Vergleiche

Eigentlich versuche ich es zu vermeiden. Aber manchmal sind Vergleiche auch ganz hilfreich. Ich meine solche zwischen der eigenen Arbeit mit der anderer, welche sich mit ähnlichen Themen beschäftigen. So habe ich heute mal wieder festgestellt, dass meine Texte zur Symbolik der Bäume einen gewissen Ausnahmestatus haben. Viele äußern sich zwar zu ihrem Verhältnis zu Bäumen, was ich sehr schön finde, aber meist geht das nicht über entweder rein subjektive Erlebnisschilderungen oder aber sehr elliptisch anmutende theoretische Betrachtungen hinaus. Gerade so als ob die Anstrengung einer eingehenden Beschäftigung und der Versuch, ein etwas höheres Auflösungsvermögen zu erreichen, unbedingt vermieden werden müsste. Mit macht es jedenfalls Spaß, mich eine Zeit lang in ein Thema wirklich zu vertiefen, um auf diese Weise weitere Mosaiksteinchen im großen und vielgliedrigen Bild der Baumsymbolik zu modellieren. Nur immer alles zu überfliegen, bringt mir nicht viel. Überhaupt meine ich, dass die Formulierung eines Textes die Voraussetzung dafür bildet, überhaupt etwas mit Erinnerungswert dazu zu lernen. Die Kehrseite allerdings: Es wird wohl ein Lebensprojekt, auch nur ansatzweise so etwas wie einen Überblick zu gewinnen. Ich will es dennoch versuchen, und wenn es einige gibt, die die Ergebnisse nutzen können und vielleicht auf diese Art ihre Liebe zu den Bäumen wieder entdecken oder erst neu entdecken, ist meine Baum-Arbeit richtig und nicht nur für mich selber stimmig.

Baumleidenschaften

Im Google Alert ,,Bäume“ habe ich heute zwei interessante Links gefunden: Einen Artikel in der Neuen Westfälischen über den zeitgenössischen Komponisten Krzysztof Penderecki und einen Artikel in der Südostbayerischen Rundschau über den Gartenbauingenieur und Hopfenkenner Thomas Janscheck, der auch als Buchautor kreativ ist. Ich finde es schön zu sehen, dass es auch andere Menschen gibt, die, obwohl einem inhaltlich anders ausgerichteten Hauptberuf folgend, sich dennoch intensiv mit den Bäumen beschäftigen. Nach dem ersten Artikel sind Bäume Pendereckis große Leidenschaft neben der Musik. Da bleibt es nicht aus, dass sich beides durchdringt. So schreibt er etwa gerade an einem Liedwerk über Bäume. Und so komponiert er häufig in seinem Landhaus, umgeben von 30 Hektar Baumlandschaft mit ca. 1.500 Baumarten, wobei ihn, wie er sagt, vor allem die Jahreszeiten, weniger die einzelnen Bäume beim Komponieren beeinflussen. Da kann man wirklich ins schwärmen kommen. So viele eigene Bäume und eine so wunderbare Verbindung von Beruf und privater Leidenschaft! Den Artikel von Sepp Bernauer über die Arbeit Thomas Janscheks erlaube ich mir an dieser Stelle vollständig wiederzugeben, da er, wie ich meine, einen für journalistische Verhältnisse sehr schönen Überblick über das weite Feld der Baumsymbolik bzw. die Verbindung von Mensch und Baum gibt:

,,Laufen: Von Friedenslinden uns Siegeseichen 23.02.2005
Laufen. Diesmal hatte die Laufener Alpenvereins-Sektion keinen Bergspezialisten bei ihrer Monatsversammlung zu Gast. Der Gartenbauingenieur und Hopfenkenner Thomas Janscheck entführte die zahlreichen Zuhörer in die Welt der Mythologie, in die Welt der Bäume mit ihren Märchen, Bräuchen und wundersamen Begebenheiten. „Von Baum zu Baum“, so hatte der Referent schlicht seinen Vortrag angekündigt.

Thomas Janscheck bot einen außergewöhnlichen Vortrag, mit viel Engagement und Sachverstand dargebracht. Dabei zitierte er Weltmänner und Geistesgrößen wie Alexander von Humboldt: „Habt Ehrfurcht vor dem Baum. Er ist ein einziges großes Wunder und euren Vorfahren war er heilig. Die Feindschaft gegen den Baum ist ein Zeichen der Minderwertigkeit eines Volkes und niederer Gesinnung des Einzelnen“. Und der große Heilige Bernhard von Clairvaux schrieb einst: „Du wirst mehr in den Wäldern finden als in Büchern. Die Bäume werden dich Dinge lehren, die dir kein Mensch sagen wird“.

Bereits über 100 „Baumgeschichten“ sammelte Janscheck aus unserem Alpenvorland. All diese Geschichten geben Zeugnis über die vielfältigen Beziehungsformen des Menschen zum Baum. Vor Jahren hat er eine Diplomarbeit über dieses Thema geschrieben, das ihn seitdem nicht mehr loslässt. Schon seit Anbeginn der Menschheit steht der Mensch voller Hochachtung vor besonderen Bäumen, vor gewaltigen Baumriesen, achtet und ehrt Gedenk- und Jubiläumsbäume. Der Wertstoff Holz begleitet ihn von der Wiege bis zur Bahre.
Die Beziehung des Menschen zum Lebewesen Baum ist uralt, scheint laut Janscheck aber heutzutage gestört. Es ist noch gar nicht so lange her, dass der Baum auch in unseren Breiten ein geachteter Begleiter des Menschen war und nicht nur als seelenlose Nutzpflanze angesehen wird. In den uns umgeben- den Bäumen schlummert ein gewisser Zauber. War der Baum als Gerichtsbaum einst Anlaufpunkt zum Schlichten, so stellt er laut Janscheck heute oft selbst den Anstoß des Streites dar. Die Bäume sind zum Problem in unserer dicht besiedelten Wohnfläche geworden. Unzählige erwürdige Bäume und ganze Alleezüge mussten in den vergangenen Jahrzehnten ihr Leben lassen. Das Ausmaß dieser Fällungen kann als Gradmesser des hektischen Tempos und der Naturentfremdung unserer Zeit gesehen werden.

Schon jetzt kann die junge Generation die einzelnen Autotypen besser auseinander halten als unsere heimischen Baumarten. Thomas Janscheck verstand es hervorragend, seine aufmerksamen Zuhörer mitzunehmen auf eine faszinierende Reise in die geheimnisvolle Mythologie der Bäume. Zahlreiche Geschichten gab er zum Besten, allesamt erfasst in seinem zum Radwandern gedachten Buch.

