Wechselhafte Wahrnehmungen im Winter

Morgen startet für mich die neue Saison in der Wunschbaum-Manufaktur. Das ist einer der Winter, welcher die Bäume weiter aus dem Bewusstsein weg rückt. Ganz anders als die beiden vorherigen Jahre, in denen die Sehnsucht nach Grün, nach der einzigartigen Lebenssymbolik der Bäume stärker, sogar besonders intensiv wahrnehmbar war. Für mich ist diese Arbeit an der Symbolik der Hölzer insofern ein Gradmesser für die globale Stimmungslage. Das sagt einiges darüber, was die Menschen gerade bewegt und wovon sie sich tendenziell weniger beeindruckt sehen. Das Schöne: Die Bäume sind auf lange Sicht immer präsent, wenn auch nicht immer im Fokus. Sie gehören zu den Wesen, deren vielfältige Bedeutung für den Lebensalltag niemals verschwindet, nur mehr oder weniger bewusst verarbeitet wird. Gegen diese Strömungen zu arbeiten macht gar keinen Sinn, ich sehe die Symbolarbeit eher als einen Verstärker, als eine Möglichkeit, etwas zu akzentuieren, das damit besser greifbarer und handhabbarer wird.

Wohlige Fichtenholzwärme

Die Wärme des Holzofens tut uns wirklich gut. Eine richtige Entscheidung und die richtige Zeit, den Ofen anzuwerfen. Ich schätze, dass die nächsten Wochen vergleichbares Wetter bringen. So lässt sich die richtig kalte Jahreszeit ganz gut überstehen. Ich hoffe, die Wärme wird sich bald auch in die entlegeneren Winkel des Hauses ausgebreitet haben. Zumindest einen großen Vorteil hat das Fichtenholz, das gegenwärtig den größten Teil unseres Brennholzvorrats ausmacht: Es erzeugt in kurzer Zeit große Hitze. Nur hält es eben nicht so lange an wie Obsthölzer, Eiche oder Buche. Was soll‘s, es sind die Relikte unseres ehemaligen kleinen Privatwaldes. Ganz schön, wenn man weiß, wo das Material herkommt und man sogar einen persönlichen Bezug zur Energiequelle hat.

Der erste Holzbrand

Die anhaltenden Minustemperaturen haben uns nun doch veranlasst, den Holzofen in Gang zu setzen. Der erste Abend mit wohliger Holzbrandwärme. Anders als zu Beginn der letzten Saison hat der kalte Ofen anfänglich kaum unangenehme Gerüche verströmt. Ich bin sicher, an diese wohlige, so ganz andere Form der Heizung werden wir uns wieder schnell gewöhnen. Auch wenn nicht sicher ist, ob der Frost anhält und wir nicht im Gegenteil erneut in Richtung der zehn Grad plus tendieren, werden wir wohl eine Weile dabei bleiben. Der schamottierte Ofen lässt sich nach seinem Umbau ja auch ganz gut steuern, so dass bei weniger klirrender Kälte auch mal auf Sparflamme gebrannt werden kann. Der im Sommer angelegt Brennholzvorrat wird so nicht ganz umsonst gewesen sein.

Kultur prägende Jahreszeiten

Das Thema Holzofen ist für diesen Winter noch nicht vom Tisch. V. hat das heute nochmal angesprochen, aber es regen sich nach wie vor Widerstände von anderer Seite. Ich bin eigentlich dafür, wenn es jetzt längere Zeit bei diesen Frosttemperaturen bleiben sollte. Wenn nicht jetzt, wann dann. Und Diskussion und Aufwand in Sachen Brennholzvorrat hatten wir in den Vorjahren wahrlich genug. So steht ein für Jahre reichender Vorrat einer Nicht-Verwendung gegenüber. Irgendwie verrückt. Aber wahrscheinlich einfach nur eine Folge des Klimawandels. Dabei machen mir persönlich die milderen Winter weniger aus als die unberechenbaren übrigen Jahreszeiten. Es ist eigentlich das Chaos in den warmen Phasen des Wachstums, die uns besonders stark irritieren und den Glauben an das kulturell tradierte Empfinden der Jahreszeiten verwässern. Ich kann mir noch nicht ausmalen, welche Folgen das auch für die Alltagskommunikation und unser Umgang mit Symbolen des Natürlichen haben wird.

