Ein alter Bekannter

Gefällte Hainbuche

Gefällte Hainbuche

Gefällte Hainbuche

Auf meinem Lieblingsweg habe ich in den letzten Jahren mit vielen Bäumen Bekanntschaft gemacht. Eigentlich mag ich alle Bäume, aber manche treten eben doch hervor, sprechen mich besonders an, stellen etwas dar, lassen eine bestimmte Saite zum Klingen bringen. So auch die am Wurzelstock schon geteilte mächtige Hainbuche, die an der Biegung eines steil nach unten führenden Trampelpfades stand, den ich fast immer benutze. Schon häufig habe ich sie zuvor fotografiert. Wegen ihrer Teilung, wegen des für Hainbuchen so charakteristischen Drehwuchses und der Oberflächenfurchung, wegen des Efeus, das sich gerade an diesem Baum so schön nach oben schlängelte und ihn dadurch noch schöner, wie geschmückt erscheinen ließ. Er war auch für eine Hainbuche außerordentlich hoch und – so schien es mir – kerngesund. Umso erschrockener musste ich heute feststellen, dass sie der wohl letzten Baumschnittaktion vor Beginn der wärmeren Jahreszeit zum Opfer gefallen ist. Völlig unverständlich, warum gerade dieser stattliche und soviel Kraft ausstrahlende Baum gefällt wurde. Die Fotos mögen einen Eindruck seiner eindrücklichen Präsenz vermitteln, nun aber gestürzt, schon mit neonleuchtendem Pink besprüht, und das heißt wohl: für den Verkauf als Brennholz vorgesehen. Ein vertrauter Bekannter weniger auf meinem Weg, aber einer, den ich sicherlich nicht vergessen werde. Und der mir in Erinnerung kommen wird, jedes Mal, wenn ich diese Biegung nehme. Auch wenn der Stumpf irgendwann einmal beseitigt werden sollte. Wenn er aber stehen bleibt, wird er wieder ausschlagen. Seine einstige Größe aber ist Vergangenheit, ein zweites Leben als breit wachsender Hainbuchenbaum so gut wie vorprogrammiert. Auf dem Rückweg fällt mir dann eine wunderschöne Blüte an einem ganz unscheinbaren, kaum 30 cm über den Boden reichenden Strauch ins Auge. M. meint, es sei eine Zierapfelart. Vielleicht kann ich sie irgendwann genauer bestimmen:

Zierapfelblüte

Schöne Ostern

Vom Wetter her eher nicht. Trotzdem war es am heutigen Ostersonntag ganz angenehm, nicht gerade warm, aber wenigstens nur wenig Regen. Wir konnten am Nachmittag sogar eine Runde an der Saar drehen. Ansonsten ein schöner ruhiger Osterfeiertag, besonders eindrucksvoll die Übertragung der Heiligen Messe vom Petersplatz in Rom. Es spielt eben doch eine Rolle, wenn der Papst ein Deutscher ist. Aber auch die gestrige Osternachtfeier in unserer Pfarrkirche war sehr stimmungsvoll gestaltet und auch wegen des guten Besuchs ein Erlebnis für die ganze Kirchengemeinde. Schön, dass es diese Tage gibt, sie laden vielleicht am ehesten von allen kirchlichen Feiertagen zum Nachdenken, Rekapitulieren und Hinterfragen ein. Schön auch, dass dem Ostersonntag noch ein Ostermontag folgt und die Stimmung nicht gleich wieder eingefroren wird. Und der Frühling? Wie M. treffend bemerkte, man meint ihn herbeiführen zu müssen, wohl wissend und spürend, dass er sich nicht drängen lässt. Alles ist tatsächlich mindestens 4 Wochen zu spät, und wer weiß, wie lange es noch dauert. Ganz allmählich kommen die Blüten des Spitzahorns, übrigens ein irres Hellgrün, im schwächeren Licht fast neonfarben leuchtend. Der Schlehdorn traut sich ebenfalls noch nicht so richtig, lediglich kleine noch geschlossene Blütenknospen waren beim heutigen Spaziergang zu sehen. Und auch die Blätter mancher Gehölze sind in ihrem bereits begonnenen Entfaltungsstreben noch gehemmt. Nun, wir können es nicht ändern, wünschen uns aber zum Abschluss des Osterfestes einen Neuanfang auch auf der klimatischen Ebene. Er könnte den symbolischen unterstützen.

Schön ruhig

So habe ich mir den Ostersamstag eigentlich auch gewünscht. Schön ruhig, obwohl wir die wichtigen Dinge erledigen konnten: Ein Abstecher nach M., um den Osterkuchen zu kaufen – nebenbei habe ich eine Reihe toller Engel gefunden, und einen Porzellan-Christbaum von Goebel bestellt. Auch in manch anderem Geschäft mit niedlichen Deko-Artikeln zu Weihnachten und Ostern konnten wir uns kaum losreißen. Ansonsten ein bisschen aufgeräumt, Papier verbrannt – das Verbrennen ist gerade an solchen Übergangstagen für mich ein wichtiger symbolischer Akt, und das Bedürfnis kommt zur richtigen Zeit wie von selbst. Und ein bisschen gelesen, einfach mal ein paar zusammenhängende Gedanken gedacht – wie selten komme ich in letzter Zeit dazu. Auf den kurzen Autofahrten wieder einmal das so schön zum Fest passende Eidottergelb der Forsythien bewundert. Und am Grab von G. die schon mit der Blüte beginnende Hainbuche betrachtet. Die Zeit der Bäume kommt erst noch. Bis dahin haben die Frühlingsblumen eindeutig den Vorrang in der Aufmerksamkeit der Menschen.