Einige wenige davon: die „Galgenlinde von Oberaudorf`, die Tassilolinde auf der Fraueninsel, die Franzosenlinde von Albaching, die Herrgottseiche von Aibling, der Buchenwald von Baumburg, die Mozarteiche von Seeon, die Siegeseiche von Ising, die Friedenslinde von Tettelham, der legendäre Birnbaum von Maria Mühlberg bei Waging und – wer kennt nicht die kürzlich durch Sturm gestürzte Kaiserbuche auf dem Haunsberg? All diesen spannenden, gruseligen oder auch amüsanten Geschichten liegen meist Moritaten, oft aber auch wahre Begebenheiten zugrunde. Viele Nationen und Kulturen sind mit „ihren“ Bäumen tief verwurzelt und verwachsen. Dabei steht so manche Baumart geradezu als nationales Symbol. Und obwohl die Eiche seit jeher stark im Bewusstsein der Deutschen verankert ist, erinnerte sich der Deutsche Bundestag an die „linden“ deutschen Wurzeln und erkor zur Feier der Deutschen Einheit die Linde zum Symbolbaum der Deutschen.

Weitere Ausführungen Janschecks: „Jeder Baum ist ein Abbild des Friedens und ein Sinnbild des Beständigen. Ein Bewahrer von Zeit und Raum. Vielleicht passt er deshalb so wenig in unseren heutigen „Zeitgeist“. Vielleicht kann der Mensch aber auch seine Gegenwart unterbewusst nicht mehr ertragen, weil er uns an Größe und Alter überragt. Im Laufe eines Baumlebens ist ein Menschendasein nur eine Episode. Wer heute einen Baum pflanzt, denkt für Enkel und Urenkel und nicht für sein eigenes Auskommen im Hier und Jetzt. Bäume zu pflanzen heißt, für eine Zeit nach uns zu sorgen. Ein solches Handeln setzt ein Bewusstsein voraus, das über das eigene Leben und Sterben hinaus geht“.

Schon zu allen Zeiten pflanzten Menschen bei einer Geburt einen Baum, tanzten in Frühlingslaune um den Maibaum oder versammelten sich in Freundschaft um die Dorflinde. Sogar die Kinder der heutigen Tage toben mit Begeisterung beim Spiel auf ihren Baumhäusern.

Der große Franz von Assisi dankte dem Schöpfer in seinem Sonnengesang für dessen Mutter Erde mit ihrer Vielfalt der Formen und Bäume. Der große deutsche Dichter und Essayist Hermann Hesse schreibt beispielsweise: „Bäume sind Heiligtümer. Wer mit ihnen zu sprechen vermag und ihnen zuzuhören weiß, der ernährt die Wahrheit. Sie predigen nicht Lehren und Rezepte, sie predigen das Urgesetz des Lebens“.

Tagtäglich begegnet uns das Mysterium Baum. Sei es als Firstbaum beim Hausbau, als „Stammbaum“ bei der Familienchronik. Bereits die Bibel spricht von einem „Baum der Erkenntnis“ („Baum des Lebens“), die Germanen verehrten ihre „Wodans-Eiche“ und hielten unter alten Linden Gericht. Diese Thinglinden waren der Göttin Freya geweiht. Bei den Germanen war sie die Göttin der Gerechtigkeit und der Freiheit. Der Libanon ist bekannt für seine einzigartigen Zedern und wer hat nicht schon gestaunt über die übermächtig großen Mammutbäume Nordamerikas oder über die berühmten 2000-jährigen Urlärchen des Südtiroler Ultentales? Wer hat als Junge nicht schon mal mit einer selbst gebauten Wünschelrute aus dem Haselstrauch nach einer Wasserader gesucht?
Auch in der Psychoanalyse bedient man sich erfolgreich durch Zeichnen eines Baumes bei der Heilung seelisch bedingter Krankheiten. Laut Janscheck kann eine knorrige Eiche bis zu 1000 Jahre alt werden. Mit ihrer dicken Borke kann sie sogar Waldbrände überstehen. Die Stadt Venedig wurde auf tausenden von Eichenstelzen errichtet. Vor über 1.000 Jahren glaubten die Menschen in Mittel- und Nordeuropa, dass der gesamte Kosmos von der riesigen Weltenesche Yggdrasil zusammen gehalten würde. Um die Weltenesche kreisten Sonne und Mond und in ihrem Wipfel thront Gott Odin.

1. Vorsitzender Hannes Höfer bedankte sich sehr herzlich für den ausgezeichneten Vortrag. Der Referent bat, das Mitgeschöpf Baum nicht nur vom Kosten/Nutzen-Effekt aus zu betrachten, sondern seine Baumgeschichten auf zehn Radtouren, wie in seinem Buch beschrieben, in den Landkreisen Rosenheim und Traunstein zu „erfahren“ und zu erleben mit einem Lied auf den Lippen: “ Am Brunnen vor dem Tore, da steht ein Lindenbaum!“.

Sepp Bernauer“

Die Herkunft des Ballistol

Habe heute die beiden bestellten Flaschen Ballistol vom Jagdgeschäft abgeholt. Ist schon verrückt, normalerweise würde ich niemals einen solchen Laden betreten: Trachten, Gewehre und anderes Holladrio. Aber dieses Spezialöl ist nur dort erhältlich. Und das ist so universal einsetzbar, dass es von Zeit zu Zeit eben verbraucht ist. Man kann es für Metall, Stein, Leder, Holz, überhaupt für alle Materialien außer Kunststoffen verwenden. Es ist nicht harzig und so dünnflüssig, dass es in alle feinen Ritze dringt. Das Beste aber ist, dass es die Materialien von innen heraus schützt und nicht einfach nur eine klebrige Schicht darüber legt. Deshalb verwende ich es auch zum Imprägnieren meiner Lebensbaum- und Baumkreisarmbänder. Es gibt nichts hautfreundlicheres, und nichts, was dem Holz in vergleichbarer Weise seinen Charakter belässt. Lange frage ich mich schon, woraus es gewonnen wird? Auf der Flasche ist ein Nadelbaumzweig abgebildet, was vermuten ließe, dass es aus pflanzlichem Material besteht. Leider ist aber nirgendwo eine Auskunft zu erhalten, auch auf der Homepage zum Produkt www.ballistol.de nicht. Dort wird lediglich erwähnt, dass es auf Kohlebasis hergestellt wird. Na ja, Kohle ist ja pflanzlichen Ursprungs, und so freue ich mich, dass sich auch beim Schutz meiner Armbänder und bei der Pflege der anderen behandelten Materialien des Haushalts der Kreis zu den Bäumen einmal mehr schließt.