Wintersträucher

Gemessen an den Sonnenstunden der Monatshalbzeit dürfte das ein eher lichtarmer Januar werden. Der heutige Tag war einmal Ausnahme, was ich mir für die kommenden Wochen wünsche. So spät müsste ich eigentlich keinen Schnee mehr haben. Von mir aus kann es gerne ein frühes Frühjahr werden, passend zu den in diesem Jahr frühen Fastnachtstagen. In der eher reizarmen Winterlandschaft ist mir heute vor allem die spröde Ästhetik winterlicher Sträucher entgegen getreten. Nur die Hagebutten zeigen an manchen Sträuchern noch ihr leuchtendes Rot, an anderen sind sie schon schwarz geworden, so wie die meisten Bäume und Sträucher, die sich oft in Grautöne hüllen. Am dominantesten erscheinen da noch die schon lange blühenden Haselsträucher mit ihren größtenteils bereits lang gewordenen gelb-braun-grünen Blütenkätzchen.

Hagenbutten im Januar
Verrottete Hagebutten im Januar
Haarige Frucht der Waldrebe im Januar
Haselblüte im Januar
Winterliche Flachwasserzone vor Baumlandschaft im Januar

Naturmöbelprojekte

Die Bäume sind in diesen Tagen so weit weg, begegnen mir fast ausschließlich in Form ihres Holzes. In den Möbeln des täglichen Gebrauchs, vor allem in meiner neuen Schreibtischplatte, die mir so viel Freude macht, weil ich mit ihr den direkten Kontakt zum unbehandelten Holz und damit zu der Birke und dem Walnussbaum herstellen kann, aus denen sie gemacht ist. Diese nah am ursprünglich gewachsenen Baum liegenden Möbel sind eine spannende Sache. Bestimmt werde ich im Laufe des Jahres die Idee weiterverfolgen und einige neue Ideen z. B. für Regale entwickeln. Material haben wir ausreichend zusammengetragen in den letzten Jahren. Es ist mehr die Frage der Auswahl. Welches Holz steht für welche Eigenschaften und Assoziationen. Wie wirkt welche Art in bestimmten Arbeits- und Lebensumfeldern. Eine Aufgabe, bei der meine Beschäftigung mit der Symbolik der Arten wirklich nützlich ist und auch zu nachhaltigen Ergebnissen führen kann.

Ofensaison ist aufgeschoben

Ob wir in diesem Winter noch zu einem Anwerfen des Holzbrandofens kommen, ist fraglich. M. wehrt sich wie immer vehement dagegen. Dabei wäre diese nasse und erstmals auch richtig kalte Witterung der geeignete Anlass. Denn gerade bei Schnee und Schneeregen da draußen verbreitet der Holzofen eine wunderbare wohlige Wärme, die nach einigen Tagen das ganze Haus einhüllt und die klamme Verfassung des Gemäuers beseitigt. Eigentlich weiß auch M. das, aber die Umstellung ist doch immer wieder eine Herausforderung. Ganz habe ich das Kapitel noch nicht abgeschlossen. Wenn es noch kälter werden sollte oder das länger andauert, könnte es doch noch etwas werden.

