Literatur und Gefühlskonstanten

Hermann Hesse gehört sicherlich unter den Schriftstellern des 20. Jahrhunderts zu denjenigen, die ein besonders enges Verhältnis zu den Bäumen pflegten. Das kommt in seinen zahllosen sehr autobiographisch geprägten Texten zum Ausdruck, in denen Bäume zentrale Rollen einnehmen, natürlich insbesondere in den Texten über die Bäume selber. Den Sammelband mit Baumtexten Hesses habe ich vor einiger Zeit schon unter meine Rezensionen aufgenommen. Zurzeit nun lese ich nach längerem wieder etwas von Hesse, eine Auswahl von Erzählungen, und ich bin erstaunt über die thematische Vielseitigkeit dieses großen Schriftstellers. Ich denke, die Größe zeigt sich darin, dass diese Texte, obwohl vor einem Dreiviertel-Jahrhundert oder früher entstanden, absolut zeitgemäß wirken. Beobachtungen, die genauso gut von einem Zeitgenossen stammen könnten, eine Darstellung von Wesentlichem und für viele Nachvollziehbarem, menschlichen Gefühls- und Verhaltenskonstanten, die wie ich vor wenigen Tagen bereits bemerkt habe den Kern künstlerischer Qualität schlechthin ausmachen. Wenn ich eine Liste mit den zehn größten Künstlern des 20. Jahrhunderts aufstellen sollte, Hermann Hesse wäre als Stellvertreter der literarischen Zunft sicher mit dabei.