Gemeinschaft der Wünschenden

Die Häufung der Wünsche zu manchen Zeiten kann man nicht wirklich vorhersagen. Ich glaube aber, dass es so etwas wie Hochzeiten und Tiefzeiten des Wünschens gibt. Plötzlich artikulieren innerhalb kurzer Zeit alle möglichen Menschen ihre Wünsche, und dann scheint für lange Phasen die Zeit und mit ihr das Wünschen still zu stehen. Ich lese das an der sehr wechselhaften Frequentierung des virtuellen Wunschbaums ab, mit dem ich vor einigen Jahren ein unaufdringliches und anonymes Forum geschaffen habe, um die Wünsche sich in einem dafür bestimmten Raum entwickeln zu lassen. Sie können dort geäußert und quasi abgelegt werden. Eine Entäußerung, mit der der Wünschende sich selber spiegelt und sich damit Anlass zu Reflexionen über sich und das eigene Wünschen gibt. Interessant finde ich dabei, dass die Menschen, jedenfalls die, für die das Wünschen ein Thema ist, offenbar in einer atmosphärischen Verbindung zueinander stehen, die dem einzelnen in der Regel nicht bewusst ist, ihm die Formulierung des Wunsches und seine Platzierung am Wunschbaum aber erheblich erleichtert. Wenn dieses Forum diese Erleichterung befördert, hat es seinen Sinn voll und ganz erfüllt.