Fleißige Kreativität

An diesen Fastnachtstagen nehme ich einen eigentümlichen Kontrast zwischen der medial und aus Distanz beobachteten Fastnachtsaktivität und einer Art vorsichtiger Zurückhaltung, einer eher gegenteiligen Innerlichkeit wahr. Vielleicht eine subjektive Wahrnehmung, aber eigentlich bin ich in der Einschätzung von globalen Stimmungen recht treffsicher, was ich manchmal erst im Nachhinein bestätigt sehe. Und vielleicht ist es ja tatsächlich ein deutsches Phänomen, diese eingebaute Ängstlichkeit in Zeiten scheinbarer Prosperität. Die gilt aber eben lange nicht für alle, und sie ist näher betrachtet auch nicht wirklich vorhanden. Sollte in einer so nivellierenden Betrachtungsweise die analytische Stärke, die einmal zu den typischen deutschen Tugenden zähle, allmählich verloren gehen. Ich würde mir wieder mehr von jener fleißigen Kreativität wünschen, die hinter dem Bild von den Dichtern und Denkern steckt. Nur der Mut dazu scheint tatsächlich eher zu verblassen. Gut, dass ich mit den Wunschbaum-Projekten mich auf einer Ebene bewegen darf, die solchen Fragen vorausgeht.

Ofensaison verlängert

Ein krasser Wetterumschwung, der auch körperlich spürbar wird. Das hätte man sich eigentlich umgekehrt vorgestellt, dass es nämlich zu den Fastnachtstagen schön wird. So ist es fast schon wieder winterlich, nass, kalt und ungemütlich. Da ist es naheliegend, dass V. heute etwas Brennholz nachgeholt hat, da der angehäufte Vorrat jetzt vollständig aufgebraucht war. Wenn es so bleib, werden wir die Ofensaison sicher noch etwas verlängern. So können uns die Bäume noch länger etwas von ihrer zu Lebzeiten aus der Sonne gewonnenen Energie weitergeben.

Frühling, Aktivität und Spiegelung

Für alle Fastnachtsfreunde ist es bitter, dass das schöne Wetter jetzt schon vorbei ist und ausgerechnet über die Hochzeit der närrischen Tage ziemlicher Regen mit Wind und Sturm angesagt sind. Wieder einmal verkehrte Welt. Ich genieße unterdessen die letzten Tage mit vom Holzofen gewärmten Räumen, was das unwirtliche Wetter draußen vergessen lässt. In Verbindung mit der Auszeit der Fastnachtstage ergibt das eine wohlige Situation, die ganz gut tut, bevor der Frühling nicht nur die Lebensgeister erneut aufweckt, sondern auch die Energiereserven wieder besonders fordert. Mit dem ersten Grünen der Bäume ist eben auch für uns Menschen die Zeit für verstärkt nach außen gerichtete Aktivität wieder gekommen, die uns besonders herausfordert. Auch eine Spiegelung, die sich so häufig im Verhältnis von Mensch und Baum beobachten lässt.

Wetterschwankungen und Honigprognosen

Nun dürften wir fast, aber wahrscheinlich nicht ganz an die Zahl der Sonnenstunden im Februar des Vorjahres herangekommen sein. So wirkt sich der Klimawandel nun auch schon so früh am Übergang vom Winter zum Frühling aus. Denn es ist ja nicht nur ungewöhnlich sonnig gewesen, auch die Temperaturen waren für den Monat geradezu unwahrscheinlich, und das über Wochen verteilt. V. macht sich da so seine Gedanken auch zum Gesundheitszustand seiner Bienenvölker. Die sind bekanntlich besonders empfindlich gegenüber allem, was außergewöhnlich und ungleichmäßig verläuft, dazu zählt eben auch das Wetter und seine typischerweise erwartbare Verteilung in den Jahreszeiten. Schön und ermutigend ist immerhin, dass unsere Völker diesen Winter ganz gut überstanden zu haben scheinen, nachdem mehrere Katastrophenjahre hinter uns liegen. Aber natürlich ist eine wirkliche Vorhersage für die kommende Honigsaison noch nicht möglich. Zu viele Unwägbarkeiten und Überraschungen sind da denkbar. Jedenfalls hoffen wir sehr, dass wir ein lang gestrecktes Frühjahr haben werden, mit einem schön ausgedehnten und sich abwechselnden Blühen der ertragreichen Pflanzen. Und dass die Bienen dann noch in guter Verfassung sind.

