Wechselhaftigkeit innerer Zeit

An diesem ruhigen Feiertag konnte man spüren, dass der Frühsommer zurückkommt. Für die nächsten Tage ist wieder mit mehr Sonnenlicht zu rechnen. Und damit, dass nach den Bäumen auch die Nutzpflanzen, vor allem das Gemüse, wieder eine Chance erhalten. Bei vielen mangelt es einfach noch an konstantem Sonneneinfluss, z. B. bei den Sonnenblumen selbst, die nach ihrem Umpflanzen sehr leiden und sich noch nicht wieder aufrappeln konnten. Bei den einjährigen Blumen aus der Gärtnerei beobachten wir bisher noch keine Beeinträchtigungen. Die scheinen sich eher zu freuen, zurzeit nicht so viel verdunsten zu müssen. Am Nachmittag hat ein Gespräch mit M. gezeigt, dass wir in Vielem vergleichbare Beobachtungen und Wahrnehmungen haben. So auch in dem Eindruck, dass sich die Zeit zunehmend beschleunigt. Am Beispiel der rasend schnell vorübergehenden Sonn- und Feiertagsnachmittage wird uns das besonders deutlich vor Augen geführt. Dabei fällt mir ein, dass ich selten auch mal das Gegenteil erlebe. Dass nämlich sehr viel Verschiedenes in einer kurzen Zeitphase geschieht oder erledigt werden kann, was dann das Gefühl langsam vergehender Zeit hinterlässt. Aber womit hängt dieser Eindruck der Wechselhaftigkeit ,,innerer Zeit“, wie sie Henry Bergson benannt, unter modernen Lebensbedingungen tatsächlich zusammen?

Grün zieht an

Das touristische Projekt erhält jetzt richtig Kontur. Und das Betrachten und Bearbeiten all der fotografischen Motive der Landschaft und der Sehenswürdigkeiten bringen mir die Heimat wieder ein Stück näher. Dabei schätze ich diese Orte selbst und bemühe mich, ihren Zauber z. B. in Fotografien oder ganz still beim Spaziergang in mir aufzunehmen. Dennoch nimmt man die eigene Umgebung wohl anders auf als ein Tourist. Insofern ist solche Arbeit immer auch ein Überprüfen der eigenen Einstellung und des eigenen Verhältnisses zur vertrauten Lebenswelt. Und was mir bei der Durchsicht und Auswahl des Materials vor allem auffällt: Das viele Grün, das unserem Kreis den Namen gegeben hat, ist schon sehr dominant. Sicher wird der Waldreichtum unserer Region, akzentuiert und in Szene gesetzt durch die leicht hügelige Landschaft, Urlaubern vor allen Dingen in Erinnerung bleiben.

Doch wieder Tourismus

Nun widme ich doch wieder viel Zeit einem Projekt mit touristischer Zielrichtung. Es ist ganz interessant, auch wenn diese unangenehme Kommunikation im Zusammenhang des Broschürenprojekts mir vor Jahren gründlich die Laune an diesem Themenbereich verdorben hat. Na ja, jetzt liegt einige Zeit dazwischen und ich kann mit frischem Elan an die Sache herangehen. Dabei ahne ich schon, dass das ein sehr schöner Auftritt werden kann. All die schönen Fotografien aus dem Nachbarort, mit den dazugehörigen inhaltlichen Erläuterungen, das viele Grün rund um die historischen Sehenswürdigkeiten, wird Urlaubswillige sicherlich ansprechen. Leider war in der Auswahl keine Aufnahme, die den exotischen Baumbestand des Abteiparks hervorhebt. Die hätte ich garantiert noch mitaufgenommen.

