Trauben bereits gelesen und das dieses Jahr ziemlich spärliche Laub gleich mitgeschnitten. Wie zu erwarten war, sind ihm und in Folge auch uns anderen die Wespen wie wild hinterher geflogen. Je weniger Trauben da sind, umso aggressiver werden sie, wohl wissend, dass die paradiesischen Nahrungsquellen der letzten Wochen endlich sind. Ich habe unterdessen meine beiden Armbänder fertiggestellt und danach, am späten Nachmittag, zusammen mit M. das Laub zusammengetragen und gekehrt. Damit es wieder einigermaßen sauber aussieht. Aber am Montag geht’s wieder weiter, mit dem verbliebenen Rest. Die Weinausbeute wird wohl diesmal recht mager sein. Und dann auch noch diese schlechte Qualität! Bei manchen Fruchtsorten soll es wohl diesmal nicht sein. Genossen habe ich aber den wunderbaren Mirabellen- und Zwetschgenkuchen, den ich am Nachmittag belegt hatte. M. hatte zuvor wunderbaren Hefeteig vorbereitet, und V. hatte bereits gestern die letzten, schon überreifen Mirabellen unter dem verwilderten Baum am Altenberg aufgesammelt. Die sind so süß, dass man gar nicht zuckern muss. Und dann diese leckere Aroma! Allein damit war der Tag gerettet.

Kreative Freiphasen

Die Arbeit am Holz ist doch im Laufe der Jahre zu einer angenehmen Routine geworden. Einmal begonnen laufen die einzelnen Arbeitsschritte wie von selber ab. Immer in einer Mischung aus konzentrierter Aufmerksamkeit auf den Gegenstand und gedanklichem Ausschweifen, weg vom üblichen Alltag. Das ist, obwohl in Teilen wirklich nervig, doch eine Art Erholung, schon allein, weil es sich vom sonst für mich Üblichen abhebt. Eine Art Freiraum, den mir keiner nehmen kann. Vielleicht hat diese Arbeit auch deswegen eine so große Bedeutung für mich. Ein wirklich einmaliges Produkt, das von ganz unterschiedlichen Menschen später genutzt wird, und das quasi in meinen kreativen Freiphasen entsteht. Diese Konstellation gefällt mir außerordentlich.

Die Feigen wollen nicht mehr

Der Feigenbaum ist dieses Jahr ein Phänomen. Tatsächlich bewegt sich die Fruchtreife schon seit über 3 Wochen nicht mehr von der Stelle. Als ob der Baum quasi angehalten worden wäre. Die Feigen sind noch genauso grün und fest wie vorher. Und keinerlei Anzeichen für eine Änderung. So werden die unreifen Feigen wohl bei den ersten Frösten einfach abfallen und verfaulen. Ein Jammer, denn der Baum hängt übervoll. Nur die Feigen wollen anscheinend nicht mehr. Als ob der Sommer ihnen in irgendeiner Form zugesetzt hätte. Es gibt eben auch im Bereich natürlicher Prozesse immer wieder Überraschungen.

Vorzeitige Weinlese

V. hat doch tatsächlich vor, am Wochenende bereits seine Weintrauben zu lesen. Das ist dann wohl der früheste jemals realisierte Termin. Grund: Die Wespen würden sie ansonsten vollständig auffressen. Mal wieder übertrieben, wie so häufig bei V.. Natürlich sind die Wespen in diesem Jahr ein Problem, aber dafür die Qualität des Weins so zu beeinträchtigen? Das scheint mir doch unverhältnismäßig. Dann doch lieber etwas weniger, und auf der anderen Seite bessere Qualität. So handhaben es jedenfalls, wie ich am Abend aus einem Fernsehbericht erfuhr, die Profiwinzer. Aber wie ich V. kenne, wird die Panik letztlich wieder Oberhand behalten und das Vorhaben ist so gut wie unumstößlich. Für mich kommt am Wochenende wieder Handwerkszeit. Zwei Armbänder aus Weidenbaum und Hasel, bei voraussichtlich weniger schweißtreibenden Temperaturen.

Zwischen Sommer- und Herbstfeeling

Was sind das nur für Wetterkapriolen in diesem Jahr. Heute war es richtig schwül, ein Attribut, das V. gerne für jede Art warmen Wetters verwendet, auch wenn es nicht so feucht-warm ausfällt. Der Sommer scheint dann schon wie verflogen. Dabei soll er gegen Wochenende wiederkehren. Wenn die neue Jahreszeit auch mehr Engagement und Mut in der Wirtschaft aufkeimen lässt, freue ich mich doppelt auf sie. Aber auch ohne das ist der Herbst einfach eine schöne Zeit. Wie immer sind es die Bäume, an deren Veränderung wir ihn erkennen und im Verlauf präsent halten. Das wäre dann nach Jahren auch wieder Anlass für eine Serie ausdrucksstarker Herbstblätter-Fotografien. Den ich erkenne, dass diese Naturmakros immer noch zu den bei fotolia am schnellsten akzeptierten gehören. Dennoch bin ich froh, mein Spektrum ausgeweitet und auch die Haushaltsutensilien und die Erneuerbaren Energien als Motivfelder entdeckt zu haben.

Die Feigen wollen nicht reifen

Die Tagua-Nüsse liegen immer noch in halb fertigen Zustand hier. Immerhin hatte ich vorletztes Wochenende bereits die Intarsien abgeschliffen und sie in eine Rohform gebracht. Der Feinschliff steht aber immer noch aus. Ich hoffe, es werden noch einige warme Wochenenden, vielleicht im Indian Summer, während derer ich das erledigen kann. Enttäuschend in diesem Jahr ist das Wachstum des Feigenbaums. In den letzten 3 Wochen hätte er jede Menge Zeit gehabt, seine Früchte ausreifen zu lassen. Stattdessen stagnieren sie einfach, unbegreiflich, wo das Klima doch ideal ist. Tatsächlich haben sich die dicksten seit Wochen nicht mehr verändert. Und doch hängen die Zweige voll davon, überwiegend halb ausgewachsen und noch völlig grün und hart. Merkwürdig, welche Kapriolen die Natur so spielt. Uns ist damit ein lieb gewonnenes Ritual des spätsommerlichen Erntens vorenthalten.

Persönliches Baumtagebuch von Bernhard Lux: Täglich begegne ich den Bäumen auf vielfältigen Wegen. An ihrem jeweiligen Standort in der Natur, in der Lektüre von Baum- und anderer Literatur, in der alltäglichen Reflexion, der handwerklichen Arbeit und im Gespräch mit der Familie oder Freunden und Kollegen. Es ist mir ein Bedürfnis, diese themenbezogenen Beobachtungen, Interaktionen und Kommunikationen in Form des Baumtagebuchs zu dokumentieren. Seit dem 20. November 2004 habe ich keinen einzigen Tag ausgelassen – ein Zeichen dafür, dass das Baumthema und der Baum als Archetypus tatsächlich im Alltagsleben verankert ist und vielfältige inhaltliche Assoziationen ermöglicht. So mag dieses Baumtagebuch jeden seiner Leser/innen auf die Spur einer je eigenen Beziehung zu den Bäumen führen.