Frühlingssymbolik

Die Haselblüten rieseln doch nicht, obwohl sie schon fast ausgeblüht haben. Da hatte M. sich getäuscht und deshalb auch einige zur Dekoration ins Haus geholt. Und meine Vorhersage, dass sich die Blattknospen öffnen werden, an Stelle des Blütenwunders, scheint sich zu erfüllen. Es sieht so aus, dass sie genau am Ostersonntag soweit sind, allein wegen des Temperaturunterschiedes zu draußen und obwohl wir die Holzofensaison bereits beendet haben. Also konnten wir zumindest symbolisch dem Frühling etwas auf die Sprünge helfen. Immerhin die Spaziergänge sind inzwischen nicht mehr wirklich frostig. So hoffe ich, dass uns am morgigen Ostertag doch noch viele helle Stunden erwarten.

Karfreitag und Palmbräuche

Es war ein Karfreitag, dessen Atmosphäre dem Feiertag gerecht wurde. Und dem letztjährigen durchaus ähnlich. Nach dem Passionsgottesdienst am Nachmittag schien die Sonne, vom Hochnebel abgedämpft, aber spürbar. Und das hielt dann bis zum Abend. Ein ruhiger Tag, wie ich es mir gewünscht hatte. In Bayern 3 waren einige spannende Berichte über Osterbräuche zu sehen, u. a. einer über die in manchen Regionen üblichen Palmsträuße. Darunter eine sehr schöne Idee, die bei uns zwar nicht üblich, aber dennoch so naheliegend ist, dass wir uns das fürs nächste Jahr notiert haben: In der Mitte werden Weidenruten mit Kätzchen gesteckt, und außen dann das Immergrün des Buchsbaums oder der Zypressen. In diesem Jahr wäre das allerdings wegen des ewig langen Winters schwierig geworden. Konnten wir doch bis zuletzt kaum Weidenblüten sichten. Und wenn, sind es meist nicht die flauschigen, sondern die anderer Arten, die sich für diesen Zweck weniger eignen. Hoffen wir auf einen zeitigeren Frühling in 2014. Und eine ebenso ruhige und ihrer Bedeutung gerechte Karwoche.

Abschlussrituale

Die Stille hat sich wie eigentlich immer schon einige Tage vor Ostern eingestellt. Kaum jemand kann sich dem entziehen. Das ist gut so, und die meisten scheinen das ähnlich zu sehen, wie eine Umfrage in der Nachmittagsfernsehsendung gezeigt hat. Auch Menschen mit wenig Bezug zum kirchlichen Leben sehen häufig den hohen Stellenwert der Feiertage und insbesondere des Karfreitags als fast schon lebensnotwendige Oasen in der sonst ununterbrochen bewegten Arbeits- und Freizeit. Was wäre ohne diese Tage? Es fehlte eine Möglichkeit, wirklich einmal zur Ruhe zu kommen. Die für viele nicht selbstverständliche Selbstbeobachtung und -reflexion hätte eine Chance weniger. Von der jeweils tiefen Symbolik der Tage und ihrer Traditionen einmal abgesehen, die mit sehr wechselhafter Intensität wahrgenommen werden. V. hat als letzte Tat vorher noch seine letzten Fichtenholzabschnitte für den Brennholzvorrat heimgeholt. Wie wenn er den Winter endgültig verabschieden wollte. Und M. ist in ihrem traditionellen und tief verwurzelten Putzritual aufgegangen, das ja eigentlich auch eine Art Abschluss darstellt. Das neue Jahr scheint mit dem Osterfest erst wirklich zu beginnen. Das ist in diesem Jahr noch deutlicher als sonst geworden.

