Der Reiz des Abweichenden

Der geplante Besuch bei J. und W. wird nun doch wieder verschoben. Die Hitze ist schon außerordentlich, vor allem weil sie so selten lange anhält. So viele Tage über 35 Grad, das ist man selbst in Zeiten häufiger werdender Wetterextreme so nicht gewöhnt. Allerdings kann ich schon eine gewisse Gewöhnung feststellen, nur darf man es eben nicht übertreiben. So reduzieren wir die Aufenthalte in praller Sonne und versuchen das Aggressive der Sonnenstrahlen möglichst fernzuhalten, mit den üblichen Mitteln, wie Jalousien schon morgens weit herunter lassen und Sitzen oder Stehen in eher schattigen Plätzen. Den Abschluss heute hat wieder einmal die Arbeit mit Holz ausgefüllt, die trotz den Staubs und des viele Schweißes im Hochsommer einfach wunderbar ist. Und mit den Ergebnissen geht’s morgen weiter: Zypresse, wieder einmal, und Walnussbaum, dessen Vorräte ich demnächst auffüllen muss, weil auch die Art ungewöhnlich häufig nachgefragt wurde. Das Schöne daran ist vor allem, im Konstanten die Abweichungen und jeweiligen Besonderheiten zu erkennen und dieses in die Arbeit und ihre Ergebnisse einfließen zu lassen.

Die Mauser der Unscheinbaren

Eine Holzarbeit abgeschlossen stehen die nächsten schon kurz bevor. Ich hoffe, noch morgen mit dem ersten Arbeitsgang beginnen zu können. Bestimmte Arten wiederholen und häufen sich in letzter Zeit: Pappel, Walnussbaum, Zypresse, Tanne gehören zu denen, die jetzt häufiger angefragt wurden. Die Arbeit an diesen vermeintlich einfachen Hölzern finde ich besonders reizvoll. Und immer wieder stelle ich fest, wie besonders gerade die sonst unauffälligen Holzarten sein können, wenn sie zu diesen winzigen Perlen verarbeitet sind. Gerade die Pappel und die Bergfichte sind gute Beispiele dafür.

Ein sympathischer Vogel

Der aktuelle Aufmerksamkeitslenker in der Nachbarschaft sind nicht die Hunde oder Katzen, auch nicht die noch so schönen Blumen oder Stauden. Jedem, der uns besucht, fällt Alice auf, die so genannte Elster, die unsere Nachbarn aufgezogen haben und die zutraulicher und neugieriger ist als „normale“ Elstern. Sie hat einen weiten Radius rund um ihr Stammhaus und gibt sich unermüdlich. Der Vogel ist ein Phänomen, scheint an allem und jedem interessiert und begeistert eigentlich jeden. Natürlich, Vögel gehören zu den großen Archetypen, den ewigen Symbolen, die niemand vollständig fassen kann und die einen emotional berühren. Bei einem so menschenfreundlichen Tier ist diese Wirkung umso deutlicher. Mich hat er heute im Arbeitszimmer durch die Fensterscheibe gesichtet und ist aufgeregt auf der Fensterbank hin- und hergelaufen. Da er nicht hinein kam, orientiert er sich kurzerhand an den teils schon reifen Weintrauben, die als Einzelportion gerade so in seinen Schnabel passen. Wie er überhaupt an allem Süßen, z. B. den Rosinen, die M. ihm schon mal gegeben hat, sehr interessiert zu sein scheint. Schön, wieder einen Vogel als neuen Nachbarn zu haben. Vor Jahren nahm diese Rolle, auch über den Sommer unsere Felix benannte Amsel ein, die unseren Garten über ein halbes Jahr zu ihrem Revier erklärt hatte. Deren Gesang habe ich noch als Tondatei gespeichert. Eine schöne Erinnerung.

Profiteure der Sonne

Jetzt dürfte die Sonnenstundenbilanz im Vergleich zum Vorjahr nahezu ausgeglichen sein. Bin gespannt, wie der restliche Teil des Jahres in der Hinsicht verläuft. Schließlich bedeutet Hitze nicht unbedingt viel Sonnenstrahlung, wie wir immer wieder feststellen. Immerhin in diesem Monat ist beides aber als Einheit aufgetreten. Unsere Weintrauben reifen gemessen an den Idealbedingungen merkwürdig langsam. Ich hatte mir dafür ein rasantes Tempo vorgestellt. Abe noch immer sind sie zur Hälfte grün und scheinen noch weit weg von ihrer Vollreife. Mag sein, dass es an ihrem nicht gerade einer Weinberglage vergleichbaren Standort liegt. Aber letztlich sollte die Qualität bei ohnehin schon länger nicht mehr berauschenden Ertrag besser als im Durchschnitt werden. Das sagen alle voraus, die sich mit dem Thema beschäftigen. Ich hoffe aber, dass es auch mal wieder regnet, damit auch die Menge vernünftig wird.