Verschneite Wunschwelt

Für ein paar Minuten wurde sie selber wieder zum Kind. Gestern abend lehnte M. für einige Zeit über der Fensterbank und schaute regungslos und still hinaus auf den Garten. Es war bereits stockdunkel, nur noch die dicken flauschigen Schneeflocken tanzten wie wild zu Boden und reflektierten dabei das tagsüber gespeicherte Licht der Kollektorenlampen, die wir im ganzen Garten verteilt haben. Sie schien so fasziniert, dass ich zu ihr ging und sie fragte, warum sie so lange an der Fensterbank verharre. Da erzählte sie mir von ihrem Wunsch: dass die ganze Welt einschneien möge, so dass keiner mehr das Haus verlassen könne. Eine vollkommen verschneite Welt, in der die üblichen Abläufe und Regeln nicht mehr gelten, ergänzte ich still für mich, weil ich ihren Wunsch und was sie alles in ihn hineinlegte, sehr gut verstand. Und vielleicht, weil wir beide wussten, was der Wunsch in der jetzigen Situation bedeuten konnte, ging er auch in Erfüllung. Als ich heute Morgen aus dem Fenster schaute, traute ich meinen Augen kaum: Alles war mit einer dicken Schneeschicht überdeckt. Die Bäume überzogen wie mit Zuckerguss, fast wie im Märchenbuch oder auf diesen wunderbar kitschigen Illustrationen von Winterlandschaften. So eine vollkommen zugepuderte Landschaft habe ich hier nie gesehen, jedenfalls so lange ich mich in meinem immerhin 37-jährigen Leben erinnern kann. Und wie der Wetterbericht im Radio erklärt, war das Schneeinferno nur auf eine kleine Region, eben unsere Region beschränkt, die am Rand einer großen Schneefront lag. Wenige Kilometer weiter war gar kein Schnee gefallen. Kein Zweifel, es war der Wunsch es Vorabends, der so passend und so richtig war, dass er sich erfüllen musste. Auch wenn der Schnee wenige Stunden später schon wieder geschmolzen war und auch nicht die ganze Welt einhüllte: für uns und für diesen halben Tag wurde die Wunschlandschaft Wirklichkeit. Und das gibt uns Hoffnung.

Das Licht der Birken

An diesem meist sonnigen Wintertag habe ich die alten und inzwischen mächtigen Birken bewundert. Wie sie das gleißende Winterlicht reflektieren. Nicht nur durch ihre ausladende Krone flirrt das Licht, auch die Rinde der Stämme erscheint in surrealem Weiß, so als ob sie von innen durchleuchtet wären. Ich kann mir gut vorstellen, dass diese Bäume, die meist so zart und zerbrechlich wirken, in Zeiten, die den Menschen noch nicht kannten, die Erde großflächig bevölkerten. Auch in unwirtlichen Regionen mit rauhem Klima konnten sie überleben. Denn entgegen ihrer äußeren Anmutung sind sie sehr stark und widerstandfähig, der Geist ihrer Art hat viele Jahrtausende erlebt und zeugt von einer besonderen Verbindung zum Licht. An Tagen wie diesem ist das spürbar.

Unwirkliche Kontraste

Andere Regionen sollen den Nachrichten zu Folge im Schnee geradezu versinken. Wir sind eben hier im Südwesten Deutschlands in dieser Hinsicht immer etwas gemäßigter. Und so schätze ich, dass es für uns der letzte echte Schneetag dieses Winters war. Ich habe genau die richtigen drei Stunden am frühen Nachmittag für meinen Spaziergang gewählt. Vorher hatte es zu stark geschneit und später wurde es wärmer, so dass der Schnee bereits wieder abtaute. Dank der neuen Wanderschuhe mit dem tiefen Profil und der Wasser abweisenden Wachsschicht blieben mir diesmal die nassen Füße erspart. Es war schön, die Kontraste zwischen dem Einheitsweiß und den durchdringenden dunklen Strukturen der Bäume zu betrachten. Besonders reizvoll heute waren die grellen Markierungen auf den Schnittflächen gefällter und aufgestapelter Baumstämme und auf einigen zum Fällen vorgesehener Bäume, welche Waldarbeiter hinterlassen hatten. Ich habe sie nicht nur wegen der Zahlen festgehalten. Die Kontraste wirken nur bei Schnee so deutlich und irgendwie unwirklich.

Stammmarken

Stammmarken

Stammmarken

Gegen Erkältung

Zurzeit sehe ich überall an den Böschungen frische hellbraune Sägemehlmarken, die als künstliche Tupfer die Landschaft beleben. Einige Tage später werden sie so von der Feuchtigkeit durchtränkt sein, dass sie sich nicht mehr vom Untergrund abheben. Sie zeugen von der intensiven Baumfäll- und Baumschnittaktivität der Forstleute. Bin ganz froh, dass ich in diesem Bereich nicht arbeiten muss. Heute kroch mir die feuchte Kälte wieder in alle Glieder. Und bei so einem Wetter den ganzen Tag im Wald, ich weiß nicht, ob ich das aushalten könnte. Ich hoffe ohnehin, dass mir diesen Winter die große Erkältung erspart bleibt, der tägliche Zitrone-Ingwer-Knoblauch-Trunk soll dabei helfen. Vielleicht lese ich am Wochenende mal in dem soeben eingetroffenen Buch, einer Übersetzung Hildegard von Bingens ,,Das Buch von den Bäumen“, welche aus den Bäumen gewonnenen Heilmittel zur Zeit der heiligen Hildegard zur Vorbeugung von Erkältungskrankheiten genutzt wurden.

Erhabenheit

Mir scheint, die momentane Stimmung beeinflusst die Wahrnehmung wesentlich, auch wenn sich die Beobachtung nach außen, z. B. auf die natürliche Umgebung richtet. Heute habe ich die Bäume am kreisrunden Ruheplatz in D. ganz anders gesehen, obwohl ich ihnen fast täglich begegne. An diesem trocken-kalten und trüben Wintertag wirkten sie größer, mit mächtigeren Stämmen und Kronen als bisher. So als ob sie über Nacht gewachsen wären. Auch als ob sie eine größere Unabhängigkeit und einen individuelleren Charakter ausgeprägt hätten, als Lebewesen, die zwar in dieser Menschenwelt sichtbar sind, eigentlich aber zu einer anderen Sphäre gehören. Vielleicht lag das an den Erlebnissen dieses Tages, die mir alles Wirtschaftliche wie einen schlechten Scherz erscheinen ließen, und die meinen Blick auf das wirklich Beständige und von Natur aus Wichtige in besonderem Maße geschärft haben. Und in meiner bevorzugten Ausrichtung auf die Bäume habe ich all das in diese hineingelegt, was ich in der Menschenwelt gegenwärtig vermisse. Diese Erhabenheit, deren Geschmack wir in der kalten und irgendwie abgestumpften Alltagsroutine verloren zu haben scheinen.