Eigentümliche Karwoche

Es gehört zu den Konstanten, dass in den Tagen vor und nach Ostern die Stille über die Menschen kommt. Niemand hat dann wirklich noch Lust, Neues anzufangen. Man ist, ähnlich wie über die Fastnachtstage, in einer Art Auszeit, nur eben mit anderer Stimmung als vor Beginn der Fastenzeit. So ist das Osterfest von dieser eigentümlichen, aber durch seine Bedeutung motivierten Verbindung von Wesentlichem, Traurigem, Hoffnungsvollem und Verändernden geprägt, der sich fast niemand entziehen kann. In diesem Jahr ist das vielleicht noch stärker spürbar, da das Wetter typische Merkmale des Frühlings vermissen lässt. Da fällt tatsächlicher Winter mit gedachtem Frühling zusammen. Eine Atmosphäre, die wir so lange nicht erlebt haben und durch das Fehlen des Grüns und die Verzögerung des neuen Wachstumszyklus der Bäume bei jedem Spaziergang und jedem Blick aus dem Fenster unterstrichen wird.

Blätterwunder

Ein Blütenwunder vor Ostern? Davon hatte ich noch nicht gehört. M. meinte, es gebe einen Brauch, dass man ähnlich wie vor Weihnachten mit den Barbarazweigen, in der vorösterlichen Zeit entweder Birken- oder Haselzweige schneidet und in der warmen Stube dann just zu Ostern ein ,,Blütenwunder“ inszeniert. Falls es die Tradition geben sollte, schiene sie mir doch recht fragewürdig, hängt der Termin für Ostern doch vom Lauf des Mondes ab und ist entsprechend nicht feststehend. Die Witterungsverhältnisse und die Bereitschaft der Pflanzen, sich für den Frühling vorzubereiten, kann deshalb an Ostern nicht immer dieselbe sein. Nun, trotz der Kälte sind die Haselsträucher inzwischen doch schon so weit, dass die meisten Blütenkätzchen schon verblüht sind. Ich habe dennoch einige Zweige geschnitten, mit dem Hintergedanken, dass immer noch ein ,,Blätterwunder“ möglich wäre. Denn die Blattknospen stehen derzeit kurz davor, sich zu öffnen. M. fand die Idee dann aber doch nicht so toll, vor allem, weil die offenen Kätzchen in der Wohnung für Schmutz sorgen könnten. So werden die Zweige wohl durchs Küchenfenster sichtbar im Garten aufgestellt werden. Das Blätterwunder dürfte dann allerdings noch etwas länger auf sich warten lassen.

Im Übergang

Jetzt hat die Stadt den großen Haufen geschnittener Äste und geteilter Stämme am Damm abtransportiert. Schade, dass ich niemanden dort nach der Art des Strauchs fragen konnte. So wird die Frage, ob der Abschnitt von einem Weißdorn oder einem Schwarzdorn stammt, wohl unbeantwortet bleiben. Trotz der anhaltenden Kälte glaube ich zwischendurch so etwas wie Frühlingsmomente wahrzunehmen. Es ist, als ob die Natur die Hoffnung von sich aus schürt und mit der eigenen Erwartung spielt. So sicher scheint es noch nicht zu sein. Nach dem vielleicht einstündigen Konzert vor etwa zwei Wochen hat sich unsere Hausamsel Felix jedenfalls nicht mehr geäußert. Der Gesang war damals wieder verstummt. Und die Vögel sind sich vielleicht von allen Lebewesen um uns herum noch am sichersten. Natürlich auch die Pflanzen. Und das Fehlen wirklichen Grüns und sich öffnen der Blütenknospen spricht eben seine eigene Sprache. So wollen wir der Übergangszeit die besten Seiten abgewinnen und die kurzen Sonnenphasen genießen.

Palmzweige

Die immergrünen Bäume geben uns etwas Halt. So auch der Buchsbaum, von dem ich gestern zwei kleine Sträuße geschnitten und zur Palmweihe in die Kirche mitgenommen hatte. Heute Vormittag habe ich sie traditionsgemäß über den Türkreuzen im Haus verteilt, die alten und dürren Zweige abgenommen und später verbrannt. Nun hoffe ich, dass der frische Palm nicht so schnell verblassen wird wie im vergangenen Jahr. Draußen sind immerhin schon die Kätzchen mancher Weiden zu sehen. Damit hat sich die Attraktion der Landschaft heute beim Spaziergang aber auch schon erschöpft. Die Menschen sind schon ganz stumm. Wagen das Thema schon nicht mehr aufs Wetter zu lenken. Wohl ahnend, dass alles Hoffen nichts nützt in diesem Jahr. So werden wir noch eine Weile durchhalten müssen. Mit der Aussicht auf vielleicht schöne Feiertage mit Spaziergänge in hellem Licht und etwas vom ersten Grün. Nutzen wir die Übergangszeit, um kreative Programme weiter auszubauen.