Zur Anschlussfähgikeit von Blogs

Die Prämierung unter den Top-Gartenblogs hat mich doch sehr gefreut. Wie es mich überhaupt freut, dass die Bloggerszene sich immer noch weiterentwickelt und keineswegs eingeschlafen ist während der letzten Jahre. Neben den Forendiskussionen, an denen ich mich in bestimmten Themenfeldern früher gerne beteiligt habe, ist für mich die persönliche Mitteilung in den Onlinetagebüchern die erfreulichste Form, die zum Einfluss und Stellenwert des Internets als Informations-, Interaktions- und Kommunikationsmedium maßgeblich beigetragen hat. Erfreulich, weil sich darin wirkliche Arbeit an Inhalten, Ausdruck echter Leidenschaft und gute Ansätze für Kommunikationen finden und initiieren lassen. Für mich etwas ganz Anderes als die so lähmend inhaltslose Form, in der kommunikative Anschlüsse zum Beispiel bei Facebook erzeugt werden. Je länger ich das beobachte, desto weniger wahrscheinlich erscheint es mir, dass die Nutzer darin längerfristig wachsen und wirklich Fortschrittliches umsetzen können. Ich glaube, dieses Fortschreiten ist echte Arbeit. Ich versuche das u. a. im Baumtagebuch, so wie viele andere in ihren Gartenblogs oder anderen Themenblogs, die zunächst der Selbstreflexion dienen, aber eben über das Medium immer auch anschlussfähig sein können. Solche Prämierungen oder auch nur Links in Themenlisten u. ä. tragen dazu bei, das alles lebendig zu halten und immer wieder auch neue Anschlüsse zu erreichen. Wenn sich dadurch andere motiviert fühlen, sich selbst in ähnlicher Weise auszudrücken, ist der Kreislauf geschlossen. Dann fängt es an, richtig interessant zu werden.

Geöltes Möbel scheint praxistauglich

Mein neuer Schreibtisch aus Walnussbaum und Birke vermittelt tatsächlich ein anderes, durchaus angenehmeres Arbeitsumfeld. Es ist erstaunlich, wie viel das ausmacht. Ich glaube, es war auch gut, es tatsächlich einmal nur mit Ölen als Oberflächenbehandlung zu versuchen. Bei Möbeln hatte ich das zuvor so noch nicht praktiziert. Und außerdem bleibt es natürlich abzuwarten, wie es sich bewährt, wenn z. B. versehentlich Flüssigkeit verschüttet wird oder sich sonstige Verschmutzungen ergeben. Bisher hat es aber gut funktioniert. Die Ausdünstung bzw. Trocknung des Öls ist auch schon weiter fortgeschritten. Man hat eben den Eindruck, dass das Material noch atmet und nicht künstlich versiegelt wurde. Ein quasi naturbelassenes Holz mit einer Imprägnierung von Innen her. Das ist ein schöner Ansatz, den ich hoffentlich noch auf weitere Projekte dieser Art werde übertragen können.

Neue technische Heimat

Inhaltlich wird sich nichts ändern, aber jetzt ist das Baumtagebuch von einem neuen Server aus erreichbar. Die Umstellung war aus technischen Gründen sinnvoll geworden. Und nun bin ich froh, dass dieser Transfer abgeschlossen ist. Künftig freue ich mich auf mehr Stabilität und möglichst jederzeitige Zugänglichkeit. Damit alle, die an meinen Beobachtungen und Überlegungen zur Symbolik der Bäume teilhaben möchten, das auch jederzeit tun können. Ganz weit weg vom Inhalt dieses Projekts sind diese technischen Maßnahmen, aber dennoch notwendig, um das Baumthema auch im virtuellen Raum erfahrbar zu machen.

Zauberhafte Aufmerksamkeit

Ein Bericht über Senioren, die sich in ihrer Freizeit dem gestalterischen Falten von Papier (Origami) widmen, hat mich beeindruckt. Es ist faszinierend, wie eine Art kindlicher Spieltrieb bis ins höhere Alter erhalten bleibt. Die Menschen hatten erkennbar Freude an dieser Freizeitbeschäftigung und sahen sich mit komplizierten Aufgaben zudem herausgefordert. Talent zum plastischen Arbeiten haben wahrscheinlich sehr viel mehr Menschen, als zu vermuten wäre. Viele wissen es vermutlich gar nicht. Wie es ein Fotograf gestern über seine Arbeit an besonderen Fotoaufnahmen formuliert hat, kommt es auch meiner Auffassung nach bei solchen Dingen vor allem darauf an, sich Zeit zu nehmen, sich mit Interesse und Aufmerksamkeit einzulassen auf diese Aufgaben, deren Lösung oft erst im Prozess erkennbar wird. Ich versuche das immer wieder in der Naturfotografie, mit Nahaufnahmen von Baumblättern, Baumfrüchten, Baumblüten oder anderen Details der Natur, die bei Nahem betrachtet einen großen Zauber entfalten können. Diese Form von Aufmerksamkeit will ich versuchen, in diesem Jahr weiter und vielleicht wieder intensiver als zuletzt zu pflegen.

