Nach Ostern

An diesem aus der Reihe geratenen Samstag habe ich draußen durchaus nichts verpasst. So freue ich mich, dass sich der Anflug einer neuen Erkältung – wohl ein Resultat dieser Extremschwankungen – im Laufe des Tages verflüchtigt hat. Jetzt soll der Frühling seine Fortsetzung finden und sich hoffentlich stabilisieren. Die österliche Dekoration haben wir uns noch bis morgen aufbewahrt. Allzu schnell wären sonst der Feiertag und seine Symbolik wieder aus dem Bewusstsein verschwunden. Mit einem gewissen Erschrecken habe ich festgestellt, dass ich für das kommende Jahr gar kein neues Ostermotiv aufgenommen habe. So werde ich wohl auf eines aus meinem Archiv zurückgreifen müssen oder im nächsten Jahr frühzeitig an eine neue Serie denken. Aber zunächst konzentrieren wir uns auf das, was Ostern eingeleitet hat und was uns jetzt immer stärker und augenscheinlicher im Grünen der Bäume begegnet.

Historische Anreize

Schade, dass wir zum Wochenende hin keine Fortsetzung des Superwetters erwarten können. Aber die kunsthandwerkliche Arbeit, die ich gerne wieder draußen erledigt hätte, ist ohnehin auf die nächste Woche aufgeschoben. So werde ich die Indoor-Projekte weiterführen können und hoffentlich am Sonntag auch meine Bäume und Planeten Forschungen weiter betreiben können. Das Thema fängt an, spannend zu werden, vor allem weil ich dabei zeitgenössisch brisante Themen mit historischen Denkweisen und Kommunikationsgepflogenheiten in Vergleich setzen kann. So eine Konstellation kann sehr beflügelnd wirken.

Freiluftwechsel

Heute hat sich sogar M. einmal anstecken lassen von diesem frühlingshaften Temperaturanstieg, der phasenweise fast an Sommer denken ließ. Die Traubenkirschen sind am mutigsten, wenn es darum geht, die jungen zarten Blätter aufzufalten. Sie scheinen weitere Nachtfröste nicht zu befürchten, während andere Gehölze sich erst vorsichtig der neuen Jahreszeit anvertrauen wollen. Das Licht, die Luft und die wachsende Mobilität der Menschen schmecken aber schon sehr nach Frühling und Freiluftsaison. Man spürt allerorten den Drang, sich wieder mehr draußen zu bewegen und das Licht, aber auch die Wärme zu genießen. Die Veränderungen der Baumlandschaft unterstützen uns bei diesem lang ersehnten Wechsel.

Gartenvorbereitungen

Auch wenn sich bei manchem noch die letzten Ausläufer der Erkältungswelle bemerkbar machen. Die Menschen sind doch jetzt auf Frühling eingestellt, freuen sich auf die Freiluftsaison, sprechen über den Garten und was noch alles zu erledigen ist, um bald wieder draußen sitzen und arbeiten zu können. Für uns werden die Winterschäden-Reparatur und die Reinigung versiegelter Gartenflächen auch demnächst auf den Plan stehen. Wir benötigen dazu noch ein richtig schönes Wochenende. Vielleicht noch nicht das kommende, aber 8 Tage später könnte es schon klappen. Bei unseren Gartenbäumen tut sich noch nicht so viel. Zu schneiden ist bei denen aber ohnehin nichts. Lediglich der Feigenbaum hätte eventuell Bedarf, nur ist es mir zu riskant, da er sich ohnehin in sehr desolatem Zustand befindet. Ich denke, wir lassen ihn einfach in Ruhe und beobachten, ob er über die warme Zeit noch schafft, sich vielleicht ein letztes Mal aufzurappeln. Vor allem für M. würde mich das freuen.

Frühlingsmut

Der erste Tag mit richtig viel Sonne in diesem Jahr. Einer, der gemessen an der Intensität der Lichtstrahlung durchaus in den Sommer gepasst hätte. Ich hoffe, das dürftige Resultat der letzten Monate wird während des Aprils ausgeglichen. Schon einmal hatten wir einen extrem sonnigen April, der also nicht zwangsläufig von „Aprilwetter“ geprägt sein muss. Die Baumlandschaft steht unter solch ermutigenden Vorzeichen kurz vor der großen Frühjahrsexplosion. Die Schlehdornblüte wird jetzt kommen, die Weißdornblätter sind schon an vielen Sträuchern aufgefaltet, und auch die Traubenkirschen und Heckenrosen haben sich schon weiterentwickelt. Bei den Hainbuchen zeigen sich jetzt gleichzeitig Blüten und Blätter. Ich schätze, in wenigen Tagen schon wird das Grün eine deutliche Farbmarke in der Landschaft hinterlassen, und wiederum zwei Wochen später wird es den Farbeindruck dominieren. Freuen wir uns auf den Frühling.

