Kunst, Wissenschaft und Religion als ursprüngliche Einheit

Gerade die Vortragsmitschriften, aber auch die veröffentlichten Schriften Rudolf Steiners aus seinen späten Jahren wirken auf mich besonders beeindruckend. Es merkt schon deutlich, dass sich eine enorme geisteswissenschaftliche Erfahrung und Durchdringung bei komplexen Themen erhellend auswirkt, weil vieles über Jahrzehnte Entwickelte darin einen Höhepunkt der Auflösung und Plausibilität erreicht. Obwohl es so dicht formuliert ist, wie diese Vorträge über Kunst bzw. die ursprüngliche und wieder zu erreichende Einheit von Wissenschaft, Kunst und Religion, scheint doch große Klarheit daraus hervor, so dass man sich gut vorstellen kann, die Gründungsmitglieder der anthroposophischen Gesellschaft in Norwegen, gegenüber denen er 1923 dieses Vorträge hielt, konnte schon etwas Wesentliches mitnehmen. Diese teils an bestimmten Kunstformen enggeführten und recht plastisch erläuterten Gedanken schöpfen aus der ganzen geisteswissenschaftlichen Erfahrung und Hellsicht und können uns wegen ihrer Zeitlosigkeit genauso noch heute wertvolle Orientierung in unserem Verständnis der Rolle von Kunst in der Gesellschaft liefern. Damit wird mir auch mein eigenes geradezu symbiotisches Verhältnis meiner wissenschaftlichen Erkenntnisinteressen mit der immer vorhandenen und auch praktizierten künstlerischen Aktivität verständlich. Denn es geht darin um dasselbe, was Rudolf Steiner eigentlich als eine Rückkehr mit Umwegen zu einer ursprünglichen Durchdringung dieser Bereiche ausführt. Dieses Gefühl des Ungenügens bei einer alleinigen Konzentration auf wissenschaftliches Denken, wird aus dieser Perspektive sehr klar begründet und für mich verstehbar. Und weitergedacht wird auch meine spezielle Aufmerksamkeit auf die künstlerische Arbeit mit Baumsymbolen in einen weiten und anregenden Denkkontext gestellt, der mich noch lange beschäftigen wird.