Geistige Zukunftsperspektiven

Das wird hoffentlich der letzte Besuch bei V. in S. gewesen sein, da uns allen inzwischen die Geduld ausgeht und wir uns eine Rückkehr zu gewohnten Abläufen wünschen. Immerhin waren die letzten vier Wochen mit gewissen Erkenntnissen und Einsichten verbunden, die wir anders wohl nicht hätten gewinnen können. Auch wenn das alles nicht sehr erfreulich ist, gehört es wohl zur Realität des aktuellen Gesundheitssystems. Irgendwie ergänzt sich diese Erfahrung mit der erschreckenden Nüchternheit alles dessen, was mir kommunikativ und kulturell derzeit entgegentritt. Wie weit sind wir von der Gedankenwelt der Zeit vor hundert oder besser noch 120 Jahren entfernt, als sich auf allen Ebenen des Geisteslebens nicht nur in Deutschland so viel bewegt hat. Selbst den weniger aktiv Beteiligten dürfte das damals nicht entgangen sein. Solche geistige Aufbruchstimmung ist uns heute vollständig abhandengekommen. Stattdessen ähnelt alles einem Wunsch, das pure Durchhalten und Überleben möglichst abzusichern. Keine guten Voraussetzungen für alle Bemühungen, die auf die Arbeit mit und die Vermittlung von Symbolen abzielen, so auch für die Initiativen der Wunschbaum-Projekte. Ich hoffe, wir werden wieder zu einem geistigen Klima zurückkehren, in dem wirkliche Zukunftsentwicklung im Sinne eines Fortschritts wieder möglich wird. Ich denke, aber, dass wir vor dem Voranschreiten erst wieder vieles aufholen und rekonstruieren müssen, was uns aktuell verlorengegangen scheint.