Das Mysterium hinter den Bäumen

Die richtige Zeit und Muße zum Fotografieren wird auch wieder kommen. Vielleicht schon in der kommenden Woche, wenn ich den gegenwärtigen Arbeitsstau aufgelöst habe. Aber es gibt eben immer wieder Phasen, in denen man ,,dran“ bleiben muss, z. B. um Termine einhalten zu können. Wichtig ist nur, dass der Überblick nicht verloren geht und vor allem die Fähigkeit, auch das Grundlegende und Allgemeine im Blick zu behalten. Für mich ist das ein Qualifikationsmerkmal und auch ein Zeichen von seriösem Arbeiten, wenn man eben nicht ausschließlich fokussiert ist. Diesen Blick zur Seite, oder auch über den jeweiligen Horizont hinaus, den möchte ich mir möglichst immer bewahren. Ein Grund, warum mich die Bäume so faszinieren. Kaum ein Lebewesen verkörpert dieses Grundlegende so überzeugend. Dahinter steckt ein Mysterium, das ich hoffentlich in diesem Leben nicht mehr enträtseln werde.

Lebensgrundlagen nicht nur in Europa

Nach längeren Diskussionen in der Familie bin ich heute als einziger doch zum Wählen gegangen. Dabei ging es mir vor allem um die Europawahl, weniger aus Überzeugung in der Sache oder wegen einer wie auch immer erkannten Verpflichtung, sondern eher wegen des Eindrucks, dass die Möglichkeit zu wählen eben eine unserer prominentesten Errungenschaften darstellt, die inzwischen vielleicht zu selbstverständlich aufgefasst werden. Also vor allem um diese Möglichkeit aufzugreifen. Die Unterschiede in der Politik sind ohnehin kaum wahrnehmbar und im europäischen Rahmen noch schlechter abzuschätzen als im nationalen Rahmen. Da hat man ohnehin den Eindruck, dass die einzelne Stimme nicht wirklich mit Sinn gefüllt werden kann. Nun, ich werde trotz meiner schon aus Studienzeiten stammenden Europaskepsis am Thema dranbleiben, seine Entwicklung verfolgen und meine Bedenken bei passender Gelegenheit äußern. Auch wenn ich der Ansicht bin, dass wir eher eine Aktualisierung grundlegender Gemeinsamkeiten benötigen, die auf einer Ebene liegen, die allen kulturellen, politischen und religiösen Unterschieden und Konstellationen zu Grunde liegt. So gesehen ist das Nachdenken über unsere natürlichen Wurzeln und unsere Verortung im Ganzen der Schöpfung, insofern ist auch das Thema der symbolischen Spiegelung des Menschen z. B. in Lebenssymbolen wie dem Baum, eine Zukunftsaufgabe mit großer Aktualität. Keine private Träumerei, deren Ziel es wäre, eine verloren gegangene Idylle wiederzubeleben.

Verdrängte Eindrücke

Seltsam. Gewöhnlich führt mich beim Besuch bei J. und W. in G. der erste Weg in den Garten, zu den beiden Ebereschen. Diesmal bin ich erst spät auf die Idee gekommen. Vielleicht war wir andere Dinge im Kopf hatten, die dominanter waren. Vielleicht aber auch, weil die Früchte zurzeit noch grün sind und ihr leuchtendes Rot noch nicht ausgebildet haben. Auch sind bei näherem Hinsehen weniger Fruchtstände zu beobachten als sonst, die aber sind sehr schön und üppig ausgebildet. Bald schon wird das eng zusammenstehende Baumpaar den optischen Mittelpunkt des Gartens ausmachen und dann sicher auch wieder zunehmend die Vögel anlocken. Ichwünsche J. und W. viel Freude an ihrem Garten, den schönen Bäumen und vielen blühenden Blumen, die den Sommer am eigenen Haus so schön und lebendig werden lassen.

