Romantische Kampfmethode

Nicht alles am Herbst und seiner typischen Stimmung ist romantischer Natur. Was für uns ein spektakuläres Naturschauspiel dieser Jahreszeit ist, die Laubfärbung nämlich, lässt sich aus Sicht der Bäume als biologische Kampfstrategie betrachten. Dies jedenfalls haben amerikanische Wissenschaftler herausgefunden. So ein heute erschienener Bericht auf www.wissenschaft.de:

11.10.2005 – Chemie
Wie ein Baum seine Konkurrenten rot sehen lässt

Ahornbäume produzieren im Herbst rote Farbstoffe, die für andere Pflanzen giftig sind

Die intensiven Herbstfarben einiger Bäume sehen nicht nur schön aus, sie dienen den Pflanzen auch als Waffen: Amerikanische Wissenschaftler haben entdeckt, dass die Pigmente, die beispielsweise Ahornblättern ihre dunkelrote Färbung verleihen, wie Unkrautvernichtungsmittel wirken. Fallen die gefärbten Blätter im Herbst zu Boden, gelangen die giftigen Farbstoffe nach und nach ins Erdreich und verhindern, dass sich im nächsten Frühjahr Konkurrenz in der direkten Nachbarschaft des Baums breitmacht. Über die Entdeckung von Frank Frey und Maggie Eldridge berichtet die Colgate-Universität in Hamilton.

Im Herbst beginnt sich der grüne Blattfarbstoff Chlorophyll zu zersetzen und enthüllt dabei nach und nach andere Pigmente in den Blättern, deren Farben sonst von der grünen Färbung überdeckt sind. Meistens handelt es sich dabei um Carotinoide, die den Bäumen eine gelbliche bis orangefarbene Tönung verleihen. Anders sieht es bei Ahornbäumen und einer Handvoll anderer Arten aus: Sie erstrahlen im Herbst in dunklem, intensivem Rot. Verantwortlich dafür sind nicht ständig vorhandene Farbstoffe, sondern eigens hergestellte dunkelrote Pigmente, berichtet Studienleiter Frey. Diese so genannten Anthocyane verleihen beispielsweise auch dem Rotwein seine Farbe.

Warum die Bäume allerdings ausgerechnet im Herbst, wo sie alle verfügbaren Ressourcen für den harten Winter benötigen, solch aufwändigen Farbstoffe produzieren, konnten Wissenschaftler bislang nicht erklären. Um dieses Rätsel zu lösen, behandelten Frey und Eldridge Salatsamen mit Extrakten aus roten und grünen Ahornblättern sowie grünen und gelben Buchenblättern. Das Ergebnis: Während die grünen und gelben Extrakte den Samen nichts anhaben konnten, beeinträchtigte der rote Sud sowohl ihre Keimfähigkeit als auch das Wachstum der jungen Pflanzen.

Anthocyane sind während der vergangenen Jahre wegen ihrer antioxidativen und damit gesundheitsfördernden Eigenschaften berühmt geworden. Dass sie außerdem wie ein Unkrautvernichtungsmittel wirken, ist nach Ansicht von Frey jedoch nicht überraschend: Ihre Struktur ähnle schließlich der von Catechin, einem pflanzlichen Gerbstoff, der auch die Wurzelzellen verschiedener Pflanzen abtöten könne. Außerdem seien Anthocyane in der Lage, das Wachstum von Krebszellen zu hemmen, wie aktuelle Studien gezeigt hätten.

Mitteilung der Colgate-Universität, Hamilton

ddp/wissenschaft.de – Ilka Lehnen-Beyel