Karfreitag – facettenreich

Der Tag stand im Zeichen des Besuchs in G. Und er hatte, abgesehen von der durchwachsenen, eher unwirtlichen Witterung, so gar nichts vom Ernst und der Beschaulichkeit, die ich gewöhnlich mit dem Karfreitag verbinde. Eher fröhlich fiel dieser Tag aus, und passend dazu sind mir auf dem Spaziergang mit W. und Hund auch ganz gute Blütenfotografien der Forsythien sowie der Mandelbäume gelungen. Aufnahmen, die den äußerlich eher trüben Tag nicht so ohne weiteres ahnen lassen. Die Dinge gehen eben nicht immer nur in eine Richtung, sondern offenbaren bisweilen ihre manchmal schillernden Facetten:

Forsythienblüte

Mandelblüte

Während die Forsythien auch in hiesigen Gärten und Grünanlagen dieser Tag sehr häufig anzutreffen sind und irres Gelb versprühen, sind Mandelbäume nur in dem etwas begünstigteren Klima dieser Ecke von Rheinland-Pfalz, selbstverständlich auch in noch südlicheren Regionen zu finden. Schade, denn die Blüte ist einfach fantastisch. Auf der Neuleininger Burg dann noch eine interessante Entdeckung auf dem Tisch der Wirtsstube: Ein Oster-Baum und somit eine für mich sehr spannende Verbindung zweier Sinnbereiche: Der Weihnachtsbaum und das Ei als Symbol der Fruchtbarkeit und des Neuaufbruchs. In dieser Verbindung habe ich das zuvor noch nicht gesehen. Aber stimmig scheint es mir doch. Denn beides steht für die Wiedergeburt, für die Umwandlung, für den Neuanfang nach Durchqueren eines tiefen Tals. Schön, wenn solche Kreationen sinnhafte Verbindungen herstellen, die ohne sie nie zustande gekommen wären:

Ostereierbaum

Was für ein seltsames Jahr

Frühjahrsmüdigkeit – das scheint mir keine Erfindung zu sein. In jedem Jahr spüre ich sie aufs Neue. So auch zurzeit bei diesem wahnsinnigen Hin- und Her von Frühlingsaufbruch und -rückzug. Der Karfreitag steht bevor, und wie zu erwarten ist, wird die Witterung die symbolische Bedeutung des Tages unterstreichen. Und wie als Zeichen des Wiederanfangs und des Aufbruchs in eine bessere Zeit wird der Samstag wohl der schönste während der Ostertage sein. Schade, dass das nicht auch für Ostern selber gelten wird. Ich weiß nicht, ob ich die Wettervorhersagen als Errungenschaft sehen soll. Sie raubt auch einiges an Zuversicht und hinterlässt die nüchterne Erkenntnis: es kommt so wie es kommen soll. Während ich reihenweise neue Osterhasen in der Wohnung verteile und an der Flash-Animation meines Ausstellungsprojekts Differenz-Einheit arbeite, sind die Außenprojekte, Fotografien noch nicht erfassten Baum-Blüten, erste Versuche mit Digitalvideo und anderes, mal wieder in weitere Ferne gerückt. Wann können wir endlich starten in dieses neue und irgendwie noch immer nicht ganz präsente Jahr 2006?

Ökologie und kultureller Sinn

Es war ein Tag, der der Vorfreude auf das Osterfest gewidmet war. Ms Bemerkung, man merke gar nicht, dass es sich um die Karwoche handele, kann ich nicht bestätigen. Ich finde schon, dass man die besondere Atmosphäre spürt, die mit den Tagen vor Ostern und um Ostern herum verbunden ist. Die Besonderheit kommt meiner Ansicht nach nicht nur von der Sinnhaftigkeit des christlichen Festes selber. Da spielt auch der endlich fühlbare Frühling und die Veränderung der Vegetation, vor allem das Blühen der Bäume und das Farbleuchten der Blumen eine wichtige Rolle. Und schon interessieren sich die Besucher meiner Seite und die Sucher in Suchmaschinen wieder für den Maibaum, der in den vergangenen 11 Monaten kein relevantes Suchthema mehr war. Der Mensch ist eben immer auch verbunden mit dem Ganzen des ökologischen Systems. Steht in einem wechselhaften Austauschverhältnis mit der Umwelt. Gut so, denn nur so kann in einer ruhelosen Zeit Aufmerksamkeit auf kulturellen Sinn gelenkt werden. Und nur so kann dieser Sinn lebensbestimmend und richtungsweisend wirksam sein.

Gemeinschaft der Wünschenden

Die Häufung der Wünsche zu manchen Zeiten kann man nicht wirklich vorhersagen. Ich glaube aber, dass es so etwas wie Hochzeiten und Tiefzeiten des Wünschens gibt. Plötzlich artikulieren innerhalb kurzer Zeit alle möglichen Menschen ihre Wünsche, und dann scheint für lange Phasen die Zeit und mit ihr das Wünschen still zu stehen. Ich lese das an der sehr wechselhaften Frequentierung des virtuellen Wunschbaums ab, mit dem ich vor einigen Jahren ein unaufdringliches und anonymes Forum geschaffen habe, um die Wünsche sich in einem dafür bestimmten Raum entwickeln zu lassen. Sie können dort geäußert und quasi abgelegt werden. Eine Entäußerung, mit der der Wünschende sich selber spiegelt und sich damit Anlass zu Reflexionen über sich und das eigene Wünschen gibt. Interessant finde ich dabei, dass die Menschen, jedenfalls die, für die das Wünschen ein Thema ist, offenbar in einer atmosphärischen Verbindung zueinander stehen, die dem einzelnen in der Regel nicht bewusst ist, ihm die Formulierung des Wunsches und seine Platzierung am Wunschbaum aber erheblich erleichtert. Wenn dieses Forum diese Erleichterung befördert, hat es seinen Sinn voll und ganz erfüllt.