Ein Gespräch über Bäume

Ein Gespräch über Bäume, das ich so lange nicht geführt habe. Der Baumfreund ist Gärtner und hat vor allem einen botanischen, handwerklichen und technischen Zugang zum Thema. Aber auch das kann natürlich interessant sein. Ich werde mich daran erinnern, wenn ich gute Tipps zum Düngen bestimmter Arten oder zur gezielten Schädlingsbekämpfung benötige. Damit kennt er sich gut aus. Und vielleicht sagt ihm ja die Wunschbaumseite auch etwas, als eine auf Symbole bezogene Ergänzung seiner Baumperspektiven

Vögel als starke Symbolwesen

Komme kaum vor die Tür in diesen Tagen. Das hat in puncto Kontinuität auch sein Gutes, aber ich erkenne schon eine Art Erholungsdefizit. Vielleicht ist der Feiertag kommende Woche eine geeignet Auszeit. Danach geht’s mit dem aktuellen Projekt auch schon in die Schlussphase. Viel Arbeit also davor und danach. Schön, dass die Verbindung zur Jahreszeit trotzdem nicht abreißt. Der wunderbare Gesang der Amseln, die sich gerade während der Regenschauern besonders wohlfühlen, tut einfach gut. Wenn sie auf einem der Pfosten oder auf dem Ginkgo sitzen, sind sie in ihrem Element und erfüllen den gesamten Gartenraum mit einer Art Leichtigkeit. Vögel sind eben ganz besondere Tiere, die ähnlich wie die Bäume als sehr starke spirituelle Symbole auf uns wirken.

Zukunftspläne für Gleditschien

Die kleinen Gleditschien machen sich dieses Jahr sehr gut. So musste ich bei dem größten der drei übrig gebliebenen sogar eine längere Stütze anbringen. Ich hoffe, das Wachstum wird noch etwas andauern, damit die Bäumchen stabiler werden, bevor irgendwann dann doch ein strengerer Winter kommt. Bei der Mühe, die wir uns mit der Aufzucht gegeben haben, wäre es doch schön, wenn wenigsten diese drei überleben und kräftig werden würden. Ein Problem wird später allerdings der Standort. Im Garten wird sich wohl kein geeigneter Platz mehr finden. Vielleicht haben die Bäume ja am Bienenhaus eine Chance. Aber für den Versuch müssen sie erst noch sehr viel stärker werden.

Ungewöhnliches Stammwachstum

V. meinte, die Wuchsform des Walnussbaums sei normal. Da bin ich mir allerdings nicht so sicher. Der Stamm ist schon ungewöhnlich, gleich dick von unten bis zum Kronenansatz. Dabei ist der Baum für sein junges Alter schon sehr hoch. Eigentlich ein Wunder, dass er beim starken Wind noch keinen Schaden genommen hat. Die Krone breitet sich jetzt allmählich, aber noch sehr zögerlich aus. Bisher geht auch die eher in die Höhe und zeigt kaum Tendenzen, sich schirmartig auszubreiten. Aber bis zum Spätsommer wird er seiner Nussbaumnatur sicherlich schon ein Stück näher gekommen sein.

Maulbeerbaum-Blickfang

Richtig tolles Frühsommerwetter. Und das Blumengießen am Abend macht mir jetzt schon viel Spaß. Das ist wie ein entspannender Ausklang des Tages. Die Gießwassertanks sind dank der langen Regenfälle der letzten Wochen gut gefüllt. Jetzt kann die Blumen- und Bäume-Hochzeit ruhig so weitergehen. V. berichtet, dass der Maulbeerbaum die letzten Nachfröste nicht gut vertragen hat. Die ersten zarten Blatttriebe sind wohl erfroren. Das war im letzten Jahr schon so, später haben sie dann einen zweiten Anlauf genommen. Der Baum hat sich dennoch prächtig entwickelt. Ich hoffe, dass er nach dem gründlichen Rückschnitt Anfang des Jahres noch stärkere Äste ausbildet und sich nicht mehr ganz so extrem verzweigt. Denn dieser Baum könnte sich trotz des klimatisch nicht gerade günstigen Standorts sehr schön entwickeln und irgendwann sicher den Blickfang des schmalen Grundstücks bilden.