Erinnerungsbilder

Bäume markieren meine Erinnerung an bestimmte Orte. Und so ist das Erinnerungsbild gestört, sobald sie nicht mehr sichtbar sind. So geschehen heute Nachmittag, als ich auf dem Parkplatz am alten Schwimmbad in M. zurücksetzte und in kurzer Folge das Fehlen der Begrenzungsbäume und dann ihre kleinen Stümpfe knapp über dem Boden erkannte. Sie waren noch jung, kleine Spitzahorne, wohl nicht älter als 10 Jahre, aber dennoch vertraut, weil ich beim Einparken immer darauf achten musste, keinen von ihnen zu berühren. Merkwürdig, ich habe mich schon lange gefragt, warum zwei von ihnen nicht entfernt wurden, denn sie sind schon seit zwei Jahren verletzt und in Folge dessen verdorrt. Nicht diese aber wurden entfernt, sondern die auf der Innenfläche des Platzes, also eigentlich gesunde Bäume. Merkwürdige Logik der städtischen Grünanlagenpflege! Aber auch nicht selten: Die Pressenotizen mit Bezug zu Bäumen setzten sich zum größten Teil aus solchen Begebenheiten und den Reaktionen der Bevölkerung darauf zusammen. Das zeigt mir einmal mehr, wie stark unsere Wahrnehmung der Natur schon domestiziert ist. Und dass mittlerweile die Bäume im Wohnumfeld der Menschen am deutlichsten als solche wahrgenommen werden. Außerhalb sind sie selbstverständlicher, verschmolzener Teil des Naturganzen.

Unwahrscheinliches

Wie wohltuend sich doch meine Arbeit mit den Bäumen von der täglichen Kommunikationsarbeit in D. unterscheidet. Die beiden Pole sind aber gleichermaßen wichtig für mich. Keiner der beiden Welten wäre für sich allein und unabhängig voneinander stimmig. Ich glaube, so am besten die Scheuklappensicht zu vermeiden, die mich an anderen so sehr aufregt. Eines aber haben die Bemühungen in beiden Bereichen gemeinsam: Es geht immer darum, etwas eher Unwahrscheinliches und Erklärungsbedürftiges öffentlich zu machen, um damit einen ganz eigenen Kommunikations- und Gedankenraum zu öffnen. Dass sich das dann auch auszahlen soll, in der einen pekuniären oder der anderen interaktiven Weise, das ist für mich eher sekundär. Es muss vor allen Dingen gelingen, den ,,Zauber“ zu erzeugen, der Unwahrscheinliches wünschens- oder besser noch begehrenswert macht. Das ist immer wieder spannend, und ich glaube, ich werde es so schnell nicht aufgeben.

Grausame Stürme

Dann war es also nicht nur mein persönlicher Eindruck. Das Wochenende war klimatisch extrem, und wie ich den Nachrichten entnehme, sind mehrere Menschen allein in Deutschland dem Orkan namens ,,Ulf“ und den von ihm angerichteten Verwüstungen zum Opfer gefallen. Google Alert hat unter dem Stichwort ,,Bäume“ heute ganze 9 Links zu Presseberichten über umgestürzte Bäume ausgegeben. Daraus erkennt man, welchen Gewalten die Bäume ausgesetzt sein können. Bei Windgeschwindigkeiten von weit über 100 Stundenkilometern können dann auch alte Baumriesen entwurzelt werden. Tragisch für die Bäume, aber unfassbar, wenn bei solchen Naturereignissen Menschen verletzt oder gar getötet werden. Was will man es begreifen, wenn ein Mensch nichts ahnend von einem umstürzenden Baum erschlagen wird? Vielleicht sollte man bei schlimmen Unwettern das Haus erst gar nicht verlassen. Und Gott möge diejenigen schützen, die sich aus beruflichen Gründen auch bei Unwetter im Freien bewegen müssen.

Wetterfühlend

Das Wetter spielt total verrückt. Ein ständiges Hin und Her von Sonnenschein und Regen, Nebel und Schneefall. Ein ständiges Auf und Ab von Temperaturen und Luftdruck. Was mir als Wetterfühligem extreme Probleme verursacht und mich einmal mehr wünschen lässt, in eine Region der Welt versetzt zu sein, in der das Klima weniger schwankt. Auf der Heimfahrt von G. haben wir mehrere ,,Klimazonen“ durchfahren: Von ,,leicht regnerisch und nebel-trüb“ über ,,schneeregnend-nass und diesig“, ,,heftig schneiend und sonnenhell“ bis zu ,,winterlich nasskalt und ungemütlich trüb“. Machen die Bäume sich auch so viel aus dem Wechsel wie ich, oder mögen sie ihn gar? Zumindest für die auf der Höhe von K. war es eine unverhoffte Abwechslung, die sich in diesem Winter wahrhaft rar gemacht hat: Die Winterlandschaft war wie so häufig vor allem an dem Schnee-Puder dieser Bäume erkennbar und hat uns für Momente den Eindruck einer Jahreszeit vermittelt, wie wir sie fast nur noch aus der Erinnerung kennen.

Kalte Welt

Es erschreckt mich immer wieder zu beobachten, wie unsensibel heutzutage mit dem Schneiden und Fällen von Bäumen umgegangen wird. Auf der Fahrt zu J. und W. nach G. sah ich entlang der Autobahn über eine lange Strecke ganze ,,Schlachtfelder“, übersät mit frischen Baumstümpfen. Hier soll wohl eine neue Spur entstehen. Zu diesem Zweck hat man einen radikalen Kahlschlag vorgenommen, sieht fürchterlich aus. Vielleicht ist es die schnelle, maschinelle und hochtechnisierte Art, mit der heute solche Rodungen vorgenommen werden, die mich als jemanden erschüttert, der den Bäumen so sehr verbunden ist. Wie lange sind die Bäume gewachsen und wie schnell ist ihr Leben und alles, was sie in diesem Leben dargestellt haben, innerhalb von Minuten einfach ausradiert! Auch in G. selbst waren Spuren dieser Arbeitsweise zu erkennen. Ein Blick aus dem Küchenfenster offenbarte einen zur Hälfte gerodeten Lärmschutzwall, der künftig wohl nicht mehr den meisten Lärm abhalten wird. Alle großen Robinien, die bisher dem Fußgängerweg vor allem im Frühjahr und Sommer einen gewissen Charme verliehen, wurden schlicht weg entfernt, nur noch Stümpfe blieben übrig. Andere eher strauchartige Bäume, die ich jetzt im Winter nicht genau identifizieren konnte, wurden einfach ca. 1m über dem Boden abgeschnitten. So als ob man ein Lineal daran gesetzt hätte. Ich werde den Verdacht nicht los, dass dabei häufig unqualifiziertes Personal zu Gange ist, welches überhaupt keinen Unterschied mehr macht zwischen den verschiedenen Arten. Das geht mehr nach dem Motto: Die Bäume stören hier: also müssen sie weg. Oder: Die benötigen zuviel Pflege: also müssen sie auf ein pflegeleichtes Maß gestutzt werden. Übrig bleibt die kalte Welt. Daran ändert auch die Tatsache nichts, dass es meist nachvollziehbare Gründe für diese Maßnahmen gibt (Im letzteren Fall die Klage der Anwohner über ein Zuviel an rieselnden Blüten und fallenden Fruchtständen der Robinien).