Vorsichtig

Da hatten sie sich wohl ein wenig zu früh gefreut. Die Blattknospen der Rosskastanien und verschiedener anderer Arten hatten sich schon vorsichtig geöffnet. Die fein verästelte Struktur der eingefalteten Blätter bildet aber noch eine Kugelform, bleibt vorerst noch verschlossen. Nur zwei, drei wirklich frühlingshafte Tage und sie würden sich über Nacht entfalten, um anschließend in die Breite zu wachsen. Nach dem neuerlichen Temperaturrückgang aber haben sie scheinbar einen Schock erhalten und blieben in einer Bewegung stecken, die schon dabei war, flüssig weiter abzulaufen. Die Bäume haben es wahrlich nicht leicht in dieser Zeit. Kaum noch eine Jahreszeit, die charakteristisch zu nennen wäre. Eigentlich nur noch ein ständiges Hin und Her, Auf und Ab. Eine Belastung für Pflanzen, Tiere und Menschen. Immerhin das haben wir immer gemeinsam: Die äußeren klimatischen Bedingungen. Gemeinsam müssen wir auch Strategien entwickeln, mit diesem Zustand gut und unerschrocken zu leben.

Palmsonntag

An der Statistik sehe ich, dass sich regelmäßig vor den Feiertagen, so auch dieses Jahr wieder in den zwei Wochen vor dem heutigen Palmsonntag, viele für den Hintergrund der Palmsonntagsbräuche interessieren und bei der Internet-Suche bei meinem Text über die Palmbräuche ankommen. Diese Tage haben für mich immer etwas Heiliges, eine ganz besondere Atmosphäre, die ich heute Vormittag besonders während des feierlich gestalteten Gottesdienstes wahrnehmen konnte. Die Küsterin hatte sich große Mühe mit der Dekoration gegeben. Am eindrucksvollsten fand ich den ovalförmig aus Buchs gesteckten Schmuck der Kreuze. Viele Kirchenbesucher hatten eigene Buchsbaumsträuße dabei, vor dem Haupteingang wurden außerdem Sträuße für alle anderen angeboten. Den gesegneten ,,Palm“ haben M. und ich am Nachmittag an den zahlreichen Türkreuzen des Hauses angebracht bzw. erneuert, denn an vielen hing noch der vorjährige:

Palmsonntag

Palmkreuz

Ganz toll finde ich mein Eibenkreuz, das mit dem geweihten Buchsbaumzweig eine ganz großartige Sinneinheit bildet:

Palmkreuz

Möge der ,,Palm“ nicht nur für den Sieg des Lichts über die Dunkelheit stehen, sondern uns alle das ganze Jahr über seinen schützenden Segen spenden!
Und mögen wir uns an so schönen Tagen wie diesem an die Wunder der Welt erinnern, sie im Alltag wahrnehmen und alle Zeit schätzen. Das Blütenwunder der Magnolien im Wohnzimmer war für mich heute Anlass, dieses zu erinnern.

Magnolienblütenwunder

Ein schöner Baum-Frühlingstag

So wenige Besucher habe ich an einem Samstagabend noch nie im Schwimmbad gesehen. Das lag wohl an dem schönen, sonnigen und angenehm temperierten Tag. Vielleicht dem ersten echten Frühlingstag. Da war die Lust groß, sich im Freien zu bewegen, um etwas von der Energie des Frühlings einzuatmen. Nach dem Frühstück habe ich die Gelegenheit beim Schopfe gepackt und mit Herrn B. endlich ein Treffen vereinbart, um die Blüte der Kornelkirsche zu fotografieren. Er hatte mir das schon vor Wochen vorgeschlagen, aber es fand sich kein geeigneter Zeitpunkt. Und gut, dass ich heute daran dachte, denn durch die Nachtfröste waren die Blüten schon sehr in Mitleidenschaft gezogen und entsprechend fiel es schwer, überhaupt noch das Charakteristische dieser Blüten festzuhalten. Letztlich sind mir einige ganz gute Aufnahmen gelungen, eine davon ist diese:

Blüte der Kornelkirsche

Sie ist ziemlich klein, die Sträucher sind aber dicht damit übersäht. Irgendwie hat die Erscheinung Ähnlichkeit mit den Blütenbüscheln des Feldahorn, nur dass die eher grünlich gefärbt sind, diese aber eher gelblich. Abgesehen von dem Foto, das meine Sammlung erweitert, fand ich den kleinen Ausflug sehr schön. Er hat mir einmal mehr gezeigt, eine wie große Bedeutung die Bäume, die Beschäftigung mit einem eigenen Stück Land und das bewusste Arbeiten mit den dynamischen Energien der Natur für einzelne Menschen haben kann. Wenn sich zwei so Veranlagte treffen, sind das immer sehr schöne, irgendwie aber auch unaussprechliche Begegnungen. Auch der Rest des Tages war der Landschaft und den Bäumen gewidmet. Rechtzeitig zum Palmsonntag haben wir am Bienenhaus einige Zweiglein des dort gut gedeihenden Buchsbaums geschnitten. M. arrangiert die am Vorabend immer zu mehreren Büscheln, die sie am Palmsonntag zur Segnung mit in die Kirche nimmt. Danach werden sie hinter die Türkreuze gesteckt und verbleiben dort das ganze Jahr über. Am frühen Nachmittag, vor unserem Ausflug nach Lothringen, wo wir auf der schwierigen Suche nach einem für das Wohnzimmer passenden Holztisch waren und wunderbare kleine Örtchen und zauberhafte Landstriche sehen durften, habe ich den gewaltigen Zweig eines Korkenzieherhasels in einzelne Abschnitte zerteilt, die wir in verschiedenen Vasen als Ostersträuße arrangiert haben. Die Zweige machen sich wegen ihrer skurrilen Formung sehr gut dafür, besonders wenn es gilt, unzählige Deko-Eier und andere Oster-Deko-Anhänger anzubringen. Vor der Tür hat M. zusätzlich den lebenden Scheinhasel mit wetterfesten Kunststoffeiern geschmückt. Die Dekorationen sind sehr schön gelungen. Bleibt zu hoffen, dass sie lange halten und wir alle zusammen ein schönes Osterfest feiern können. Dieser Tag hat uns Mut gemacht.

