Perspektivdifferenzen beim Spazierengehen

Ich freue mich sehr, dass M. jetzt öfter abends oder am Wochenende auch tagsüber mit mir spazieren geht. Bevor ihre Bein-OP ihr Anlässe dazu gegeben hat, ist das nur 3-4 mal im Jahr vorgekommen. Ich glaube, sie hat Gefallen an diesen Spaziergängen am Fluss oder im Wald gefunden, nicht nur weil sie inzwischen durch das öfter Gehen mehr Kondition gewonnen hat, sondern auch weil es den Kopf frei macht, den Abstand zur Alltagsroutine zumindest für eine gewisse Zeit herstellt und ganz gut ist, Dinge diskursiv aufzuarbeiten, die einem am Herzen liegen. Wenn das Ganze dann auch noch mit frischer Frühlingsluft und wärmenden Sonnenstrahlen gekrönt ist, wird daraus für uns beide ein aufbauendes Erlebnis. Für M. ist das Ereignis allerdings erst dann perfekt, wenn Sie jemanden trifft, mit dem sie bei der Gelegenheit ein Gespräch führen kann. Und im Gegensatz zu mir trifft sie garantiert immer jemanden, einfach weil sie Gott und die Welt in diesem Kreis kennt. Und natürlich fällt ihr auch zu jedem etwas ein, kann sich auf jeden einlassen und verwickelt jeden in eine längere Konversation. Ein Talent und ein Bedürfnis, das mir in dieser Form abgeht, das ich aber auf eine bestimmte Weise bewundere. Während für mich eher die Landschaft und insbesondere die Bäume im Mittelpunkt der Aufmerksamkeit stehen, sind es für M. immer auch die Menschen, die für sie auch aus ganz anderen Gründen von Interesse sind. Sehr schön zu beobachten, wie unterschiedlich verschiedene Menschen das gleiche erleben. Und auch sehr schön zu erkennen, dass genau dies uns bereichert und den Horizont weitet.