Gartenbaumgleichgewichte

Nun könnte es doch noch einer der sonnenreichsten Monate seit ca. 8 Jahren werden. Sicher nicht der lichtreichste dieser Sommermonate, aber vielleicht der an zweiter Stelle steht. Das ist schon erstaunlich, da Hitze eigentlich die Leistung der Sonnenstromgewinnung verringert. Aber wenn es diese Konstanz an Lichtstunden gibt, ist der Durchschnitt dann doch beachtlich. Ich freue mich, da die erste Jahreshälfte größtenteils sehr durchwachsen ausgefallen war und ich das jetzt als willkommenen Ausgleich betrachte. Wie S. mir vorhin erzählte leiden seine Feigenbäumchen unter der Hitze sehr. Das liegt daran, dass sie in Töpfe gepflanzt sind, in denen sich das Gießwasser nicht so gut speichert. Und natürlich fehlen diesen Bäumen auch die weit reichenden und tiefer führenden Wurzeln, die so manche Durststrecke ausgleichen können. Insofern bin ich froh, dass wir den Versuch mit dem Neuanfang der beiden Feigenbäumchen gewagt haben, mit einem festen Pflanzort im Garten, den sie sich langsam, aber sich zunehmend wohl fühlender für sich einrichten. Und mit ihnen verändern sich auch das Gartenambiente und das Gleichgewicht der Gartenbewohner insgesamt. Auch weil der Buchsbaum in einer Ecke des Gartens durch die notwendigen Rückschnitte jetzt so reduziert werden musste und auf der gegenüberliegenden Ecke die Stechpalme ganz weggefallen ist. Damit haben die neuen eine veränderte Chance.

Tückische Klimaangleichung

Bestimmt wird die Statistik am Ende dieses Sommers neue Rekorde verzeichnen. Zum Beispiel für den Sommer oder gar das Jahr mit dem höchsten Temperaturdurchschnitt, mit den meisten Sonnenstunden, mit den geringsten Niederschlägen. Auch bei uns ist die Trockenheit ausgeprägt, nicht so schlimm wie in manchen Regionen des Ostens, wo es seit dem Frühjahr keinen Niederschlag mehr gegeben haben soll. Aber von allem Belastenden, das mit solchen Verhältnissen verbunden sein kann, ist es doch eine spannende und in Erinnerung bleibende Ausnahmeerfahrung, die ihren ganz eigenen Reiz mit sich bringt. Und die zu ganz ungewohnten Erkenntnissen führt. Zum Beispiel, dass es sich kaum noch lohnt, nach Sizilien zu fahren, weil die Sommer dort kaum heißer sein können, wie uns eine aus Sizilien stammende Bekannte mitgeteilt hat. Fast schon mediterranes Klima begegnet uns zumindest in manchen Phasen des Jahres. Bisher haben die Bäume dem noch ganz gut standhalten können. Ich hoffe aber, die Extreme werden nicht zur festen Regel, da das langfristig dann doch empfindlich schaden kann. Wie während mancher Hitze- und Dürreperioden, die den Wald nachhaltig geschädigt haben, auch in Deutschland. Das Tückische ist, dass diese Schäden immer erst im Folgejahr sichtbar werden und dann oft Jahre der Regeneration erfordern.

Sonnenstürmer

Es war gut, die Schleifarbeiten auf den kühleren Vormittag zu legen. Die erste leichte Abkühlung seit vielen Tagen, bevor am Nachmittag die Temperatur wieder anzog. Ich genießen den Sommer aber trotzdem, und mit mir die meisten Menschen, denen ich begegne. Es hat etwas Auszeitartiges, das irgendwie guttut. Tatsächlich fühlen sich die Sonnenblumen bei so heißen Temperaturen und meist auch wolkenlosem Himmel am wohlsten. Einige der zahlreichen am Rand des Garten gesäten bzw. später gepflanzten Exemplare sind jetzt erst richtig aufgeblüht und haben schon stattliche Höhen erreicht. Da haben sich streckenweise richtige Wände aus Sonnenblumen gebildet. Leider mit in diesem Jahr eher kleinen Blütenköpfen. Schön sind sie trotzdem. Der Höherekord gegenüber den gewaltigen King Kong Sonnenblumen des Vorjahres muss es nicht unbedingt werden. Aber zumindest eine von denen hat durchaus die Chance, sehr hoch zu wachsen. Die Saison ist noch lange nicht zu Ende, so freue ich mich auf noch zahlreiche Sonnenblumenwochen und die etwas zeitversetzten Hochzeiten der Rizinusstauden. Auch die Strohblumen werden noch lange halten und immer wieder neue Blüten bilden. Das späteste Gewächs unserer Auswahl werden wieder die Chilis sein, die jetzt erst blühen und erst viel später die Schoten, wie immer ganz langsam, wachsen lassen werden. Und unseren mediterranen Arten, den Bananenstauden, den Feigenbäumen und der Gleditschien kann es ohnehin nicht warm und hell genug sein.