Einblick in die Gründerzeit der Anthroposophie

Ich freue mich sehr, an diesem ruhigen Osterfeiertag endlich die Lektüre von Texten fortzuführen, die sich auf die Aktivitäten und Gedanken Rudolf Steiners zwischen dem Münchner Kongress 1907 und der Realisierung des ersten Goetheanums beziehen. Es ist spannend nicht nur die Konzepte und Gedanken mitzuverfolgen, die letztlich zur Abtrennung von der Theosophischen Gesellschaft und zur Gründung der Anthroposophischen Gesellschaft führten. Denn dabei geht es nicht nur um Steiners eigene Arbeit, sondern auch um die Widerstände, denen er begegnet ist und die abweichenden Schwerpunktlegungen und durchaus kontroversen Ausrichtungen innerhalb der Gesellschaft. Vor allem aber will ich die gedanklichen Hintergründe verstehen, vor denen die Ausarbeitung der Säulenarchitektur des ersten Goetheanums zu verstehen ist. Die Zuordnung von Planetenwirkungen und Baumarten ist dann der letzte Schritt in der Kette, die mich dann aber natürlich besonders interessiert. Zur Ausdeutung dieses Themas wird dann auch die Sekundärliteratur späterer Jahre von Interesse sein.

Osterauftakt

Kein Bilderbuch-Frühlingstag, aber doch ein regenfreies Wetter, das zu einem Osterspaziergang einlud. Das haben auch andere so empfunden, denn es waren ungewöhnlich viele auf meiner Lieblingsroute unterwegs, zu Fuß, mit dem Rad und eine Familie sogar mit zwei Eseln. Man konnte diese Leichtigkeit erkennen, in den Gesichtern, in der Art der Bewegungen, die einen als leicht und entspannend empfundenen Feiertag kennzeichnen. Das Feiertägliche selbst hatte seinen Anteil daran, aber auch der Frühling, den man bereits spürt und in Details auch sieht. So habe ich heute verschiedene Gehölze näher betrachtet, die schon ihre Blätter auffalten, zum Beispiel die Traubenkirschen mit ihren in jungem Zustand noch ganz transparenten zarten Blättern, oder die Heckenrosen, deren Blätter noch stiftförmig zusammengerollt waren. Und auch neue Blüten zeigen sich hier und da, besonders auffallend an einer Gruppe junger Eschen, der Blüten ihre Staubbeutel noch nicht geöffnet hatten und in ihrer kompakten kleinteiligen Schwärze ungeheuer organisch wirken. In wenigen Tagen wohl werden sie die typische Anmutung von Frisée angenommen haben. Einige Eindrücke großer Totholzstämme habe ich wie häufig an sonnigen Tagen ebenfalls mitnehmen können. „1/1“]

Junges Traubenkirschenlaub
Frühes Heckenrosenlaub
Frühe Eschenblüte
Totholz mit Moos

Spätes Aufblühen

Dieses Aufblühen über Nacht, das für mich den Frühling im Bewusstsein verankert und uns eine Art frühlingshafter Gewissheit verschafft, ein solches Aufblühen ist uns zu dem diesjährigen Osterfest nicht vergönnt. Über die Frühblüher wie Hasel, Weide und vereinzelt Schlehdorn hinaus hat sich noch so gut wie nichts in der Baumlandschaft bemerkbar gemacht. Diesmal also kein früh einsetzender Frühling wie im Vorjahr. Vielleicht aber doch ein lang anhaltender. Das wünsche ich uns allen und besonders V., der nach dem Totalverlust seiner Bienenvölker eine lange Saison dringend benötigt, um den Neuanfang hinzubekommen. Mit den ersten stabil warmen Tagen wird er die neuen Völker erhalten, die dann bei der Apfel- und Weißdornblüte hoffentlich gleich aktiv werden können. Bei den Wetterkapriolen, die in unseren Breiten ja auch schon üblich geworden sind, kann man sich nämlich nicht unbedingt auf einen konstant günstigen Verlauf einstellen. Eine ordentlich ausfallende Frühtracht kann da einen Vorsprung sichern und spätere Einbrüche auffangen.