Perspektivdifferenzen beim Spazierengehen

Ich freue mich sehr, dass M. jetzt öfter abends oder am Wochenende auch tagsüber mit mir spazieren geht. Bevor ihre Bein-OP ihr Anlässe dazu gegeben hat, ist das nur 3-4 mal im Jahr vorgekommen. Ich glaube, sie hat Gefallen an diesen Spaziergängen am Fluss oder im Wald gefunden, nicht nur weil sie inzwischen durch das öfter Gehen mehr Kondition gewonnen hat, sondern auch weil es den Kopf frei macht, den Abstand zur Alltagsroutine zumindest für eine gewisse Zeit herstellt und ganz gut ist, Dinge diskursiv aufzuarbeiten, die einem am Herzen liegen. Wenn das Ganze dann auch noch mit frischer Frühlingsluft und wärmenden Sonnenstrahlen gekrönt ist, wird daraus für uns beide ein aufbauendes Erlebnis. Für M. ist das Ereignis allerdings erst dann perfekt, wenn Sie jemanden trifft, mit dem sie bei der Gelegenheit ein Gespräch führen kann. Und im Gegensatz zu mir trifft sie garantiert immer jemanden, einfach weil sie Gott und die Welt in diesem Kreis kennt. Und natürlich fällt ihr auch zu jedem etwas ein, kann sich auf jeden einlassen und verwickelt jeden in eine längere Konversation. Ein Talent und ein Bedürfnis, das mir in dieser Form abgeht, das ich aber auf eine bestimmte Weise bewundere. Während für mich eher die Landschaft und insbesondere die Bäume im Mittelpunkt der Aufmerksamkeit stehen, sind es für M. immer auch die Menschen, die für sie auch aus ganz anderen Gründen von Interesse sind. Sehr schön zu beobachten, wie unterschiedlich verschiedene Menschen das gleiche erleben. Und auch sehr schön zu erkennen, dass genau dies uns bereichert und den Horizont weitet.

Orientierungslos in den Frühling

Jetzt wagen sie es doch. Die dicken Blattknospen der weiß- und rot blühenden Rosskastanien dehnen sich gefährlich. Und schon sind die ersten Blattrückseiten in ihrer zusammen gefalteten Form zu erkennen. Irgendwann in den kommenden Tagen, wenn die Temperaturen stabil bleiben, wird sich das handartige Fiederblatt entfalten und kurz danach sein Größenwachstum in ausgebreiteter Form weiter fortsetzen. Auch bei den schwedischen Mehlbeer-Bäumen habe ich die Verdickung der Knospen heute beobachtet. Der Frühling ist jetzt nicht mehr aufzuhalten. Immerhin das kann man aus diesen Zeichen ableiten. Bleibt nur zu hoffen, dass er als Jahreszeit erkennbar sein wird und seinem dynamisierenden Ruf gerecht wird. Das wäre dringend notwendig, diagnostizieren doch derzeit viele Menschen in meinem Umfeld für sich selber und für andere depressive Tendenzen. Die aber, fürchte ich, sind nicht mit der berüchtigten Frühjahrsmüdigkeit zu verwechseln. Die haben tiefer liegende Gründe, die viel mit der wirtschaftlichen Situation, der Diskrepanz zwischen Wirklichkeit und Ansprüchen oder Erwartungen, und mit den damit einhergehenden Richtungs- und Orientierungsverlusten zu tun haben.

Alleen und östliche Landschaften

,,Lindenallee am Schloss Bothmer in Mecklenburg-Vorpommern“, das ist das April-Motiv meines Alleenkalenders. Und der zeigt in der Fluchtperspektive des trennenden Weges eine dichte Reihe Laub tragender Lindenbäume, deren Kronen sich auf Höhe der Mittellinie des Weges berühren und damit ein richtiges Blätterdach bilden. Die Färbung des Laubs lässt erkennen, dass es sich um junges, frisches Grün handelt, so wie es eben im April normalerweise zu erwarten ist. Unsere Linden hier im Dorf sind davon weit entfernt, zeigen nicht mal ansatzweise Grün, aber das soll sich ja angeblich ab morgen im Zuge täglich weiter ansteigender Temperaturen bald ändern. Schloss Bothmer gehört übrigens zu einem der Ausflugsziele, die mich bei meinem zweiten Besuch in Mecklenburg-Vorpommern vor einigen Jahren den Charme dieses schönen Landes haben erkennen lassen. Die Allee hätte ich allerdings nicht erkannt, die habe ich in ganz anderer Erinnerung. Bestenfalls hätte ich die Zuordnung auf Grund der eigentümlichen Wurzelausschläge bei diesen Linden vornehmen können. Ich meine, dafür gibt es auch einen besonderen Ausdruck, der mir aber im Augenblick nicht einfallen will. Ja, so ein Kurzurlaub in den östlichen Ländern hat etwas, nicht nur wegen der spannenden Baum-Landschaft. Seit dem gestrigen Ausflug habe ich die Möglichkeit nach längerer Zeit wieder ins Auge gefasst, mir vielleicht mal eine andere Gegend anzusehen, etwa in Sachsen-Anhalt oder Brandenburg.

Weite Baum-Landschaften

Annähernd 12 Stunden Autofahrt. Ganz schön heftig, auch wenn man selber nicht fahren muss. Gott sei Dank gab es auch Pausen dazwischen, mit einem Druckereibesuch, Small Talk und geschäftlichen Besprechungen. Allein die Abwechslung und die neue Umgebung waren die Aktion wert. Am eindruckvollsten aber fand ich die Landschaft, insbesondere in Niedersachsen, dem Harz, und in Sachsen-Anhalt. Viel Landwirtschaft mit ausgedehnten Feldflächen, die den Blick weit machen und sagenhafte Horizonte erschließen. Bäume als individuelle Exemplare zu fotografieren, und zugleich als markante Zeichen und Horizontbegrenzer der Landschaft, das wäre in diesen Gegenden geradezu ideal. Schade nur, dass man an den interessantesten Stellen, da man sich gerade auf der Autobahn oder Schnellstraße bewegt, nicht aussteigen kann, so dass die besten Motive ohnehin nicht realisierbar wären. Natürlich müsste man zudem auch die Zeit und Muße dazu haben, was bei eigentlich nur im Urlaub denkbar ist. Die Option bleibt jedenfalls offen, denn das Motivfeld ,,Baum-Landschaft“ ist bisher bei mir noch sehr rudimentär bearbeitet und benötigt dringend eine Erweiterung.