Weihnachten für immer

Mein Bildschirmschoner, der mit dem sich drehenden Weihnachtsbaum, hat noch mehr zu bieten als ich dachte. Nachdem ich aus anderen Gründen einmal den Lautsprecher eingeschaltet hatte, stellte ich fest, dass er auch musikalisch unterlegt ist. Das war eine schöne Überraschung heute Vormittag, als ich nichts ahnend im Hintergrund plötzlich weichnachtliche Klänge hörte. Wer spielt Mitte Februar weihnachtliche Musik, dachte ich mir. Erst als ich der Klangquelle nachspürte stellte ich fest, woher das kam. Ich kann nur sagen, es hat mich verzaubert. So schöne Musik in Kombination mit der Animation aus Weihnachtsbaum, Schneerieseln, Winterlandschaft, Nebelschwaden und umherfliegenden Vögeln. Da wünschte ich mir, diese anrührende Zeit würde das ganze Jahr über dauern.

Aufrecht Stehen

Sicher kann man hierzulande nicht behaupten, die Bäume würden nicht ausreichend gehegt und gepflegt – jedenfalls soweit es um kommunale Grünanlagen in Innenstädten geht. Überall werden die jungen Bäume, bis der Sturm ihnen nichts mehr anhaben kann, aufwändig gestützt, meist mit einer Konstruktion aus drei Pfosten, die oben mit Querlatten verbunden sind und an denen der Baum mittels einer Schnur oder Bandes aufrecht gehalten wird. Meist geschieht dies recht fachmännisch mit gehälfteten Holzstäben, gelegentlich greift man aber auch – was ich scheußlich finde – zu einem alten Autoreifen, der die Querlatten ersetzt. Man weiß nicht genau: Geschieht es zum Wohl der Bäume oder doch mehr zum Wohl des Menschen, der natürlich nur gerade gewachsene Bäume schön finden kann. Zweifellos hat vieles mit dem mathematischen Begradigungswahn zu tun, aber immer auch mit der symbolischen Ausstrahlung eines Baumes: Ein gerader Stamm zeugt von Gesundheit und Stärke, ähnlich wie der aufrecht stehenden oder gehende Mensch. Hier zeigt sich einmal mehr, wie sehr wir uns im Bild und am Beispiel der Bäume selber spiegeln.

Baumkalender

Mit meinem Baumkalender im Riesenformat, den mir M. zu Weichnachten geschenkt hat, bin ich sehr froh. Er enthält großformatige kolorierte Schwarz-Weiß-Fotografien von Heinz Wohner. Durch die nachträgliche sparsame Einfärbung der Aufnahmen vermitteln sie eine Art Übernatürlichkeit. Vielleicht wird gerade dadurch die Aufmerksamkeit in besonderem Maße auf die Bäume und ihre Individualität gelenkt. Natürlich sind es besonders eindrückliche und alte Baumindividuen, die sich der Fotokünstler ausgesucht hat. Auf jedem Blatt ist die Baumart, der Standort und das Bundesland, das ungefähre Alter und der Umfang angegeben. Dadurch, dass ich jedes Motiv einen Monat lang täglich vor Augen habe, fallen mir immer wieder neue Aspekte auf. Ungefähr so, wie ich bei Spaziergängen auf vertrauten Wegen immer wieder Neues sehe, auch wenn es jedes Mal dieselben Bäume und Pflanzen sind, denen ich dabei begegne. In der Hinsicht sind die Bäume wie Menschen, sie verändern sich beständig.

Natürlicher Hintergrund

Baumhorizont

Heute Abend sah ich einen Wahnsinns-Sonnenuntergang. Die Sonnenscheibe war ganz plastisch, fast wie eine Kugel, zu sehen und so klar und hell leuchtend, dass mir der Horizont und die Landschaft, den er begrenzte, ganz unwirklich vorkam. Habe einige Fotos vom Blick über die Bahn zur fern liegenden Baumreihe gemacht. Die Perspektive gefällt mir deshalb so gut, weil die natürliche Kulisse von voranliegenden Hochspannungsleitungen, Masten und anderen technischen Geräten überdeckt wird. Das ergibt so ein wunderbares Bild der Differenz-Einheit unserer modernen Industriegesellschaft, die mir mehr und mehr wieder von der Natur erobert zu werden scheint. Denn das eigentlich Starke an diesen Bildern sind die Hintergründe, die ich versuche mit meiner Arbeit wieder in den Vordergrund der Aufmerksamkeit zu rücken.

Narrenbäume

Als Kind war ich am Rosenmontag grundsätzlich so stark erkältet, dass ich das Bett hüten musste. Den hiesigen Umzug konnte ich immer nur vom Fenster aus verfolgen. Was mir aber auch nicht sehr leid tat, denn die ganz große Freude hatte ich noch nie daran. Schon eher an der Zusammenkunft, die der gesamte Freundeskreis meiner Eltern im Anschluss bei uns zu Hause hatte. Diese Dorfkultur fehlt heute weitgehend, und ich glaube M. und V. vermissen das sehr. Manchmal frage ich mich, unter welchen Umständen ich eine echte Freude an der Fastnacht entwickelt hätte. Vermutlich, wenn ich in einer der Hochburgen zu Hause wäre, am ehesten in solchen Städten, in denen sehr alte Traditionen, mit Masken und historischen Kostümen, den ursprünglichen Sinn der Bräuche noch erkennen lassen. Ganz sicher aber dort, wo noch der Brauch des Narrenbaums gepflegt wird. Nach diesem Brauch wird die Fastnachtszeit mit dem Aufrichten eines dem Maibaum ähnlichen Baums eingeleitet, einer Tanne oder Fichte, die mit Ausnahme des grünen Wipfels vorher entastet wird. Leider ist die Tradition bei uns ganz unbekannt. Vielleicht wäre ich ja sonst der Narrenbaum-Lieferant geworden.

Schöner Schneeball

Schneeballfrucht im Winter

Jetzt sieht man nur noch wenige Baumfrüchte. Außer den schwarz-grau-blauen Efeufrüchten, die um diese Jahreszeit ihre volle Reife entwickeln, sind es nur vereinzelte Hagebutten und vor allem die grell-roten Früchte des Gemeinen Schneeballs, die die kahle Winterlandschaft beleben. Aufgefallen waren diese mir immer schon, erst später aber konnte ich sie dem Strauch zuordnen, der im Frühjahr so wunderbare Blüten ausbildet. Fragt sich, wieso sie sich so lange halten. Es sind zweifellos bestimmte Inhaltsstoffe der Beeren, die sie selbst frostigste Temperaturen überleben lassen. Dazu kommt, dass sie als giftig gelten und es offenbar auch sind, denn kein Vogel wagt sich daran. Eben deshalb würde hierzulande wohl auch kein Mensch auf die Idee kommen, sie zu verarbeiten. Umso erstaunter war ich zu lesen (in Renée A. Strassmanns Baumheilkunde), dass in Nordamerika die Beeren lange gekocht und dann zu Sirup und Gelees weiterverarbeitet werden. Ich bin mir nicht sicher, ob ich das wagen würde. Eigentlich ist mir der Strauch auch ohne praktischen Nutzen viel lieber, ein schönes Gewächs, das mal durch seine Blüten, mal durch die Blätter und über viele Monate durch die Beeren die hiesige Landschaft wesentlich mitprägt.