Symbolische Baumaktivitäten

Ein Superhitzetag. Aber dennoch, trotz eines nur ganz kurzen Spaziergangs durchs Dorf bei brütender Sonnenstrahlung mit einer Möglichkeit, eine neues zeitgenössisches Baumgedicht zu illustrieren und zu veröffentlichen. Es ist schön, wenn in Abwesenheit der realen Bäume immer wieder ihre symbolisch Repräsentanz zum Thema wird und die Bilder vergangener Baumfotografien mir neue Anregungen geben, die so nur im Hochsommer möglich sind.

Ausgewogene Hochsommerarbeit mit Schongang

An solchen Ausnahmetagen sei es erlaubt, die Arbeiten einmal etwas länger zu strecken. Normalerweise hätte ich mit der Holzarbeit weitergemacht. Aber bei den Temperaturen habe ich die Vormittagskühle, wenn man so sagen kann, genutzt und mich am Nachmittag der anderen Projektarbeit gewidmet. Aber auch diese Arbeit kann an einem Tag abgeschlossen werden. Gut, dass dann erst einmal eine kleine Pause eintritt. Insgesamt gefällt mir die Verteilung in diesen Sommermonaten sehr gut. Eine gute Abwechslung zwischen konzeptionellen Tätigkeiten, technischen Aufgaben und der handwerklichen Arbeit, vor allem mit verschiedenen Hölzern.

Außerplanmäßige Jahreszeit

Die Hitze bekommt mir erstaunlich gut. Vom unruhigen Schlafen einmal abgesehen. Aber die Arbeit ist gerade bei diesen Extrembedingungen intensiv und konzentriert. Da äußert sich die Außentemperatur ganz anders als man denken würde. Das Gießen der Blumen, Stauden und Bäume des Gartens ist am späteren Abend immer eine Erholung, wenn die erste Abkühlung eingetreten ist und man wieder tief einatmen kann. Bevor die nächste schwüle Nacht und der nächste heiße Sommertag kommen. Eigentlich mag ich diese Zeit, die neben der Fastnacht und Weihnachten wohl die außerplanmäßigste aller Jahreszeiten darstellt.

Hochsommerhöhepunkt und -wende

Das ist nun wirklich der Höhepunkt des Hochsommers. Es ist lohnend, sich das bewusst zu machen, weil es gleichzeitig ein Wendepunkt ist. Ganz schnell ist diese Zeit auch wieder vorbei, und, kaum hat man sich versehen, fühlt sich alles schon herbstlich an. Ich freue mich, dass die Sonnenblumen allmählich ihrem Optimum entgegen gehen. Einige, darunter die bisher am höchsten gewachsenen, haben offenbar Großes vor, denn ihre Stängel sind zwar schon enorm dick, die Blüten aber erst im Ansatz zu erkennen und noch geschlossen. Parallel dazu nimmt unser stärkster Rizinus jetzt Kurs auf seine ausgewachsene Größe, der zweite müht sich ebenfalls redlich, nur das Nachkömmling tut sich an seinem sandigen und extrem der Sonneneinstrahlung ausgesetzten Standort ziemlich schwer. Ich freue mich, dass V. bisher nur ein kleines, zudem glücklicherweise grünes Netz über seine Weintrauben gespannt hat. Großflächig, wohlmöglich noch mit den stahlblauen Netzen bespannt, wirkt das auf mich extrem störend, eine echte Beeinträchtigung für das Gartenambiente. Aber ansonsten können wir uns bisher nicht beschweren, die Vögel halten sich noch vergleichsweise zurück. Vor allem war bisher kaum Wespen in Sicht. Die hatten uns in den Vorjahren teilweise extreme Probleme bereitet.