Leben für die Bäume

,,Der Mann, der Bäume pflanzte“, ein kleines Büchlein von Jean Giono, angeblich einem der größten französischen Schriftsteller, wird in wenigen Tagen eintreffen. Bin zufällig auf den Titel gestoßen, der neu aufgelegt wurde. Und war interessiert, denn es geht in dem Buch um einen Mann, der eine unwirtliche Berggegend in der Provence durch das Anpflanzen von Bäumen wieder lebenswert machen will und dieses Ziel konsequent verfolgt. Erinnert mich an das Engagement von Wangari Maathai, wenn dieses auch stärker politisch motiviert ist und außerdem einem wahren Lebensweg entspricht. Man kann aus dokumentarischen wie aus fiktionalen Lebensentwürfen, die dem Umgang mit Bäumen gewidmet sind, sehr viel über die Symbolik der Bäume erfahren. Letztlich nämlich geht es dabei um das Denken und Fühlen der Menschen, die aus der Beschäftigung mit Bäumen die Kraft nehmen, selber zu wachsen und den eigenen Lebensweg kritisch zu reflektieren. Insofern bin ich sehr gespannt, denn es handelt sich um einen vergleichsweise kurzen Text, der die Thematik sicher in sehr besonders konzentrierter Weise sprachlich umsetzt.

Ein Schlachtfeld

Gewöhnlich fällt sie mir schwer, die Veränderung, welche sich zeigt, wenn Bäume nicht mehr an ihrem angestammten Platz stehen. Weil sie vom Wind gestürzt wurden. Oder weil Menschen aus irgendwelchen Gründen sie entfernt haben. Im Falle der Fichten am oberen Ende unserer Straße hat sich diese Reaktion nicht eingestellt. Jahrelang war ich an ihnen vorbei spaziert, am Anfang meines abendlichen Gangs durchs Dorf. Gemocht habe ich sie nie. Sie waren im Laufe der Jahre sehr hoch geworden, standen dicht an dicht, aber nur in einer Reihe, die das Grundstück an der Straßenecke quasi einfriedete. Dahinter, durch eine Lücke gut zu erkennen, einfach nur Wiese, aber in einer Senke, also noch nicht einmal zum Spielen geeignet. Wahrscheinlich wären diese Fichten ins Unendliche gewachsen, bis sie ihr biologisch mögliches Alter erreicht hätten. Nun aber sind sie über Nacht alle gefällt worden. Und mit ihnen die Holzpfähle, die zwischen ihnen platziert waren. Wie ein Schlachtfeld wirkt das jetzt, da die Bäume nicht abtransportiert wurden, so liegen sie alle wie gefallene Soldaten kreuz und quer übereinander. Ein Baugrundstück soll nun an die Stelle des unechten Wäldchens treten, so ein Gerücht. Ich denke, in diesem besonderen Falle ist das nicht unbedingt ein Verlust, sondern kann umgekehrt zur Aufwertung des Straßenzugs beitragen. Dabei können die Fichten natürlich nichts dafür, wohl aber Menschen mit wenig ästhetischem Gespür.

Strapaziertes So-Sein

Die Frage Ws. auf dem heutigen Spaziergang, welcher Art denn dieser skurril erscheinende Baum am Wegrand angehöre, konnte ich spontan nicht beantworten. Auf einen besonders stark ausgefallenen Feldahorn habe ich dann bei näherer Betrachtung getippt. Sehr schwierig ist das im Winter, wenn außer der Rinde, ein eher uneindeutiges Unterscheidungsmerkmal, nur die Gesamtform des Baums, der Astaufbau und eventuell Reste vorjähriger Früchte betrachtet werden können. Dabei soll es Fachleute geben, die selbst in der kahlen Jahreszeit noch relativ genaue Unterscheidungen treffen können. ,,Gehölzbestimmung im Winter“ oder ähnlich hieß mal eines der Bücher, die zur Aufklärung in diesem Themenbereich erschienen sind und wohl für Förster und Forstwirte geschrieben wurden. Weitaus spannender ist ohnehin die Zeit des Jahres, in der Wachstum, Entwicklung, Blühen, Grünen und Fruchttragen der Bäume wahrnehmbar sind. Ich glaube, das ist es auch, was die Menschen bewegt. Das ist es, was den Baum zu so einem starken Lebenssymbol macht. Die andere Seite, die Ruhe und Zurückgezogenheit des kahlen Baumgerüstes bildet zwar den Gegenpol, aber der wird meines Erachtens eher verdrängt, zwar als Teil des Baumlebens erkannt, aber emotional eher gar nicht bewertet. Vielleicht ist das die einzige Phase, in der die Bäume einmal ganz sie selber sein können, eine Stärke, die sie zwar besonders auszeichnet, die durch die ständige Beobachtung in der übrigen Zeit aber auch strapaziert wird.

Verzögerung

Oh, wie zögerlich geht es voran mit dem Frühling! Kaum eine Blütenknospe ist überhaupt irgendwo zu entdecken. Selbst der Schlehdorn hat es an den meisten Standorten noch nicht geschafft. Lediglich die Ansätze für sich öffnende Knospen sind an den Sträuchern erkennbar. Und V. sagt, dass auch der Birnbaum sich in diesem Jahr verspätet. Lediglich die Kornelkirsche zeigt bereits ihre Pracht, wie Herr B. mit mitgeteilt hat, vielleicht finde ich am Wochenende die Gelegenheit, sprich eine Phase mit viel Sonne, um diese mir bisher noch unbekannte Blüte zu fotografieren. Solange die Landschaft vergleichsweise reizlos bleibt, beschränke ich mich auf eher unkreative Spaziergänge, schon allein wegen des Lichts ein Gewinn. Und auf praktische Dinge, die der Frühling so mit sich bringt, Stichwort: Reifenwechsel, und andere Aktivitäten, für die die lichtere Jahreszeit einfach zu schade ist.