Samstag – Baumtag

Ich mag ihn sehr, den Samstag. Genauer gesagt gehts schon am Freitag Nachmittag nach der Arbeit los. Ich weiß nicht, ob sich das so bei mir entwickelt hätte, wenn nicht diese tiefe Freundschaft mit den Bäumen wäre. Denn meistens geht es in dieser Zeit um sie. Auf irgendeine Weise, indem ich sie bearbeite, beobachte, fotografiere oder pflege – oder auch über sie schreibe. Letzteres kann auch am folgenden Sonntag geschehen, und ist dann sogar wahrscheinlicher. Nein, der Samstag ist bei mir der Arbeitstag, an dem ich alles unterbringe, was sonst zu kurz kommt. Und an dem ich auch einzig den Nerv und die Ruhe dazu habe. Sonntag ist schon wieder ein Tag vor Montag. Samstag aber im Zentrum des Wochenendes. Ich genieße ihn, und den Bäumen habe ich das zu verdanken.

Wundersame Wandlungen

Der Baum ist um diese Jahreszeit geradezu unsichtbar, aber die Energie, die er bis zur Fruchtreife gespeichert hat, wird jetzt wieder sichtbar. Ich finde sie sehr spannend, diese Wandlungen: Baum-Blüte-Frucht-Ernte-Verarbeitung-Chemischer Prozess-Alkohol-Genuss-Mensch. Ich meine unsere beiden kleinen Mispelbäume, die erstmals reiche Frucht getragen haben. Leider sind sie zu früh gefallen, weswegen V. dachte, er müsste sie gleich einmaischen. Das war wohl ein Fehler, der mehrmalige Frost ist unabdingbar, und deshalb hat es mit der alkoholischen Vergärung etwas länger gedauert. Ich bin jetzt gespannt, wie der Schnaps wird, der daraus gebrannt werden soll. ,,Hondsärsch“ wird er in unserer Region genannt, in Anlehnung an die Bezeichnung der Früchte, die mit ihrer aufgeplatzt-ordinären Anmutung an einen eben solchen Hundearsch erinnern mögen. Der Abschluss des Arbeitstages war wieder einmal ein handwerklicher. Die beiden Stäbe aus Pappel und Zypresse waren angesagt. Die Pappel machte erwartungsgemäß keine Probleme, Zypresse ist dagegen immer wieder eine Herausforderung: ziemlich elastisch und durch die starke Zeichnung sehr irritierend, soweit es darum geht, die Stärke einheitlich einzustellen. Letztendlich hat es geklappt, wenn auch zwei Stäbe notwendig waren, da der Kunde ein sehr starkes Handgelenk besitzt.

Themenwechsel?

Die Literatur über Bäume ist geradezu uferlos. Ich glaube kaum, dass es möglich ist, sich so etwas wie einen Überblick zu verschaffen. Zu viele Gedanken haben sich unzählige Menschen über die Bäume gemacht. Jede Betrachtung muss deshalb selektiv sein. Was mir auffällt: Jedes zweite Buch, das mich in Bezug auf symbolische Aspekte der Bäume interessiert, ist nur noch gebraucht zu beziehen, wird nicht mehr aufgelegt. Bedeutet dies, dass die weniger pflegeleichten Themen aus dem umkämpften Buchmarkt verdrängt werden? Oder haben sich die Interessenschwerpunkte der Leser einfach nur verlagert (So könnte man annehmen, wenn man die Masse an Neuerscheinungen z. B. zu Genuss-, Heilmittel- und Wellnesskonzepten betrachtet). Wenn ersteres stimmt, würde meine Website eine gewisse Lücke schließen. Wenn die zweite Option greift, bleibt sie immerhin ein hoffentlich attraktives Angebot für interessierte Minderheiten.

Licht in trüben Zeiten

Mariä Lichtmess – als ich vorhin nachlas, was der Tag bedeutet, wurde mir wieder klar, wie wenig wir doch über die Fest- und Feiertage wissen. Wie bei vielen christlichen Feiertagen und den an sie gebundenen Ritualen steht auch hier die Bezeichnung in Beziehung zu einer Randerscheinung, in diesem Fall zu einer Lichterprozession aus heidnischer Zeit, die im Zusammenhang mit einem Sühneritual stand. Diese Prozession wird heute kaum noch praktiziert, wohl aber die Weihe aller Kerzen, die über das Kirchenjahr hinweg gebraucht werden. Eigentlich aber steht das Fest im christlichen Sinne in Beziehung zu Jesus, deshalb wird es auch ,,Das Fest der Darstellung des Herrn im Tempel“ genannt. Jesus galt als erstgeborener Sohn als Eigentum Gottes und musste im Tempel quasi ausgelöst werden. Zu diesem Zweck wurde er zum Priester gebracht und vor Gott ,,dargestellt!“. Das Fest hat seinem christlichen Sinngehalt nach also nicht primär etwas mit der Wiederkehr des Lichts nach dem Winterdunkel zu tun. Umso interessanter ist es, dass mir heute ein Bildschirmschoner wieder in die Hände geriet, den ich vor einigen Monaten irgendwo gespeichert hatte. Er stellt eine wunderbare Animation dar, in deren Zentrum ein mit Lichtern und Kerzen geschmückter Weihnachtsbaum steht, der sich im Kreis dreht und dabei über einer schneeberieselten Winterlandschaft schwebt. Ich fand das an diesem trüben nasskalten Tag so aufmunternd, dass er ab sofort meinen Arbeitsplatz bereichern wird – Als Ganzjahresbaum sozusagen. Ähnlich wie der kleine vergoldete Metall-Weihnachtsbaum, der zuhause das ganze Jahre über im Fenster hängt. Und den ich nie leid werde. Auf dass er das Licht auch in trüben Zeiten herbeizaubern kann.