Vor dem Durchbruch des Frühlings

Heute habe ich noch eine Statistik gehört: Angeblich war das der dunkelste Winter seit 60 Jahren. Aus eigener Erfahrung kann ich das zwar nicht bestätigen. Aber sehr wahrscheinlich scheint es mir auf jeden Fall zu sein. Tatsächlich kann man es kaum glauben, dass die Wärme und das Licht partout nicht zurückkehren wollen. Und die Lethargie, die das bei vielen hervorruft, scheint sich schon zementiert zu haben. Man benötigt eben den äußeren Anstoß, den Anblick der ersten Baumblüten, das Leuchten des ersten hellen Grüns, den Duft der Frühlingsluft, die von Wärme eingehüllt ist und nicht von Schneeflocken durchsetzt. So wie es jetzt noch aussieht, hätten wir die Holzofensaison problemlos verlängern können. Der Optimismus war wohl zu groß. Die Freude über den Durchbruch des Frühlings wird umso größer sein.

Technisierte Landschaftspflege

Am Flussdamm haben die Landschaftsgärtner oder wer immer dafür verantwortlich ist wieder einmal schlimm gewütet. Alle paar Jahre werden die Hecken dort radikal zurückgeschnitten. Aber auf eine Art, die keinerlei Sensibilität erkennen lässt. Das geht eher nach dem Rasenmäherprinzip. Dabei passiert es immer wieder, dass Äste und Stammabschnitte von der Maschine nicht vollständig abgetrennt werden und dann halb abgeknickt noch am Baum oder Strauch hängen. Das ergibt zusammen mit den einen Meter über dem Boden gekappten Stämmen ein verheerendes Gesamtbild, wie nach einer Schlacht. Ich vermute, es geht wie immer um Kostenersparnis. Man macht es schnell, effektiv und radikal, damit der nächste Schnitt erst wieder in 2-3 Jahren notwendig wird. Hauptsache, die Arbeit ist erledigt und das Soll erfüllt. Ein Jammer, dass sich bei Aufgaben der Landschaftspflege eine technisierte Planwirtschaft durchgesetzt hat, die dem, was die Kulturlandschaft zu unserem täglichen Wohlbefinden beitragen kann, nicht gerecht wird.

An die lebenden Bäume gewandt

Ein Tag, der mit technischen Spezialproblemen gespickt war. Aber wahrscheinlich gehört das auch dazu und hilft, auch darin ein angemessenes Maß an Souveränität zu gewinnen. Mein Kunsthandwerk geht nichtsdestoweniger weiter und wird sich wieder ins Wochenende erstrecken. Ich denke aber, dass die Freude an den Bäumen sich bald stärker nach außen richtet, an die lebenden Bäume gewandt, und die Zeit um Ostern herum eine stillere, weniger bewegte sein wird. Darauf können wir uns freuen, auf eine kurze Auszeit, in der wir hoffentlich etwas mehr vom Licht verwöhnt werden.

Kurioses Jahr

Der Frühling ist weit und breit nicht in Sicht. So die Aussage der professionellen Wettervorhersager. Die hätten wir allerdings nicht gebraucht für diese Erkenntnis. Obwohl, wie einige ja ebenfalls schon bemerkt haben, so etwas wie Frühlingsluft kann man schon in den wenigen Sonnenphasen zwischendurch aufschnappen. Also nicht mehr richtig Winter, aber zum kalendarischen Frühlingsanfang auch noch keine wirklicher Frühling. Ich hoffe, dass wir wenigstens Ostern dann im Licht begrüßen können. Und dass die ersten Grüns an Bäumen und Sträuchern bald zu sehen sein werden. Immerhin konnte ich an den Schlehdornhecken schon die Blütenknospen sehen, wie sie nur darauf warten, sich öffnen zu können, sich aber gegenwärtig noch nicht trauen. Wohl aus gutem Grund. Bei manchen anderen Arten kann man diese Wartestellung in vergleichbarer Form beobachten. Ein ziemlich kurioses Jahr, das sich im späteren Verlauf dann hoffentlich ausgleicht.