Bezugspunkte

Dauerregen, Tropf-Tropf-Tropf, und von Frühling mal wieder nichts zu erkennen. Ein eigenartigeres Jahr habe ich nie erlebt. Wird das wohl so weiter gehen? Eigenartig auch das, was die Politik gegenwärtig so bietet. Oder sollte ich sagen: den Bürgern zumutet. Unglaublich, und wenn man es will, auch endlos ärgerlich. Nichts hat all das noch mit der Vertretung von Interessen zu tun. Keine Bedeutung haben mehr politische Grundsätze und parteipolitische Polarisierungen. Der Bürger erkennt der Politik, so wie sie sich gegenwärtig darstellt, schlicht keinerlei Lösungskompetenz für die von ihr zu lösenden Probleme mehr zu. Stichwort: Sinkende Wahlbeteiligungen. Man fragt sich da, was an die Stelle der Parteien treten könnte. Wie Interessen gebündelt und gemeinwohlrelevant reguliert werden könnten. Die Antwort wird auf sich warten lassen, und derweil ziehen sich die Überdrüssigen zurück. In ihre je eigene Gedanken- und Lebenswelt. In das, was individuell Sinn macht. Bezugspunkte, die Sinn geben, sind da geradezu lebenswichtig. Für mich sind es die Bäume, in deren Bild und Da-Sein ich vieles reflektieren kann, und die es mir ermöglichen, die Horizonte immer wieder weiter zu stecken.

Wunderbare Schöpfung

Bei den so radikal gestutzten Sträuchern und Bäumen, ich habe diese neue Tendenz bereits mehrfach erwähnt, kann man sich kaum vorstellen, dass im Sommer an derselben Stelle ein Grün tragendes und Licht absorbierendes Gewächs zu sehen sein wird. Es käme der Verwandlung von Aschenputtel in die schönste aller Prinzessinnen gleich. Und wird dem sicherlich gleichkommen. Es ist das ein immer wieder kehrendes Wunder, das durch die vorhersehbare Wiederholung nichts an Wunderbarem verliert. Es ist Ausdruck einer unerschöpflichen und von Menschen niemals erreichbaren Kreativität. Einer unbeschreiblichen Vielfalt an Formen und individueller Ausgestaltung von Arten. Ein sich selbst entwickelnder und selbst steuernder Prozess, hinter man wohl zu Recht das Walten des großen Göttlichen, aber auch die Mitarbeit vieler fleißiger Wesen des Naturreichs vermuten kann. Dieses Wunder zu beschreiben, zu illustrieren und zu vermitteln, sehe ich als eine meiner großen Herausforderungen, der mich zu stellen ich nicht müde werde.

Neue Gestaltungsmöglichkeiten

Na, ich weiß nicht, ob das mit der Integration von Videosequenzen in meine Web-Projekte so ganz unproblematisch ist. Allmählich verstehe ich, warum man nur sehr selten Videoclips als Elemente von Webseiten sieht. Sie sind einfach zu speicherintensiv. Trotzdem will ich nach Möglichkeiten suchen, reduzierte Motive und Bewegungsabschnitte einzufügen, mit entsprechender Komprimierung und sparsam-gezielter Auswahl. Vor allem könnte ich mir vorstellen, dass minimale Bewegungen, z. B. von Blättern oder Ästen, Reflexionen von Licht, einfache gestische Abläufe sich für die Gestaltung und Illustration gewinnbringend darstellen ließen. Das Element ,,Bewegung“ würde damit eine Note erhalten, die mit reiner Flash-Animation nicht erreichbar ist. In diesem Bereich gibt es für mich noch viel zu entdecken. Und vielleicht sehe ich in einigen Monaten klarer. Und habe konkrete Ansätze entwickelt, meine Vorstellungen umzusetzen.

Poetische Naturreflexion

Die Zeit der Texte wird auch wieder kommen. Ich habe es schon des Öfteren bedauert, obwohl es da nichts zu bedauern gibt. Es ist vielmehr eine Frage der Zeitaufteilung. Und da die Freizeit begrenzt ist, kann ich die Dinge nur phasenweise intensiv betreiben. Zurzeit sind es eben die Techniken, mit denen ich mich beschäftige. Um mein Gestaltungsspektrum weiter zu fassen. Und da bleibt kaum noch Zeit für die Arbeit an und mit Texten. Jedenfalls soweit es über dieses Tagebuch und andere kurze Texte für neue Webprojekte hinausgeht. Warum ich darauf komme: Die Statistik weist in den letzten beiden Wochen erstaunlich viele Zugriffe auf die Seite mit Baumgedichten auf. Was mir zeigt, dass viele Menschen einen poetischen Zugang zur Natur, den Pflanzen und insbesondere den Bäumen pflegen. Für mich etwas überraschend, da mein eigenes Interesse viel weiter reicht. Aber nachvollziehbar allemal, sehe ich doch in den Bäumen mehr als nur botanische Erscheinungen, vielmehr Wesen mit einer ausgeprägten Individualität, die sich im ebenso starken Kollektiv der jeweiligen Art behauptet. Eigenständige Wesen, in denen sich Menschen wunderbar spiegeln, auf die Menschen ihre Befindlichkeiten, Wünsche und Reflexionen beziehen können. So ist die sprachvermittelte Art der Betrachtung und des Zugangs auf künstlerischer Ebene nahe liegend. Das Thema wird mich weiter beschäftigen. Wenn die Zeit dafür wieder gekommen ist.