Dem Buchsbaumzünsler erneut an den Kragen

Ein sehr gemischter und auch ausgeglichener Arbeitstag. Zunächst die Projektarbeit im virtuellen Raum, am Nachmittag die erste Phase der aktuellen Holzarbeit, diesmal mit Pappel und Bergfichte. Und dann habe ich die noch moderate Temperatur genutzt, um den radikal zurückgeschnittenen Buchsbaum erneut mit dem Bakterium zu spritzen, das zu den natürlichen Feinden des Buchsbaumzünslers gehört. Eigentlich sollten zwar aktuell keine Raupen mehr an dem so stark gerupften Strauch zu finden sein, aber man weiß eben nie. Und außerdem könnten ja wieder neue von außen hinzukommen, wie es wohl in den letzten Wochen wieder geschehen ist. Jedenfalls habe ich ihn jetzt wieder so gründlich damit behandelt, dass so schnell nichts mehr passieren sollte. Die Witterung wird in den nächsten Tagen dafür sorgen, dass nichts abgespült wird. Das sind ganz gute Voraussetzungen. Wenn das jetzt nicht greift, können wir leider auch nichts mehr gegen den in diesem Jahr so starken Befall unternehmen.

Nuancen der Hitzeerfahrung

Ganz so gesund ist die andauernde Hitze ohne jede Regenphase zwischendurch eher nicht. Jedenfalls kann ich mich an angenehmere Super-Hochsommer erinnern. Zum Beispiel an den vor ca. 8 Jahren, als bei uns dieser Rekord-Temperaturwert von über 40 Grad gemessen wurde. Das war ein Jahr, das auch sonst mit enormen Hitzetagen in Erinnerung geblieben ist. Von den extremen Spitzen abgesehen habe ich das aber dennoch als recht  anregend wahrgenommen. Diese Hitze hier ist anders gelagert und macht nicht wenigen Probleme. Leider sind die Gewitter, die für die letzten drei Tage jeweils vorhergesagt waren, nicht eingetreten. Kein einziger Tropfen Wasser, und damit bleibt die Notwendigkeit, das Gießwasser aus der Leitung zu zapfen. Wie schon seit über einer Woche. Denn unsere Pflanzen sind durstig, selbst um die Gartenbäume mache ich mir schon Sorgen, deshalb gebe ich denen immer auch ein wenig. Bestimmte Arten blühen erst bei diesen Bedingungen richtig auf. Zum Beispiel unsere zahlreichen Bananenstauden, die schon das ganze Vorjahr nicht in Stimmung kommen wollten und sich auch in diesem Jahr seit dem Frühjahr kaum von der Stelle bewegt haben. Diese subtropischen Phasen regen sie dann aber doch an, was ich an dem mittleren Blatttrieb erkenne, der sich in den Folgewochen langsam auffalten und damit die Pflanzen vergrößern wird. Auch der Feigenbaum mag es heiß und trocken. Gute Bedingungen, die beiden jungen Bäume stärker werden zu lassen und ihnen eine gute Ausgangsposition für den Winter zu geben.

Die hochsommerliche Zweitaufgabe

Ein tolles Datum, dieser 21.07., und auch ein guter Holzarbeitssamstag. Ein strammes Programm wartete seit dem Morgen auf mich, das ich plangemäß umsetzen konnte. Jetzt nur noch die geölten Perlen zum Trocknen bereitstellen und dieses Projekt ist abgeschlossen. Schön, dass ich Anfang der Woche gleich mit dem nächsten beginnen kann. Gerade in dieser hitzigen Hochsommerphase finde ich das einfach klasse, sozusagen als Zweitaufgabe. Der Zünsler hat mich zwischendurch auch heute noch beschäftigt, in Form von weiterem Zurückschneiden. Das Mittel habe ich aber noch nicht angewandt, da für unsere Region Gewitterregen vorausgesagt waren und es nicht wirklich wirken kann, wenn es gleich wieder abgespült wird. Aber notwendig wird das auf jeden Fall sein, da ich auch bei dem geringfügigen Nachschneiden weitere Raupen gefunden habe. Von selbst also wird das Problem sich nicht lösen.

Persönliches Baumtagebuch von Bernhard Lux: Täglich begegne ich den Bäumen auf vielfältigen Wegen. An ihrem jeweiligen Standort in der Natur, in der Lektüre von Baum- und anderer Literatur, in der alltäglichen Reflexion, der handwerklichen Arbeit und im Gespräch mit der Familie oder Freunden und Kollegen. Es ist mir ein Bedürfnis, diese themenbezogenen Beobachtungen, Interaktionen und Kommunikationen in Form des Baumtagebuchs zu dokumentieren. Seit dem 20. November 2004 habe ich keinen einzigen Tag ausgelassen – ein Zeichen dafür, dass das Baumthema und der Baum als Archetypus tatsächlich im Alltagsleben verankert ist und vielfältige inhaltliche Assoziationen ermöglicht. So mag dieses Baumtagebuch jeden seiner Leser/innen auf die Spur einer je eigenen Beziehung zu den Bäumen führen.