Karfreitagsgedanken

Rudolf Steiners Gedanken zu Ostern haben so gar nichts mit der detaillierten christlichen Tradition zu tun. In dem Vortrag von 1908 hat er vielmehr das sehr deutlich umgesetzt, was schon seine Zeitgenossen so geschätzt und bewundert haben. Nämlich die Grundlegung, die Rückführung christlichen Gedankenguts auf seine Wurzeln, auf die eigentlichen geistigen Grundlagen, die nach seiner Darstellung in vorgeschichtlicher Zeit zu orten sind, in einer Zeit, in der die Menschheit in einer anderen Form, mit einem anderen noch übersinnlich begabten Bewusstsein auf dieser Erde gelebt hat. Die Fäden, die von dort aus aufzunehmen sind, enden bei der Entwicklung der christlichen Lehre und weisen vor allem in die Zukunft. Denn das ist es, was Steiner vor allem betont: Anders als das Weihnachtsfest verweist Ostern nicht nur zurück auf eine Zeit der Offenheit zur und Einheit mit der geistigen Welt, sondern erinnert gleichzeitig auf den zukunftgerichteten Sinn der Menschwerdung Gottes in Gestalt des Jesus Christus. Insofern sieht er das Christentum nicht bloß als Religion, sondern als etwas, das das gesamte kulturelle und geistige Leben der Zukunft wesentlich beeinflussen kann. Die Fernperspektive ist die Überholung der Religion selbst, die in dem Moment wieder so überflüssig wird, wie sie es vor der Abschneidung von der geistigen Welt schon einmal war, nämlich dann, wenn diese Durchdringen der Grenze wieder etwas Natürliches geworden sein wird, dann aber angereichert und gestärkt durch die Erfahrungen des wahrnehmenden Körperlichkeit. Eine faszinierende und sehr tiefgehende Grundlegung dessen, was uns Ostern eigentlich bedeuten kann. Es ist so bedauerlich, dass solches Denken nach Steiner keine sehr einflussreiche Weiterentwicklung gefunden zu haben scheint. Die wissenschaftliche Denkart einerseits und der schon zu seinen Zeit als sinnlos entlarvte Versuch wissenschaftlicher Erklärungen des Übersinnlichen ist stattdessen immer noch im Zentrum der Diskussion sogar spiritueller Thematik. Höchste Zeit, zum wirklichen Verständnis von Mensch und Kosmos das Grundlegende in den Blick zu nehmen.

Vorausblicke in den Sommer

Auf die Feiertage freue ich mich diesmal sehr. Vor allem auf Ruhe, und darauf, dass ich die Vorträge Rudolf Steiners von 1908 über das Osterfest endlich lesen kann. Eine bessere Zeit dafür könnte es nicht geben. Nach außen ist in diesen Tagen mein Blick weniger gerichtet. Die meist kurzfristigen Aufenthalte draußen und die Spaziergänge lassen bisher keine Hochstimmung aufkommen, allerdings jetzt schon an den Sommer denken, wenn der Außenbereich auch zum Arbeiten zu unserem liebsten Platz gehört. Auf die ersten durch üppiges Laub gefilterte Sonnenstrahlen können wir uns freuen und auf die Konzerte der Vögel, die dann ihr Dauerquartier dort aufgeschlagen haben. Ob unser Feigenbaum dieses Jahr überleben wird? V. gibt ihm keine große Zukunft mehr. Und tatsächlich ist die Rinde großflächig so stark zerstört bzw. gar nicht mehr vorhanden, dass man sich ein langes Leben für diesen gebeutelten Baum nicht mehr vorstellen kann. Vielleicht aber wird er noch einmal Früchte tragen können und uns Mut machen, es mit einem neuen Artgenossen noch einmal zu versuchen.

Symbolträchtige Wesen

Auch wer mit dem Feiertag in seiner christlichen Bedeutung nicht viel zu verbinden weiß, kann sich der Aura des Osterfestes kaum entziehen. Ich beobachte seit Jahren, dass es in der Zeit um Ostern herum, mindestens eine Woche vorher und eine nachher, sehr still wird. Da steht dieses Fest im Raum, dessen Inhalt uns in dieser Zeit des Jahres schon natürlicherweise entgegentritt, quasi als Spiegel des jahreszeitlichen Aufbruchs. Das Grünen und Blühen der Bäume ist dafür ein sehr deutliches Zeichen, auf das wir aber dieses Jahr noch weitgehend verzichten müssen. Allein die Erwartung daran aber als etwas in dieser Zeit Übliches und regelmäßig Wiederkehrendes erfüllt schon diese Funktion. Die Bäume sind eben durch und durch symbolträchtige Naturwesen, deren Einfluss für das Leben und die Selbstspiegelung der Menschen gar nicht hoch genug eingeschätzt werden kann.