Frühlingshafter Aufbruch

Ganz zögerlich zeigen sie sich jetzt endlich: Die flaumigen männlichen Blütenkätzchen der Salweiden. Aber auch nur bei einigen Exemplaren, andere sind nach wie vor winterlich ungeschmückt. Na ja, Ostern ist ja dieses Jahr eher später, und mit dem Osterfest habe ich die Weidenkätzchen eigentlich immer in Verbindung gebracht. So gesehen hätte alles seine Ordnung. Auch die Temperatur lässt schon zeitweise an den Frühling denken. Nur mit der Frühlingsatmosphäre, dem Licht, der Luft, damit hapert es eben noch. Man fragt sich, wie das weiter gehen soll, wenn schon der Frühling solche Probleme hat, sich zu entfalten. Die Technik kann da nichts ersetzen. Damit meine ich, dass sich meine Beschäftigungen in den letzten Monaten sehr intensiv um neue technische Möglichkeiten gedreht haben. Gut, so etwas im Winter anzugehen. Aber ebenso wichtig wäre es jetzt, in die Anwendungsphase überzugehen, die Instrumente für kreatives Arbeiten zu nutzen. Schwer, das immer nur aus sich herauszuholen, manchmal muss eben auch von Außen etwas kommen. Der Aufschwung, die Anreize und fehlen. Lass den Frühling aufkommen, er wird Gelegenheiten hervorbringen!

Bewegte Gestalten

Ganze Galerien von frisch geschnittenen Platanen habe ich heute auf dem Weg von Sb. gesehen. Die sind mir am Ufer der Saar bisher noch nie aufgefallen. Aber im Winter, und wenn wirklich kein einziges Ästchen mehr dran ist, fallen sie eben besonders auf. Diese markanten Gestalten, die als Bäume wie Menschen wirken. Die etwas Gestalthaftes, irgendwie Gespenstisches, in jedem Falle aber Bewegung suggerierendes haben. Als ob sich Wesen anderer Sphären vorübergehend in ihnen verschanzt hätten und sich mit ausgreifenden Gebärden zu erkennen geben suchen.

Gestrandete Eicheln

Keine Ahnung, woher diese Eicheln kamen. Rund um die Roteichen am Parkstreifen in D. lagen sie heute haufenweise im vom Regen aufgeweichten Wegsand. Meines Wissens blüht dieser Baum so ungefähr im Mai oder Juni, die Früchte erscheinen im Herbst. Woher aber kamen nun die Schalen der vorjährigen Eichelfrüchte? Vielleicht haben die vom städtischen Grünflächenamt irgendwelche Erdbewegungen vorgenommen. Oder sie haben die Beete gesäubert. Und dabei sind die Hülsen zum Vorschein gekommen. Oder der Regen hat sie aus dem weichen Boden geschwemmt und somit and die Oberfläche gespült. Ein botanisches Wunder jedenfalls, da bin ich sicher, steckt nicht dahinter, denn die Bäume waren die ganzen Monate über winterkahl. Keine Spur also von Blüte oder Wachstum. Die bleiben vorerst den Erlen, Haselsträuchern und vereinzelt auch den Weiden vorbehalten.

Farbloses Geheimnis

Bei Dunkelheit und dem diffusen Schein der Straßen- und Häuserbeleuchtung erscheinen die Bäume des Dorfs in einem ganz eigenen Licht. Ihre Farbe scheint im Grundton grau, überlagert von der Farbe des jeweiligen Lichts, das irgendwo zwischen weißlich und gelblich angesiedelt ist. Es ist, als ob sie sich in sich selber zurückziehen. Durch die im Vergleich zum Tageslicht monotonere Erscheinung verlieren sie als Lebewesen zwar an individueller Oberfläche, strahlen aber ein größeres, durch die Künstlichkeit des Lichts intensiviertes inneres Geheimnis aus. Das Weniger an Licht und Farbe holt gewissermaßen das Wesen des Baums an die Oberfläche. Ähnliche Wirkungen haben Schwarz-Weiß-Fotografien von Bäumen oder Baum-Landschaften. Oder Infrarotaufnahmen, die das Natur-Motiv in eine neue Welt zu versetzen scheinen. Das wäre ein weiteres Thema, das ich fotografisch aufgreifen könnte, neben den Baum-Schatten und den vielen anderen Sujets, die schon vorhanden sind, aber noch nicht ins Bild gesetzt wurden.

Unbeugsam

Der Wald ist extrem geschädigt, vor allem die Eichen. Dem Wald geht es sehr gut. Beide Meldungen werden gleichzeitig in der Presse verbreitet. Was nichts anderes bedeutet, dass es eine Frage des Horizonts und der Beurteilungsmethode ist, zu welcher Einschätzung man gelangt. Wie ich höre sind manche Fachleute der Ansicht, dass das übliche Kriterium zur Beurteilung des Zustands der Wälder und Bäume, der Zustand, sprich die Dichte bzw. Lichte, der Kronen, kein geeignetes Unterscheidungsmerkmal darstellt, da die Gesundheit der Bäume nicht notwendig von der Wuchskraft und Erscheinung der Kronen abhängig ist. Viele andere Kriterien können dafür herangezogen werden, z. B. auch die Zusammensetzung der Böden, die Ausbildung des Wurzelgeflechts u. ä. Hinzu kommt, dass wir Jahre mit extremer Witterungsverhältnissen, insbesondere den Rekordsommer 2004, hinter uns haben, dessen schwächende Wirkung auf die Bäume bis heute anhält und wahrscheinlich noch ca. 10 Jahre lang zu spüren sein wird. Es sind eben Lebewesen, in deren Konstitution sich wie beim Menschen alles einbrennt, was sie erlebt haben. Das Dritte, was bei der Diskussion immer mit zu denken ist: Die Deutschen haben ein wohl einmaliges Verhältnis zum Wald. Es ist so einmalig, dass das Wort ,,Waldsterben“ in anderen Sprachen unübersetzt Verwendung findet. Nicht etwa, weil es Schädigungen an Bäumen dort nicht gäbe. Vielmehr weil alle anderen Staaten wissen, das die Deutschen und ihr Wald eine Art Koalition eingegangen sind, die nicht unbedingt jedem nachvollziehbar ist. Ich sehe mich selbst auch in dieser Tradition, zumindest was das enge Verhältnis betrifft. Weniger aber in Bezug auf die Wertung. Denn ich kann das alles nicht so dramatisch sehen. Tatsächlich scheint mir der Wald stärker geworden zu sein, scheinen mir die Grünflächen dominanter zu werden. Auch die einzelnen Bäume wirken auf mich stark, stärker als die Menschen in ihrer jetzigen Entwicklungsphase. Sie können das, weil ihre Zeitlosigkeit und ihre besondere Art unbeugsamer Individualität diese Stärke möglich macht. Und wenn das zutrifft, was manche Soziologen und Bevölkerungsstatistiker prognostizieren, werden der Wald und mit ihm die Bäume in wenigen Jahrzehnten noch viel bedeutsamer werden. Dann nämlich, wenn ganze Städte und Dörfer der östlichen Bundesländer entvölkert, von ihren ehemaligen Bewohnern verlassen worden sein werden, und sich Kulturflächen in Naturparks verwandelt haben.

