Schlichter Buchtitel mit spannendem Inhalt

,,Der Baum – Eine Biografie“. Dieses Buch von David Suzuki, der 2009 den Alternativen Nobelpreis erhielt, und seinem Coautor Wayne Grady ist wirklich beeindruckend. Ein ganz neuer Blick auf den Baum als Individuum, in dem Fall eine Douglasie im Norden Amerikas. Nicht nur ihr gesamter Lebenszyklus selbst wird unter die Lupe genommen. Der Bogen wird viel weiter gespannt, bis zu den Ursprüngen allen Lebens und gar der Entstehung des Kosmos‘ zurückgehend. Mein Lieblingsthema, die Symbolik der Bäume, wird darin auf eine sehr ungewöhnliche und anregende Art aufgegriffen. Stark geprägt durch den naturwissenschaftlichen Background des Hauptautors zwar, aber gleichzeitig die Bedeutung der Bäume für das Leben auf der Erde insgesamt herausstellend. Daraus ergibt sich eine spannende Mischung zwischen Wissenschaftsdoku, kulturgeschichtlicher Betrachtung und philosophischer Reflexion. Was bedeutet das lange Leben dieses einen Baums, der an seinem Standort ganz speziellen Entwicklungsbedingungen ausgesetzt ist, für den Prozess natürlichen Lebens überhaupt. Welche Prinzipien des Lebens schlechthin kann man daraus erkennen, und was macht die Individualität dieses besonderen Exemplars aus. Der Blick auf den Menschen in seiner Beziehung zu Pflanzen, dem Klima, dem natürlichen Ganzen ist da naheliegend und sicherlich die eigentliche Intention. Wohltuend ist aber auch, dass der Autor Quellen sehr nüchtern nachspürt und sich nicht in der Zitierroutine der üblichen Baumliteratur ergeht. Die Rekursion auf die ersten, die sich mit einem Thema beschäftigt haben, ist dabei häufig. Für mich ist das eine Anregung, tatsächlich diesen frühen Zeugnissen und Äußerungen einmal nachzugehen, bei Aristoteles Theophrast, Albert Magnus u. a.. Wahrscheinlich ist das ergiebiger und leichter mit heutigem Wissensstand in Beziehung zu setzen, als immer nur den durch endlose Sekundärliteratur gegangenen jüngeren Autoren nachzuspüren.