Letzter Holzofentag

M. hat beschlossen, dass heute der letzte Holzofentag dieses Winters sein soll. Schade, die wohlige Wärme in Abwesenheit des Frühlings tat auch zuletzt sehr gut. Das ist mit Heizkörperwärme gar nicht zu vergleichen. Wenigstens ist jetzt unser Holzspeicher wieder vollständig frei und kann in den nächsten Wochen aufgefüllt werden. Einige grüne Stammabschnitte hat V. schon mitgebracht. Wir warten noch auf besseres Wetter, um sie in ofengerechte Stücke zu sägen. Bei der Gelegenheit will ich dann auch die restlichen Holunderabschnitte vorbereiten, und den Zweifelsfall ,,Schwarzdorn vs. Weißdorn“. Ich freue mich schon sehr darauf, in einigen Monaten das erste Armband aus Holunderholz herstellen zu können. Vor allem bin ich gespannt, wie die unterschiedlich gefärbten und strukturierten Sorten in getrocknetem Zustand wirken und ob man dann noch diese deutlichen Unterschiede erkennen kann.

Baumbestimmung im Winter

Die Baumartenbestimmung im Winter ist eine schwierige Sache. Nachdem ich den kürzlich gefundenen Abschnitt mit den lebenden Sträuchern vor Ort verglichen habe, bin ich mir nicht sicher, ob es sich um einen Weißdorn oder um einen Abschnitt des Schwarzdorns handelt. Näher betrachtet sind die Rinden und die Astarchitektur durchaus ähnlich. Das ist wirklich schade, denn sonst hätte ich eine neue Art in mein Sortiment aufnehmen können. Aber wenn ich nicht 100 prozentig sicher bin, ist das natürlich ausgeschlossen. Aber vielleicht entdecke ich ja später noch das unzweideutige Unterscheidungsmerkmal.

Wirrwarr in der Baumsymbolliteratur

Wenn ich, wie jetzt wieder, der Literatur zum Lebensbaumthema folge, merke ich, wie mir doch viele Facetten des Begriffs bisher noch nicht richtig beleuchtet erscheinen. In aller Regel werden die verschiedenen Begriffsschichten und Teilthemen in einer wirren Weise miteinander vermengt, so dass es schwer ist, die genauen Quellen zu identifizieren. Da sind Vermutungen und Wünsche kaum von belegtem Sachwissen zu unterscheiden. Und die Quellangaben sind fast immer dieselben. Ich denke, es ist notwendig, diesen Quellen selber genauer nachzugehen, um vielleicht zu ganz anderen Erkenntnissen zu gelangen, mehr Ordnung in das Wirrwarr der Baumsymbolbetrachtung zu bringen. Eine spannende Aufgabe, die vor allem eines erfordert: Viel Zeit, die mir derzeit allerdings fehlt. So bleibt es vorerst beim Vorsatz und den ersten Ansätzen einer Methode.

Persönliches Baumtagebuch von Bernhard Lux: Täglich begegne ich den Bäumen auf vielfältigen Wegen. An ihrem jeweiligen Standort in der Natur, in der Lektüre von Baum- und anderer Literatur, in der alltäglichen Reflexion, der handwerklichen Arbeit und im Gespräch mit der Familie oder Freunden und Kollegen. Es ist mir ein Bedürfnis, diese themenbezogenen Beobachtungen, Interaktionen und Kommunikationen in Form des Baumtagebuchs zu dokumentieren. Seit dem 20. November 2004 habe ich keinen einzigen Tag ausgelassen – ein Zeichen dafür, dass das Baumthema und der Baum als Archetypus tatsächlich im Alltagsleben verankert ist und vielfältige inhaltliche Assoziationen ermöglicht. So mag dieses Baumtagebuch jeden seiner Leser/innen auf die Spur einer je eigenen Beziehung zu den Bäumen führen.