Zypresse und Pappel

Das wird wieder ein arbeitsreiches Wochenende. Gleich zwei Aufträge für Lebensbaumarmbänder zu bearbeiten, und dann noch recht schwierige Hölzer. Aber eigentlich sind alle Hölzer auf ihre je eigene Art schwierig. Die Erfahrung gleicht das aus, inzwischen weiß ich sehr gut, wo welche Tücken zu erwarten sind, und bei der Auswahl der Abschnitte hatte ich in letzter Zeit immer ein gute Hand. Und dann macht es eben einfach Freude, so nah am Material und an der Symbolik der Bäume. Zypresse kommt relativ selten, die Pappel ist schon häufiger, weil sie gleich drei Phasen des Baumkreises beansprucht. Muss nur noch neues Schleifmaterial besorgen und dann kann es losgehen. Hoffe jetzt allerdings auf besseres Wetter, nasskalt ist bei dieser Arbeit nicht so mein Ding.

Verstaubte Ästhetik der Hölzer

In dem Klassiker vom Untergang der Titanic habe ich es noch mal gesehen: welch enorme Bedeutung die Gestaltung mit Holz, besonders mit edlen Hölzern und Furnieren um die Wende des 19. zum 20 Jahrhundert hatte. Und welchen Stellenwert für die Ästhetik des Alltags. Leider ist dieser Glanz aus der Oberfläche des 21. Jahrhunderts weitgehend verschwunden. Nur noch in Nischen flackert er manchmal auf. So hat heute meine Kollegin Frau M. ein Geschenk für ihren Freund über den Versandhandel bestellt: einen Billardstab aus edlem Holz. Jedenfalls die Spitze, die oben aufgeschraubt wird. Sieht sehr schön aus. Weniger schön, aber in der erwarteten Logik der elitären Freizeitbeschäftigung Snooker-Billard liegend, der Koffer, in dem der Stab verstaut wird: das Kunststoffimitat eines Edelholzwurzelfurniers. Ja ja, dann gibt es auch die Pfeiffenraucher, denen man zwar zunehmend selten begegnet, die aber diese wunderbar geformten Pfeiffen aus exotischen Holzraritäten vor sich herzeigen. Ähnliche Gedanken kommen mir in PKWs der Luxusklasse, in welchen ich ebenfalls selten sitze, welche aber nicht selten mit Edelholzfurnier-Armaturen ausgekleidet sind. Perfekt aufpoliertes Naturmaterial in einer High-Tech-Karosse. Das ist es eben, was ich mit Glanz meine, eine Art Luxus, die irgendwie nicht mehr in diese Welt passt, die sich aber die meisten Menschen gerne antuen würden, wenn sie es könnten. Was die Bäume wohl dazu sagen würden?

Traumbild Baum

Der Begriff des Lebensbaums wird mich sicherlich noch sehr lange beschäftigen. Er trifft einfach am besten das Hauptthema meiner Seite: das Verhältnis von Bäumen und Menschen, um es einmal ganz allgemein zu formulieren. Denn um nichts anderes geht es, wenn man von der Symbolik der Bäume spricht: die Symbole der Menschen, wie sie in Form von Bäumen erscheinen oder durch die Wahrnehmung von Bäumen ins Leben gerufen werden. Ich versuche, das Feld nach verschiedenen Aspekten aufzuteilen, wobei ich noch dabei bin, mögliche Facetten zu unterscheiden. Ein ganz seltener Ansatz, der, wie der Autor selber feststellt, in der Buchliteratur ziemlich einsam dasteht, ist die Betrachtung des Lebensbaums in Träumen. In ,,Traumbild Baum – Vom Wurzelgrund der Seele“ greift der Autor Helmut Hark Erfahrungen aus eigener therapeutischer Praxis auf und deutet diese auf Grundlage seiner besonderen Kenntnisse der Traumdeutung. Darin werden Bäume als wichtige Symbole persönlicher Erfahrung, zeichenhafte Vehikel zur Findung des Selbst und v. a. zur Bewältigung und Steuerung von Wandlungsprozessen des Lebens erkennbar. Die symbolischen Werte der Bäume stehen dabei in Beziehung zu psychischen Archetypen, d. h. zu Grundmustern der Selbst- und Weltwahrnehmung, die der Individualität einzelner Lebensläufe vorausgehen und die deren Ausdeutung und Bewältigung gleichzeitig ermöglichen. Die Beschäftigung mit Baum-Träumen ist hierfür nach Ansicht des Autors ein geeigneter Weg. So gibt er dem Leser 16 Fragen mit auf den Weg, anhand derer er eigene Baum-Träume erschließen und in ihrer symbolischen Relevanz für den eigenen Lebensweg und -wandel ausdeuten kann.

Der große Brand

Ich weiß nicht genau, wo sie herkommt, meine besondere Affinität zum Feuer. Schon als Kind war ich unheimlich fasziniert von den Flammen und der Transformation im Vorgang des Verbrennens. Da ist eine Erinnerung an ,,Brennexperimente“ mit Lehmkugeln und in einer Erdhöhlung entfachtem Feuer, oder an das Verbrennen von Papier aus dem privaten Bereich in einer dafür vorgesehenen Tonne, eine Arbeit, um die ich mich schon immer gerissen habe. Vielleicht ist es ja tatsächlich die Umwandlung, der Übergang von einem materiellen Zustand in einen anderen und die Freisetzung von Energie, aber auch die ästhetischen Begleiterscheinungen, der Rauch, das Züngeln der Flammen, das Hervortreten der Glut unter der bereits erloschenen Asche. Eben das Skorpionhafte von Vergehen und Werden, eines meiner Lieblingsthemen. Besonders toll ist für mich das Verbrennen von Holz. Jedes Jahr im Winter gibt es bei uns so ein Ritual: Wir tragen die beim Obstbaumschnitt angefallenen Äste und Zweige zu einem oder, wie in diesem Jahr, zu zwei großen Haufen zusammen. Diese Ästeberge verbrennen wir dann nach einigen Wochen, wenn sie, was besonders schnell bei strengem Frost geschieht, schon etwas angetrocknet sind. So auch heute. Aber es war anders als sonst. Normal ist, dass es am Anfang langsam geht, das Feuer muss eben erst in Gang kommen, die wenigen mitgebrachten abgelagerten Holzscheite müssen erst ihre Glut an das grüne Holz weitergeben und es damit entzünden. Und erst wenn eine bestimmte Glutschicht entstanden ist und die Temperatur ein bestimmtes Niveau erreicht hat, kommt der Brand richtig in Fahrt. Ab diesem Zeitpunkt geht es in der Regel sehr schnell und der riesige Haufen ist innerhalb einer halben Stunde zum harmlosen Aschehaufen heruntergebrannt. Heute aber war dem nicht so. Während des ganzen Verbrennens haben die Flammen mit dem gefrorenen Holz geradezu gerungen. Es ging nur ganz langsam, immer wieder mussten wir mit der Gabel die Äste verdichten, umschichten, von der Peripherie in die Mitte des Haufens werfen. Und erst ganz zum Schluss hatte ,,er verloren“, wie V. es immer ausdrückt. Das ganze dann mal zwei, weil es ja zwei Haufen waren. Noch eine Merkwürdigkeit: Es gab fast kein Zwischenstadium. Die Äste verbrannten, fielen aber nicht zu dem üblichen Gluthaufen zusammen, von dem ich im letzten Jahr so wunderbare Glut-Fotografien machen konnte. Nein, nach dem Verbrennen lag da gleich die Asche – ganz seltsam. Vielleicht zu wenig Wind und infolgedessen zu wenig Sauerstoff für die Flammen. Vielleicht zu wenig Frost in den letzten Wochen, so dass die gespeicherte Flüssigkeit noch fast vollständig enthalten war und erst noch entweichen musste. Wie auch immer, wir brauchten heute viel Geduld. Schön wars trotzdem. Die Serie von Bildern dokumentiert die verschiedenen Stadien vom Ästeberg zum Aschehaufen, der später auf der Obstbaumwiese verstreut wird – ein idealer Kreislauf.