Flächendeckende Auszeit

Nun hat der Auszeitcharakter der Fastnachtstage doch die meisten erfasst, auch die sonst eher nichts mit den närrischen Tagen anfangen können. Als willkommene Ausnahme, während derer man die Dinge einmal etwas lockerer angehen kann, haben sie dennoch flächendeckend eine Wirkung. In Kindheitstagen waren die bevorstehenden Tage für mich fast immer mit Erkältungen verbunden. Die Phase haben wir alle glücklicherweise schon hinter uns, so dass wir das ungewöhnlich sonnige Wetter wirklich genießen können. Gleichzeitig geht unsere Holzofensaison dem Ende entgegen, vor allem weil der angehäufte Vorrat zu Neige geht, allerdings auch passend zu den eigentlich zu warmen Außentemperaturen. Natürlich ist es möglich, dass der Winter wieder zurückkommt. Ob V. und M. sich dann aber noch dazu aufraffen können, neues Holz heranzuholen, ist unwahrscheinlich. Wahrscheinlich wird das Buchen- und Fichtenholz dann erst wieder im neuen Jahr für die willkommene Winterwohnungswärme sorgen.

Februarvorfrühling

Die Pause bei der Holzarbeit hat ihr Gutes. So kann ich die unwirklich erscheinende Helligkeit dieser Tage und die absolut frühlingshaften Temperaturen genießen und die lebenden Bäume in der Landschaft endlich wieder in den Blick nehmen. Zwar geizt die Baumlandschaft noch sehr mit erkennbaren Reizen, aber der Durchbruch des Baumfrühlings wird sich nicht vermeiden lassen, sollten die Wärme und die Sonne in dieser Form noch einige Zeit anhalten. Eine gutes Sonnenstundenergebnis wie vor einigen Jahren schon einmal im Februar können wir in jedem Fall erwarten.

Von Nutzen und Unnutz der Mispel

Die Mispel ist ja eigentlich für nicht allzu viel nützlich. Aber V. hängt an seinen zwei kleinen Bäumchen und kann es nicht ertragen, die Früchte einfach verfaulen zu lassen. Deshalb erntet er sie immer und lässt sie dann zu Schnaps brennen. Diese Sorte kennen wir schon, aber entgegen landläufiger Meinung können wir keine besonders herausragende Geschmacksqualitäten beim Mispelschnaps, der bei uns wegen der Form der Früchte auch „Hondsärsch“ genannt wird, feststellen. So ist das Ganze eher ein Ritual zu Gunsten einer selten gewordenen Obstbaumart. Vor Jahren hatte ich einmal versucht, einen Strudel mit dem Fruchtfleisch der Mispeln zu backen, in der Art eines Apfelstrudels. Das hat auch funktioniert, aber das Fruchtfleisch um die extrem dicken Kerne der Früchte herum herauszulösen, ist eine Wahnsinnsarbeit, die selbst nach Stunden nur verschwinde geringe Mengen ergibt. Deshalb habe ich diese Möglichkeit der Verarbeitung gleich wieder aufgegeben, zumal der Geschmack durchaus gewöhnungsbedürftig ist. Ziemlich herb und entfernt eben doch an Apfel erinnern, aber etwas wild-fruchtiger anmutend. Am Ende bleibt die Frage dann doch noch übrig, warum diese Art eigentlich angebaut werden sollte.

