M. meinte heute noch, die Blätter würden sich gar nicht verfärben in diesem ungewöhnlichen Herbst. Sie hatte Unrecht. Beim nachmittäglichen Spaziergang ist es mir nämlich entgegen gekommen – dieses typische Leuchten der braunen und gelben Blattfarbstoffe, die mit dem Schwinden des Chlorophylls plötzlich sichtbar werden, obwohl sie doch schon immer da waren. Und auch bei unserem Feigenbaum konnte ich heute erstmals erkennen, dass sie ihre satte Spannkraft verloren haben und gerade anfangen, sich in Richtung Gelb zu kippen. Am deutlichsten und schönsten ist es aber bei den Ahornen, vor allem dem Spitzahorn in seinen verschiedenen Varianten. Denn bei dieser Art leuchten die Blätter gleichzeitig in verschiedenen Gelb-Rot-Braun-Tönen. Sowohl an ein und demselben Baum, als auch an benachbarten Individuen folgen sie einem geheimen, unterschiedlich verteilten Rhythmus, durch den kurz vor dem endgültigen Abfallen der Baum noch einmal eine eindrückliche Form seiner Schönheit offenbart. So als ob er sich selber und seine Betrachter dafür entschädigen wollte, dass er bald für Monate nur noch sein nacktes Gerüst zur Schau stellen wird. Seltsam, obwohl im Herbst doch der Abschied thematisiert ist, scheinen viele Menschen die Bäume erst in der Herbstzeit wirklich ,,zu sehen“. Vielleicht weil die Veränderung so deutlich ist, deutlicher als im Frühjahr, wenn sich das Grün in zarten Tönen Raum schafft und das Licht eher absorbiert als es wie im Herbst an den Betrachter zurückzuwerfen.