Nun zieht gerade das erste Gewitter dieses Frühsommers auf. Die Gleditschiensamen haben sich noch nicht geregt. Dafür treibt der Feigenbaum aber an allen beschnittenen Astenden neue Blätter. Die werden sich in den kommenden Wochen zu handtellergroßen Chlorophyllfängern vergrößern. Und der benachbarte Ginkgo tut es ihm gleich, obgleich seine Richtung eher die Vertikale ist und sich alles relativ eng um den geraden Stamm herum arrangiert. Die neuen Seitenäste werden erst später hinzukommen. Jetzt dürfen sie, nachdem ich im Winter alle Seitentriebe gekappt und nur den Haupttrieb und eine starke Verzweigung belassen habe. Die Gabelung erfolgt auf Augenhöhe. Das heißt, er wird sehr schnell in die Höhe schießen. Ich mache mir nur gewisse Sorgen, dass er dadurch an Stabilität verliert. Er ist eben sehr lang, aber auch noch sehr dünn, da das Breitenwachstum jedes Jahr nur minimal ausfällt. Es handelt sich um eine Art, die in Kategorien von Ewigkeit denkt und sich entsprechend Zeit lässt, den Raum zu erobern. Der Trieb Richtung Himmel ist ihm dagegen auch in jungen Jahren schon gegeben. Ein Unterschied zur Eibe, die noch mehr Zeit hat, ein Wunder in Geduld und Ausdauer. Kein Wunder also, dass sie mein Lebensbaum ist.