Baumrinden im Spätwinterlicht

Ein so lichtreicher und wolkenloser Tag wie dieser ist selten im Februar. Da hat es viele in die Landschaft gezogen, Licht tanken, in der Natur bewegen, das macht den Kopf frei und lässt Abstand gewinnen. Wie häufig an hellen Spätwintertagen sind es neben den wenigen früh blühenden Bäumen wie Hasel und Erle vor allem die Rinden, die mich im klaren Licht dieser Jahreszeit besonders ansprechen, weil sie eine ungeahnte Binnendifferenzierung und Vielgestaltigkeit offenbaren.

Erlenblüte 2019
Erlenrinde I
Erlenrinde II

Noch zu früh für den Gehölzrückschnitt

Man könnte sich schon an den Frühling gewöhnen, zumal nächste Woche wahrhaft frühlingshafte Temperaturen angesagt sind und wir jetzt schon ungewöhnlich viele Sonnenstunden haben. Aber man glaubt noch nicht so richtig an die nächste Jahreszeit. Zu ungemütlich präsentiert sich der Rest-Winter in den Nächten und frühen Morgenstunden. So scheint es mir auch noch zu früh, die Gehölze zurückzuschneiden. M. hatte diesen Wunsch für die kleinen Gehölze in den Pflanzkübeln geäußert. Aber gerade die sind natürlich wegen der dünnen Ästchen empfindlich und würden starke Nachtfröste, die natürlich noch erwartbar sind, nicht gut verkraften, wenn die frischen Schnittkanten offen liegen. So werde ich damit sicher noch eine ganze Weile warten und vielleicht Mitte bis Ende März noch einmal darüber nachdenken. Der erste und gleichzeitig aufwändigste Kandidat wird wiederum der Maulbeerbaum sein. Ich bin sicher, dass auch während dieses Winters nichts an seiner Vitalität eingebüßt hat und es jede Menge nachgewachsenes Astmaterial zurückzuschneiden gibt. V. ist seit dem enormen Fruchtertrag des letzten Jahres schon ganz darauf fixiert und schenkt dem neuerdings aus diesem Grund erhöhte Aufmerksamkeit.

Auszeiten und Aufnahmebereitschaft

Seit längerer Zeit einmal wieder ein Wochenende ohne Holzarbeit. Das hat Seltenheitswert und ist aber ganz gut, da auch diese geschätzte Arbeit erschöpfend wirken kann, wenn sie pausenlose Fortsetzung findet. Deshalb sind Auszeiten auf dem Gebiet förderlich und lassen bei nächsten Gelegenheiten die Arbeiten sich wieder mit aufgefüllter Energie entwickeln. Und wenn sich gerade eine solche Auszeitphase wie um die Fastnachtstage herum breit macht, ist selbst für Symbolthemen, die ansonsten kein Alter zu kennen scheinen, die Aufnahmefähigkeit und -bereitschaft nicht optimal. So hat jede Zeit aus guten Gründen und aus einer Erfahrungslogik heraus ihre Schwerpunkte und kommunikativen Chancen.

Ablenkungskommunikation

Ein Einundzwanzigster. Das habe ich erst am Abend registriert, denn der Tag hatte nichts wirklich Erhebendes, auch wenn ich mi der Projektarbeit gute Fortschritte gemacht habe. Aber die eigentliche Aufbruchstimmung, die von Frühlingsgefühlen zeugt und von Zuversicht für den weiteren Verlauf des Jahres geprägt ist, die kann ich allenthalben nicht erkennen. Das wird, wie so häufig in dieser Zeit des Jahres von Ablenkungskommunikationen übertüncht, für die die Fastnachtstage jede Menge Gründe liefern. Gut daran ist, dass ich mich auf die mir wichtigen Aufgaben ganz konzentrieren kann. Die Resonanz, in Agentur- und Wunschbaum-Projekten, die kann gerne auch zeitversetzt kommen. Immerhin das kann Lebenserfahrung ganz erfolgreich überbrücken.

