Licht-Geheimnisse

Die Spaziergänge am frühen Abend sind zu dieser Jahreszeit das Schönste. Dabei müssen sie nicht ausgedehnt sein. Eine kurze Runde durchs Dorf und am Saardamm entlang kann so viel Zauber entfalten, wie man ihn zu anderen Jahres- und Tageszeiten selten erlebt. Ich glaube, es liegt am Licht. Das Spätsommerlicht, wie ich es einmal nennen möchte, entwickelt eine ungeheuere Helligkeit und Intensität, besonders wenn die Sonne tief steht. Dann erscheinen die normalsten Dinge in einer überhöhten Form. Und wenn es dann noch auf etwas so Einzigartiges wie einen Pfaffenhütchenstrauch mit rosa leuchtenden Früchten fällt, ist der Eindruck unbeschreiblich. Ich habe eine besondere Vorliebe für solch unwahrscheinliche Augenblicke, die ich, bevor sie auftreten, schon erahne. Ein Blick durchs Fenster reicht mir, um zu wissen, dass ein Licht-Geheimnis irgendwo dort draußen darauf wartet, ent-deckt, er-gangen, ge-funden zu werden. Man muss sehr aufmerksam sein, man muss sich auf den Augenblick einlassen können, Abstand zum Alltag gewinnen können. Auch mir gelingt das nicht immer. Umso schöner sind die Gelegenheiten, in denen es selbstverständlich erscheint, wie an diesem Abend.