Stabile Webprojekte

Nun ist auch das Wunschbaum-Projekt vom neuen Server aus erreichbar. Ganz abgeschlossen habe ich den Transfer meiner Internet-Präsenzen noch nicht. Unter anderem steht dieses Baumtagebuch noch bevor. Aber inzwischen ist ein Abschluss zumindest absehbar. Ich erhoffe mir von der Umstellung eine konstante Zugänglichkeit und eine bessere Performance. Das hätte in jüngster Zeit besser sein können. Gerade für die Themenprojekte ist es mir aber wichtig, dass die Ladezeiten wirklich akzeptabel sind und vor allem keine unvorhersehbaren Ausfälle geschehen. Zum Start in dieses neue Internetjahr freue ich mich bezüglich der technischen Grundlagen auf ein Optimum an Stabilität.

Weihnachtsbäume adé

Heute habe ich tatsächlich den ganzen Tag mit dem Abschmücken des Weihnachtsbaums, dem Aufräumen und Verpacken der Dekorationen, dem Abspülen der Glasobjekte und mit vielen weiteren Arbeiten verbracht, die zum Abschluss der Weihnachtssaison gehören. Jedenfalls in unserem Haus. Dieses Jahr kam zu dem richtigen Baum auch noch ein künstlicher hinzu, dessen einzelnen Äste ich nicht wieder zusammengefaltet habe, sondern in zwei geräumigen Kisten annähernd in ihrer ausgebreiteten Form verstaut habe. So wird es Ende des Jahres nicht so zeitaufwändig sein, den Baum wieder am Hauseingang zu installieren. Schade, die roten Glaskugeln haben unter dem vielen Regen doch sehr gelitten. Einen Teil werden wir entsorgen müssen. Raum für neue. Ganz fertig sind wir noch nicht. Es warten noch weitere Dekorationsobjekte darauf, richtig eingeordnet und verstaut zu werden. Das erleichtert erfahrungsgemäß die Arbeit zu Beginn der Adventszeit immens. Und ja, auch diese eigentlich mit einem Schuss Wehmut verbundene Arbeit liebe ich sehr, ebenso wie die Weihnachtslieder, vor allem die amerikanischen, die ich begleitend erneut rauf und runter gehört habe.

Vor dem Abschmücken des Weihnachtsbaums

Ein bisschen Wehmut überkommt mich schon bei dem Gedanken, morgen Vormittag den Weihnachtsbaum abzuschmücken und aus dem Haus zu bringen. Klar, dass ich die Gelegenheit nutze, ein letztes Mal die neuen Weihnachtslieder-CDs zu hören. Das gehört einfach zum Ritual. Gefühlt ist Weihnachten zwar schon vorbei und man denkt bereits an die Fastnachtszeit, die dieses Jahr besonders früh ansteht. Aber verlängert hätte ich sie schon ganz gerne, als fünfte Jahreszeit sozusagen. Hoffen wir auf einen frühen Frühling, wenn der Winter schon kein richtiger sein will. Und dass die Zeit des ungemütlichen Nässe und Kälte bald vorüber ist. Dann erwachen auch die lebenden Bäume wieder und lassen uns an ihrem neuen Wachstumszyklus Teil haben.

Persönliches Baumtagebuch von Bernhard Lux: Täglich begegne ich den Bäumen auf vielfältigen Wegen. An ihrem jeweiligen Standort in der Natur, in der Lektüre von Baum- und anderer Literatur, in der alltäglichen Reflexion, der handwerklichen Arbeit und im Gespräch mit der Familie oder Freunden und Kollegen. Es ist mir ein Bedürfnis, diese themenbezogenen Beobachtungen, Interaktionen und Kommunikationen in Form des Baumtagebuchs zu dokumentieren. Seit dem 20. November 2004 habe ich keinen einzigen Tag ausgelassen – ein Zeichen dafür, dass das Baumthema und der Baum als Archetypus tatsächlich im Alltagsleben verankert ist und vielfältige inhaltliche Assoziationen ermöglicht. So mag dieses Baumtagebuch jeden seiner Leser/innen auf die Spur einer je eigenen Beziehung zu den Bäumen führen.