Die Stärke zeitloser Themen

Es ist schön, dass auch in den Tagen vor Fastnacht noch Anfragen auf mich zukommen, die sich mit der Symbolik und Energie der Bäume befassen. Das ist nicht selbstverständlich, lieben die Menschen doch erfahrungsgemäß jede Form der Ablenkung, wozu gerade die Fastnachtstage einladen. Aber es ist eben die Stärke zeitloser Themen, dass sie für die, die eine grundsätzliche Affinität besitzen, eben auch in äußerlich abgelenkten Umfeldern eine Rolle spielen können. Wenn Anfragen in solchen Zeiten kommen, freut mich das besonders, weil es den Kern dessen, worum es eigentlich bei den Wunschbaum-Projekten geht, in deutlicher Weise hervortreten lässt.

Wenn der Schornsteinfeger zweimal kommt

Das erneute Erscheinen des Schornsteinfegers innerhalb der Holzofensaison zeigt uns, dass der Winter doch ausgedehnter ist als bisher wahrgenommen. Eine merkwürdige Mischung zwischen fast schon frühlingshafter Temperaturen und ungewohnt vieler Sonnenstunden, Nachtfrost und ungemütlich regenerischen Phasen. Kein Wunder, dass der Körper mit Erkältung reagiert und sich nicht recht zu orientieren weiß. Nun, das Brennholz wird noch einige Wochen ausreichen, aber danach müssten wir es entweder auffüllen oder Ofensaison beenden. Für den Kamin ist das hauptsächliche Befeuern mit schnell verbrennendem Nadelholz offenbar gut. Trockene, pulverige Asche, das gefällt dem Schornsteinfeger und ist gut, um Schornsteinbrände oder Verpuffungen zu vermeiden. So hat das nicht so lang anhaltende Brennholz auch seine vorteilhaften Seiten.

Überbrückende Konstanten

Das Gespräch mit einem alten Freund hat mir die Vergangenheit wieder ins Gedächtnis gerufen, und mit ihr eine Reihe gemeinsamer Erlebnisse. Es sind solche Erinnerungen und Rückblicke, die das eigene Alter erst bewusst machen. Jedenfalls ist das bei mir so, der ich mich jünger fühle als es der Biologie eigentlich entspricht. So sind Gespräche, die Vergangenes aufgreifen immer auch mit wechselhaften Emotionen verknüpft. Wie bedeutsam ist die Vergangenheit, ist Erlebtes und Erfahrenes für gegenwärtiges und künftiges Leben. Wie viel davon hat sich quasi überholt und trägt seinen Wert nur noch als historische Größe? Das ist schwer zu beantworten, aber wahrscheinlich ist solch autobiographisches Reflektieren notwendig, um nicht aus der Zeit zu fallen. Was mir sonst sehr dabei hilft, sind meine durchgängigen Lebensthemen, allen voran die Bäume, aber auch die Kunst. Sie sind selbst zeitlos und bilden verbindende und überbrückende Konstanten im wechselhaften und nicht immer gradlinigen Lebenslauf.

Persönliches Baumtagebuch von Bernhard Lux: Täglich begegne ich den Bäumen auf vielfältigen Wegen. An ihrem jeweiligen Standort in der Natur, in der Lektüre von Baum- und anderer Literatur, in der alltäglichen Reflexion, der handwerklichen Arbeit und im Gespräch mit der Familie oder Freunden und Kollegen. Es ist mir ein Bedürfnis, diese themenbezogenen Beobachtungen, Interaktionen und Kommunikationen in Form des Baumtagebuchs zu dokumentieren. Seit dem 20. November 2004 habe ich keinen einzigen Tag ausgelassen – ein Zeichen dafür, dass das Baumthema und der Baum als Archetypus tatsächlich im Alltagsleben verankert ist und vielfältige inhaltliche Assoziationen ermöglicht. So mag dieses Baumtagebuch jeden seiner Leser/innen auf die Spur einer je eigenen Beziehung zu den Bäumen führen.