Diese Tagebucheinträge eines mir bislang gar nicht bekannten deutschen Schriftstellers aus der Zeit der Wiedervereinigung sind doch spannender, als ich vor Monaten noch dachte. Da hat einer ganz genau die Veränderungen subjektiv beschrieben und verleiht den großen politischen und gesellschaftlichen Veränderungen damit eine eigentliche Bedeutsamkeit. Eine Bedeutung, die allein durch Auflistung historischer Fakten so nicht ergründbar ist. Dabei fühle ich mich daran erinnert, dass ich selbst wenige Zeit später, auch so um das Jahr 1992 schon einmal in Berlin war, nicht lange nach der Öffnung der Mauer. Und tatsächlich sind diese Pioniererfahrungen von ganz eigenem Charakter und bleiben deutlicher in Erinnerung als alles, was von außen durch Berichte an einen herangetragen wird. Bei diesem Buch hat man tatsächlich den Eindruck, der Autor habe sich zu jeder Zeit genau dort aufgehalten, wo gerade die Brennpunkte lagen. Interessant, so etwas im Abstand von 20 Jahren noch einmal zu reflektieren, was durch die Neuauflage des Buchs möglich geworden ist. Ich freue mich auf die weitere Lektüre und hoffe, mit dem Baumtagebuch eine ähnliche biographische Institution ins Leben gerufen zu haben, die ein Stück weit auch über die subjektive Ebene hinausragt, immer etwas von den Zeitumständen und Lebensbedingungen offenbarend. Eben im Spiegel meiner Baumerlebnisse und -reflexionen. Das ist nur eine andere, speziellere Art, Erlebtes und Gedachtes zu verewigen.