Gartenfreuden

Einfach ein schöner Frühlingssonntag, dessen Ruhe ich gerne in mir aufgenommen habe. In die Landschaft hat es mich eher nicht gezogen, aber mit M. zusammen habe ich am Vormittag noch etwas im Garten gearbeitet, den Efeu erneut geschnitten, ein paar Blumen eingepflanzt und anschließend endlich die Sitzgarnituren heruntergeholt. Jetzt können die Mittagessen und Kaffeerunden am Nachmittag draußen beginnen. Der Garten ist überhaupt ab dieser Jahreszeit am schönsten, wenn es immer grüner wird und das Licht durch dieses Grün gefiltert wird. Wenn die Bäume ihre Kronen stärker ausbilden und voluminöser werden. Wenn die Vögel sich gegenseitig mit ihrem Gesang zu überbieten versuchen. Dann macht es einfach Freude, sich um das Haus herum zu bewegen, vor allem wenn es keine zwingenden Aufgaben zu erfüllen gilt.

Ein Garten mit Palmen und Feigen

Das Problem von Herr M. konnte ich am Vormittag leider nicht lösen, aber zumindest näher eingrenzen. Ich habe die Sache weitergegeben und hoffe, er wird bald wieder normal arbeiten können. Bei der Gelegenheit konnte ich aber seinen Garten bewundern, der wirklich schön angelegt ist. Der Eyecatcher sind natürlich die beiden Palmen, die vor Jahren immer vor dem Haus standen. Daneben eine erst kürzlich erworbene Feige und zwei kleinere, die aber wohl auch schon unter den Winterfrösten gelitten haben und ziemlich zerrupft aussehen. Daneben viel Gemüse und Kräuter, die wir bei uns noch nie angepflanzt haben. Aber das ist eine gute Anregung, es eben doch mal zu versuchen. Die überschüssigen, eigentlich für Geranien angeschafften Schalen wären dafür doch ganz gut geeignet. Wir werden sie aber auf dem Boden platzieren müssen. Eine geeignet Aufhängung ist leider nicht verfügbar.

Fotografie als kleinster gemeinsamer Nenner

Das mit dem Knubbel ist zwar zunächst gelöst, aber ich kann eben nicht sicher sein, ob es so bleibt. Eine gewisse Unsicherheit, wie so häufig in dieser Zeit. Die Fotografie beschäftigt mich bei meiner Arbeit immer mehr und häufiger, auch wenn ich meist nicht selbst aktiv werde. Es scheint so, als ob sie den kleinsten gemeinsamen Nenner in der Kommunikation über Gestaltungsfragen darstellt. Fast jeder meint, sich dazu äußern zu können. Und die jeweiligen Meinungen klingen meist kompromisslos. Ein vortreffliches Thema also, um sich zu streiten, wenn man will. Aber auch gut, denn so ist eine gewisse Basis geschaffen. Ich muss aber immer wieder klar machen, dass die fotografische Illustration nur eines unter vielen Gestaltungselementen darstellt. Werbung in eigener Sache sozusagen, auch wenn das häufig nicht ankommt. In eigener Sache zu fotografieren ist zurzeit kaum möglich. Aber die richtig schönen Sonnentage kommen ja erst noch. Vielleicht eine Gelegenheit, endlich die Holzstrukturreihe fortzuführen.

Persönliches Baumtagebuch von Bernhard Lux: Täglich begegne ich den Bäumen auf vielfältigen Wegen. An ihrem jeweiligen Standort in der Natur, in der Lektüre von Baum- und anderer Literatur, in der alltäglichen Reflexion, der handwerklichen Arbeit und im Gespräch mit der Familie oder Freunden und Kollegen. Es ist mir ein Bedürfnis, diese themenbezogenen Beobachtungen, Interaktionen und Kommunikationen in Form des Baumtagebuchs zu dokumentieren. Seit dem 20. November 2004 habe ich keinen einzigen Tag ausgelassen – ein Zeichen dafür, dass das Baumthema und der Baum als Archetypus tatsächlich im Alltagsleben verankert ist und vielfältige inhaltliche Assoziationen ermöglicht. So mag dieses Baumtagebuch jeden seiner Leser/innen auf die Spur einer je eigenen Beziehung zu den Bäumen führen.