Holzfeuer

Holzfeuer

Holzfeuer

Holzfeuer

Holzfeuer

Millenniumbäume

Mein eigenes Verhältnis zu den Bäumen ist eher an meinen Wohnort oder etwas weiter an meine Heimatregion gebunden. Auf Spaziergängen wähle ich meist nur wenige immer gleiche Wege, die mir dennoch nie langweilig werden, weil sie sich immer wieder neu und überraschend darstellen. Natürlich sind mir auch auf Reisen, die bei mir selten sind, die Bäume ein besonderes Anliegen. Einmal bin ich z. B. nach Südtirol gereist, nur um den Zürgelbaum zu sehen. Vielleicht hängt diese Heimatverbundenheit in einem überhaupt nicht kitschigen Sinne daran, dass es mir immer um die Bedeutungen, die Ausstrahlung der Bäume und die natürliche Partnerschaft zwischen Mensch und Baum geht. Nicht so sehr um das Aufsuchen besonders alter, exotischer oder sonst wie spektakulärer Bäume. Auch wenn der räumliche Erfahrungsdrang und das weit greifende Entdecken der Bäume für mich keine so große Rolle spielt, finde ich Berichte von Menschen sehr interessant, für die gerade dies stimmig ist, und die im Erforschen, Durchwandern und Erleben fremder Länder und ihrer Bäume einen wichtigen Lebensinhalt sehen. So habe ich heute eine Seite gefunden, die ein österreichisches Kultur- und Waldprojekt beschreibt: Der Schwazer Silberwald: http://www.schwazersilberwald.at/silberwal/fram_siwa.htm Darin geht es um eine ganze Reihe von Teilprojekten mit zahllosen botanischen, künstlerischen und weiteren symbolischen Bezügen. Sehr interessant in diesem Rahmen ist die Aktion ,,Millennium Weltenbaum“, bei der Bäume und Erden verschiedener Teile der ganzen Erde zusammengetragen werden, um globale Bezüge und kulturelle Zusammenhänge herzustellen. Eine sehr überzeugender Ansatz, der offenbar auch von staatlichen Stellen und ansässigen Unternehmen große Unterstützung erfährt. Solche Beispiele können mir Mut machen, vielleicht doch noch einmal ein künstlerisches Baum-Projekt zu wagen – in meiner Heimatregion versteht sich.

treelights

Treelight

,,treelights“ wäre ein schöner Domainname für die Plattform, die ich irgendwann einmal einrichten will, um meine diversen (teilweise noch nicht existenten) Themenseiten über Bäume von dort aus zu verzweigen. Leider kommt der Begriff schon öfter im Web vor, meist in der Bedeutung elektronischer Baum-Leuchtketten oder anderer Baum-Beleuchtungssystene zu dekorativen Zwecken. Das weckt möglicherweise falsche Assoziationen. Dabei denke ich natürlich an das Licht, welches die Bäume uns und in unser Leben bringen. Das Foto ist nur ein plakativer Fingerzeig darauf, trotzdem mag ich solche Aufnahmen, die sich bevorzugt an kalt-trüben Wintertagen wie dem heutigen machen lassen, vorausgesetzt, die Sonne sticht hinter dem Hochnebel durch. Ich fühle mich dann immer ganz entrückt, wie in einer anderen Welt, in der die gewöhnlichen Gesetzte von irdischem Raum und menschlicher Zeit in einem surrealen Licht aufgehoben sind. Dem Licht der Bäume fühle ich mich dann sehr nahe.

Baum-Kletterer

Kletterefeu

Das Efeu gehört zu den Pflanzen, die das ganze Jahr über eine gute Figur machen. Nicht nur weil es immergrün ist. Bei ihm wechseln sich sattes Blattwachstum, Blüte und Fruchtbildung in lang anhaltenden Phasen ab, so dass es immer spannend zu beobachten bleibt. Auch treten Blüten und Früchte über Monate hinaus gleichzeitig auf. Und dann klettert es eben und hat damit nicht nur einen eigenen Charakter, sondern bestimmt auch das Erscheinungsbild anderer Bäume. Jetzt im Hochwinter sticht es mir besonders ins Auge, besonders wenn es die Baumstämme von unten nach oben umrankt. Sie werden dadurch richtig eingekleidet, und in der blattlosen Jahreszeit hat das etwas sehr Schmückendes. Diese Eigenschaft machen sich auch die städtischen Gärtner zu Nutze, wenn sie Straßen- und Parklaternen mit Efeu einkleiden. In D. sind einige Exemplare, die nur noch durch den oberen Lampenschirm überhaupt als solche zu erkennen sind und sich auf Augenhöhe durchaus mit lebenden Baumstümpfen verwechseln ließen. Irgendwann werde ich einen Text über die Baum-Kletterer schreiben: über das Efeu, die Gemeinde Waldrebe – und natürlich die schmarotzende Mistel.

Unsichtbare Platanenkugeln

Die stacheligen Früchte der Platanen hängen immer noch an den Bäumen. Und erst jetzt nehme ich sie überhaupt richtig wahr. Solange das dichte Blattkleid den Eindruck des Baums beherrschte, musste ich die Früchte geradezu suchen, und es erschien mir, als ob sie nur ausnahmsweise vorhanden seien. Ähnlich ist es übrigens bei den Schlehen, die im Sommer und Herbst im üppigen Stachel-Grün ihre Beeren verschlucken. Im Winter dann erscheinen zahllose an den entblätterten Zweigen, die Monate zuvor dem Sammler unsichtbar waren. Und noch etwas irritiert mich an den Platanenkugeln: Sie sind einfach nicht zu fotografieren. Das Sommerlicht warf irgendwie immer seinen Schatten und tauchte die Hälfte der Frucht ins kontrastarme Dunkel. Und jetzt sind die Tage meist so trüb und die Früchte inzwischen so verblasst, dass sie sich erst recht nicht mehr festhalten lassen.