Undeutliche Jahreszeiten

Dauerkälte – Schnee – jetzt ist es der Regen, der die Kette des ungesunden Winters zum Frühlingsanfang komplettiert. Die Bäume schlafen immer noch, sieht man einmal von den Erlen und Haselsträuchern ab, und von den vereinzelten Blütenwundern in den Wohnstuben naturverbundener Menschen. Das kann zweierlei bedeuten: Entweder haben wir künftig keine Jahreszeiten mehr, und das Verwaschene und Undeutliche zieht sich durch das gesamte Jahr. Was wäre das für ein Verlust für die jahreszeitlichen Wahrnehmungen und die daran anschließende Ästhetik unserer Breiten! Oder: Der Frühling kommt umso heftiger, je länger er vom Winter zurückgedrängt wurde. Und womöglich folgt ihm ein ebenso heftiger Sommer. Kein Mensch wagt da eine Prognose, zumal in den vergangenen Jahren die schlauen Überlegungen mancher Wissenschaftler zum längerfristigen Klimawandel und den daraus resultierenden ökologischen Katastrophen sich in dieser Form nicht als stichhaltig und den tatsächlichen Verhältnissen entsprechend entpuppt haben.

Spiegel-Schatten der Bäume

Die Baumschatten faszinieren mich immer wieder. Dabei ist das Thema viel variantenreicher als es die antiken Dichter vermuten ließen: Schatten auf Wiesen und Wegen, auf Häuserfassaden und Asphalt, Spiegel-Schatten auf gewellten oder stillen Wasseroberflächen. Letztere beobachte ich in dieser Jahreszeit besonders deutlich beim mittäglichen Spaziergang am Teich in D. Die große Schwarzerle spiegelt sich darin wunderbar und hinterlässt auch in dieser Form einen gewaltigen Eindruck, denn was wie Herbstlaub aussieht, ist in Wirklichkeit eine Mischung aus diesjährigen Blütenkätzchen und letztjährigen offenen Fruchtzapfen:

Erlen gespiegelt

Die Kaukasische Flügelnuss lebt in ihrem Spiegelbild mehr von der Linearität ihrer Stämme und Äste. Die Ente weiß zudem ihre schützenden, weil tief zur Wasserfläche geneigten Äste zu schätzen:

Baumspiegelung

Geheimnisvoller Weg

Das Licht des Frühlings war heute erstmals wirklich spürbar. Eben nicht nur das Licht, auch die charakteristische Wärmeempfindung gehört dazu. An solchen Tagen, oder wenn sie sich ankündigen, bevorzuge ich den Maria-Croon-Weg. Abwechslungsreich, gering frequentiert, was immer besser ist, und anders als die gewohnten Wege, eben etwas für die besonderen Tage. Man kann die Frühlingsatmosphäre sehr gut sehen:

Leukbachtal

Am Ziel- und Wendepunkt des Weges ein gewaltiger Haselstrauch, der sich zum Baum ausgewachsen hat, wie seine Artgenossen in voller Blüte und die wärmeren Temperaturen genießend:

Haselbaum

Auf dem Weg, der viel wichtiger ist als das Ziel, wunderbare Schnappschüsse, wie diese Spiegelung in einer den Weg zerschneidenden Regenabflussrinne aus Metall:

Wegrinnsal

Und immer wieder die Bäume: Die dreisprössige Schwarzerle, an deren Wurzel sich der kleine Wasserfall teilt:

Bachwurzler

Der skurrile Korkenzieher-Hasel am Mühlrad des Fischervereins:

Korkenzieherbaum

Wer sieht so etwas außer mir? Falls es niemanden gibt, sind die offenen Geheimnisse umso wertvoller.

Kreativer Wandel

Die Animation der Gipse hat mich einiges an Nerven gekostet, aber jetzt ist das Projekt so gut wie abgeschlossen. Dabei habe ich festgestellt, dass das Formbetonte der Gipsplastiken mich zurzeit sehr anspricht. Vielleicht sollte ich tatsächlich wieder anfangen zu modellieren. Diese 18 Gipse, die ich an 18 Tagen realisiert habe, jeden Tag einen aus dem Bauch heraus, das war so etwas wie ein Höhepunkt meiner bildhauerischen Arbeit. Auch wenn viele mit dieser Arbeit vor allem die Holzskulpturen verbinden. Ich denke, da steckt viel Individuelles drin, gerade weil ich es spontan geschaffen habe. Auf einer anderen Ebene versuche ich Ähnliches mit diesem Baumtagebuch. Nur ein Wechsel des Mediums. Wer weiß, vielleicht ist die Zeit ja gekommen, die Sprache wieder in den Hintergrund zu stellen und dem Präsentativen sein – jedenfalls bei mir – gleichbetontes Recht einzuräumen. Die Dinge und mit ihnen meine Kreativität sind im Umbruch. Ein Umbruch, der nichts anderes ist als ein zur Zeit passendes Hervorholen immer schon vorhandener Schätze.

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