Nikolaustag

Als ich heute früh meinen letzten Armbandauftrag zur Post gebracht habe, bin ich Herrn L. begegnet, der bei der Postfiliale einen Kaffee trank. Herr L. lebt und stirbt für seine Rolle als Nikolaus, und so fand ich es schön, einen langjährig erprobten Nikolausdarsteller am Nikolaustag selber ohne Verkleidung, aber auf dem Sprung zum ersten Einsatz, zu erleben. In seiner Rede mischten sich Klagen über die enorme Arbeitsbelastung während ca. 5 Tagen hintereinander und dem offensichtlichen Gefallen an dieser Art von Tätigkeit. Von M. weiß ich, dass er vor einiger Zeit voller Stolz mehrere Alben mit einer Dokumentation seines fast lebenslangen Nikolausdaseins vorgezeigt hat. Auch wenn diese eigentümliche Hass-Liebe zu einem Hobby mir gewisse Rätsel aufgibt, finde ich es doch sehr bewundernswert, dass jemand so etwas über Jahrzehnte durchhält. Wenn er es braucht, gönne ich es ihm, vor allem aber den vielen Kindern (jedenfalls denen, die sich nicht erschrecken) und auch den Senioren, die er ebenfalls besucht, wenn sie durch den Auftritt der Symbolfigur für einige Momente eine Freude erleben können, die sie sonst nicht hätten. Bewundernswert deshalb, weil ich selber gar nicht die Tendenz zum langfristigen Dranbleiben habe. Vielmehr teile ich mit M. die Eigenschaft, recht schnell die Lust an etwas zu verlieren und es nur aufrechtzuerhalten, wenn es gelingt, es weiterzuentwickeln. Insofern ist es fast schon ein Wunder, dass dieses Baumtagebuch bereits länger als drei Jahre besteht. Da überrascht mich die eigene Disziplin.