Neue Kunsthandwerksaison

Nach der ersten Pause für dieses Jahr steht für das Wochenende wieder eine kunsthandwerkliche Arbeit an. Darauf freue ich mich, auch wenn es wohl noch nicht möglich sein wird, bereits draußen das Arbeitsquartier aufzuschlagen. Wenn es wieder ganz ins Freie geht, spätestens im Mai, dann ist diese Arbeit natürlich wieder besonders eindrucksvoll. Mit dem avisierten Projekt „Bäume und Planeten“ bin ich leider noch nicht weiter gekommen. Vielleicht wird der Hochsommer die Gelegenheit geben, die Prototypen der neuen Armbandform zu kreieren. Bis dahin steht noch einige inhaltliche Arbeit zum Thema an.

Feiertagsatmosphäre

So viel Sonne wie im Vorjahr wird dieser März im Ergebnis nicht bringen. Das ist vor allem auf die letzten 10 Tag zurückzuführen. Ohne diesen Einbruch hätte es etwas werden können. Immerhin können wir für den Ostersonntag, vielleicht auch schon Karsamstag auf einige längere Sonnenphasen hoffen, auch wenn die Temperatur frühlingshaft nicht zu nennen sein wird. Ich freue mich dennoch auf die Ruhezeit und auf die besondere Atmosphäre, die jeder Feiertag und Ostern ganz besonders mit sich bringt. Wenn ich dabei Einkehr mit zumindest einem ausgedehnteren Spaziergang verbinden könnte, wäre das dem Feiertag angemessen. Und dass der Baumfrühling kurz bevorsteht, das ist jetzt schon spürbar. Um die Feiertage herum wird sich die Landschaft eine letzte Ruhepause gönnen, danach hoffe ich auf die richtige Witterung, um das erste Grün und die Baumblüten fotografisch festhalten zu können.

Vegetabile Feiertags- und Frühlingssymbolik

Schade, dass wir eigentlich nicht mit sonnigen Osterfeiertagen rechnen können. Denn es soll zunächst so weiter gehen. Regnerisch, windig, kühl. Nicht in der Konsequenz des Frühlings liegend, für den es bereits vorher erste Anzeichen gab. Und nicht gerade das, was die Lebensgeister weckt und zu neuen Ufern trägt. Immerhin, die Palmzweige als symbolisches Zeichen, zum einen des Sieges und der Hoffnung im christlichen Sinne, zum anderen der Erneuerung, des Schutzes und des Lebens im Sinne einer allgemeingültigen vegetabilen Symbolik, diese immergrünen Zweige habe ich nach der Segnung am Vormittag überall im Haus verteilt. Ein Ritual, das für uns dazugehört und das für mich selbst eine kaum wegzudenkende Bedeutung hat. Die Weidenkätzchen, die M. sich ergänzend als Dekoration für die Karwoche und die Ostertage gewünscht hat, kann ich ihr nicht zur Verfügung stellen. Zum einen weil man sie generell nicht abschneiden soll, zum anderen weil sie in fußläufiger Entfernung bei uns sehr selten zu finden sind. Eigentlich finde ich es aber auch viel schlüssiger, die immergrünen Pflanzen im österlichen Kontext zu verwenden. Ich hoffe, die Buchsbaumzweige werden möglichst lange grün bleiben und erst spät ausbleichen .

Persönliches Baumtagebuch von Bernhard Lux: Täglich begegne ich den Bäumen auf vielfältigen Wegen. An ihrem jeweiligen Standort in der Natur, in der Lektüre von Baum- und anderer Literatur, in der alltäglichen Reflexion, der handwerklichen Arbeit und im Gespräch mit der Familie oder Freunden und Kollegen. Es ist mir ein Bedürfnis, diese themenbezogenen Beobachtungen, Interaktionen und Kommunikationen in Form des Baumtagebuchs zu dokumentieren. Seit dem 20. November 2004 habe ich keinen einzigen Tag ausgelassen – ein Zeichen dafür, dass das Baumthema und der Baum als Archetypus tatsächlich im Alltagsleben verankert ist und vielfältige inhaltliche Assoziationen ermöglicht. So mag dieses Baumtagebuch jeden seiner Leser/innen auf die Spur einer je eigenen Beziehung zu den Bäumen führen.